Parlamentskorrespondenz Nr. 707 vom 23.06.2015

Familienausschuss diskutiert Initiativen der Opposition

Abgeordnete wollen mit ExpertInnen zur Absicherung von Eltern nach dem Tod eines Kindes aktiv werden

Wien (PK) – Oppositionsanträge zu Lücken in der Familienbeihilfe für freiwillig Engagierte nach der Matura und Ungleichbehandlungen von Pflegeeltern bei der Karenz standen am Ende der heutigen Sitzung des Familienausschusses. Zudem lag den Abgeordneten eine Initiative der NEOS vor,die eine bessere sozial- und arbeitsrechtliche Absicherung von Eltern im Falle eines Kindstodes fordert. Der Antrag wurde zwar vertagt, alle Fraktionen zeigten aber grundsätzlichen Konsens darüber, sich der Materie in einem ExpertInnekreis aus dem Familien-, Sozial-, Innen- und Gesundheitsressort anzunehmen und gemeinsam aktiv zu werden. Was den Vorschlag von Außenminister Sebastian Kurz betrifft, die Familienbeihilfe für EU-Bürger, deren Kinder in ärmeren Herkunftsländern leben, zu kürzen, gingen die Meinungen zwischen den Fraktionen auseinander. Ein gleichlautender Antrag der FPÖ wurde vertagt, SPÖ und Grüne sehen darin eine Diskriminierung. Alle zehn Anträge der Opposition auf der Tagesordnung des Familienausschusses wurden schließlich entweder vertagt oder abgelehnt oder zur Vorberatung an einen anderen Ausschuss weitergeleitet

Geht es um die sozial- und arbeitsrechtliche Absicherung für Eltern nach dem Tod eines Kindes, waren sich die Abgeordneten aller Fraktionen im Familienausschuss aber darüber einig, dass hier etwas getan werden muss. Deswegen sollen schon bald mit ExpertInnen aus dem Familien-, Sozial-, Innen- und Gesundheitsressort Gespräche geführt werden. Ausgangspunkt dafür war eine entsprechende Initiative (1024/A(E)) der NEOS, die der Meinung sind, dass gerade in solchen schwierigen Lebenssituationen, die emotional äußerst belastend sind, besonderer Wert darauf gelegt werden muss, dass den betroffenen Müttern und Vätern auf eine möglichst unbürokratische Weise geholfen wird. Wenn das Kind etwa während des Bezugs von Kinderbetreuungsgeld bzw. in der Karenz verstirbt, müssten sich die betroffenen Mütter (Väter) schon am Folgetag beim Arbeitgeber melden. Dieser könnte die Arbeitsaufnahme schon zu diesem Zeitpunkt wieder fordern, wie Beate Meinl-Reisinger klarmachte. Da diese bürokratischen Auflagen nach dem Tod eines Kindes wohl kaum den betroffenen Eltern zugemutet werden könnten, sollte in einem solchen Fall der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld bzw. Karenz zumindest um weitere acht Wochen verlängert werden. Der Antrag wurde vertagt.

Karenz für Pflegeeltern: Karmasin sieht positive Signale

Für die Situation von Pflegeeltern machten sich die Grünen stark. Diese sollten ihrer Meinung nach nämlich auch dann Rechtsanspruch auf Karenz bekommen, wenn Pflegeeltern keine Adoptionsabsicht haben (990/A(E)). Außerdem wünschen sich die Grünen eine bessere finanzielle Absicherung von Pflegeeltern. Wird nämlich ein sehr junges Kind übernommen, haben Pflegeeltern, wie auch leibliche Eltern, Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld. Diesen Anspruch gibt es aber nicht für Pflegeeltern eines älteren Kindes. (1002/A(E)).

"Pflegeeltern leisten wichtige Arbeit", sagte Daniela Musiol (G), dass die Karenz von der Adoptionsabsicht abhängt, wertete sie als problematisch, diese sei nämlich nicht der Regelfall. Die Unterbringung in Pflegefamilien bringe den Kindern zudem wesentlich mehr an Bindung, Beziehung und Förderung und damit bessere Chancen, wie Musiol sagte. Eine völlige Gleichstellung für Pflegeeltern bei der Karenz, forderte auch Daniela Holzinger (S). Positiv zu beiden Anträgen äußerte sich Carmen Schimanek von der FPÖ, anzudenken sei hier ihrer Ansicht nach auch, einen Kündigungsschutz im Sinne der Pflegeeltern zu implementieren.

Die Karenz für Pflegeeltern sei ihr ein Anliegen, wie Familienministern Sophie Karmasin meinte. Die Zuständigkeit liege aber beim Sozialminister, der dem Vorhaben, wie Karmasin meinte, grundsätzlich positiv gegenübersteht. Ein Zeitrahmen zur Umsetzung liege aber noch nicht vor. Was die finanzielle Absicherung von Pflegeeltern betrifft, sei es ein verfassungsrechtliches Problem, für ältere Kinder aus dem Kinderbetreuungsgeld Mittel zu lukrieren.

Die Initiative der Grünen hinsichtlich Elternkarenz wurde schließlich dem Sozialausschuss zur weiteren Behandlung zugewiesen, jener bezüglich Kinderbetreuungsgeld vertagt.

Des Weiteren gaben zwei Anträge der Grünen Anlass für eine Diskussion im Ausschuss, die Familienbeihilfe neu zu regeln. Die Oppositionspartei fordert darin, die Familienbeihilfe für diejenigen, die sich nach der Matura engagieren, etwa in einem freiwilligen Sozialjahr sowie Gedenk-, Sozial- oder Friedensdienst im Ausland, zu verlängern. (1216/A(E)) Jugendsprecher Julian Schmid (G) sieht hier nämlich eine Schlechterstellung für freiwillig Engagierte. Während nämlich Personen, die Präsenz- oder Zivildienst geleistet haben, bei einer darauf folgenden Aufnahme eines Studiums Anspruch auf Verlängerung der Familienbeihilfe bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres haben, gelte diese Regelung bei diesen nämlich nicht(323/A(E)). Ein wichtiger Beitrag dazu wäre es, die Gewährung der Familienbeihilfe zwischen Beendigung der Schule und dem (frühestmöglichen) Beginn eines Freiwilligenjahres sowie nach dem Ende des Freiwilligendienstes und dem Beginn einer Ausbildung zu ermöglichen, geht es nach Schmid. Die jungen Menschen sollten nicht dafür bestraft werden, dass sie ein freiwilliges Jahr machen, meinte er im Ausschuss. Benachteiligungen, die auch Katharina Kucharowits von der SPÖ bemängelte und neben Beate Meinl-Reisinger von den NEOS dementsprechend Handlungsbedarf ortete. Familienministern Sophie Karmasin versicherte, dass es bereits Verhandlungen gebe, das Freiwilligenjahr im Ausland miteinzubeziehen. Die Vorschläge dazu würden bald in Begutachtung gehen, wie die Familienministerin meinte. Die beiden Anträge wurden vertagt.

Auch der Vorstoß der NEOS, im Sinne von mehr Transparenz und Verwaltungseffizienz alle (steuerlichen) finanziellen Leistungen für Familien zu einer einzigen, neuen Familienleistung zusammenfassen (1026/A(E)) wurde vertagt. Beate Meinl-Reisinger kritisierte die nach ihrer Meinung Unübersichtlichkeit von auszahlenden Stellen und der vielen familienpolitischen bzw. familienrelevanten Leistungen. Außerdem sollten Anreize zur Arbeitsaufnahme nach Kinderbetreuungszeiten sowie zur Ausweitung des Ausmaßes der Erwerbstätigkeit gesetzt werden. Daniela Musiol (G) meinte, dass der Wulst an verschiedensten Leistungen zu Informationsdefiziten bei Betroffenen führe.

SPÖ und Grüne gegen Kürzungen in der Familienbeihilfe für gewisse EU-Bürger

In die gleiche Stoßrichtung wie Außenminister Sebastian Kurz, der vorgeschlagen hat, die Familienbeihilfe für EU-Bürger, deren Kinder in ärmeren Herkunftsländern leben, zu kürzen, geht auch ein Antrag der FPÖ. Auch sie will die Familienbeihilfe für Kinder im Ausland an die jeweiligen Lebenshaltungskosten anpassen (1224/A(E)).

Es gehe nicht an, dass derzeit für alle Kinder, die im EU- bzw. EWR-Raum leben und deren Eltern in Österreich arbeiten, die österreichische Familienbeihilfe ausbezahlt werden muss, sagte die freiheitliche Mandatarin Anneliese Kitzmüller. Es handle sich dabei, und das hätten ihr auch Verfassungsexperten bestätigt, um keine Diskriminierung, sondern um eine Sanierung der Finanzen.

Klar dagegen stellten sich die Grünen und die SPÖ. Geht es nach Judith Schwentner (G), ist der Vorschlag von Kurz als auch von der FPÖ nicht fertig gedacht. Es handle sich hierbei um Kinder von ArbeitnehmerInnen in der Landarbeit oder in der Pflege, die für das System notwendig seien und in den Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) einbezahlen, sagte sie. Angela Lueger (S) erwartet sich von der Familienministerin, wie sie klarmachte, auf EU-Ebene nicht neutral, sondern im Sinne der österreichischen Familien zu handeln. "Die Familienbeihilfe ist erworbenes Recht, keine Sozialleistung", sagte die Abgeordnete. Zudem würden etwa 300.000 ÖsterreicherInnen im Ausland arbeiten, auch deren Kinder könnten von der Abwertung betroffen sein, wie Lueger prognostizierte.

Beate Meinl-Reisinger wollte sich prinzipiell einer sachlichen Debatte nicht verschließen, zumal sich das Vorhaben europarechtlich argumentieren ließe. Politisch gesehen ortete sie aber hier eine "Anbiederung der ÖVP an die FPÖ". Dem entgegnete Carmen Schimanek (F), dass es sich bei der Initiative ihrer Partei um einen sachlichen, wohl durchdachten Antrag handle. Auch Asdin El Habbassi (V) wandte sich gegen Meinl-Reisingers Spekulationen, es gehe nicht darum, Leistungen zu streichen, sondern anzupassen. An sich handle es sich um ein Thema, das auf europäischer Ebene gelöst werden müsse, wie El Habbassi meinte.

Zuweisung an den Gesundheitsausschuss: Zahngesundheit und Abschaffung des Krankenhaus-Selbstbehalts für Kinder und Jugendliche

Dem Gesundheitsausschuss zugewiesen wurden zum einen eine Initiative der NEOS, die eine verpflichtende zahnärztliche Untersuchung im Mutter-Kind-Pass anstrebt sowie ein Antrag des Team Stronach für die Abschaffung des Krankenhaus-Selbstbehalts für Kinder und Jugendliche.

Für die Aufnahme einer zahnärztlichen Untersuchung in den Mutter-Kind-Pass setzt sich NEOS-Mandatarin Beate Meinl-Reisinger ein (1194/A(E)), ein für sie "besonderes Herzensanliegen", da an der Zahngesundheit der Kinder noch immer der soziale Status abgelesen werden könne. Kariöse Zähne würden zum einen nicht einfach behandelbar sein, zum anderen aber auch zu späteren Gesundheitsrisiken für die Kinder führen. Wichtig sei auch, die Eltern über die richtige Zahngesundheit aufzuklären, wie sie meinte. Den Ansatz der Prävention teilte auch Julia Schwentner (G). Für eine grundsätzliche Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes sprach sich zudem Claudia Durchschlag (V) aus.

Nach den derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen zahlen Eltern für ihr Kind je nach Bundesland zwischen 17,50 € und 20,10 € pro Aufenthaltstag im Krankenhaus, heißt im Entschließungsantrag des Team Stronach (894/A(E)). Diese verpflichtende Kostenbeteiligung werde zunehmend zur finanziellen Belastung für die Familien, wobei vor allem jene mit chronisch kranken Kindern besonders betroffen seien, wie Leopold Steinbichler (T) sagte. Prinzipiell handle es sich hier um ein Thema für rund 1,2 Mio. Kinder unter 15 Jahren in ganz Österreich. Die Krankenhäuser sind Länderkompetenz, wie Hermann Lipitsch (S) entgegnete, deswegen werde die Materie mit den Ländern im Finanzausgleich mitverhandelt. Eine Vereinbarung, die rasch über die Bühne gehen sollte, geht es nach Anneliese Kitzmüller (F).

Abgelehnt: Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld bei Folgegeburten wird nicht ausgedehnt

Vom Familienausschuss abgelehnt wurde ein Antrag der FPÖ, in dem sie bessere Unterstützung für Familien mit Folgegeburten im Bezugszeitraum des Kinderbetreuungsgeldes fordert. Darin weist sie auf die Regelung hin, dass der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld spätestens mit Ablauf jenes Tages endet, welcher der Geburt eines weiteren Kindes vorangeht (918/A(E)). "Die Kosten für das erste Kind fallen im selben Bezugszeitraum nicht weg", machte Anneliese Kitzmüller (F) im Ausschuss aufmerksam und sprach sich im Sinne einer gerechteren Lösung dafür aus, dass im Fall von Folgegeburten das Kinderbetreuungsgeld für beide Kinder ausbezahlt wird. Judith Schwentner (G) verwies hier auf die Familienbeihilfe, die für jedes Kind ausbezahlt wird, Wolfgang Knes (S) auf bereits vorgenommene Verbesserungen in diesem Bereich etwa bei Mehrlingsgeburten. Claudia Duchschlag von der ÖVP sah das Problem durch das geplante Kinderbetreuungsgeld-Konto gelöst. (Schluss Familienausschuss) keg