Parlamentskorrespondenz Nr. 695 vom 22.06.2015

Biotechnologie in Österreich - eine junge und wachsende Branche

Vierter Bericht des Biopatent Monitoring Komitees liegt vor

Wien (PK) – "Life Science" oder Lebenswissenschaften sind ein integraler Bestandteil der Wirtschaft geworden. Die moderne Biotechnologie, nehmen einen wichtigen Platz in den Schlüsseltechnologien schlechthin ein. In Österreich handelt es sich bei der Biotechnologie um eine noch junge, aber erfolgreiche Branche, die dem Land internationales Ansehen als Life Science Standort gesichert hat. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat dem Nationalrat nun den vierten Bericht des Biopatent Monitoring Komitees vorgelegt (III-184 d.B. und III-557-BR/2015 d.B.), der den Berichtszeitraum 2012-2014 umfasst. Das Biopatent Monitoring Komitee überprüft die Auswirkungen der Biotechnologie-Richtlinie der EU. Nachdem es vorerst lediglich auf der Grundlage einer Entschließung des Nationalrates tätig war, hat der Nationalrat das Komitee mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2010 auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Damit wurde dessen Zuständigkeit festgelegt, der Kreis der Mitglieder geregelt sowie eine auch das Budget des Komitees verwaltende Geschäftsstelle eingerichtet.

Wachstumstrend bei Biotechnologie setzt sich fort

Seit dem letzten Bericht im Jahr 2013 hat eine weitere dynamische Entwicklung der Branche stattgefunden. Ende 2012 waren in Österreich 128 biotechnologische Unternehmen tätig (2011: 113), welche ca. 15.400 MitarbeiterInnen beschäftigten (2011: 11.000), wovon 5.900 mit biotechnologischen Tätigkeiten im engeren Sinn befasst waren (2011: 7.300). Ihr Umsatz betrug 2012 rund 4,1 Mrd. € (2010 ca. 3 Mrd. €). Gegenüber 2006 hat der Umsatz sich damit um rund 60 % gesteigert.

Biotechnologie ist eine forschungsintensive Branche. Forschende und produzierende Unternehmen investierten 2012 132 Mio. € in Forschung und Entwicklung. Der Rückgang gegenüber 2010 (173 Mio. €) wird mit der Verschiebung des Fokus des Branche von Forschung und Entwicklung auf Produktion und Wertschöpfung begründet.

Patente sind ein wesentlicher Faktor in der biotechnologischen Industrie. Nach OECD-Angaben liegt Österreich bei Biotech-Patenten über dem europäischen Durchschnitt. Österreichs Anteil aller weltweit erteilten Biotechnologie-Patente im Zeitraum 2010-2012 betrug 0,82 %, im Zeitraum 2007 bis 2009 waren es 0,8 % der Patente. Der technologische Vorteil für Österreich daraus hat sich damit weiter gesteigert.

Aufgabe und Zusammensetzung des Biopatent Monitoring Komitees

Überprüfungsgegenstand des Komitees sind vom Österreichischen Patentamt erteilte bzw. registrierte Patente und Gebrauchsmuster, weshalb das Österreichische Patentamt am Komitee personell nicht mehr teilnimmt. Zu überprüfen sind die Auswirkungen der in Umsetzung der EU-Biotechnologie-Richtlinie erlassenen österreichischen Rechtsvorschriften auf verschiedene Bereiche: Menschenrechte, Tiere, Pflanzen, ökologische Systeme, Konsumentenschutz, Landwirtschaft und Interessen der Entwicklungsländer. In die Arbeit des Österreichischen Biopatent Monitoring Komitees sind laut Gesetz neben den Vertretern der zuständigen bzw. mitberührten Bundesministerien auch Vertreter der Sozialpartner, der Industriellenvereinigung, des Vereins für Konsumenteninformation, der Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt, des Umweltbundesamtes und ein legitimierter Vertreter des Ökobüros eingebunden. Allerdings haben weder der Verein für Konsumenteninformation noch das Ökobüro an den Sitzungen und Beratungen des Komitees teilgenommen.

Was die Menschenrechte betrifft, so haben Änderungen im Obsorge- und Sachwalterrecht das Schutzniveau von nicht-einwilligungsfähigen Personen im Bereich der medizinischen Forschung weiter angehoben. 2013 wurde durch den einheitlichen Rechtsrahmen für Arzneimitteltests an Menschen Das Schutzniveau weiter erhöht. Das österreichische Patentgesetz trägt auch der Tatsache Rechnung, dass Veränderungen der genetischen Identität der Keimbahn eines menschlichen Lebewesens und Verfahren zum Klonen menschlicher Lebewesen von der Patentierbarkeit ausgeschlossen sind. Österreich nimmt auch intensiv an den Diskussionen über den Schutz der genetischen Ressourcen der Entwicklungsländer teil. Die Diskussionen betreffen vor allem die Konvention über die biologische Vielfalt (CBD). Das Nagoya Protokoll über den Zugang zu genetischen Ressourcen und den fairen und gerechten Vorteilsausgleich (access and benefit-sharing, ABS) wurde mittlerweile von 50 Staaten und der EU im Juli 2014 ratifiziert und ist bereits in Kraft getreten.

Überprüfung der nationalen Erteilungs- und Spruchpraxis

Seit dem Zweiten Bericht des Komitees sind keine weiteren, über die damalige Biotechnologie-Umsetzungsnovelle 2005 hinausgehenden gesetzlichen Umsetzungsschritte erfolgt, doch wurde das Komitee durch die Patentgesetznovelle 2009 auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Die weiterführenden Vorschriften unterhalb der Gesetzesebene wurden bereits im Zuge des ersten Berichtes vom Komitee analysiert und als den gesetzlichen Vorgaben entsprechend befunden.

Die Tätigkeit des Komitees umfasst die Überprüfung der nationalen Erteilungs- und Spruchpraxis, also der vom Österreichischen Patentamt selbst erteilten Patente. Im Beobachtungszeitraum 1. 1. 2012 bis 31. Dezember 2014 wurden in Österreich 16 Patente mit biotechnologischem Bezug erteilt, vom Komitee überprüft und als den gesetzlichen Vorgaben entsprechend beurteilt.

Die Patente im Bereich der Medizin befassen sich mit entzündlichen Prozessen. Dazu gehören Behandlungsfortschritte bei Influenza, Hepatitis C, Alzheimer und Gluten-Unverträglichkeit. Patentiert wurden auch biotechnologische Verfahrenstechniken und Nachweisverfahren, etwa ein Verfahren zur Früherkennung von Feuerbrand, ein besseres Nachweisverfahren für Verderbnis bei Lebensmitteln und eine Detektionsmethode für Chlamydien und Gonokokken.

Entwicklungen auf Europäischer Ebene

Laut Patentgesetz besteht nur eine Zuständigkeit des Komitees für die vom Österreichischen Patentamt, nicht aber auch für die vom Europäischen Patentamt mit Wirksamkeit für Österreich erteilten Patente. Dem Biopatent Monitoring Komitee ist es jedoch auch in seinem vierten Bericht wichtig, die Ergebnisse seiner Arbeit in einen weiteren europäischen Kontext zu stellen. Der Bericht enthält daher einen Überblick über die vom Europäischen Gerichtshof und von den Beschwerdekammern des Europäischen Patentamtes getroffenen Entscheidungen. Dieses Rechtspanorama verweist auch auf die wichtigsten anhängigen Fälle.

So befasste sich der Europäische Gerichtshof im Berichtszeitraum ausführlich mit Fragen der Stammzellenforschung. Angesichts neuer technischer Entwicklungen in diesem Bereich galt es, die sehr breite Definition des Begriffs "menschlicher Embryo" zu überprüfen. Die Erkenntnisse des EuGH dazu sind von den nationalen Gerichten umzusetzen. (Schluss) sox