Parlamentskorrespondenz Nr. 1178 vom 04.12.2014

Möglichkeit der Gesetzesbeschwerde vom Bundesrat bestätigt

15a-Vereinbarung sichert Mittel für Programm zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses bis 2017

Wien (PK) – Die gesetzlichen Grundlagen für die Gesetzesbeschwerde passierten heute einstimmig den Bundesrat. Der Bundesrat stimmte in der heutigen Sitzung weiters mehrheitlich dem Abschluss einer 15a-Vereinbarung zu, mit der die Mittel für Programme zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses bis 2017 finanziell abgesichert werden. Schließlich befassten sich die Bundesrätinnen und Bundesräte mit dem Jahresbericht des Europäischen Rechnungshofs zum EU-Haushaltsjahr 2013. Sie zogen daraus den Schluss, dass Österreich die Fehlerquote bei der Abwicklung von EU-Förderungen reduzieren muss.

Gesetzesbeschwerde wird ab 2015 möglich

Das zur Verankerung der Gesetzesbeschwerde notwendige Ausführungsgesetz passierte den Bundesrat einstimmig. Mit Änderungen im Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, der Zivilprozessordnung, dem Außerstreitgesetz und der Strafprozessordnung 1975 sind alle rechtlichen Voraussetzungen für eine direkte Anrufung des Verfassungsgerichtshofs durch Verfahrensparteien in Zivil- und Strafverfahren gegeben. Sie haben diese Möglichkeit ab nächstem Jahr, wenn sie zur Auffassung kommen, dass ein erstinstanzliches Gerichtsurteil auf Basis eines verfassungswidrigen Gesetzes bzw. einer gesetzeswidrigen Verordnung erfolgt ist.

Der Gesetzentwurf umfasst auch Bestimmungen über die Offenlegung von Nebentätigkeiten der Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs (VfGH). So müssen die VfGH-RichterInnen künftig verpflichtend sämtliche beruflichen Tätigkeiten sowie Aufsichtsratsmandate und leitende Funktionen in einer Aktiengesellschaft, einer GmbH, einer Genossenschaft, einer Stiftung oder einer Sparkasse bekannt geben. Außerdem wird gesetzlich normiert, dass VerfassungsrichterInnen nicht an Entscheidungen mitwirken dürfen, wenn die Gefahr einer Befangenheit besteht. Damit wird nun gesetzlich festgelegt, was schon jetzt gängige Praxis im Verfassungsgerichtshof ist.

Die Gesetzesbeschwerde sei zwar eine trockene Materie, aber es handle sich dabei um eine entscheidende Weitentwicklung des Rechtsschutzes, stellte Wolfgang Beer (S/W) fest. Sie räumt allen BürgerInnen das Recht ein, ein Gesetz auf seine Verfassungskonformität prüfen zu lassen. Damit die Beschwerde nicht dazu benützt werden kann, Verfahren zu verzögern, wurde ein Reihe gut begründeter Ausnahmen geschaffen, sagte Beer. Der zu erwartende Arbeitsaufwand für den Verfassungsgerichtshof durch die Gesetzesbeschwerde werde sich in vertretbaren Grenzen halten.

Es gehe mit der Novelle um Gesetzesanpassungen, die den korrekten Ablauf der Gesetzesbeschwerde sicherstellen, ergänzte Klaus Fürlinger (V/O). Er begrüßte auch die Transparenzregeln für Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs, damit werde das Vertrauen in die Justiz gestärkt.

Die Wichtigkeit des Gesetzes, mit dem eine Lücke im Rechtsschutz geschlossen werde, betonte auch Werner Herbert (F/N). Anfängliche Bedenken von RichterInnen, das Gesetz könnte indirekt zur Überprüfung von Urteilen der RichterInnen führen, wurden ausgeräumt, stellte er fest.

Heidelinde Reiter (G/S) betonte, dass es ihrer Fraktion wichtig war, dass nicht zu viele Ausnahmen von der Gesetzesbeschwerde geschaffen werden und der Zugang zu ihr bürgerfreundlich gestaltet wird. Erfreulich sei auch, dass das Gesetz hauptsächlich auf die Initiative des Parlaments zurückgehe. Die Transparenzregeln würden das Vertrauen in die Justiz weiter stärken, war auch sie überzeugt.

Bundesminister Josef Ostermayer zeigte sich erfreut über den einstimmigen Beschluss, der nach intensiven Diskussionen erreicht wurde. Es werde damit der letzte Baustein der Verwaltungsgerichtsreform eingefügt.

Mittel für Nachholen des Pflichtschulabschlusses werden sichergestellt

Das Förderprogramm Erwachsenenbildung wird weiterlaufen. Die Verlängerung der entsprechenden Finanzierungsvereinbarung von Bund und Ländern im Bereich Basisbildung sowie von Bildungsmaßnahmen zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses wurde heute im Bundesrat mehrheitlich genehmigt.

Bis 2017 sollen ab nächstem Jahr 54,6 Mio. € bereitgestellt werden, um Jugendlichen ohne Pflichtschulabschluss bzw. gering qualifizierten Erwachsenen das Nachholen von Bildungsabschlüssen und die Teilnahme an Programmen zur Basisbildung kostenlos anzubieten.

Monika Mühlwerth (F/W) stellte fest, mangelhafte Schulbildung sei ein besonderes Problem von MigrantInnen. Eine niedrige Qualifikation wirke sich negativ für die Chancen auf dem Arbeitsmarkt aus. Das Nachholen von Abschlüssen sei daher grundsätzlich sehr wichtig. Sie könne der Vereinbarung aber nicht zustimmen, weil es zu viele offene Fragen gebe. Unklar sei etwa, aus welchen Budgetmitteln die Maßnahmen finanziert werden sollen. Bedenklich fand Mühlwerth die nach wie vor hohe Zahl von SchulabbrecherInnen. Sie meinte dazu, hier gebe es offenbar Probleme im Bildungsangebot.

Elisabeth Grimling (S/W) erläuterte, dass die Fortführung der Maßnahme ausdrücklicher Wunsch der Länder war, und erklärte, wie die Finanzierung der Programme erfolgen wird. Zufrieden zeigte sich die Bundesrätin, dass hohe Standards für die Qualität des Bildungsangebots festgelegt werden, und dass Frauen in den nächsten Programmjahren besondere Förderung erhalten.

Glücklich über den Beschluss der Weiterfinanzierung der Programme zeigte sich auch Magnus Brunner(V/V). Damit könne die Verunsicherung der betroffenen Jugendlichen und Institutionen beendet werden. Bund und Länder erhöhen gemeinsam die Ausbildungschancen von Menschen, indem sie ihnen einen positiven Pflichtschulabschluss sicherstellen. Das sei ein wichtiger Faktor für den besseren Zugang zum Arbeitsmarkt und diene der Wirtschaft, war Brunner überzeugt.

Efgani Dönmez (G/O) stellte fest, fehlende Bildungschancen seien in erster Linie eine soziale Frage. Österreich habe ein sehr selektives Schulsystem, das eindeutig zum Nachteil von SchülerInnen mit Migrationshintergrund funktioniere. Er kritisierte in diesem Zusammenhang, dass Österreich nach wie vor an der Sonderschule festhält. Es sei zu bedenken, dass dadurch die Potenziale vieler Menschen dieses Landes nicht genutzt werden, sagte er.

Daniela Gruber-Pruner (S/W) hielt fest, dass Bildung ein Menschenrecht ist und ein wichtiges Instrument der Armutsbekämpfung darstellt. Das Förderprogramm sei daher sehr wichtig. Es sei bekannt, dass Bildung in Österreich stark vererbt werde. Daher sei es wichtig, Menschen zu animieren, eine höhere Bildung anzustreben, um mehr Chancengleichheit zu erzielen, sagte Gruber-Pruner.

Christian Jachs (V/O) fand es alarmierend, dass jedes Jahr tausende Jugendliche die Schule ohne Abschluss verlassen. Hier müsse nach den Ursachen geforscht werden. Das Förderprogramm sei jedenfalls sehr erfolgreich darin, jungen Menschen, die Bildungsmöglichkeiten versäumt haben, eine zweite Chance zu geben.

Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek erklärte, dass die Fördermaßnahme in den nächsten drei Jahren fast 20.000 Menschen erreichen wird. Die Finanzierung in diesem Zeitraum sei in Abstimmung mit dem Finanzministerium gesichert, hielt sie fest. Die Initiative könne damit jedenfalls bis Ende 2017 weiterlaufen, versuchte die Ministerin Bedenken zu zerstreuen. Es gebe viele Gründe, warum junge Menschen die Schule abbrechen. Wichtig sei es, ihnen eine weitere Chancen zu geben, betonte Heinisch-Hosek.

Österreich soll Fehlerquote bei Abwicklung von EU-Förderungen senken

Der Bundesrat befasste sich abschließend mit dem Jahresbericht des Europäischen Rechnungshofs zum EU-Haushaltsjahr 2013. Einhelligkeit herrschte darüber, dass dieser Bericht wichtige Schlussfolgerungen auch für Österreich zulasse. Vor allem gelte es, die Fehlerquote bei der Abwicklung von Fördergeldern zu verringern.

Es sei eine Premiere, dass der Jahresbericht des Europäischen Rechnungshofs im Bundesrat debattiert wird, stellte Edgar Mayer (V/V) fest. Möglich werde das durch die Arbeit des EU-Ausschusses des Bundesrates. Der Europäische Rechnungshof ist unabhängiger Hüter der Interessen der UnionsbürgerInnen, der den korrekten Einsatz der EU-Mittel prüft. Dabei geht es allein für das Jahr 2013 um ein EU-Budget von 158,5 Mrd. €, erläuterte Mayer. Österreich liege mit seiner Fehlerquote in der Abrechnung von EU-Mitteln leider weit vorne. Es gehe hierbei jedoch nicht um Betrug oder Verschwendung, sondern der Grund liege meist in Widersprüchen zwischen nationalen und EU-Regeln.

Der Bericht des EU-Rechnungshofes zeige, wie genau in der EU Kontrolle ausgeübt werde, sagte Stefan Schennach (S/W). Es sei bitter, wenn man feststellen müsse, dass das Prüfungsergebnis für Österreich sich zuletzt wieder verschlechtert habe. Bei Förderungen müsse daher stärker nach dem Mehrwert gefragt werden und danach, wie Mitnahmeeffekte reduziert werden können. Hier seien unter anderem die österreichische Behörden, die Länder und die Gemeinden gefragt.

Bei einem großen Gebilde wie der EU lasse sich nicht alles überprüfen und es gebe viele Bereiche, in denen Fehler passieren, sagte Monika Mühlwerth (F/W). Das sei eine zentrale Aussage des Berichts. Darüber hinaus sei das EU-Förderwesen aber auch anfällig für Korruption, davor dürfe man nicht die Augen verschließen, meinte sie. Für eine Beurteilung der Notwendigkeit von Förderungen erinnerte Mühlwerth an die Wichtigkeit einer vollständigen Umsetzung der Transparenzdatenbank.

Österreich müsse sich bei der Abwicklung der Förderungen verbessern, forderte Heidelinde Reiter (G/S). Die Kontrolle der Mittelverwendung in der EU sei sehr effektiv, hier könne Österreich vom EU-Rechnungshof manches lernen. Kritisch sehe der Rechnungshof den zunehmenden Einsatz von Finanzierungsinstrumenten zur Hebelung von Fördermitteln, stellte sie fest. Das sei ein Problem im Bereich der Haushaltsführung, in dem auch Österreich wichtige Hausaufgaben zu erledigen habe.

40 % der EU-Mittel werden im Bereich Landwirtschaft und Ländliche Entwicklung eingesetzt, hielt Martin Preineder (V/N) fest. Es gebe dabei eine große Unzufriedenheit der Landwirtschaft darüber, wie schwierig die Fördervorgaben umzusetzen sind. Daher sei es interessant zu sehen, dass auch der Rechnungshof mit der hohen Fehlerquote unzufrieden ist. Ein großer Teil der Fehler sei allerdings geringfügig und führe zu keinen Rückzahlungen. Der Gesetzgeber müsse daher auf die Fehlerquote reagieren und einfacher zu handhabende Förderbestimmungen festlegen, lautete die Schlussfolgerung des Bundesrats. (Schluss Bundesrat) sox


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