Parlamentskorrespondenz Nr. 716 vom 24.06.2015

EU-Rechnungshof will umfassendes Prüfmandat zur EZB-Bankenaufsicht

Rechnungshofausschuss unterstützt EuRH-Forderung nach verstärkter Wirkungskontrolle im EU-Haushalt

Wien (PK) – Die Finanzkontrolle in der Europäischen Union braucht Nachbesserung: Darin waren heute die Mitglieder des Rechnungshofausschusses einig mit Österreichs Vertreter im EU-Rechnungshof Oskar Herics. In einer Aussprache über die EU-Kontrollarchitektur räumte Herics allerdings ein, die EU-Institutionen hätten mittlerweile erkannt, dass gerade hinsichtlich Wirkungsüberprüfung die Anstrengungen auf nationaler wie EU-Ebene verstärkt werden müssen. Etwa durch Kooperationen des EuRH mit den Kontrollbehörden in den Mitgliedsländern bei konkreten Projekten. Rechnungshofpräsident Josef Moser unterstützte in diesem Zusammenhang die Forderung des EuRH nach einem klaren Mandat zur Wirkungskontrolle des 315-Milliarden-Euro-Investitionsplans von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sowie im Rahmen der Bankenaufsicht, die der Europäischen Zentralbank (EZB) obliegt, und des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM).

Zuspruch hielt eine Aufwertung der EU-Finanzkontrollinstanz auch bei den Ausschussmitgliedern, wobei allerdings administrative Probleme durch überbordende Kontrollvorschriften im Rahmen der EU-Regionalförderung nicht verschwiegen wurden. Herics wiederholte dazu, eine bessere Absprache zwischen den nationalen Prüfstellen und dem EU-Rechnungshof sei unfraglich nötig, um Prüfungen effizienter durchzuführen. Keinesfalls aber dürften Vereinfachungen in der Kontrolle dazu verleiten, Projekte ohne Mehrwert mit EU-Mitteln zu fördern.

EuRH: Prüfung der Wirtschaftlichkeit stärker in EU-Haushalt verankern

Das EU-Finanzmanagement entspreche noch nicht den hohen Ansprüchen, besonders in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit der vergebenen Fördermittel, stellte EuRH-Mitglied Herics fest. Der Rechnungsvollzug 2013 habe ergeben, dass bei sämtlichen Transaktionen des EU-Haushalts 4,7% fehlerhaft waren, die Toleranzgrenze von 2% also deutlich überschritten wurde. Besonders in den Bereichen Landwirtschaft und Regionalpolitik träten die meisten Fehler zutage – gerade auch in Österreich. Laut einer vorjährigen Fehlerauswertung zu den Finanztransaktionen der EU an die Mitgliedsstaaten sei die Republik mit einer Fehlerquote von mehr als 48% über dem EU-Durchschnitt gelegen, so Herics, lag also im schlechten Mittelfeld, bestätigte er Erwin Angerer (F). Im Kohäsionsbereich habe die österreichische Fehlerquote ganze 25% betragen. Immerhin konnten durch rasches Reagieren drastische Konsequenzen wie ein Zahlungsstopp seitens der Europäischen Kommission abgewendet werden, jedoch seien derartige Finanzkorrekturen kostspielig, meinte der EU-Kontrolleur mit Verweis auf die Systemprobleme bei der Berechnung von Förderungen für Almfutterflächen. Die Nachzahlung der über 3 Mio. €, die 2014 in diesem Zusammenhang schlagend wurde, wäre bei früherer Fehlerkorrektur zu vermeiden gewesen.

Neben nicht-förderwürdigen Ausgaben verstehe der Europäische Rechnungshof als Fehler auch Zahlungen, die zwar regelkonform erfolgen, aber keine Wirkung zeitigen, beschrieb Herics Fälle von EU-Förderungen, die keinen Mehrwert für die UnionsbürgerInnen generierten. Mit Nachdruck habe der EuRH aus diesem Grund darauf gedrängt, das EU-Programm für strategische Investitionen – den sogenannten Juncker-Plan – uneingeschränkt überprüfen zu können, was letztlich ermöglicht worden sei. Bestehe ein Verdacht von Betrug oder Korruption bei einer Finanztransaktion, schalte der EuRH sofort das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung OLAF ein, versicherte er Elmar Mayer (S). Generell pflegten EuRH und OLAF engen Kontakt in Sachen Gebarensüberpüfung, zumal die Betrugsbekämpfungsstelle selbst auch der Rechnungshofprüfung unterliege.

Die Zusammenarbeit mit den nationalen Rechnungshöfen funktioniere ausgesprochen gut, betonte Herics, bei gemeinsamen Prüfungen würden die Kontrollstellen stetig voneinander lernen. Auch der regelmäßige Austausch im Kontaktausschuss, dem Netzwerk zur Finanzpolitik-Prüfung, sei bereichernd. Dennoch wäre eine weitere Verstärkung der Kooperationen zwischen EuRH und den nationalen Prüforganisationen hilfreich, vor allem um die geteilte Mittelverwaltung im EU-Haushalt zu verbessern. Anders als bei Direktvergaben aus dem EU-Budget durch die Kommission, die nur 20% der Ausschüttung ausmachen, übernehmen bei der geteilten Mittelverwaltung die EU-Länder selbst den Vollzug.

Eingeschränktes Rechnungshof-Prüfmandat bei EZB-Großbankenprüfung stößt auf Kritik

Kritisch vermerkte der EuRH-Vertreter, dass bei der Bankenaufsicht das Prüfmandat des EU-Rechnungshofs nur eingeschränkte Kontrolle erlaubt. Dabei wäre gerade im Sinne des neuen Aufsichtsregimes ein Rechnungshof-Prüfmandat zur Wirtschaftlichkeitskontrolle dienlich. Im Rahmen der Großbankenprüfungen durch die Europäische Zentralbank (EZB) könne der EuRH lediglich die Effizienz der  Verwaltungsstrukturen unter die Lupe nehmen, zeigte RH-Präsident Moser ebenfalls seinen Unmut. Da hier auch nationale Gelder direkt betroffen sind, gelte es, mögliche Prüflücken unbedingt zu schließen. Ebenso gelte es, Missstände bei Mittelvergaben aus dem ESM zu unterbinden, urgierte Moser.

Verständnis zeigte Herics für die Klage Andreas Hangers (V), das Kontrollmanagement bei EU-Förderprogrammen gestalte sich für die lokale Administration häufig sehr herausfordernd. Tatsächlich benötige die Kontrolle etwa von staatlich co-finanzierten Förderflüssen an Regionalprojekte eine Vereinfachung, auch diesbezügliche Bestimmungen seien verständlicher zu gestalten. Ungeachtet dessen dürften Fördermittel nicht Projekten zufließen, die keine Wirkung zeigen. Trotz seines grundsätzlichen Lobs für EU-Förderungen zur Stärkung strukturschwacher Regionen hatte Hanger moniert, die Komplexität der Abwicklung von EU-Regionalförderprogrammen überlaste die lokale Verwaltung; nicht zuletzt aufgrund der Mehrfachüberpüfungen durch Land, Bund und Europäische Union. Von Ausschussvorsitzender Gabriela Moser (G) auf die generelle Weiterentwicklung der Wirksamkeitsprüfung im EU-Haushalt angesprochen, zeigte sich Herics erfreut, dass im neuen Finanzprogramm für die Periode bis 2020 die Auswirkungen der Finanzgebarung viel präziser definiert würden. Das Europäische Parlament habe überdies kürzlich in einer Resolution beschlossen, die Wirtschaftlichkeitsprüfung möge mehr Gewicht erhalten. Maßgebliche Institution für das regelkonforme und wirtschaftliche Management des EU-Haushalts sei letztlich aber die EU-Kommission, auch im Falle der dezentralen Mittelverwaltung in den Mitgliedsstaaten bzw. durch damit betraute Agenturen.    

Herausfordernd bei der täglichen Arbeit stelle sich für den Europäischen Rechnungshof die vertragliche Vorgabe dar, sämtliche Berichte in allen Amtssprachen der Europäischen Union zu verfassen. Das koste Zeit und Ressourcen, woraus sich auch das EuRH-Budget von 133 Mio. Euro bedinge, erfuhr Martina Schenk (T) von Herics. Derzeit beschäftige der EuRH 882 MitarbeiterInnen, jedoch müssten fünf Prozent des Personals bis 2017 eingespart werden. Dennoch nehme die Arbeit nicht ab, im Gegenteil, ging er näher auf eine Nachfrage von Nikolaus Alm (N) ein und nannte unter anderem die Landscape Analysen, mit denen größere Bereiche wie Energie- und Klimaschutzpolitik umfassend beleuchtet werden.

Finanzgewissen der EU unterstützt Haushaltspolitik der Union

Der Europäische Rechnungshof mit Sitz in Luxemburg wird auch das "finanzielle Gewissen der EU" genannt, unterstützt er doch das Europäische Parlament und den Rat der EU bei der Überwachung der Ausführung des EU-Haushaltsplans. Seine Kontrolltätigkeit übt er in völliger Unabhängigkeit aus, in der Wahl des Prüfungsgegenstands und der Prüfungsmethode ist er autonom. Die Hauptaufgabe des Europäischen Rechnungshofs ist zu kontrollieren, ob das Budget der EU ordnungsgemäß umgesetzt wird im Sinne eines sparsamen, wirtschaftlichen und wirksamen Mitteleinsatzes. Zwar kann der EU-Rechnungshof selbst keine rechtlichen Schritte setzen, doch dienen seine jährlich veröffentlichten Prüfergebnisse, Sonderprüfungen und Stellungnahmen den zuständigen EU-Organen als Grundlage, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, etwa in Bezug auf das Förderwesen der Union. Dem Rechnungshof gehört je ein Mitglied aus den EU-Staaten an, die vom Rat nach Anhörung durch das Parlament auf sechs Jahre ernannt werden. Derzeit hat das Kollegialorgan des EuRH somit 28 Mitglieder. Sie wählen aus ihrer Mitte den Präsidenten/die Präsidentin für drei Jahre. (Fortsetzung Rechnungshofausschuss) rei