Parlamentskorrespondenz Nr. 1301 vom 20.11.2015

Rupprechter: Agrarpolitik muss sich auf den Klimawandel einstellen

Budgetausschuss behandelt Voranschlag für die Landwirtschaft

Wien  -  Die Landwirtschaftspolitik muss auf die Zunahme von extremen Wettersituationen reagieren. Bei den Beratungen des Budgetausschusses über den Voranschlag für den Agrarbereich sprach sich Bundesminister Andrä Rupprechter heute für eine generelle Klimaanpassungsstrategie aus und betonte, klimarelevante Maßnahmen würden bereits jetzt einen fixen Bestandteil des Programms für die Ländliche Entwicklung bilden. Konkret geplant ist zudem die Weiterentwicklung der Hagelversicherung auf den Versicherungsfall der Dürre. Das Interesse der Abgeordneten richtete sich in der Debatte über den Voranschlagsentwurf überdies u.a. auch auf den Strukturwandel in der Landwirtschaft sowie auf die Auswirkungen der Absatzkrise im Gefolge des Russland-Embargos.

Die Auszahlungen (Ausgaben) sind im Budgetentwurf mit 2,135 Mrd. € um 0,4% geringer veranschlagt als im vorangegangenen Jahr. 60% der Ausgaben sind variabel, wobei es sich ausschließlich um Mittel im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) handelt. Auf Basis der 1. Säule der GAP leistet die EU Direktzahlungen in der Höhe von 693 Mio. €. Das Programm für die Ländliche Entwicklung – die 2. Säule der GAP – findet im Entwurf mit 850 Mio. € seinen Niederschlag. Die Ausgaben für Präventivmaßnahmen, Schutz vor Naturgefahren und Dammsanierung im Zuge des derzeit gültigen Aktionsprogramms "Hochwassersicheres Österreich" werden von 19 Mio. € auf 32 Mio. € erhöht. Die Einzahlungen (Einnahmen) wiederum entsprechen mit 181,8 Mio. € insgesamt jenen aus dem Voranschlag 2015. Wesentliche Einnahmen stammen dabei aus Mitteln des Katastrophenfonds in den Bereichen Wildbach- und Lawinenverbauung sowie Schutzwasserbau und aus der Dividende der Österreichischen Bundesforste.   

Nachhaltigkeit als oberstes Ziel der Agrarpolitik

In seinen Wirkungszielen bekennt sich das Ministerium zu einer effizienten, ressourcenschonenden, flächendeckenden landwirtschaftlichen Produktion mit in- und ausländischen Absatzmärkten sowie zur nachhaltigen Entwicklung eines vitalen ländlichen Raums. Priorität wird auch dem Schutz der Bevölkerung und der Lebensräume vor Naturgefahren wie Hochwasser, Lawinen oder Muren eingeräumt. Im Fokus der Politik Rupprechters stehen überdies die Sicherung der Wasserressourcen sowie die Stärkung des Lebensraums Wald. Sein Ressort fühle sich dem Prinzip der Nachhaltigkeit engstens verpflichtet, betonte der Minister im Zuge der Debatte dem Abgeordneten Leopold Steibichler (T) gegenüber.

Strukturwandel in der Landwirtschaft hat sich verflacht

Rupprechter sah sich zunächst mit Kritik der Abgeordneten Harald Jannach (F) und Leopold Steinbichler (T) konfrontiert, die beide von einem Zusammenhang zwischen der Agrarpolitik und dem Bauernsterben sprachen. Die Zahl der bäuerlichen Betriebe sei seit dem EU-Beitritt in Österreich um 30% zurückgegangen, bestätigte der Minister, meinte aber, im europäischen Vergleich sei dieser Wert sehr gering. Derzeit betrage die Abwanderungsrate aus der Landwirtschaft 1,5% pro Jahr und habe sich somit deutlich verflacht. Der aktuelle Strukturwandel sei daher durchaus verträglich. Im Zusammenhang mit der Einkommenssituation in der Landwirtschaft erhielt ÖVP-Agrarsprecher Jakob Auer die Zusage, dass die Agrarförderungen noch in den nächsten Wochen an die Bauern ausbezahlt werden. Durch Vorschusszahlungen – Rupprechter nannte einen Betrag von über 700 Mio. € - will das Ministerium dabei allfälligen Verzögerungen in der Abwicklung durch Brüssel entgegenwirken.

Rupprechter peilt Ernteversicherungsmodell an

Aus dem Klimawandel leitet Rupprechter auch einen Handelsauftrag an die Landwirtschaftspolitik ab, zumal die Landwirtschaft zu den von extremen Wetterphänomenen am stärksten betroffenen Sektoren zähle. Wie der Ressortleiter SPÖ-Abgeordnetem Wolfgang Knes berichtete, habe man als Hilfsmaßnahme im Gefolge der diesjährigen Dürre 5 Mio. € aus dem Katastrophenfonds zur Verfügung gestellt, wobei diese Mittel durch Beiträge der Bundesländer verdoppelt werden können. Große Bedeutung misst Rupprechter einem Pilotprojekt zur Ausweitung des Hagelversicherungssystems auf den Tatbestand der Dürre zu. Die LandwirtInnen sollen dabei die Möglichkeit erhalten, sich in Eigenverantwortung für diese Wettersituation zu versichern, erklärte er und wies auf entsprechende Verhandlungen mit der Österreichischen Hagelversicherung hin. Ziel sei es jedenfalls, eine permanente Regelung im Sinne der Klimaanpassungsstrategie zu finden.

Der Idee eines eigenen Klimaanpassungsfonds, wie dies etwa Grünen-Landwirtschaftssprecher Wolfgang Pirklhuber und dessen Fraktionskollegin Christiane Brunner zur Diskussion stellten, konnte Rupprechter wenig abgewinnen. Klimaschutzrelevante Maßnahmen würden sich quer durch das Programm der ländlichen Entwicklung ziehen, allein 240 Mio. € können direkt dem Wirkungsziel Klimaschutz zugeordnet werden. Als besonders wirksam bezeichnete der Minister dabei etwa die Maßnahmen im Bereich der Winterbegrünung von Ackerflächen, die mit 70,3 Mio. € dotiert werden, aber auch Investitionsförderungen für neue Stall- und Fütterungssysteme sowie zur Abdeckung von Güllelagerräumen.

50% erneuerbare Energie im Endverbrauch bis 2030 für Rupprechter realistisch

Unter dem Aspekt des Klimaschutzes hob Rupprechter ebenso wie ÖVP-Abgeordneter Hermann Schultes auch den Stellenwert der erneuerbaren Energie hervor, deren Anteil derzeit bereits 32% beträgt. Die angepeilte Zielmarke von 34% bis 2020 sei erreichbar. 50% erneuerbare Energie im Endverbrauch bis zum Jahr 2030 stufte Rupprechter überdies als realistisch ein. Auch beim Holzeinschlag bestehe noch Potential nach oben, ließ der Minister NEOS-Agrarsprecher Josef Schellhorn wissen. Im Sinne einer nachhaltigen Bewirtschaftung und zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit werde der Maximierung des Inlandsaufkommens oberste Priorität eingeräumt. Rupprechter gab in diesem Zusammenhang aber zu bedenken, dass die diesjährige Dürreperiode zu einer starken Belastung des Holzes mit Borkenkäfern geführt habe.

Exportoffensive soll Wegfall des Russland-Marktes entgegenwirken

Bei der von SPÖ-Agrarsprecher Erwin Preiner thematisierten Exportoffensive geht es vor allem darum, Drittlandsmärkte aktiv zu bearbeiten, zumal es durch den Wegfall des Russlandmarktes zu Absatzproblemen gekommen ist. Vor allem der Schweinefleischmarkt stehe extrem unter Druck, Entlastung erwartet sich Rupprechter dabei auch durch Erschließung neuer Absatzmärkte in Südkorea und Japan. Was die angespannte Situation auf dem Milchsektor betrifft, setzt der Minister ebenfalls auf Export und Qualität, eine Wiedereinführung der Milchquotenregelung – eine Forderung des Team Stronach-Mandatars Leopold Steinbichler – ist für Rupprechter kein Thema.

Reorganisation in der Verwaltung führt zu Einsparungen

Das Landwirtschaftsressort spare sehr wohl auch in der Verwaltung, versicherte Rupprechter FPÖ-Abgeordnetem Harald Jannach. So seien bereits im Zuge einer Reorganisation in der Zentralstelle zwei Sektionen und zehn Abteilungen mit einem Volumen von 5 Mio. € eingespart worden. Weiteres Einsparungspotential soll nun durch eine Reorganisation von nachgeordneten Dienststellen gehoben werden, wobei Rupprechter von einem Einsparungsvolumen in der Höhe von 4 Mio. € sprach. Konkret gedacht ist dabei an die Zusammenlegung der forstlichen Forschungsstellen, eine Reorganisation im Bereich des Bundesamtes für Wasserwirtschaft sowie eine weitere Reorganisation bei den Bildungs- und Forschungsstandorten in Tirol. Eingespart werden auch eine Abteilung und eine Stabstelle bei der AMA. (Fortsetzung Budgetausschuss) hof