Parlamentskorrespondenz Nr. 368 vom 16.04.2015

Schere zwischen Frauen- und Männereinkommen immer noch weit offen

Rechnungshofausschuss: Abgeordnete sehen Handlungsbedarf

Wien (PK) – Die Abgeordneten zeigten sich teils schockiert, teils ernüchtert und sahen unisono politischen Handlungsbedarf. Anlass dafür war die Präsentation des Rechnungshofberichts über durchschnittliche Einkommen der Erwerbstätigen und der PensionistInnen 2014 (III-124 d.B.). Der vom Rechnungshofausschuss einstimmig an das Plenum weitergeleitete Bericht zeigt, dass sich die Schere zwischen hohen und niedrigen Einkommen zuletzt weiter geöffnet hat und etwa ArbeiterInnen überdurchschnittlich starke reale Einkommensverluste hinzunehmen hatten. Auch die Schere zwischen Frauen- und Männereinkommen klafft nach wie vor weit auseinander. Lob spendeten die Mandatarinnen dem Rechnungshof, der in Zusammenarbeit mit der Statistik Austria eine umfassende Unterlage für politische Entscheidungen in den Fachausschüssen und zuständigen Ressorts vorgelegt hat. Positiv wurden auch differenzierende Erklärungen von Rechnungshofpräsident Josef Moser zur medialen Diskussion über die Entwicklung der Beamtengehälter aufgenommen. Die zuletzt überdurchschnittliche Zunahme der Einkommen von BeamtInnen habe statistische Ursachen, erfuhren die Abgeordneten. In der zahlenmäßig stark schrumpfenden Gruppe der BeamtInnen liege das Durchschnittsalter um 12 Jahre höher als bei anderen Erwerbstätigen, was zu einem höheren Durchschnittseinkommen führe. Dazu kommen ein überdurchschnittlich hoher Akademikeranteil, ein wesentlich geringerer Teilzeit-Anteil im öffentlichen Dienst und weit überdurchschnittliche Fraueneinkommen.

Hohe und niedrige Einkommen entwickeln sich weiter auseinander

Im Einzelnen informierte Rechnungshofpräsident Josef Moser den Ausschuss über die Zunahme unselbständig Erwerbstätiger um 22% seit 1998 auf 4,126 Mio. Personen im Jahr 2013. Der Frauenanteil stieg von 44,3% auf 47,3% und auch die Zahl der Angestellten nahm zu. Die Zahl öffentlich Bediensteter stieg seit 2005 von 502.916 auf 537.285, wobei einem Rückgang der BeamtInnen um 44.366 ein starker Anstieg der Vertragsbediensteten um 78.735 gegenüberstand. Die Einkommen der Unselbständigen gingen seit 1998 real um 4,43% zurück, wobei ArbeiterInnen 2013 nur 86% des Durchschnittseinkommens von 1998, Angestellte 101% und BeamtInnen 123% des Einkommens im Jahr 1998 erzielten. Die Einkommensschere zwischen niedrigen und hohen Einkommen ging weiter auseinander, stellte Rechnungshofpräsident Moser fest, empfahl aber zugleich, die oft starken strukturellen Veränderungen innerhalb der verschiedenen Gruppen zu beachten.

Besonderheiten in der Entwicklung des öffentlichen Dienstes   

Das mittlere Bruttojahreseinkommen der Unselbständigen betrug 2013 25.767 €, wobei die Einkommen stark nach der sozialen Stellung differierten. Angesichts der medialen Debatte über die Einkommensentwicklung im öffentlichen Dienst wies Moser darauf hin, dass ganzjährig vollbeschäftigte BeamtInnen in allen Altersgruppen geringere durchschnittliche Einkommen erzielten als ganzjährig Vollbeschäftigte in der Privatwirtschaft. Vertragsbedienstete verdienten unter 30 Jahren mehr, über 30 Jahren aber weniger als Angestellte.

Schere zwischen Frauen- und Männereinkommen immer noch weit offen

Das höhere Medianeinkommen im öffentlichen Dienst erklärte der Rechnungshofpräsident mit der höheren Akademikerquote (BeamtInnen 42%, Angestellte 22%), dem um 12 Jahre höheren Durchschnittsalter im öffentlichen Dienst, dem höheren Anteil ganzjährig Vollzeitbeschäftigte (BeamtInnen 90%, ArbeiterInnen 41%) und mit den geringeren Einkommensnachteilen der Frauen im öffentlichen Dienst.

So verdienten ganzjährig vollzeitbeschäftigte Beamtinnen deutlich mehr als weibliche Angestellte. Im öffentlichen Dienst waren 2013 198.965 BeamtInnen und 338.320 Vertragsbedienstete beschäftigt. Das mittlere Bruttojahreseinkommen der BeamtInnen lag bei 51.408 €, das der Vertragsbediensteten bei 31.041 €.

Die Frauen stellten 2013 47% aller Beschäftigten und erzielten ein mittleres Bruttojahreseinkommen von 19.460 € (Männer 31.961 €). Das entspricht 61% des mittleren Männereinkommens und 82% des Einkommens ganzjährig Vollbeschäftigter. Vollzeitbeschäftigte Beamtinnen erzielen 102% des Einkommens ihrer männlichen Kollegen, was auf den hohen Männeranteil in niedrigen Einkommenskategorien, vor allem im Innen- und Verteidigungsressort, zurückzuführen sei, klärte Moser auf.

Bei unselbständig Erwerbstätigen verringerte sich die Einkommensschere bei ganzjähriger Vollzeitbeschäftigung zwischen Frauen und Männern seit 2005. Das durchschnittliche Fraueneinkommen nahm von 78% eines Männereinkommens auf 81,8% zu. Seit 1998 stiegen die durchschnittlichen Fraueneinkommen um 1,96%, jene der Männer um 1,93% zu. Trotz positiver Entwicklungen verbesserte sich die relative Einkommenssituation der Frauen gegenüber den Männern seit 1998 nur von 60,6% auf 60,9%, was Rechnungshofpräsident Moser mit dem hohen Anteil der Frauen an schlechter bezahlten atypischen Beschäftigungen, ihrem überdurchschnittliche hohen Anteil an Jobs in niedrigen Einkommensklassen und Niedriglohnbranchen sowie mit dem geringeren Anteil der Frauen in Führungspositionen erklärte. 731.600 Frauen erledigten 84% der ganzjährigen Teilzeitbeschäftigung, während nur 136.200 Männer, also 9%, ganzjährig in Teilzeit arbeiteten. Zudem widmen sich Frauen in wesentlich höherem Ausmaß der Kinderbetreuung sowie der Pflege Erwachsener, berichtete der Rechnungshofpräsident.

Krasse Einkommensunterschiede im Gesundheitswesen

Bei den Selbständigen, zu denen Daten über das Jahr 2011 vorliegen, waren 324.655 Personen (Frauenanteil 41%) ausschließlich selbständig erwerbstätig, die nach einem Rückgang ihres durchschnittlichen Einkommens um 4,5% im Jahr 2011, einen leichten Zuwachs von 0,4% erzielten. Ihr mittleres Jahreseinkommen betrug 10.944 € (Männer 14.027 €, Frauen 7.797 €). Selbständig erwerbstätige Frauen verdienten 56% des mittleren Männereinkommens. Besonders krass war die Einkommensschere im Gesundheits- und Sozialwesen, wo der hohe Männeranteil unter Fachärzten und der hohe Frauenanteil in den Pflegeberufen dazu führte, dass dort Frauen nur 12% des Durchschnittseinkommens eines Mannes erzielten.  

Bei den 2,34 Millionen Pensionisten in Österreich betrug der Frauenanteil 55%. Die Einkommen wuchsen seit 2000 mit einem Jahresdurchschnitt von 3% stärker als die Teuerungsrate und der Pensionisten-Index. Die Durchschnittspension der Frauen betrug 2013 14.462 € (59% der Männerpension), jene der Männer betrug 24.529 €.

ParlamentarierInnen sehen bei den Fraueneinkommen Handlungsbedarf   

Die Debatte leiteten SprecherInnen aller Fraktionen mit Dank und Lob für den fundierten und umfassenden Bericht des Rechnungshofes ein, der ein deutliches Bild über die Situation der Frauen liefere. Marina Schenk (T) bedauerte die nach wie vor auseinanderklaffende Einkommensschere zwischen Männern und Frauen, insbesondere auch bei den Selbständigen in der Gesundheitsbranche. Schenk wollte wissen, um wie viel Frauen nur deshalb weniger verdienten, weil sie Frauen seien und regte an, den Ausgliederungsstand in den Einkommensbericht einzubeziehen.

Dem öffentlichen Dienst sollte sich seiner Vorbildfunktion beim Thema Einkommensgerechtigkeit bewusst sein und er sollte seine Möglichkeiten zur Steuerung der Einkommen nutzen, sagte Ruth Becher (S) und machte auf Unterschiede bei den Frauen- und Männereinkommen in der Verwaltung aufmerksam.

Während die Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst beim Bund abnehme, steige sie bei Ländern und Gemeinden, stellte Josef Schellhorn (N) fest und empfahl, beim Thema Fraueneinkommen die negativen Effekte weiblicher Erwerbsbiographien auf das Lebenseinkommen stärker zu berücksichtigen.

Die Zunahme der Beschäftigung im öffentlichen Dienst der Länder und Gemeinden erklärte Johann Singer (V) mit dem zunehmenden Bedarf an Pflegedienstleistungen. Angesichts einer medialen Diskussion über hohe Einkommen im öffentlichen Dienst dankte Singer für die differenzierten Darstellungen des Rechnungshofs. Handlungsbedarf sah der Abgeordnete bei den Fraueneinkommen, wobei er darauf aufmerksam machte, dass sich der geringe Frauenanteil bei technischen Ausbildungen negativ auf deren Einkommen auswirke.

Schockiert über Einkommensrückgänge bei unselbständig Beschäftigten zeigte sich Wolfgang Zanger (F), der es für notwendig hielt, dafür zu sorgen, dass Menschen für ihre Arbeit Einkommen erhalten, von denen sie leben können.

Ernüchternd nannte Bruno Rossmann (G) die Ergebnisse des aktuellen Einkommensberichts, der zeige, dass auch die Bereinigung um Teilzeitquoten nichts an der Tatsache ändere, dass die Schere zwischen Männer- und Fraueneinkommen sowie zwischen hohen und niedrigen Einkommen nach wie vor weit auseinanderklaffe. Deprimierend seien die realen Einkommensverluste niedriger und niedrigster Einkommen, sagte Rossmann. Vor diesem Hintergrund bezeichnete der Abgeordnete die Absicht der Regierungsparteien, den Frauen nur zwei der fünf Milliarden an Entlastung bei der geplanten Steuerreform zukommen zu lassen als problematisch. Seine Fraktion schlage vor, geringere Einkommen steuerlich stärker zu entlasten.

Empfehlungen Bruno Rossmanns, den Einkommensbericht um sozio-ökonomische und Haushaltsdaten zu erweitern, um Entscheidungen für mehr Einkommensgerechtigkeit besser zu unterstützen, hielt Rechnungshofpräsident Josef Moser für verständlich, meinte aber, eine solche Erweiterung würde den Rahmen des Einkommensberichts sprengen.

Frauen haben geringere Löhne, weil sie schlecht bezahlte Jobs haben

Martin Bauer (Statistik Austria) erläuterte den Abgeordneten die Datenlage, auf der der Einkommensbericht aufbaue und verneinte die Frage, ob Frauen nur deshalb schlechter bezahlt würden, weil sie Frauen seien. Die Einkommensunterschiede ihrer Bezahlung resultierten aus höheren Frauenanteilen in atypischen Beschäftigungen sowie in Branchen und Positionen mit niedrigeren Einkommen. Zu eruieren, warum dies so sei und daraus Schlüsse zu ziehen, sei eine gesellschaftspolitische Aufgabe, stellte Moser in Übereinstimmung mit den Ausschussmitgliedern fest. Dabei sei es wichtig, die Fachausschüsse des Parlaments und die zuständigen Bundesminister auf die Ergebnisse des Einkommensberichts hinzuweisen und die richtigen politischen Schlussfolgerungen zu ziehen, sagte Abgeordneter Elmar Mayer (S). (Fortsetzung Rechnungshofausschuss) fru