Parlamentskorrespondenz Nr. 1228 vom 12.11.2015

ÖVAG: Team Stronach fordert weiteren Untersuchungsausschuss

NR-Präsidentin Bures wies Antrag Geschäftsordnungsausschuss zu

Wien (PK) – Geht es nach dem Team Stronach soll es im Parlament schon bald einen zweiten Untersuchungsausschuss geben. Klubobmann Robert Lugar und seine FraktionskollegInnen haben beantragt, die politische Verantwortung für die Vorgänge rund um die Kommunalkredit AG und die Österreichische Volksbanken AG zu prüfen. Konkret soll es bei der Untersuchung um staatliche Finanzspritzen und andere Kapitalmaßnahmen sowie die Restrukturierung der beiden Banken gehen. Unter anderem will Lugar die Tätigkeit der Finanzmarktaufsicht sowie die Hintergründe für die Gewährung von Partizipationskapital und die Teilverstaatlichung der Banken genauer unter die Lupe nehmen. Untersuchungszeitraum sollen die Jahre 2005 bis 2015 sein.

Begründet wird der Antrag vom Team Stronach damit, dass im Zusammenhang mit den Kapital- und Restrukturierungsmaßnahmen der Verdacht zahlreicher fragwürdiger Vorgänge im Raum stehe. Es bestehe die dringende Notwendigkeit, etwaige Verfehlungen durch Vollzugsorgane des Bundes aufzuklären und die damit verbundene politische Verantwortung aufzudecken, heißt es im Antrag, der nach den neuen Regeln für Untersuchungsausschüsse nun im Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrats beraten wird. Für die Einsetzung des beantragten Untersuchungsausschusses ist ein Mehrheitsbeschluss im Plenum erforderlich, die Vorberatungen im GO-Ausschuss müssen spätestens in acht Wochen abgeschlossen sein.

Zwar kann nach den neuen U-Ausschuss-Regeln auch eine parlamentarische Minderheit, konkret ein Viertel der Abgeordneten, einen Untersuchungsausschuss erzwingen, allerdings darf parallel zu einem laufenden Untersuchungsausschuss kein Abgeordneter ein weiteres Minderheitsverlangen unterstützen. De facto hat die Opposition damit erst nach Beendigung des Hypo-Untersuchungsausschusses die Möglichkeit, einen neuen U-Ausschuss durchzusetzen.

Koalition sieht keine Kapazitäten für zweiten Untersuchungsausschuss

In einer ersten Diskussion über den Antrag äußerten sich SPÖ-Abgeordneter Kai Jan Krainer und ÖVP-Abgeordnete Gabriele Tamandl skeptisch. Krainer äußerte die Vermutung, dass Lugar seinen eigenen Antrag nicht besonders ernst nehme, sonst hätte er nicht parallel zum Hypo-Untersuchungsausschuss einen zweiten Ausschuss mit ähnlichem Untersuchungsgegenstand beantragt. Krainer und Tamandl fürchten außerdem Kapazitätsprobleme. Sie könne sich nicht vorstellen, wie parallel zum Hypo-Untersuchungsausschuss ein zweiter Untersuchungsausschuss bewältigt werden könnte, sagte Tamandl. Seriöse Aufklärung wäre so nicht möglich.

Was für Tamandl schon jetzt klar ist, ist ein Versagen der Aufsicht über die Kärntner Hypo. Sie kann sich in diesem Sinn gesetzliche Änderungen vorstellen.

Unterstützt wurde der Antrag des Team Stronach von FPÖ-Abgeordnetem Roman Haider. Bei der ÖVAG und der Kommunalkredit wurden ihm zufolge zumindest 8 Mrd. € an Werten vernichtet. Im Gegensatz zu anderen Bankenpleiten sei über dieses "Desaster" bisher aber weitgehend eine Decke des Schweigens gebreitet worden, klagte er. Haider vermutet, dass dies mit den handelnden Personen, etwa der früheren Kommunalkredit-Managerin und späteren Unterrichtsministerin Claudia Schmied, zu tun hat.

Auch Grün-Abgeordneter Werner Kogler plädierte für eine detaillierte Untersuchung des Sachverhalts, "in welcher Form auch immer". Er sieht eine wesentliche Gemeinsamkeit zwischen der Kärntner Hypo, der ÖVAG und der Kommunalkredit: "ÖVP da, Steuergeld weg!" so seine Conclusio. Gleichzeitig habe die SPÖ stets zugestimmt, "dass das Geld in die Banken hineingetragen wurde". Insgesamt geht Kogler von einem Schaden von 24 Mrd. € für die Steuerzahler aus, das seien 3.000 € für jeden Österreicher bzw. 12.000 € für jede Familie.

Grundsätzlich hinter das Anliegen des Team Stronach stellte sich auch NEOS-Abgeordneter Rainer Hable. Er sprach sich aber dafür aus, vor der Einsetzung eines weiteren Untersuchungsausschusses zuerst die U-Ausschuss-Regeln zu ändern und verwies auf einen entsprechenden Antrag seiner Fraktion. Ihm geht es insbesondere um die Verpflichtung staatsnaher Unternehmen, dem Untersuchungsausschuss Akten vorzulegen. Ein ÖVAG-Untersuchungsausschuss mache ohne ÖVAG-Unterlagen wenig Sinn, das sei auch beim Hypo-Untersuchungsausschuss ein großes Problem, argumentierte er.

Allgemein hielt Hable fest, das "Debakel" bei der ÖVAG sei ein Debakel, das in Vergessenheit geraten sei, "obwohl Milliarden versenkt worden sind". Er sieht einige Parallelen zur Hypo Alpe Adria, etwa den Umstand, dass die Bank zum Schaden des Steuerzahlers teilweise notverstaatlicht wurde, ohne systemrelevant zu sein. Für Hable steht außerdem nicht nur der Verdacht eines Finanzskandals, sondern auch der Verdacht eines Justizskandals im Raum.

Lugar selbst wies darauf hin, dass der Hypo-Untersuchungsausschuss schon jetzt die Erkenntnis gebracht habe, dass die Aufsicht versagt hat, und zwar alle fünf Prüfinstanzen. Der Rechnungshof sei ausgeschaltet worden, die StaatskommissärInnen seien lediglich ein Feigenblatt gewesen, Finanzmarktaufsicht und Nationalbank hätten im Kompetenzstreit nicht wirklich etwas auf die Reihe gebracht und auch die Wirtschaftsprüfer seien unnütz gewesen, fasste er seine Einschätzung des Sachverhalts zusammen. Alle hätten sich auf den Hypo-Vorstand verlassen.

Man müsse herausfinden, ob das auch bei anderen Banken ähnlich gelaufen sei, warb Lugar für einen weiteren Untersuchungsausschuss. Man sei dem Steuerzahler Transparenz schuldig, zudem gelte es, aus Fehlern zu lernen, um künftigen Schaden abzuwenden. Die Kommunalkredit ist nach Meinung von Lugar von einer Gemeindefinanzierungsbank zu einer "wüsten Zockerbude" geworden, auch die ÖVAG sei in Spekulationsgeschäfte eingestiegen. Letztendlich sei der Schaden am Steuerzahler hängen geblieben. Über den Zeitpunkt des Untersuchungsausschusses will Lugar mit sich diskutieren lassen, ihm zufolge könnte man sich auch überlegen, den Untersuchungsgegenstand des Hypo-Untersuchungsausschusses auszuweiten.

Der Antrag wurde von Nationalratspräsidentin Doris Bures schließlich dem Geschäftsordnungsausschuss zugewiesen. Im Anschluss an die 102. Sitzung des Nationalrats fand eine weitere (103.) Sitzung) statt, die formalen Mitteilungen und Zuweisungen diente. (Schluss Nationalrat) gs