Parlamentskorrespondenz Nr. 414 vom 27.04.2016

Zigarettenpackungen werden mit Schockbildern versehen

Nationalrat für mehr Aufklärung über Gefahren des Rauchens, Zugang zu Tabakprodukten für Jugendliche wird erschwert

Wien (PK) – Eine lange diskutierte Novelle zur Verschärfung des Tabakgesetzes hat heute den Nationalrat passiert. Neben den Koalitionsparteien stimmten auch die Grünen dafür, Zigarettenpackungen künftig mit Schockbildern und deutlicheren Warnhinweisen zu versehen. Jede Packung muss die Aussage: "Rauchen ist tödlich – hören Sie jetzt auf" aufweisen. Mit der Novelle werden außerdem Zigaretten und Tabak mit Aromen bzw. Zusatzstoffen, wie etwa Menthol und Vitaminen, sowie der Verkauf von Kautabak verboten. Zudem wird ein Zulassungsverfahren für neuartige Tabakerzeugnisse eingeführt und E-Zigaretten und Liquids ausdrücklich vom Verbot des Versandhandels umfasst.

Die Freiheitlichen hielten an ihrer bereits im Ausschuss geäußerten vehementen Kritik an der Novelle als schwerem Eingriff in Freiheit und Selbstbestimmung fest. Die ÖsterreicherInnen hätten genug von staatlicher Kontrolle und Bürokratiewahn, sagte FPÖ-Mandatar Peter Wurm. Statt dem Gesundheits- und Jugendschutz zu dienen, stellen die Verschärfungen des Tabakgesetzes einen weiteren Schritt zu einer um sich greifenden Verbotskultur dar. Unter anderem werde die E-Zigarette der Zigarette gleichgesetzt, obwohl ihre Schädlichkeit durch keine wissenschaftlichen Studien erhärtet sei. Alles in allem schaffe die Novelle auch für viele Kleinunternehmen große Probleme und sei damit wirtschaftsfeindlich. Das Gesetz weise so viele fragwürdige Bestimmungen auf, dass es nochmals im Ausschuss überarbeitet werden sollte. Wurm brachte neben einem Rückverweisungsantrag auch einen Entschließungsantrag ein, in dem von der Bundesregierung die Rücknahme der Tabakgesetznovellen 2015 und 2016 und an ihrer Stelle ein "TabakgesetzNEU" verlangt wird.

Auch die NEOS sind mit der Novellierung nicht zufrieden. Gerald Loacker (N) kritisierte die aus seiner Sicht fahrlässige Art und Weise, mit der die EU-Richtlinie umgesetzt wurde. Das Gesetz enthalte eine Reihe absurder Detailbestimmungen, viele Kleinunternehmen würden damit wirtschaftlich geschädigt. Ziele man auf Jugendschutz ab, dann wäre es besser, das Alter, ab dem man Zigaretten legal erwerben darf, auf achtzehn Jahre anzuheben. Loacker wies in einem Abänderungsantrag auch auf einen Schreibfehler im Gesetzestext hin, der zu korrigieren sei. Die Bezeichnung für die Schrifttype der vorgeschriebenen Warnhinweisen auf den Packungen müsse "Helvetica" lauten, nicht "Helvetika".

Ebenso wandte sich der fraktionslose Abgeordnete Rupert Doppler gegen die Novelle. Die EU-Richtlinie enthalte einige vernünftige Ansätze, ihre Umsetzung durch die österreichische Regierung gehe aber darüber hinaus und schädige Wirtschaftstreibende, vor allem die TrafikantInnen.

Philip Kucher (S) begrüßt hingegen die Novelle und sagte, angesichts der schwerwiegenden Folgen von Rauchen und Passivrauchen müsse die Politik ihre Verantwortung wahrnehmen und über Gesundheitsgefahren informieren. Irreführende Angaben werden daher verboten und die Gefahren des Rauchen deutlich gemacht. Mit einem Abänderungsantrag von ÖVP und SPÖ, den Abgeordneter Kucher einbrachte, werden einige Klarstellungen im Gesetzestext vorgenommen. Sie betreffen in erster Linie Regelungen für das Inkrafttreten einzelner Teile der Gesetzesnovelle. Erwin Rasinger (V) sprach sich aus der Perspektive des Arztes für die Novelle aus. Leider müsse er feststellen, dass der Jugendschutz beim Rauchen nicht ausreichend eingehalten werde. Umso wichtiger sei mehr Aufklärung über die Folgeschäden des Rauchens, das Gesetz sei ein Beitrag dazu.

Robert Lugar (T) konzedierte, dass Rauchen ein schwerwiegendes Gesundheitsproblem darstellt. Man solle daher alles unterstützen, was Menschen hilft, das Rauchen aufzugeben. Mit der E-Zigarette habe er selbst, wie viele andere, nur positive Erfahrungen gemacht. Nun erschwere man den Zugang zu dieser gefahrlosen Alternative und verhindere, dass Leben gerettet werden, kritisierte er. Die E-Zigarette sei kein Tabakprodukt und müsse aus dem Tabakgesetz herausgenommen werden.

Positiv stehen die Grünen zu den Neuerungen im Tabakgesetz. Nach Auffassung von Eva Mückstein (G) geht es dabei um die Abwägung zwischen Selbstbestimmung und Gesundheitspolitik. Ziel sei es, besonders Jugendliche für die Gefahren des Rauchens zu sensibilisieren. Daher hält sie es im Sinne der Prävention auch für sinnvoll, den Zugang zur E-Zigarette zu erschweren, denn diese enthalte nicht nur gesundheitsgefährdende Stoffe, sie animiere, wie Studien belegten, auch zum Rauchen an sich.

ÖVP-Behindertensprecher Franz-Joseph Huainigg sagte, er begrüße die Abschreckungsbilder auf den Zigarettenpackungen zwar grundsätzlich. Bilder, die Rauchen mit Behinderung in Verbindung bringen, seien aber nicht akzeptabel. Behinderte Menschen müssten nach wie vor um ihre positive Wahrnehmung in der Gesellschaft kämpfen, sie zur Abschreckung zu verwenden, sei daher nicht in Ordnung. Daher begrüße er es, dass der Gesundheitsausschuss der Novelle eine Entschließung mitgegeben habe, wonach es bei den kombinierten Warnhinweisen auf den Zigarettenpackungen zu keiner Diskriminierung behinderter Menschen kommen darf.

Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser versprach, bei der EU-Kommission darauf zu drängen, dass behinderte Menschen nicht auf Schockbilder dargestellt werden. Die Novelle enthalte neben gesundheitspolitischen Aspekten viele technische Details, die auf Verbesserungen des Jugendschutzes hinauslaufen, indem der Zugang zu Zigaretten und Tabakprodukten erschwert wird, betonte sie.

Der Rückverweisungsantrag der Freiheitlichen sowie ihre Forderung nach Ersetzung der letzten beiden Novellen zum Tabakgesetz durch ein TabakgesetzNEU blieben in der Minderheit. Der Abänderungsantrag der NEOS wurde ebenfalls mehrheitlich abgelehnt. Die Novelle des Tabakgesetzes wurde damit in der Fassung des Abänderungsantrags der Koalitionsparteien mehrheitlich angenommen. Die auf Verlangen der Freiheitlichen durchgeführte namentliche Abstimmung ergab eine Mehrheit von 110 Ja-Stimmen, denen 36 Nein-Stimmen gegenüberstanden.

Mit Mehrheit angenommen wurden auch zwei Entschließungen des Gesundheitsausschusses. Demnach soll erstens bei den Warnhinweisen keine Diskriminierung behinderter Menschen stattfinden, des Weiteren werden klare Rückverfolgbarkeitsregelungen für Tabakprodukte auf einer einheitlichen europäischen Basis gefordert. (Fortsetzung Nationalrat) sox