Parlamentskorrespondenz Nr. 270 vom 25.03.2015

Nationalrat beschließt Änderungen im Melde-, Pass- und Waffengesetz

Scharfe Kritik an Überwachungspraktiken der NSA und anderer Geheimdienste

Wien (PK) – Abseits der Diskussion über die geplante Steuerreform hat der Nationalrat heute auch eine Reihe von Beschlüssen gefasst. Unter anderem verabschiedeten die Abgeordneten einstimmig ein Gesetzespaket, mit dem diverse Änderungen im Meldegesetz, im Passgesetz und im Waffengesetz vorgenommen werden. Zudem richteten sie in Form einer Entschließung einen Appell an die Regierung, mit Nachdruck gegen illegale Überwachungspraktiken durch den US-Geheimdienst NSA und andere Nachrichtendienste vorzugehen. Ein Abkommen zwischen Österreich und der Ukraine zielt auf eine vertiefte polizeiliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern ab.

Sammelnovelle bringt mehr Schutz für Opfer familiärer Gewalt

Ziel des so genannten Sicherheitsverwaltungs-Anpassungsgesetzes ist es unter anderem, Opfer familiärer Gewalt besser zu schützen. So müssen sich Frauen, die in Notwohnungen untergebracht sind, künftig nicht mehr zwingend am neuen Wohnsitz anmelden, sondern können alternativ auch die allgemeine Adresse der Betreuungseinrichtung angeben. Gleichzeitig wird in derartigen Fällen automatisch eine Auskunftssperre im Melderegister veranlasst. Damit will man es Familienangehörigen erschweren, die Betroffenen aufzuspüren. Eine Änderung des Passgesetzes soll wiederum verhindern helfen, dass Kinder im Zuge eines Obsorgestreits ins Ausland gebracht werden.

Neu sind darüber hinaus die Erfassung des Herkunftslandes der Gäste samt Postleitzahl bei Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben sowie diverse Änderungen im Waffengesetz. Personen, die es bisher verabsäumt haben, ihre Jagd- bzw. Traditionswaffen registrieren zu lassen, müssen etwa in Hinkunft keine Verwaltungsstrafe zahlen, wenn sie die Registrierung nachholen, bevor die Behörde ihr Versäumnis bemerkt hat. Überdies wird klargestellt, dass eine Registrierung im Zentralen Waffenregister immer auf eine natürliche Person zu erfolgen hat, auch wenn es sich um Waffen eines Vereins und nicht um persönliche Waffen handelt. Die Übertragung der Verantwortlichkeit für derartige Waffen kann gebündelt erfolgen.

Das Gesetzespaket war in der Diskussion weitgehend unumstritten. So sprach Abgeordnete Michaela Steinacker (V) von einer gelungenen Novelle, die mehr Opferschutz, mehr Rechtssicherheit und kürzere Verwaltungswege bringe. Dieser Einschätzung schlossen sich auch SPÖ-Sicherheitssprecher Otto Pendl und die Abgeordneten Christoph Hagen (T) und Peter Pilz (G) an. Es handle sich um viele kleine vernünftige Änderungen, so Pilz.

Dass Frauen besonders geschützt werden müssen, zeigt nach Darstellung von Ulrike Königsberger-Ludwig (S) die hohe Zahl an jährlichen Wegweisungen wegen häuslicher Gewalt. Gewalt in der Familie sei niemals privat, sondern gehe die gesamte Gesellschaft an, bekräftigte sie.

ÖVP-Abgeordneter Hermann Gahr wies darauf hin, dass von den Änderungen im Waffengesetz auch die zahlreichen traditionellen Schützenvereine profitieren. Team-Stronach-Abgeordnete Martina Schenk begrüßte insbesondere die vorgesehene Nachsicht bei einem Verstoß gegen Registrierungspflichten, diese Bestimmung geht ihr zufolge auf eine Initiative ihrer Fraktion und der Interessengemeinschaft für ein liberales Waffenrecht in Österreich (IWÖ) zurück.

Nach Meinung von Schenk wurde allerdings die Chance vertan, das Waffengesetz insgesamt zu reparieren, zu vereinfachen und zu verbessern. Es liege hier noch vieles im Argen, erklärte sie und forderte insbesondere einen Rechtsanspruch für unbescholtene BürgerInnen auf Waffenbesitz zur Selbstverteidigung.

Erfreut über die einhellige Zustimmung der Abgeordneten zum vorliegenden Gesetzespaket zeigte sich Innenministerin Johanna Mikl-Leitner. Dass Abgeordneter Hagen in einem Entschließungsantrag mehr Personal für die Exekutive forderte, kommentierte sie damit, dass ohnehin eine Aufstockung um 1.000 Planstellen vorgesehen sei. Der Entschließungsantrag wurde schließlich mehrheitlich abgelehnt.

Thema in der Debatte waren auch in der Öffentlichkeit diskutierte Polizeieinsätze. So verteidigte Hagen die Polizei gegen massive Vorwürfe, die zuletzt auch Grünen-Sicherheitssprecher Pilz erhoben hatte. Pilz will einzelne umstrittene Polizeiaktionen schon demnächst mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner diskutieren, wie er ankündigte.

Österreich und Ukraine wollen polizeiliche Zusammenarbeit vertiefen

Mit breiter Mehrheit genehmigte der Nationalrat ein von der österreichischen Regierung mit dem Ministerkabinett der Ukraine abgeschlossenes Abkommen über die Vertiefung der polizeilichen Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern. Vorgesehen ist unter anderem ein Informations- und Erfahrungsaustausch sowie die gegenseitige Unterstützung bei Personen- und Sachfahndungen. Internationale Zusammenarbeit sei wichtig, beispielsweise bei der Bekämpfung von Menschenhandel und Kinderpornographie, hob etwa Abgeordneter Nikolaus Prinz (V) hervor. Auch in der Terrorismusbekämpfung brauche man grenzüberschreitende Kooperationen, hielt Abgeordneter Anton Heinzl (S) ergänzend fest. Er verwies zudem auf die im Abkommen verankerten Datenschutzbestimmungen.

Dass die demokratischen Strukturen in der Ukraine noch nicht EU-Standards erreicht haben, räumte Hannes Weninger (S) ein. Gerade deshalb erachtet er aber eine Unterstützung der Ukraine und eine forcierte Zusammenarbeit für wesentlich.

Dezidiert kritisch zum Abkommen äußerten sich lediglich die Grünen. So sind nach Meinung von Abgeordnetem Pilz die Bestimmungen über die Datenübermittlung nicht präzise genug gefasst.

Abgeordnete fordern konsequentes Vorgehen gegen illegale Bespitzelungen

Ein konsequentes Vorgehen fordern die Abgeordneten gegen Überwachungspraktiken des US-Geheimdienstes NSA und seines britischen Pendants GCHQ, wie sie US-Whistleblower Edward Snowden aufgedeckt hat. Es gehe nicht an, dass ausländische Nachrichtendienste die Kommunikationsdaten österreichischer und europäischer Bürgerinnen und Bürger ohne Rechtsgrundlage massenhaft abfangen, speichern und überwachen, sind sich die sechs Parlamentsfraktionen über alle Parteigrenzen hinweg einig. Sie fordern die Regierung in diesem Sinn in Form einer einstimmig angenommenen Entschließung auf, Verstöße gegen das österreichische Strafrecht konsequent zu verfolgen und alle technischen und regulatorischen Maßnahmen zu ergreifen, um derartige Angriffe auf die Grundrechte abzuwehren. Überdies soll die Bundesregierung ihrer Meinung nach auf europäischer Ebene für eine Stärkung der technologischen Unabhängigkeit Europas im Bereich der Informationstechnologie unter besonderer Berücksichtigung von Kommunikationssicherheit und Datenschutz eintreten.

In der Debatte meinten die Abgeordneten Rudolf Plessl (S) und Harald Stefan (F), es sei beachtlich, zu welchen Mitteln die NSA und andere Nachrichtendienste greifen, um Informationen zu erlangen. Man sei nie naiv gewesen, hielt Stefan fest, die Dimension der Überwachungspraktiken sei aber den meisten nicht bekannt gewesen. Nun gelte es, den Nachrichtendiensten gemeinsam die Stirn zu bieten. Anerkennung für die Motive von US-Whistleblower Edward Snowden äußerte Plessl.

Ausgegangen war die gemeinsame Initiative der sechs Parlamentsfraktionen von Grün-Abgeordnetem Peter Pilz, wofür Christoph Hagen (T) ausdrückliches Lob streute. Pilz hob hervor, dass das österreichische Parlament weltweit das erste sei, das einstimmig einen derartigen Beschluss fasse. Damit finde Österreich auch international Beachtung, ist er überzeugt. Pilz sieht nun das Innenministerium und das Justizministerium gefordert. Man wisse, wo die USA in Österreich Spionagetätigkeiten setzen und man kenne auch Namen, bekräftigte er.

Um effizienter gegen Spionage vorzugehen, forderte Pilz unter anderem ein eigenes Amt für Spionageabwehr im Innenministerium. Die "Datenabsaugmaschinerie" sei nach wie vor nicht gestoppt, sieht SPÖ-Abgeordneter Norbert Darabos ebenfalls noch einiges an Arbeit vor der Politik liegen.

Auf die Vorreiterrolle Österreichs machte auch ÖVP-Abgeordneter Michael Hammer aufmerksam. Sein Fraktionskollege Werner Amon wies darauf hin, dass ein neues Staatsschutzgesetz in Ausarbeitung sei, bei dem es auch um Spionageabwehr und insbesondere auch um Abwehr von Wirtschaftsspionage gehe.

NEOS-Abgeordneter Nikolaus Alm wertete es als bemerkenswert, wie sehr sich die Bevölkerung bereits mit Überwachungen arrangiert habe, vor allem im Internet. Jede Person verfüge über eine sehr detaillierte digitale Identität. (Fortsetzung Nationalrat) gs