Parlamentskorrespondenz Nr. 154 vom 25.02.2015

Nationalrat für weltweite Abschaffung der Todesstrafe

Regierung soll sich zudem für ein Ende der Gewalt gegen Frauen und Mädchen in Indien einsetzen

Wien (PK) – Ihren Wunsch nach einer weltweiten Abschaffung der Todesstrafe bekräftigten die Abgeordneten in der heutigen Nationalratssitzung mit einer auf Initiative der Koalitionsparteien einstimmig gefassten Entschließung. Die österreichische Regierung soll außerdem die Bestrebungen der indischen Regierung unterstützen, psychische, physische und sexuelle Gewalt an Frauen und Mädchen einzudämmen, heißt es in einer ebenfalls einstimmig angenommenen Initiative in Sachen Menschenrechte.

Beim Thema Todesstrafe wird die Regierung ersucht, sowohl im Rahmen von bilateralen Kontakten als auch auf internationaler Ebene auf jene Staaten einzuwirken, in denen die Todesstrafe nach wie vor zur Anwendung kommt. Österreich soll seine Vorreiterrolle in dieser Frage bewahren.

"Die Todesstrafe widerspricht dem wichtigsten Menschenrecht, nämlich dem Recht auf Leben", sagte Nikolaus Berlakovich (V), man dürfe nicht müde werden, dagegen anzukämpfen. Zum vorigen Jahr habe Amnesty International einen Anstieg an Exekutionen um 15 % verzeichnet, rief er ins Bewusstsein, allen voran stünden Staaten wie China, der Iran aber auch die USA.

Mit einer Unzahl an internationalen Medienberichten zeigte Petra Bayr (S) auf, dass es sich bei der Todesstrafe um ein weltweites Thema mit "erschreckenden Tendenzen" handelt. Der Entschließungsantrag richte sich zwar an die Regierung, wichtig sei aber auch, parlamentarische Diplomatie zu leben, sagte sie und rief die Abgeordneten dazu auf, auch parlamentarische internationale Netzwerke zu nutzen, um gegen die Todesstrafe vorzugehen. Auch ihr Fraktionskollege Klaus Uwe Feichtinger (S) bekräftigte, dass das offizielle Österreich im Rahmen der parlamentarischen Möglichkeiten nicht nachlassen werde, weltweit gegen die Todesstrafe vorzugehen. Dass im 21. Jahrhundert noch immer in über 20 Staaten die Todesstrafe vollzogen werde, werfe nämlich ein trauriges Licht über die Menschheit.

Die FPÖ trete gegen die Todesstrafe ein, bekräftigte Susanne Winter (F), sie sparte im Zusammenhang mit dem Entschließungsantrag aber nicht mit Kritik in Bezug auf die Europäische Union. So stellte Winter etwa die Frage in den Raum, ob Europa das Recht habe, andere Länder moralisierend zu maßregeln, wenn ein EU-Land wie Deutschland schwere Kampfpanzer an "menschenverachtende Regime wie Saudi-Arabien" liefert.

"Jede Vollstreckung der Todesstrafe ist genau eine zu viel", sagte Alev Korun (G), in diesem Sinne sei die Initiative der Koalitionsparteien auch zu unterstützen. Nicht unerwähnt ließ die Grünen-Menschenrechtssprecherin hier aber, dass in Saudi-Arabien, "der berühmte Bündnispartner Österreichs", wie Korun sagte, in diesem Jahr bereits 28 Exekutionen vollzogen habe. Korun trat demnach dafür ein, sich besonders bei Saudi-Arabien gegen die Todesstrafe einzusetzen. Dem entgegnete Franz Leonhard Eßl (V), dass gerade die ÖVP ohne Kompromisse für Menschenrechte eintrete, der Dialog sei dabei wesentlich, damit diese weltweit zur Achtung kommen. Gerade Außenminister Sebastian Kurz würde weltweit intensive Dialoge mit anderen Ländern führen. 

Jede Initiative, die sich auf die Abschaffung der Todesstrafe bezieht, sei unterstützenswert, sagte auch Nikolaus Scherak von den NEOS. Es sei die Pflicht Österreichs, bei so einem fundamentalen Grundrecht wie das Recht auf Leben nicht ruhig zu bleiben.

Kooperation zum Stopp von Gewalt an Frauen und Mädchen in Indien

Eine zweite vom Nationalrat gefasste Entschließung zum Themenblock Menschenrechte geht auf einen Antrag der Grünen zurück. Die Abgeordneten reagieren damit auf öffentlich gewordene Fälle von Gewalt an Frauen und Mädchen in Indien.

Die strafrechtlichen Bestimmungen seien zwar verschärft, und die Sensibilisierung erhöht worden, dennoch seien in Indien besonders im ländlichen Raum Informationen noch nicht angekommen, machte Elisabeth Pfurtscheller (V) aufmerksam, es gebe noch immer eine zu große Kluft zwischen Gesetzgebung und Umsetzung. Eine der außenpolitischen Prioritäten Österreichs sei auch der Schutz von Frauen in Indien, das müsse man  weiterhin international vorantreiben.

Für die SPÖ machten sich Andrea Gessl-Ranftl, Nurten Yilmaz und Elisabeth Grossmann für den menschenrechtsrelevanten Auftrag an die Bundesregierung stark. Das Ausmaß der Gewalt an Frauen und Mädchen in Indien sei gnadenlos und erschreckend, laut Angaben der indischen Regierung werde dort alle 22 Minuten eine Frau vergewaltigt, zeigte sie auf und bezeichnete es deswegen als unerlässlich, aktiv zu werden und gegenüber Indien unmissverständlich klarzustellen, dass Vergewaltigungen kein "Kavaliersdelikt" darstellen und auf das Schärfste abzulehnen sind. 

Auf die vielen Erscheinungsformen von Gewalt gegen Frauen von psychischer, physischer bis hin zu sexueller, machte Yilmaz aufmerksam, die auch dazu aufrief, weltweit dagegen vorzugehen. Die medial überlieferten Gräueldaten gegen Frauen in Indien sei nur die Spitze des Eisbergs an täglichen Grausamkeiten, die nicht das Licht der medialen Berichterstattung erblicken, meinte Elisabeth Grossmann. Bei diesem Thema dürfe man nicht abstumpfen sowie nicht müde werden, bei sich jeder bietenden Gelegenheit Maßnahmen einzufordern. Aber auch hier in Österreich sei noch einiges zu tun.

Dass es in Sachen Gewalt gegen Frauen auch Handlungsbedarf in Österreich gibt, machte vor allem die FPÖ zum Thema. Man sollte zuerst hierzulande einen Blick auf die Situation werfen, meinte etwa Josef A. Riemer (F) und zweifelte trotz inhaltlicher Zustimmung an der Umsetzbarkeit der Entschließung. "Frauen-, Mädchen- und Kinderschutz fängt vor der eigenen Haustür an", so auch die argumentative Stoßrichtung von Gernot Darmann (F). Er werde in diesem Zusammenhang hinsichtlich der Implementierung eines lebenslangen Tätigkeitsverbots für Sexualstraftäter in ihrem Berufsfeld in das österreichische Strafrecht nicht locker lassen, versicherte er.

Der Kampf gegen Gewalt an Frauen in Österreich, in der Welt und in Indien müsse einen Schulterschluss darstellen, sagte Tanja Windbüchler-Souschill (G), denn genderspezifische Gewalt müsse enden und sei niemals Privatsache. Auf jeden Fall sollte das hierzulande vorhandene Know-how Indien zur Verfügung gestellt werden.

Über eine Verpflichtung, gegen Gewalt an Frauen und Mädchen massiv vorzugehen, sprach Nikolaus Scherak (N). Wenn die indische Regierung nun Problembewusstsein aufweise, müsse man mit Know-how zur Seite stehen. Pflicht sei aber auch, sich um Menschenrechte in Österreich zu kümmern, sagte er. Scherak verwies dabei auf die Situation für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die ohne besondere Betreuung in Bundesbetreuungszentren untergebracht seien, wie der  NEOS-Menschenrechtssprecher berichtete. Der Tagessatz für diese Kinder entspräche nur der Hälfte des Tagessatzes der Kinder- und Jugendhilfe in Österreich, monierte er und verwies auf die Kinderrechtskonvention. Ein dementsprechender Entschließungsantrag der NEOS, wonach die Bundesregierung in Verhandlungen mit den Ländern treten soll, um die Tagessätze der Grundversorgung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, angepasst an die Jugendwohlfahrt, zu erhöhen, fand im Plenum aber keine Zustimmung. (Fortsetzung Nationalrat) keg