Parlamentskorrespondenz Nr. 50 vom 28.01.2016

Nationalrat: Rufbereitschaft für FachärztInnen in Unikliniken fix

FPÖ und Grüne befürchten Verschlechterung in der Patientenversorgung

Wien (PK) – FachärztInnen in Zentralkrankenanstalten müssen nicht mehr rund um die Uhr in jedem Sonderfach vor Ort anwesend sein. In Zukunft genügt eine Rufbereitschaft während der Nacht und bei Wochenend- und Feiertagsdiensten. Das hat der Nationalrat heute in einer entsprechenden Novelle zum Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz ohne die Stimmen von FPÖ und Grünen beschlossen. Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser entgegnete den Bedenken der Oppositionsparteien, dass von einer generellen Rufbereitschaft keine Rede sei. "Für die Sicherheit der PatientInnen ist gesorgt", so Oberhauser im Plenum. In Sachen Frauengesundheit kündigte die Ministerin für 2017 einen "Aktionsplan Frauengesundheit" an, den ihr Ressort gerade zusammen mit dem Frauenministerium erstellt.

Auf jeden Fall besetzt sein werden demnach auch weiterhin die Intensivmedizin, die Chirurgie, die Innere Medizin, die Anästhesiologie und die Kinder- und Jugendheilkunde. Beschränkt wird mit der Novelle auch die Abgabe von Muttermilch auf Krankenanstalten mit Abteilungen für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Spitäler müssen künftig zudem regeln, in welchen Bereichen des Krankenhauses Assistenz- und Therapiehunde zulässig sind. Ein Aspekt, auf den Ulrike Königsberger-Ludwig (S) einging. Assistenzhunde seien besonders für Menschen mit Behinderung wichtige Helfer, um den Alltag zu bewältigen, wie sie meinte.

Sechs Entschließungsanträge, in denen von der Opposition ein humanerer Umgang mit PatientInnen und Pflegebedürftigen, eine bessere gesundheitliche Versorgung von SchmerzpatientInnen, die Rückverlagerung der Zuständigkeit für Männergesundheit vom Sozial- in das Gesundheitsministerium, verstärkte Information über potentielle Gesundheitsgefährdungen für Sicherheits- und Hilfskräfte in der aktuellen Flüchtlingssituation sowie in Sachen Krankenversicherungen eine Zusammenlegung und verpflichtende Leistungsberichte gefordert werden, wurden vom Nationalrat abgelehnt.

Aus Sicht der Freiheitlichen sowie der Grünen ist die neue Regelung zur Rufbereitschaft eine negative Folge des Spitalsarbeitszeitgesetzes, das vor über einem Jahr beschlossen wurde. Andreas Karlsböck (F) prognostizierte eine Verschlechterung für PatientInnen, vor allem für den Großraum Wien. Zudem seien die sogenannten "Randfächer", die die Rufbereitschaft betreffen, nicht genau festgelegt. Die Ambulanzen werden aus seiner Sicht weiterhin überfüllt sein. "Es handelt sich um Einsparungsmaßnahmen", kritisierte auch Eva Mückstein von den Grünen. Das Spitalsarbeitszeitgesetz habe zu einer "prekären Situation" in den Krankenhäusern geführt, die Rufbereitschaft sei nun eine Notmaßnahme. Rupert Doppler (A) sprach sich dezidiert gegen eine generelle Rufbereitschaft aus.

SPÖ und ÖVP traten für die neuen Regelungen für ÄrztInnen in Zentralkrankenanstalten ein. "Das ist nur eine Anpassung dessen, was in unzähligen anderen Krankenhäusern bereits gang und gäbe ist", sagte Erwin Spindelberger (S), der die "Schwarzmalerei" mit dem Argument relativierte, dass die Rufbereitschaft nur jene Bereiche erfasst, wo es zu keiner Beeinträchtigung der Patientenversorgung kommen kann. Dieser Argumentation folgte auch Dorothea Schittenhelm (V). "Das ist absolut zu vertreten und im Sinne der Patienten", meinte zudem Marcus Franz (V). Es sei eine Verschwendung von Ressourcen, wenn alle FachärztInnen rund um die Uhr anwesend sein müssten.

Hinsichtlich seiner Initiative auf verpflichtende Leistungsberichte für Krankenkassen meinte Gerald Loacker (N), dass in Österreich ein "Zwanzigklassensystem" existiere. Die Patientenversorgung gleiche einem Lotteriespiel, deswegen sei es an der Zeit, Transparenz in das Gesundheitssystem zu bringen und die Leistungsunterschiede der Krankenkassen offenzulegen. "Alle diese Fakten existieren", entgegnete Walter Schopf (S), es gebe bereits jetzt genaue Aufstellungen über das Leistungsvolumen der Krankenkassen. Prinzipiell würden sie seiner Meinung nach zudem "Gigantisches" leisten. Warum es nicht schon längst eine Leistungsharmonisierung in Österreich gibt, konnte Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) im Zusammenhang mit einer entsprechenden Forderung, die Krankenkassen in Österreich zusammenzulegen, nicht nachvollziehen. "Wir brauchen nicht so viele Krankenkassen, eine würde reichen", sagte sie.

Ulrike Weigerstorfer (T) machte entsprechend ihrer Initiative darauf aufmerksam, dass die Behandlungsangebote für SchmerzpatientInnen in den letzten Jahren reduziert wurden. Das sei nicht der richtige Weg, bemängelte die Abgeordnete vom Team Stronach. Dass man sich dem "Thema Schmerzen" widmen sollte, meinte Erwin Rasinger (V).

Hinsichtlich des Falles einer pflegebedürftigen Wiener Spitalspatientin, den ein Antrag der FPÖ zum Anlass nahm, um einen humaneren Umgang mit PatientInnen und Pflegebedürftigen einzumahnen, meinte Johann Singer (V), dass hier keine Zuständigkeit des Parlaments gegeben sei.

Gegenüber dem Antrag der FPÖ, angesichts der Flüchtlingsbewegungen den im Tuberkulose- und Epidemiegesetz verankerten Schutz- und Informationspflichten sowohl gegenüber den eingesetzten Sicherheits- und Hilfskräften als auch gegenüber der Bevölkerung nachzukommen, sagte Philip Kucher (S), dass es Aufgabe der Behörden sei, einen fairen Ausgleich zwischen dem Informationsanspruch der Öffentlichkeit und dem Schutz der Privatsphäre zu schaffen. Prinzipiell gehe es aber in erster Linie darum, den Menschen rasch zu helfen. (Fortsetzung Nationalrat) keg