Parlamentskorrespondenz Nr. 1456 vom 17.12.2015

Bundesrat beschließt Erhöhung von Tagsätzen für AsylwerberInnen

Zivildienst - Sozialministerium für Friedens- und Gedenkdienst zuständig

Wien (PK) – Im Anschluss an den sozialpolitischen Themenblock genehmigte die Länderkammer die Erhöhung der Tagsätze für die Grundversorgung von AsylwerberInnen, um eine Kostendeckung sicherzustellen. Weiters befasste sich der Bundesrat mit der Änderung des Zivildienstgesetzes , das neben Verwaltungsvereinfachungen primär eine Bündelung der Kompetenzen beim Sozialministerium zum Inhalt hat. Künftig ist in Sachen Friedens- und Gedenkdienst nicht mehr das Innenministerium sondern das Sozialministerium zuständig.

Kostensätze für Grundversorgung von Flüchtlingen werden angepasst

Der Nationalrat hat bereits im Zuge der Verankerung des Durchgriffsrechts des Bundes bei der Schaffung von Asylquartieren beschlossen, die Tagsätze für die Grundversorgung von AsylwerberInnen in organisierten Unterkünften in zwei Schritten von 19 € auf 21 € zu erhöhen. Auch andere ausgewählte Sätze sind nach Meinung der Regierung zu niedrig, um eine kostendeckende Grundversorgung schutzbedürftiger Fremder sicherzustellen. Sie hat sich daher mit den Ländern auf eine Änderung der Grundversorgungsvereinbarung (GVV) verständigt, die heute den Bundesrat passiert hat. Im Rahmen der Bund-Länder-Vereinbarung wird u.a. der Höchstkostensatz für die Unterbringung, Verpflegung und Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge in kleinen Wohngruppen bis zu zehn Personen erhöht. Rückwirkend ab August können hierfür 95 € statt 77 € pro Tag geltend gemacht werden. Keine Änderungen gibt es hingegen beim Taschengeld, dieses bleibt bei 40 € monatlich. Die Tariferhöhung passierte den Bundesrat mit Mehrheit.

Die neuen Tarife seien in Ordnung und berechtigt, da sie schon seit längerem nicht angehoben wurden, verteidigten Hans-Peter Bock (S/T) und Gerhard Schödinger (V/N) die moderate Erhöhung der Kostensätze. Österreich habe als Staat die Pflicht, für eine menschenwürdige Versorgung von AsylwerberInnen zu sorgen, unterstrichen sie. Klar sei, dass ein kontinuierlicher Zustrom von Flüchtlingen nicht bewältigbar ist, weshalb die zuständige Ministerin auch entsprechende Maßnahmen – wie z.B. Asyl auf Zeit, Einschränkung des Familienzuzugs – vorgeschlagen hat. Er könne sich auch eine Deckelung bei der Mindestsicherung vorstellen, stellte Schödinger fest und betonte die Notwendigkeit der Einrichtung einer einheitlichen europäischen Grenzschutzeinheit. Bock bemerkte, das in die Grundversorgung investierte Geld bleibe in Österreich und komme der Wirtschaft und den Flüchtlingsunterkünften zugute.

Äußerst kritisch äußerten sich hingegen die Bundesräte Arnd Meißl (F/St) und Hans-Jörg Jenewein (F/W). Obwohl bekannt sei, dass viele Institutionen und Private mit der Unterbringung von AsylwerberInnen ein Riesengeschäft machen, würden die Tagsätze für die Unterbringung um bis zu 25% erhöht. Darunter sei beispielsweise ein Unternehmen aus der Obersteiermark, das einen Teil der Gewinne dazu verwendet, um eine Hotelanlage in Südamerika zu errichten, brachte Meißl zur Sprache. Ähnlich argumentierte auch Jenewein in Bezug auf den Asyldienstleister ORS. Angesichts der hohen Zahl an AsylwerberInnen wäre es wichtiger, die Verfahren rasch und effizient abzuwickeln, um die SteuerzahlerInnen nicht noch mehr zu belasten. Kein Verständnis zeigte Meißl dafür, dass für eine Erhöhung von Familienleistungen oder für die Pensionen kein Geld vorhanden sei, für eine bessere Versorgung von Flüchtlingen hingegen schon. Schließlich forderte er noch eine genaue Altersuntersuchung von minderjährigen Flüchtlingen sowie eine konsequente Abschiebung von abgelehnten und vor allem von straffälligen Flüchtlingen.

Ewa Dziedzic (G/W) stimmte zwar für die Bund-Länder-Vereinbarung, der Beschluss gehe ihrer Meinung nach aber nicht weit genug. Die Kostensätze seien seit dem Jahr 2004 erst einmal angehoben worden und würden auch nach der nunmehrigen Erhöhung nicht kostendeckend sein, skizzierte sie. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge hätten die gleichen Bedürfnisse wie einheimische Kinder, argumentierte Dziedzic. Mit den derzeitigen Tagsätzen sei es schwierig, Jugendliche in privaten Quartieren unterzubringen, schloss sich auch Fraktionskollegin Heidelinde Reiter (G/S) an.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner schloss das herausfordernde Jahr mit der Bitte, nicht gegen die Errichtung von notwendigen Flüchtlingsquartieren zu intervenieren. In Richtung FPÖ drängte die Ministerin auf eine einheitliche parteiinternen Linie bezüglich der Tariferhöhung.

Zivildienstgesetz: Verwaltungsvereinfachung und Öffnung für Frauen

Neben anderen Freiwilligendiensten wird in Zukunft auch der Friedens- und Gedenkdienst im Ausland beim Sozialministerium angesiedelt, erläuterte Bundesrat Hubert Koller (S/St). Dazu bedarf es einer Änderung im Zivildienstgesetz, die einige Vorteile für die Betroffenen mit sich bringt. Künftig reichen zehn, statt bisher zwölf Monate, um eine Freiwilligentätigkeit wie ein Freiwilliges Sozialjahr, ein Freiwilliges Umweltschutzjahr oder einen Gedenk-, Friedens- oder Sozialdienst im Ausland als Zivildienstersatz anerkannt zu bekommen. Koller begrüßte auch die Öffnung des Zugangs für Frauen zur Absolvierung von Gedenkdiensten und für nicht wehrpflichtige Männer sowie die entsprechende finanzielle Absicherung. Auch David Stögmüller (G/O) kündigte die Zustimmung seiner Fraktion zum Gesetz an, das neben administrativen Erleichterungen eine Gleichstellung zwischen Frauen und Männern bringe. Bundesrat Gregor Hammerl (V/St) wies darauf hin, dass nunmehr auch ein mindestens zehnmonatiger europäischer Jugendfreiwilligendienst nach dem Erasmus+-Programm der EU angerechnet werden könne und regte an, die Diskussionen über die Einführung eines allgemeinen Sozialjahres für weibliche und männliche Jugendliche weiterzuführen.

Keine Zustimmung fand die Änderung bei der FPÖ. Christoph Längle (F/V) hob die Bedeutung des Zivildienstes hervor, der eine wichtige Säule der Gesellschaft darstelle. Die gesetzlichen Änderungen beurteilte er jedoch eher kritisch, da nun Zivildiener auch bei NGOs arbeiten können. Wünschenswert wären vielmehr einheitliche Regelungen bezüglich der Bezahlung und der allgemeinen Rahmenbedingungen. Der Bundesrat billigte die Änderungen mit Stimmenmehrheit. (Fortsetzung Bundesrat) sue/gro