Parlamentskorrespondenz Nr. 1196 vom 10.12.2014

Anti-Terror-Paket passiert den Nationalrat

Weitere Beschlüsse: Änderungen im Chemikaliengesetz und im Pyrotechnikgesetz

Wien (PK) – Der Nationalrat sprach sich heute mehrheitlich für ein Maßnahmenpaket aus, mit dem Österreich vor allem islamistischem Terror entgegentreten will. Ziel der Bestimmungen – beschlossen wurden ein Symbole-Gesetz sowie Änderungen im Grenzkontrollgesetz und im Staatsbürgerschaftsgesetz – ist es dabei, die Rekrutierung von österreichischen Dschihad-KämpferInnen zu erschweren. Abgelehnt wurde hingegen ein Entschließungsantrag der FPÖ auf Einführung temporärer Grenzkontrollen. Eine breite Mehrheit unterstützte überdies Novellen zum Chemikaliengesetz und zum Pyrotechnikgesetz, die u.a. einen erschwerten Zugang von Privatpersonen zu bestimmten Chemikalien und ein Verbot von Blitzknallkörpern vorsehen. In einer einstimmigen Entschließung riefen die Abgeordneten zudem die Regierung auf, gesundheitsgefährdenden Missbrauch pyrotechnischer Signalstifte, etwa das Abschießen von Leuchtraketen in Fußballstadien, zu verbieten.   

Verbot von Terrorsymbolen, Entzug des Reisepasses, Verlust der Staatsbürgerschaft

SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grüne und Team Stronach sprachen sich für das so genannte Symbole-Gesetz aus, das die Verwendung von Symbolen des Islamischen Staates, Al-Quaidas oder ähnlicher Gruppierungen verbietet. Durch die mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit angenommenen Bestimmungen im Grenzkontrollgesetz und im Staatsbürgerschaftsgesetz wiederum erhält die Exekutive die Befugnis, im Zuge von Grenzkontrollen zu überprüfen, ob Minderjährige das Einverständnis ihrer Eltern zur Ausreise haben, wenn der Verdacht besteht, dass sich die Jugendlichen im Ausland an Kampfeinsätzen beteiligen wollen. Bis zur Ausräumung von Zweifeln werden die Sicherheitsorgane ermächtigt, die Ausreise zu verweigern und den Reisepass einzubehalten. Darüber hinaus kann ÖsterreicherInnen, die im Ausland freiwillig an Kampfhandlungen teilgenommen haben, die Staatsbürgerschaft entzogen werden, wenn sie eine weitere Staatsbürgerschaft besitzen.

Die Gesetze seien eine Notwendigkeit, unterstrich ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka. Die Polizei erhalte dadurch eine Handhabe, bereits möglichst frühzeitig präventiv tätig zu werden, pflichtete ihm sein Fraktionskollege Wolfgang Gerstl bei. Es gehe darum zu verhindern, dass Jugendliche für einen Krieg angeworben werden, der kein heiliger Krieg ist, stand für ihn fest. Das Gesetz habe sich schon gerechnet, wenn nur einer an der Ausreise gehindert wird, zeigte sich Johannes Rauch (V) von der Richtigkeit der Vorlagen überzeugt.

Der Staat müsse reagieren, bestätigte auch SPÖ-Sicherheitssprecher Otto Pendl. Wer in Österreich lebt, habe sich an unseren Rechtsbestand und an unsere Werte zu halten, Gewalt legitimiere nicht Gewalt, betonte er mit Nachdruck. Österreich distanziere sich mit den vorliegenden Gesetzen klar vom IS-Terror, bekräftigte sein Fraktionskollege Norbert Darabos.

Justizminister Wolfgang Brandstetter, der Innenministerin Johanna Mikl-Leitner vertrat, gab zu bedenken, in Österreich sei das Problem vergleichsweise groß. Gerade junge Menschen, die nichts zu verlieren haben, seien besonders anfällig für radikale Verführungen. Dem Phänomen des Dschihadismus müsse daher auf allen Ebenen entgegengetreten werden, nicht nur legistisch, sondern auch präventiv. Andere EU-Staaten planen ähnliche Maßnahmen. Mit den gegenständlichen Vorlagen liege Österreich jedenfalls im europäischen Kontext.

Dass Jugendliche davon abgehalten werden müssen, in einen Krieg zu ziehen, stand auch für die Grünen außer Streit. Die Androhung der Aberkennung der Staatsbürgerschaft werde aber wohl keine abschreckende Wirkung auf Dschihadisten entfalten, wandte Peter Pilz ebenso wie Alev Korun ein. Durch diese "Alibimaßnahme" würden diese vielmehr in eine Grauzone getrieben, aus der es kein Zurück mehr gibt, warnten sie und meinten, sinnvoller wäre es da, sich um eine bessere Integration der Flüchtlinge und um die Beratung der Eltern zu kümmern. Konkreten Handlungsbedarf ortete Pilz vor allem bei Jugendlichen aus Tschetschenien. Albert Steinhauser unterstützte als Justizsprecher der Grünen das Symbole-Gesetz, meinte aber, derartige Verbote sollten die Ausnahme bleiben. IS-Symbole dürfen nicht zur Alltagskultur in Österreich werden. Wer glaubhaft gegen Rechtsextremismus auftritt, darf auch bei islamistischem Fundamentalismus nicht die Augen verschließen, war für Steinhauser klar.

FPÖ-Abgeordneter Gernot Darmann unterstützte das Symbole-Gesetz als "ersten zaghaften Schritt" zur Bekämpfung des Terrors, bemerkte aber, wirkungsvoller wäre ein Verbot der Terrororganisationen nach deutschem Vorbild. Die Maßnahmen im Zuge der Grenzkontrollen lehnte er hingegen ebenso wie Team Stronach-Mandatar Christoph Hagen als nicht vollziehbar ab. Darmann deponierte zudem einmal mehr die Forderung seiner Fraktion nach Einführung von temporären Grenzkontrollen, konnte sich bei der Abstimmung mit einem diesbezüglichen Entschließungsantrag aber nicht durchsetzen. Nikolaus Alm von den NEOS wiederum sah keinen Grund für ein Symbole-Gesetz und argumentierte, die bestehenden Gesetze würden ausreichen.

Mehr Sicherheit im Umgang mit Feuerwerkskörpern, Verbot des Missbrauchs von Signalstiften

Dem Schutz der VerbraucherInnen und der Unfallvermeidung dient schließlich eine einstimmig angenommene Änderung des Pyrotechnikgesetzes, die nun, wie Justizminister Wolfgang Brandstetter erklärte, EU-weit einheitliche Anforderungen für Feuerwerkskörper bringt und zudem ein Verbot von Blitzknallkörpern enthält. Ergänzt wurde die Novelle durch eine Entschließung, in der sich alle Fraktionen gegen den Missbrauch von Signalstiften aussprechen.

Für die ÖVP begrüßte Michael Hammer die Novelle unter dem Blickwinkel der Sicherheit für die VerbraucherInnen. SPÖ-Abgeordneter Anton Heinzl sah die Notwendigkeit eines Verbots des Missbrauchs von Leuchtraketen vor allem auch durch die Ausschreitungen beim Wiener Derby bestätigt. Mit Signalstiften auf Menschen zu schießen, das sei kein Kavaliersdelikt, sondern ein schwerer krimineller Akt, betonte er. Peter Pilz von den Grünen qualifizierte Signalstifte als Waffen, "die wie Waffen behandelt gehören". Es gelte, Menschen in Fußballstadien zu schützen und die Fans vor die Frage "Raketen oder Fußball" zu stellen.

Strengere Bestimmungen im Chemikaliengesetz sollen Sprengstoffanschlägen vorbeugen

Im Zusammenhang mit der Terrorbekämpfung stehen die Änderungen im Chemikaliengesetz, die, wie die Abgeordneten Werner Amon (V) und Rudolf Plessl (S) unterstrichen, darauf hinauslaufen, den Erwerb von bestimmten Chemikalien durch Private zu erschweren. Konkret geht es darum, den anonymen Kauf von Substanzen zu unterbinden, die als Ausgangsstoffe für Sprengstoff dienen.  

Gegen das Gesetz stimmten lediglich die Grünen. Peter Pilz sprach zwar von einer durchaus vernünftigen Regelung, meinte aber, die Kompetenz sollte im Innenressort und nicht im Landwirtschaftsministerium angesiedelt werden. (Schluss) hof