Parlamentskorrespondenz Nr. 1206 vom 11.11.2015

Klimawandel: Vorzeichen für ein Abkommen in Paris stehen gut

Aktuelle Stunde im Nationalrat über nationale und globale Maßnahmen gegen die Erderwärmung

Wien (PK) – Vom 30. November bis 11. Dezember 2015 wird in Paris die UN-Klimakonferenz (COP21) stattfinden. Welchen Beitrag Österreich leisten kann und wie man am besten mit dieser globalen Herausforderung umgehen soll stand im Mittelpunkt einer Aktuellen Stunde mit dem Titel " Road to Paris - am Weg zu einem internationalen Klimaabkommen". Bei Außentemperaturen von fast 20 Grad debattierten die Abgeordneten über die Ursachen des Klimawandels, den es nach Auffassung der Freiheitlichen schon immer gegeben hat, während die anderen Parteien vor allem die Eingriffe des Menschen im Zuge der Industrialisierung dafür verantwortlich machen. Unterschiedlich bewerteten die Fraktionen auch die Anstrengungen Österreichs in diesem Bereich; oppositionelle Kritik gab es u.a. an den budgetären Kürzungen bei der thermischen Sanierung oder der Umweltförderung. Der zuständige Bundesminister Andrä Rupprechter verwies hingegen auf die zahlreichen Fortschritte und wollte sich die Leistungen Österreichs nicht kleinreden lassen. Die UN-Konferenz in Paris sehe er als wichtigen Startpunkt für eine ambitionierte, globale Klimaschutzpolitik; die Vorzeichen, ein Abkommen zu erreichen, stehen tatsächlich gut.

ÖVP: Rasches globales Handeln sei gefordert; Österreich könne Vorreiter sein

Auch wenn viele den angenehmen Temperaturen im November etwas Positives abgewinnen können, dürfe man nicht vergessen, welch dramatische Auswirkungen die Erderwärmung, die vor allem auf die massiven Eingriffe des Menschen in den letzten 130 Jahren zurückzuführen ist, hat und haben wird, gab Johann Höfinger (V) einleitend zu bedenken.

Sollte es in diesem Tempo weitergehen, dann komme es nicht nur zu einem Ansteigen der Meeresspiegel, sondern vor allem zu einer Zunahme von Wetterkapriolen, was man auch in Österreich in den letzten Jahren immer häufiger erleben konnte. Damit verbunden seien Überschwemmungen, Extremfroste, Dürreschäden etc., die enorme Kosten für die Volkswirtschaft verursachen. Ständig werden auch neue Rekordwerte erzielt, erklärte Höfinger, so fallen etwa neun der zehn wärmsten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in den Zeitraum 2000 bis 2015. Global gesehen komme es zu einer Reduktion der fruchtbaren Gebiete in der Welt, was zu massiven Abwanderungen aus den betroffenen Gebieten führen wird; der Verteilungskampf werde weiter zunehmen.

Es müsse daher rasch gehandelt werden, um den zukünftigen Generationen eine Erde mit einem funktionierenden Ökosystem zu hinterlassen, appellierte Höfinger unter Bezugnahme auf die UN-Klimakonferenz in Paris. Gerade Österreich, das allein im letzten Jahr rund 10 Mrd. € für den Import fossiler Energieträger ausgegeben hat, hätte die besten Voraussetzungen, um eine Trendwende einzuleiten, war der Redner überzeugt. Neben den zahlreichen innovativen Betrieben, die neue und umweltschonende Technologien entwickelt haben, verfüge Österreich nämlich über einen sehr guten Energiemix, den man noch viel besser nützen müsste. All die Gelder, die in diesem Bereich ausgegeben werden, sind gut verwendet, weil damit "green jobs" geschaffen, die Klein- und Mittelbetriebe gestärkt werden und die Vorreiterposition Österreichs bei den Umwelttechnologien ausgebaut wird, bekräftigte sein Fraktionskollege Werner Groiß. Noch mehr ansetzen müsse man seiner Meinung nach bei der Wohnraumsanierung und der eigenen Energieversorgung, was u.a. durch steuerliche Begünstigungen und einem Bürokratieabbau möglich wäre. Angelika Winzig (V) wies noch darauf hin, dass die Treibhausgasemissionen in Österreich in den letzten zehn Jahren – mit Ausnahme des Jahres 2010 – kontinuierlich gesunken sind; ein Minus von 13,9 % bei einem Wirtschaftswachstum von 11,1 %.

Rupprechter zeigt sich optimistisch bezüglich Abkommen in Paris

                                              

Der Klimawandel, der ohne Zweifel eine der größten Herausforderungen des Jahrhunderts darstelle, sei Realität und überall spürbar, konstatierte Bundesminister Andrä Rupprechter. Der heurige Sommer war der wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, erinnerte er, und Österreich sowie vor allem der alpine Raum seien von den Auswirkungen der Erderwärmung besonders betroffen. Da die Hauptursache für diese Entwicklung in dem ständig steigenden Ausstoß an  Treibhausgasen liege, müsse das Problem global gelöst werden. Deshalb sei es im Hinblick auf die Konferenz in Paris so wichtig, sich auf ein international verbindliches Rechtsinstrument zu einigen, wobei insbesondere die großen Volkswirtschaften einbezogen werden müssen. Gleichzeitig müsse von dem Treffen ein klares Signal in Richtung Dekarbonisierung der Energie-, Mobilitäts- und Wirtschaftssysteme ausgehen und ein Bekenntnis zur "green economy" abgelegt werden.

Wichtig sei auch die Umsetzung des UN-Ziels auf Eindämmung der Erderwärmung auf maximal 2 Grad bis 2050. Dies bedeute, dass es ab 2020 zu einer Halbierung der Treibhausgasemissionen kommen müsse. Auch wenn es bei den Verhandlungen in Paris natürlich einige Knackpunkte gibt, war der Minister überzeugt davon, dass in Paris ein Kompromiss erreicht werden kann. Die österreichische Position sei eingebunden in den Kontext der Europäischen Union, man strebe u.a. eine Reduktion der Treibhausgase um 40 % bis 2030 an. Sehr positiv sei auch, dass sich gestern die EU-Finanzminister auf die Umsetzung der Klimafinanzierung geeinigt haben. Generell sei Österreich hinsichtlich seiner Klimaschutzpolitik gut aufgestellt, versicherte Rupprechter, man dürfe sich die Leistungen nicht kleinreden lassen. Er werde sich auch vehement dafür einsetzen, dass Österreich seine Ziele in diesem Bereich bis 2020 ohne den Zukauf von "Verschmutzungszertifikaten" erreichen kann.

SPÖ: Gemeinsamer Weltklimavertrag im Sinne Österreichs

SPÖ-Abgeordnete Karin Greiner plädierte für verstärkte Anstrengungen im Klimaschutzbereich, wobei vor allem innerösterreichische Maßnahmen und nicht der Umweg über den Ankauf von Emissionszertifikaten im Mittelpunkt stehen müssen. Dass man auf dem richtigen Weg sei, zeigen die zahlreichen Initiativen auf Länder- und Gemeindeebene sowie die Tatsache, dass im Energiesektor mittlerweile 23 % mehr Strom aus Windkraft und Photovoltaik gewonnen wird. Österreich müsse alles tun, damit in Paris ein gemeinsamer Weltklimavertrag zustande kommt, denn das angepeilte Ziel – die Dekarbonisierung der Gesellschaft bis 2050 – sei eine Herausforderung sondergleichen, erklärte SPÖ-Mandatar Hannes Weninger. Er sei froh darüber, dass es bereits einen Verhandlungsentwurf gibt, der ambitionierte Vorschläge enthält und dass die großen Emittenten mit am Tisch sitzen. Eine zentrale Frage sei natürlich die Klimafinanzierung, also die von den Entwicklungsländern berechtigte Forderung nach einem Ausgleich für negativen Auswirkungen der Erderwärmung.  

FPÖ fordert verantwortungsvolle Klimaschutzpolitik im Sinne der heimischen Arbeitsplätze

Den Klimawandel gibt es schon immer und die Menschen haben damit leben gelernt, meinte Gerhard Deimek von der FPÖ. Fragen müsse man sich vielmehr, welche Rahmenbedingungen für die Industrie in der EU gelten und welche für ihre Konkurrenz z.B. in Indien und China. Österreich sei in vielen Bereichen bereits absoluter Vorreiter, was die Anwendung modernster Umweltschutztechnologien angeht. Auch der Chef der VOEST Alpine habe gemeint, dass eine weitere CO2-Reduktion in der Grundstoffindustrie nicht mehr möglich sei, zumal es sonst zu einer Deindustrialisierung von weiten Gebieten in Europa kommen würde. Er sei daher froh, dass in Oberösterreich eine neue Energiestrategie beschlossen wurde, die auch die Bedürfnisse der Industrie berücksichtigt. Was die UN-Klimakonferenz betrifft, so werde wohl wieder nur "heiße Luft" produziert, befürchtete Walter Rauch (F). Gleichzeitig blühe der Handel mit Emissionszertifikaten, von denen nur die NGOs profitierten, aber nicht der Klimaschutz. Statt finanziellen Belastungen und Sanktionen sollte eine Politik betrieben werden, die Anreize für den vermehrten Einsatz erneuerbarer Energieträger vorsieht, schlug Rauch vor. Ablehnend stand er auch der Umweltförderung im Ausland gegenüber, denn Umweltschutz sei Heimatschutz.

Grüne orten ein massives Glaubwürdigkeitsproblem in der österreichischen Klimaschutzpolitik

Eva Glawischnig-Piesczek (G) hielt ihrem Vorredner entgegen, dass gerade die "green economy" in den Jahren der Krise Jobs gesichert und geschaffen hat. Dass diese positive Entwicklung nun in Oberösterreich gestoppt werden soll, sei sehr bedauerlich. Generell stellte die Grüne Klubchefin der heimischen Klimaschutzpolitik, bei der aus ihrer Sicht seit 30 Jahren keine relevanten Fortschritte erreicht wurden, kein gutes Zeugnis aus. Österreich hat etwa das Kyoto-Ziel nicht erreicht und musste eine halbe Milliarde Euro mehr an Zertifikaten nachkaufen, erinnerte sie. Außerdem gehöre es zu jenen vier Ländern in der EU, die von der Europäischen Umweltagentur gerügt worden sind, weil wohl auch die nächsten Ziele bis 2020 nicht erreicht werden können. Massive Kritik übten sie und ihre Klubkollegin Christine Brunner an der Kürzung der Mittel im Bereich der relevanten Klimaschutzförderungsinstrumente (z.B. thermische Sanierung, Klimafonds, Umweltförderung etc.), wodurch 8.000 Arbeitsplätze gefährdet seien. Wenig stolz könne man auch auf den Beitrag Österreichs für den UN-Klimafonds sein; dieser sei inakzeptabel. Wir sind die letzte Generation, die es noch schaffen kann, den Klimawandel einzudämmen, hob Brunner mit Nachdruck hervor. Wenn es nicht gelinge, diese Entwicklung zu stoppen, werden in Zukunft noch viel mehr Menschen aus ihren Heimatländern flüchten müssen, weil sie keine Lebensgrundlagen mehr vorfinden.

NEOS kritisiert mangelnden Beitrag Österreichs zum UN-Klimafonds

Michael Pock von den NEOS gab gegenüber den Grünen zu bedenken, dass man auch die positiven Entwicklungen erwähnen sollte. So sei es etwa gelungen, das Wirtschaftswachstum vom Emissionsausstoß zu entkoppeln. Er denke auch, dass der richtige Pfad zur Erreichung der Ziele bis 2020 eingeschlagen wurde. Negativ beurteilte er hingegen den Beitrag Österreichs zum "green climate fund", der ein wichtiges Instrument sei, um den vom Klimawandel am stärksten betroffenen Menschen in den Entwicklungsländern zu helfen. Aber auch Österreich werde sehr unter der Erderwärmung leiden, führte Pock ins Treffen, es müsse nämlich mit einer Zunahme von massiven Lawinenabgängen und Vermurungen und damit der Evakuierung der betroffenen Bevölkerung gerechnet werden. Klimaschutz müsse auch immer unter dem Gesichtspunkt der zukünftigen Generationen diskutiert werden, mahnte Claudia Angela Gamon (N) ein, die davon ausging, dass die jungen Menschen in einer anderen Welt aufwachsen werden al heute.

Team Stronach bemängelt Kürzungen der Mittel im Klimaschutzbereich

Das grundlegende Problem im Bereich des Klimaschutzes sei, dass große Konzerne ein massives Interesse daran haben, neue Energieformen zu verhindern, meinte Abgeordneter Robert Lugar vom Team Stronach. Die großen Player wie die USA, China, Russland oder Saudi-Arabien fördern die fossilen Energieträger weltweit mit 333 Milliarden € an Direktinvestitionen, weil damit ein Riesengeschäft gemacht wird. Dadurch soll ihr Preis künstlich niedrig gehalten und die anderen Energieformen unattraktiv gemacht werden. Eine aktuelle Studie kam sogar zum Schluss, dass insgesamt 5,3 Billionen € pro Jahr ausgegeben werden, um die fossilen Energieträger am Markt zu halten. Leider verfolgt die Politik in Österreich einen ähnlichen Weg und kümmert sich nicht darum, was für die Bevölkerung gut ist, resümierte er. Auch Ulrike Weigerstorfer kam zu dem Urteil, dass Österreich viel zu wenig getan und die einstige Vorreiterrolle verloren hat. Besonders bedauerlich seien die budgetären Kürzungen im Klimaschutzbereich wie etwa bei der thermischen Sanierung.

Zu Beginn der Sitzung wurde Hermann Brückl als neuer FPÖ-Abgeordneter angelobt, da Elmar Podgorschek, der in die oberösterreichische Landesregierung wechselte, sein Mandat zurückgelegt hat. (Fortsetzung Nationalrat) sue