Parlamentskorrespondenz Nr. 613 vom 09.06.2015

Mehr Wettbewerb und Transparenz auf Österreichs Energiemarkt

Wirtschaftsausschuss erörtert Bericht der Energie-Control und Vorlagen zum Thema Energiepolitik

Wien (PK) – Der heimische Energiesektor wird zunehmend von Wettbewerb und Transparenz geprägt. Dies untermauert der in der heutigen Sitzung des Wirtschaftsausschusses behandelte Tätigkeitsbericht der Energie-Control Austria über das Jahr 2013, der neben einem deutlichen Anstieg beim Versorgerwechsel auch eine starke Zunahme des Ökostromanteils dokumentiert, gleichzeitig aber auch von höheren Stromkosten für die privaten Haushalte spricht. Mit den Stimmen der Regierungsparteien wurde überdies ein Gesetzespaket verabschiedet, das u.a. auf eine Beschleunigung von Genehmigungsverfahren zum Ausbau der europäischen Energie-Infrastruktur abzielt. Änderungen im Mineralölrohstoffgesetz wiederum, die den Ausschuss mit breiter Mehrheit, aber ohne die Stimmen der Grünen passierten, dienen in erster Linie der Umsetzung der EU-Richtlinie über Industrieemissionen. Zudem genehmigten die Abgeordneten einstimmig den Rücktritt Österreichs vom Kohletechnischen Informationsdienst der Internationalen Energie-Agentur.

Hohe Steigerungsraten beim Anbieterwechsel

Der von den beiden Vorständen Walter Boltz und Martin Graf präsentierte Tätigkeitsbericht der Energie-Control Austria (III-165 d.B.) bescheinigt den österreichischen StromkundInnen zunehmende Bereitschaft, ihren Anbieter zu wechseln, und belegt damit auch das Vordringen des Wettbewerbs auf dem heimischen Energiemarkt. Darüber hinaus liefert das Papier umfangreiches Datenmaterial zu Strom- und Gasverbrauch, weist ein neues Allzeithoch beim Anteil des Ökostroms aus und spricht außerdem von einer erhöhten Preisbelastung für die privaten Haushalte durch Steigerungen bei Netztarifen und Ökostromkosten.

In der Debatte bestätigte Walter Boltz, bei Haushaltskunden sei es nur in sehr geringem Umfang zu einer Weitergabe der reduzierten Großhandelskosten gekommen, und ging insgesamt von einem leichten Sinken der Strompreise für die Haushalte aus. Zur Zukunft der gemeinsamen Preiszone mit Deutschland ließ Boltz SPÖ-Abgeordneten Wolfgang Katzian wissen, dass sich Österreich in der derzeit laufenden Diskussion jedenfalls für eine Aufrechterhaltung einsetzt. Was den von FPÖ-Mandatar Axel Kassegger thematisierten Smart-Meter betrifft, hält Boltz angesichts der Interessenslage der Netzbetreiber eine hundertprozentige Umstellung für notwendig, betonte aber, die Kunden hätten die Möglichkeit zu einem Opt-Out aus bestimmten Funktionen. Bisherige Erfahrungen würden jedenfalls auf eine äußerst geringe Opt-Out-Rate hinweisen, meinte er und rechnete für Österreich mit einer Bandbreite zwischen 0,5 und 1 %.

Eine allfällige Streichung der Subventionen für Wind- und Sonnenenergie, wie dies von Neos-Abgeordnetem Josef Schellhorn angesprochen wurde, beurteilte Martin Graf grundsätzlich positiv. Abseits von Anschubfinanzierungen würden sich Förderungen immer marktverzerrend auswirken, argumentierte er. Die von Matthias Köchl (G) kritisierten Fixkosten bei Photovoltaik begründete Graf mit der Notwendigkeit, die Netze instand zu halten und auszubauen. Gegenüber Christoph Matznetter (S), der von einer Überförderung von Wind- und Solarstrom in Deutschland sprach, bemerkte Graf, Österreich habe jedenfalls bei seinem Ökostrommodell die Hausaufgaben gemacht und profitiere überdies stark von der Preisentwicklung im Nachbarland.

Was die von Grünen-Umweltsprecherin Christiane Brunner aufgeworfene Energiestrategie betrifft, trat Bundesminister Reinhold Mitterlehner dafür ein, zunächst die konkreten Kooperations- und Koordinationsschritte auf europäischer Ebene abzuwarten, und dann die heimischen Konzepte anzugehen.

Der Bericht wurde vom Ausschuss ohne die Stimmen der FPÖ zur Kenntnis genommen und gilt damit als enderledigt.

Beschleunigung der Genehmigungsverfahren zum Ausbau der Energieinfrastruktur

Stärkung der Versorgungssicherheit und Entwicklung von Ressourceneffizienz bei Energie und mineralischen Rohstoffen sind die Stoßrichtungen eines vom Ausschuss mit den Stimmen der Regierungsparteien beschlossenen Gesetzesbündels (626 d.B.), das ein Energie-Infrastrukturgesetz sowie Änderungen im Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz und im Energie-Control-Gesetz enthält. Hintergrund des Pakets ist die EU-Verordnung betreffend Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur (TEN-E-VO), die sich der schnelleren Durchsetzung des dringend benötigten Ausbaus der europäischen Energieinfrastruktur widmet. Im Fokus steht dabei, wie ÖVP-Abgeordneter Johann Lettenbichler erklärte, vor allem die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für Vorhaben im gemeinsamen europäischen Interesse. Auf österreichischer Ebene wird zunächst der Wirtschaftsminister als zuständige Infrastrukturbehörde benannt und in die Umsetzung der TEN-E-VO für UVP-pflichtige Vorhaben eingebunden.

Namens der Grünen qualifizierte Christiane Brunner den vorliegenden Rahmen als brauchbare Verhandlungsgrundlage und signalisierte die Bereitschaft ihrer Fraktion, den kommenden konkreten Ausgestaltungsschritten zuzustimmen und damit die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittel-Mehrheit zu sichern. Positiv beurteilte sie, dass das Paket auch die Energieraumplanung berücksichtigt, betonte aber, aus grüner Sicht seien noch klare, transparente Regelungen notwendig. So gehe es vor allem um die Einbindung der Öffentlichkeit und die Verankerung der Bürgerbeteiligung – und zwar ab der Planungsphase. Wichtig sei den Grünen auch die Verankerung einer strategischen Umweltverträglichkeitsprüfung für die Netzpläne. Insgesamt sprach Brunner aber von konstruktiven Verhandlungen und zeigte sich zuversichtlich über die Chancen einer Einigung.

Wolfgang Katzian (S) erwartete sich ebenso wie Johann Lettenbichler (V) von dem Gesetzespaket positive konjunkturpolitische Auswirkungen und unterstrich, wenn der Anteil der erneuerbaren Energie zunehmen soll, dann brauche es dafür auch die entsprechenden Voraussetzungen bei den Netzen. FPÖ-Mandatar Axel Kassegger wiederum führte ins Treffen, erster Schritt in diese Richtung müsste ein österreichischer Energie-Masterplan sein.

Unabhängig von den Plänen einer Europäischen Energieunion gehe es darum, die Vorgangsweisen zu koordinieren und zu beschleunigen, um die Versorgungssicherheit zu verbessern, betonte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, der sich überdies für eine gemeinsame Lösung bei den noch ausstehenden Verhandlungen aussprach.

Österreich tritt vom Kohletechnischen Informationsdienst der Internationalen Energie-Agentur zurück

Der Kohletechnische Informationsdienst der Internationalen Energie-Agentur (IEA Clean Coal Centre) wurde 1975 im Zuge der Ölkrise von der IEA gegründet. Es stellt Analysen und Informationen zu allen Aspekten der Kohle zur Verfügung und verfolgt dabei vor allem das Ziel, die saubere und effiziente Energienutzung voranzutreiben. Als Mitglied der EU, die ihrerseits selbst ein Mitglied des IEA Clean Coal Centres ist, fühlt sich Österreich in diesem Gremium ausreichend vertreten, sodass eine eigene Mitgliedschaft nicht mehr notwendig erscheint. Durch den nunmehr vom Ausschuss einstimmig genehmigten Rücktritt (500 d.B.) erspart sich Österreich jährliche Beitragszahlungen in der Höhe von 63.900 Pfund.

Mehr Schutz vor gefährlichen Industrieemissionen

Änderungen im Mineralrohstoffgesetz (625 d.B.) verfolgen das Ziel, durch Umsetzung einer entsprechenden EU-Richtlinie den Schutz für Mensch und Umwelt vor gefährlichen Industrieemissionen zu verbessern. Zudem enthält die Novelle auch eine Neuregelung der Umweltinspektion und bringt überdies eine Meldepflicht für schwere Unfälle von in Österreich registrierten Unternehmen im Rahmen von Offshore-Erdöl und Erdgasaktivitäten.

Gegen das Gesetz stimmten lediglich die Grünen, deren Umweltsprecherin Christiane Brunner vor allem eine Einbindung der Öffentlichkeit in die Verfahrensprozesse vermisste. (Fortsetzung Wirtschaftsausschuss) hof

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