Parlamentskorrespondenz Nr. 1162 vom 29.10.2015

Die Bilanz der Republik 2014 im Budgetausschuss

Kontroversielle Haushaltsdebatte im Vorfeld der Budgetberatungen 2016

Wien (PK) – Den Auftakt der Sitzung des Budgetausschusses bildete ein gut fundierter Rückblick in das Finanzjahr 2014. Nach eingehender Debatte wurden Bundesrechnungsabschluss 2014 (III-199 d.B., BRA 2014) und Voranschlagsvergleichsrechnung vom März 2015 (III-216 d.B.) auf Antrag des SPÖ-Budgetsprechers Kai Jan Krainer vertagt, um in den Budgetberatungen 2016 Fragen an die zuständigen BundesministerInnen zu ermöglichen.

Der Bundesrechnungsabschluss (BRA) 2014 weist einen Rückgang im Vermögen des Bundes um 7,736 Mrd. € auf ein Minus von 148,327 Mrd. € und einen negativen Saldo von -9,055 Mrd. € in der Ergebnisrechnung aus. Ein besseres Resultat zeigt die konsolidierte Finanzierungsrechnung. Der Nettofinanzierungssaldo unterschritt mit einem Minus von 3,189 Mrd. € das "Defizit" 2013 von -4,389 Mrd. € deutlich. Der Primärsaldo betrug 3,514 Mrd. € und übertraf den positiven Wert von 2013 noch einmal um 1,5 Mrd. €, ließ Rechnungshofpräsident Josef Moser die Abgeordneten wissen. Gesamtwirtschaftlich verbesserten sich 2014 BIP-Wachstum, Preisstabilität und Beschäftigung bei stabiler Leistungsbilanz - die Arbeitslosenquote nahm jedoch zu, so Moser. Die Republik insgesamt (Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherung) erfüllte 2014 die europäischen Fiskalziele mit Ausnahme der Schuldenquote, die bei 84,2% und damit deutlich über dem 60%-Limit lag. Die Budgetpolitik stehe in den kommenden Jahren vor großen Herausforderungen und erheblichen Risiken, betonte der Rechnungshofpräsident. Vom Parlamentarischen Budgetdienst lagen dem Budgetausschuss Analysen zu allen Tagesordnungspunkten vor. Zum Rückblick auf das Budgetjahr 2014 zählte auch ein Ressortbericht über außerbudgetäre Haftungsübernahmen. D er Bund überschritt 2014 die Gesamthaftungsobergrenze von 193,1 Mrd. € nicht, d er Haftungsstand der außerbudgetären Einheiten des Sektors Staat nahm aber gegenüber 2013 um 6,694 Mio. € auf 193,914 Mio. € zu. Dabei wurde das gesetzlich zulässige Limit von 100 Mio. € überschritten (siehe dazu Parlamentskorrespondenz Nr. 1042 vom 2.10.2015).

Vorlage des Bundesrechnungsabschlusses künftig bereits im Juni

Die Bemühungen des Rechnungshofes, die Übersichtlichkeit, Lesbarkeit  und Transparenz des Bundesrechnungsabschlusses 2014 zu verbessern und damit den Wünschen der Abgeordneten nachzukommen, anerkannten Abgeordnete aller Fraktionen. Der Bundesrechnungsabschluss 2015 soll bereits Ende Juni vorlegt werden, kündigte Finanzminister Hans Jörg Schelling an. Dafür könne auf die Voranschlagsvergleichsrechnung im März verzichtet werden. Bruno Rossmann (G) zeigte sich darüber diskussionsbereit, ortete jedoch einen Informationsverlust und forderte eine Entscheidungsgrundlage für die Erstellung des Bundesfinanzrahmengesetzes im Frühjahr, was ihm der Finanzminister zusagte. Weiters sah der Abgeordnete die Notwendigkeit von Qualitätskontrollen, um den Vorbildcharakter der Ergebnisrechnung auszuweiten.

Abgeordnete beurteilen Budgetentwurf 2016 unterschiedlich

Mit einem positiven Primärsaldo von 3,5 Mrd. € sei der richtige Weg beschritten worden, zeigte sich Christoph Matznetter (S) überzeugt. Notwendig wäre es nun, Impulse für eine positive wirtschaftliche Entwicklung zu geben, die Steuerreform gut zu implementieren und Antworten auf die Herausforderungen von Konjunkturpaket, Wohnbaupaket und Flüchtlingsbewegung zu finden. Dafür liege eine solide Grundlage vor, war Matznetter mit Fraktionskollegen Kai Jan Krainer (S) einig. Krainer kritisierte aber einen Wechsel des Indikators bei der Berechnung der Abgabequote. Dies wurde jedoch von Seiten des Rechnungshofs dementiert.

"Dieses Budget kann nicht eingehalten werden", sagte Erwin Angerer (F) und begründete seine Auffassung mit steigenden Staatsschulden und einer unvollständigen Budgetierung. Bei dem vorliegenden negativen Nettovermögen handle es sich um eine massive Verschuldung Österreichs, der Bundeshaushalt befinde sich in einer "desaströsen Lage", warnte auch Rainer Hable (N). Zudem nahm der Abgeordnete Bezug auf die Ausgestaltung des gemeinsamen Rechnungswesen von Bund, Ländern und Gemeinden und kündigte eine Initiative an, um Gesetzeslücken zu schließen. Kathrin Nachbaur (V) führte gegenüber Bruno Rossmann aus, nicht die überzogene Sparpolitik, sondern die Schuldenpolitik führe zu einem schlechteren Rating-Ergebnis Österreichs. Die Politik der "schwäbischen Hausfrau", bringe nicht den gewünschten Erfolg, wenn man zu einem echten Nulldefizit kommen möchte, entgegnete Rossmann.

RH-Präsident Moser warnt vor Budgetrisiken

Der Rechnungshof habe schon in der Vergangenheit mit Warnungen vor Risiken durch nicht finanzierbare Pensionen und nicht erzielbare Einnahmen mit Emissionszertifikaten Recht behalten, erinnerte Moser. Für 2016 ortete Moser Risiken beim Budget des Innenressorts, da dieses mit dem aktuellen Flüchtlingszustrom, dem Sicherheitspaket und laufenden Gehaltssteigerungen konfrontiert sei. Eine Gegenfinanzierung der Steuerreform sei schwer erreichbar, meinte Moser zudem. Nicht nur der Rechnungshof, auch das WIFO, der Fiskalrat und die Europäische Kommission gehen von starken Abweichungen im Budget aus, informierte der Rechnungshofpräsident.

Im vergangenen Jahr war nicht nur das reale Wachstum niedriger als erwartet, auch die Arbeitslosenquote stieg höher als angenommen. Die Vermögensrechnung habe sich stark verschlechtert, daher sei dringender Handlungsbedarf gegeben, appellierte Moser, um bis 2019 das strukturelle Defizit halten zu können. Es müssten künftig Bundesfinanzrahmengesetze beschlossen werden, deren Obergrenzen eingehalten werden können, so Moser, der vor allem bei den Schulen von einer Unterbudgetierung sprach.

Schelling: Mit Strukturreformen zu echtem Null-Defizit

Ohne strukturelle Reformen sei die aktuelle Budgetproblematik nicht in den Griff zu bekommen, stimmte Finanzminister Hans Jörg Schelling zu, jeder Tag, an dem nichts passiere, verschlimmere das Problem. Zu dem aktuellen Budgetvollzug merkte er an, zum Zeitpunkt des Doppelbudgets 2014/2015 konnte nicht mit den entstandenen Kosten für Flüchtlinge gerechnet werden. In der Flüchtlingspolitik sei zuerst die Rechtslage zu klären, bevor die tatsächlichen Kosten abgeschätzt werden könnten. In das aktuelle Budget fließen alle ihm übermittelten Informationen ein, hielt Schelling fest. Abweichungen zwischen Voranschlag und Endergebnis würden immer bestehen, relevant sei das Gesamtergebnis.

Er wolle keine Fortschreibungspolitik betreiben, daher seien Maßnahmen im Innenressort notwendig, so Schelling. Es sei eine ausgewogenen Struktur zwischen Offensiv- und Sparmaßnahmen erforderlich, unterstrich der Minister und informierte die Abgeordneten über sein Bestreben, ein echtes Null-Defizit zu erreichen. Er werde Reformen vorlegen, führte Schelling aus, jedoch könne er die Entscheidungen nicht alleine treffen. Das Budget 2016 sei für ihn noch nicht ambitioniert genug, so der Minister, der sich aber zuversichtlich zeigte, die Planung für 2016 einhalten zu können.

Diskussion um Budget für Bildung und Pensionen

Bei der Bildung gebe es ein strukturelles Verwaltungs- und Organisationsproblem, konstatierte Schelling. Probleme auf Dauer nur mit Geld zu lösen, sei nicht möglich. Um das strukturell ausgeglichene Budget zu halten, seien Reformen zu setzen, unterstrich der Finanzminister.

Der Realität sei Rechnung zu tragen, meinte Gabriela Moser von den Grünen und klagte, das der Bildungsbereich seit Jahren unterbudgetiert sei. Auch Abgeordneter Robert Lugar (T) führte aus, dass mehr Geld im Bildungsbereich gebraucht werde und hielt in Richtung Abgeordnetem Vetter fest, die notwendigen Anträge würden seitens der Opposition regelmäßig eingebracht, aber abgelehnt, daher müsse die Bundesregierung handeln. Rechnungshofpräsident Moser unterstrich erneut, bei der Bildung sei im Jahr 2016 nur ein Teil der erforderlichen Mittel budgetiert, daher seien Strukturreformen notwendig.

Kathrin Nachbaur (V) sprach die Hoffnung aus, Reformen bei der Bildung durchzusetzen und bei den vorliegenden Problemen des Pensionssystems bald zu einer Lösung zu kommen. Abgeordneter Christoph Matznetter (S) trat für eine Anhebung des faktischen Pensionsalters ein. Diesbezüglich forderte Gabriele Tamandl (V) mehr Effizienz und führte aus, dass im Hinblick auf die junge Generation nachhaltige Reformen notwendig seien.

Aussagekraft der Ergebnisrechnung

Die Ergebnisrechnung stelle den Substanzgewinn dar, so Hable, diese gebe ein umfassenderes Bild als die Finanzierungsrechnung. Der Vermögenshaushalt sei daher ein wichtiges Instrument, untermauerte auch Werner Groiß (V).

Bruno Rossmann (G) hinterfragte die Unterschiede der Ergebnisse von Ergebnisrechnung und konsolidierter Ergebnisrechnung und erfuhr von RH-Präsident Moser und vom Budgetdienst, das in den konsolidierten Rechnungen die Forderungen und Verbindlichkeiten sowie "Innenumsätze" zwischen Detailbudgets, Globalbudgets und Untergliederungen saldiert werden.

Mängelbehebungen bei der vorläufigen Ergebnisrechnung

Mängelbehebungen führten 2015 zu Korrekturen in der Ergebnisrechnung des Bundesrechnungsabschlusses gegenüber der Voranschlagsvergleichsrechnung. Wesentliche Änderungen betrafen den nicht erfassten ÖBB-Zuschussvertrag (-1,926 Mrd. €) und die Bewertung der Beteiligungen an der HETA und der Österreichischen Volksbanken AG (-1,248 Mrd. €), informierte eine Analyse des Budgetdienstes des Parlaments. Zudem wurden Korrekturbuchungen bei den Rückstellungen der Bundeshaftungen für die HETA-Anleihe sowie bei dem Mietzinsen von Schulen vorgenommen. Dadurch habe sich das Nettoergebnis 2014 gegenüber der Voranschlagsvergleichsrechnung vom 31. März von -4,6 Mrd. € auf -9,1 Mrd. € verschlechtert.

Die konstruktive Kritik des Rechnungshofs wurde aufgenommen, in der Vergangenheit seien ungewollte Fehler geschehen, hielt Schelling gegenüber Abgeordnetem Rossmann fest und verwahrte sich an dieser Stelle gegen den Vorwurf der Bilanzfälschung. Der ÖBB-Zuschussvertrag musste nachträglich eingebucht werden, führte der Finanzminister gegenüber Abgeordnetem Hable (N) aus. Weiters informierte der Minister Gabriela Moser (G) über Gespräche bezüglich alternativer Finanzierungsmöglichkeiten der Annuitäten des ÖBB-Rahmenplans. Die beiden Berichte wurde mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS vertagt. (Fortsetzung Budgetausschuss) gro