Parlamentskorrespondenz Nr. 396 vom 23.04.2015

Innenministerin berichtet über Erfolge im Kampf gegen das Verbrechen

Mikl-Leitner für offene Diskussion über Vorratsdatenspeicherung

Wien (PK) - Für die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung in grundrechtskonformer Fassung, für den verstärkten Kampf gegen Terrorismus und Dschihadismus auf der Grundlage eines neuen Staatsschutzgesetzes und für eine humanitäre Antwort Europas auf das Sterben im Mittelmeer sprach sich Innenministerin Johanna Mikl-Leitner in der heutigen Fragestunde des Nationalrats aus. Nicht ohne Stolz präsentierte die Ministerin Zahlen, die erfreuliche Erfolge beim Kampf gegen das Verbrechen in Österreich belegen.     

Mikl-Leitner für grundrechtskonformen Kampf gegen den Terror

Von einem Staatsschutzgesetz, das derzeit in Begutachtung stehe, erwarte sie sich einen besseren Schutz für die Menschen beim Kampf gegen Terrorismus und Dschihadismus, sagte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner SPÖ-Sicherheitssprecher Otto Pendl. Dieses Gesetz soll die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit wahren und der Polizei mehr Befugnisse einräumen. Personenbezogene Daten sollen zwei Jahre lang, unter bestimmten Voraussetzungen auch maximal sechs Jahre lang gespeichert werden können. Die bereits enge Zusammenarbeit mit den Strafvollzugsbehörden der anderen EU-Länder soll beim Kampf gegen den Terror weiter verbessert werden. Dasselbe gelte für die Kooperation zwischen dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Landesbehörden, um die Analyse gemeinsamer Daten zu verbessern.

"Ich will offen über eine grundrechtskonforme Lösung für die Vorratsdatenspeicherung diskutieren", sagte die Innenministerin zum Thema Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung. Nikolaus Alm (N) versicherte die Innenministerin, sich an höchstgerichtliche Erkenntnisse zu halten, auch wenn dies polizeiliche Ermittlungsarbeit nicht erleichtere. Auch bei richterlichem Auftrag stehen derzeit keine Daten für Ermittlungen zur Verfügung. Es sei nicht möglich, Täter dingfest zu machen und Kriminalfälle aufzuklären, klagte Mikl-Leitner. Ihr Vorbild sei Deutschland, wo Leitlinien für eine Nachfolgeregelung vereinbart wurden, die ExpertInnen der Justiz und der Polizei für sinnvoll halten. Es gelte hohe Datenschutzstandards festzulegen und die Vorratsdatenspeicherung auf die Aufklärung von Terrorismus und organisierte Kriminalität zu beschränken. Sie hoffe auf einen Konsens, der die höchstgerichtlichen Erkenntnisse berücksichtigt, sagte die Innenministerin. Dabei seien Ausnahmen für Journalisten und Rechtsanwälte notwendig, sagte die Ministerin. 

Beim Thema Kampf dem Terror erfuhren Werner Amon, Eva-Maria Himmelbauer (beide V) und Hannes Weninger (S) von der Innenministerin zudem von Maßnahmen zur Verbesserung der Cyber-Sicherheit und für den besseren Schutz "kritischer" Infrastruktur. Die diesbezügliche Strategie der Bundesregierung ziele auf ein "Cybersicherheitsgesetz" ab, bei dem die Legisten aber noch vor großen Herausforderungen stünden. Zuletzt konnte die Cyberkriminalität um 11% gesenkt werden, weil die Menschen immer sensibler werden und Unternehmen ihr Daten- und EDV-Systeme besser schützen, teilte Mikl-Leitner mit.

Eine Antwort Europas auf die Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer

"Wir brauchen eine humanitäre Antwort Europas auf die Katastrophen beim Schleppen von Flüchtlingen im Mittelmeer", sagte die Innenministerin. Albert Steinhauser (G), der die Einstellung des italienischen Flüchtlings-Hilfsprogramms "Mare Nostrum" kritisierte, erfuhr von Innenministerin Mikl-Leitner, dass sie sich auf EU-Ebene gegen die Einstellung dieses Rettungsprogramms ausgesprochen habe. Aktuell trete Österreich für die Verdoppelung der Rettungskapazitäten im Mittelmeer und darüber hinaus für eine nachthaltige europäische Strategie ein, um das Leben von Flüchtlingen zu retten. Sie hoffe auf entsprechende Entscheidungen der Europäischen Staats- und Regierungschefs, sagte Johanna Mikl-Leitner. Der Kampf gegen die Schlepper sei zu intensivieren, denn diese tragen die Verantwortung für das Sterben im Mittelmeer. Außerdem gehe es darum, ein Zehnpunkteprogramm für die Unterbringung von Kriegsflüchtlingen in Europa rasch umzusetzen, sagte Mikl-Leitner auf eine Frage der Abgeordneten Ulrike Königsberger-Ludwig (S). Die Initiative "Leben retten" soll vorangetrieben werden. Dabei gehe es darum, in Nordafrika Anlaufstellen für Flüchtlinge zu schaffen und das UNHCR dort prüfen zu lassen, ob Flüchtlinge eine Chance auf Asyl in Europa haben. Die Verhandlungen darüber soll die EU-Kommission führen. Der Weg zu einer Lösung sei aber noch weit, sagte die Innenministerin.

Hinsichtlich der Unterbringung von AsylwerberInnen in Österreich informierte die Bundesministerin über die Verhandlungen, die derzeit mit den Bundesländern über die Einrichtung von sieben Verteilquartieren geführt werden. Gernot Darmann (F) erfuhr von der Ressortleiterin, dass Italien kein Massenflüchtlingszentrum an der Grenze zu Österreich plane.

Gegenüber Mario Kunasek (F), der sich nach Polizeieinsätzen in steirischen Asylheimen im Jahr 2014 erkundigte, bekannte sich die Innenministerin zu einer sensiblen Vorgangsweise und zur Rücksichtnahme auf kulturelle Unterschiede sowie Traumata der Flüchtlinge. Ihr gehe es um ein gemeinsames Miteinander mit den Kriegsflüchtlingen. Die Zahl der Polizeieinsätze bezifferte Mikl-Leitner mit 61, wobei in 13 Fällen Asylunterkünfte betroffen waren. Beim Schubhaftzentrum Vordernberg erwarte sie ein Ansteigen der Zahl der Schubhäftlinge im Juli 2015, teilte die Innenministerin mit. 

Die Frage Christoph Hagens (T) nach einer Möglichkeit, zwischen AsylantInnen zu unterscheiden, bei denen die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass sie das Land bald wieder verlassen und denjenigen, die mit größerer Wahrscheinlichkeit dauerhaft bleiben werden, verneinte die Innenministerin. Am Beginn des Asylverfahrens könne niemand wissen, wie es ausgehen werde. Die Zusammenarbeit ihres Ressorts mit Hilfsorganisationen, die sich für Flüchtlinge einsetzen, bezeichnete Mikl-Leitner als sehr gut und dankte den NGOs für deren engagierte Arbeit.

Kriminalität geht zurück, Aufklärungsquote steigt  

Nach der Kriminalitätsentwicklung der letzten Jahre fragte Wolfgang Gerstl (V) und erfuhr von der Innenministerin, dass sich die Kriminalität mit der gesellschaftlichen Entwicklung verändere. Vor allem sei der Kampf gegen die Kriminalität grenzüberschreitend zu führen und die Zusammenarbeit in Europa und mit den Nachbarländern zu verstärken. Dabei sei Österreich gut unterwegs, führte Mikl-Leitner aus. In einem globalen Sicherheitsranking liege Österreich auf dem dritten Platz in Europa und global auf dem vierten Platz. Die Anzeigen von Delikten nahmen in letzten zehn Jahren um 76.000 ab, während die Aufklärungsquote um 3,6% gesteigert werden konnte. Gewaltdelikte, Kfz-Diebstähle, Cyberkriminalität und Wirtschaftsdelikte nahmen ab, zugenommen, und zwar um 3,4%, haben jedoch die Wohnungseinbrüche, räumte die Ministerin ein. Daher habe ihr Ressort spezielle Pläne gegen diese Form der Kriminalität wie auch gegen den zunehmenden Einsatz von Kindern durch die organisierte Kriminalität, etwa für Taschendiebstähle, ausgearbeitet, teilte Mikl-Leitner mit. Martina Schenk (T), die einen leichteren Zugang zu Waffenpässen für BürgerInnen verlangte, sagte Mikl-Leitner, es werde an der im Innenausschuss vereinbarten Lösung gearbeitet.

Rudolf Plessl (S) informierte die Innenministerin über zunehmenden Bedarf der Polizei an SpezialistInnen sowie an moderner Ausrüstung, insbesondere auch an Ermittlungstechnologie. Über Budgetmittel für entsprechende Investitionen werde bei der Vorbereitung des Budgets 2016 verhandelt, teilte Mikl-Leitner mit. Die Einrichtung eines bundesweiten digitalen Behördenfunksystems werde Ende 2018 abgeschlossen sein. Die Polizeiarbeit werde davon profitieren, sagte Mikl-Leitner.

Neue Strategie gegen Drogendealer

Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) drängte auf Maßnahmen gegen den offensiven Drogenhandels im Bereich öffentlicher Verkehrsmittel in Wien. Die Innenministerin teilte der Abgeordneten mit, dass es auch in Wien gelungen sei, die Kriminalität um 4,7% zu senken, Mikl-Leitner räumte aber ein, dass der Kampf gegen Drogendealer die Polizei vor große Herausforderungen stelle. Deren neue Strategie sehe lokale Ermittlungen, Strukturermittlungen - auch gemeinsam mit ausländischen Behörden - und eigenständige Maßnahmen sowie verstärkte Polizeipräsenz in U-Bahnstationen vor. Sie bekenne sich zur Substituierungstherapie bei Drogenkranken, sagte Mikl-Leitner, räumte aber ein, dass Österreich bei der Abgabe drogensubstituierender Medikamente im europäischen Spitzenfeld liege.

Die Polizei will niemanden aus Jux und Tollerei überwachen

Peter Pilz (G) kritisierte die Anzeige von JournalistInnen bei der Gegendemonstration zur PEGIDA-Demonstration in Wien am 2.2.2015 wegen "Verhinderung oder Störung einer Versammlung", obwohl sie dort nur ihre Arbeit taten. Die Innenministerin informierte, die Beamten hätten auf der Grundlage von Lagebildern für den Schutz der TeilnehmerInnen gesorgt. Sie räumte ein, dass die Rechtslage bei der genannten Demonstration unklar gewesen sei. Die Identität von sechs Personen mit Presseausweis und von vier weiteren Personen sei festgestellt worden. Die Staatsanwaltschaft habe aber keinen Auftrag zur Einvernahme erteilt, sagte Mikl-Leitner. Peter Pilz (G) zeigte sich besorgt werden der Absicht des Innenministeriums, in das neue Staatsschutzgesetz einen Paragraphen über verfassungsgefährdende Eingriffe einzuführen und warnte vor einer Überwachung von JournalistInnen. Die Innenministerin bemühte sich, diese Sorge zu zerstreuen. Sie habe keinerlei Absicht, Menschen aus Jux und Tollerei zu überwachen. Voraussetzung für jede Überwachung sei Einvernehmen mit dem Rechtsschutzbeauftragten und die Information aller betroffenen Personen über deren Rechtsmittel.

(Fortsetzung Nationalrat) fru