Parlamentskorrespondenz Nr. 1225 vom 12.11.2015

FPÖ will Polytechnikum für AbgängerInnen höherer Schulen öffnen

Opposition hinterfragt gesetzliche Grundlagen für Poly-Besuch

Wien (PK) – Bildung wird immer mehr zum Dauerthema im Nationalrat. War gestern ein Antrag der Grünen zur Modularen Oberstufe Auslöser einer breit gefächerten Bildungsdebatte (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 1220), bot heute ein FPÖ-Antrag Gelegenheit dazu. Hauptthema dabei war die Frage, ob die Schulpflicht unabdingbare Voraussetzung für den Besuch einer Polytechnischen Schule sein soll.

Mit ihrem Antrag wollen die Freiheitlichen sicherstellen, dass SchülerInnen höherer Schulen in ein Polytechnikum wechseln können. Im Rahmen einer Ersten Lesung vor Zuweisung des Antrags an den Unterrichtsausschuss erklärte FPÖ-Abgeordneter Gerald Hauser den Grund für die Initiative seiner Fraktion: Es gelte, einer irreführenden Interpretation der im Jahr 2013 vom Nationalrat einstimmig beschlossenen Änderung des Schulpflichtgesetzes (SchPflG) vorzubeugen und eine österreichweit einheitliche Lösung herbeizuführen. Konkret geht es um jenen Passus, der den Pflichtschulabschluss auch in einem freiwilligen 10. Jahr an Polytechnischen Schulen ermöglicht. In der jetzigen Form nenne der fragliche Gesetzestext lediglich SchülerInnen der Volksschuloberstufe, der Neuen Mittelschule bzw. der Hauptschule, monierte der Freiheitliche. SchülerInnen einer Höheren Technischen Lehranstalt (HTL) oder einer AHS Unterstufe würden hingegen außen vor gelassen. Der Gesetzgeber habe daher klarzumachen, dass alle SchülerInnen nach Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht ein Polytechnikum besuchen dürfen. Davon betroffen sind Hauser zufolge derzeit etwa 300 bis 500 österreichische SchülerInnen.

Geht es nach Elisabeth Grossmann (S), leisten Polytechnische Schulen Großartiges auf dem Gebiet der Berufsorientierung und der Stärkung der Basisbildung. Sie seien aber kein Sammelbecken, es gebe eine Fülle von zielgruppenorientierten Bildungsangeboten, etwa duale Ausbildungen, Erwachsenenbildungsangebote oder Produktionsschulen, die mitunter durch Jugendcoaching begleitet würden. Über Verbesserungen könne man aber immer nachdenken, meinte sie. Prinzipielle Bereitschaft, über rechtliche Klarstellungen zu diskutieren, zeigte auch Manfred Hofinger von der ÖVP. Die jetzige Praxis zeige aber, dass es bisher keine Probleme gegeben habe. Die von der FPÖ vorgeschlagene Regelung könne zudem auch zu einem "Ausprobieren einer höheren Schule" führen. Die vierten Schulstufen müssten dann bessere Orientierung bei der Berufs- und Ausbildungswahl für SchülerInnen geben.

Grüne und NEOS rückten wiederum die Situation von nicht mehr schulpflichtigen minderjährigen Flüchtlingen ins Zentrum der Debatte. Besonders der Bildungsstopp für junge Flüchtlinge an steirischen Polytechnischen Schulen wurde von Harald Walser (G) und Claudia Angela Gamon (N) kritisiert. Eine lange, erfolgreiche Praxis für hunderte Jugendliche, die in Österreich eine erste Integration im Bildungssystem erfahren haben, werde damit verboten, monierte Walser. Der FPÖ-Initiative stand der Grüne positiv gegenüber, die Präzisierung der missverständlichen Formulierung würde nämlich auch den Flüchtlingsjugendlichen helfen. Auch Gamon stand dafür ein, "diese Lücke dringend zu schließen". Die Politik müsse sich aber auch die Frage stellen, wo man Kinder und Jugendliche am Bildungsweg verliert. Das passiere in den vielen Bruchstellen, die es im Bildungssystem gibt, sagte Gamon und sprach sich für eine "echte Schulautonomie" aus. (Fortsetzung Nationalrat) rei/keg