Parlamentskorrespondenz Nr. 591 vom 01.06.2016

RH-Ausschuss bewertet Haftungsübernahmen zur Bewältigung der Finanzkrise

Moser: Gesetze über Haftungen durch den Bund sollen klare Kontrollvorgaben aufweisen

Wien (PK) – Das Unternehmensliquiditätsstärkungsgesetz (ULSG) wurde 2009 als eine Maßnahmen zur Bewältigung der Finanzkrise und der daraus folgenden Wirtschaftskrise und Kreditklemme für die Unternehmen beschlossen. Das Ziel des auf fünf Jahre begrenzten Programms war es, Kreditinstitute und Unternehmen mit von der Europäischen Kommission genehmigten Beihilfen zu unterstützen. Die Abwicklung und Kontrolle erfolgten durch die Oesterreichische Kontrollbank Aktiengesellschaft (OeKB).

Nachdem NEOS und Team Stronach eine Sonderprüfung des Erfolgs der Maßnahme angeregt hatten, überprüfte der Rechnungshof die Gebarung der Vergaben im Rahmen des ULSG. Er beurteilte dabei die Organisation der Haftungsübernahmen, die banktechnische Behandlung durch die OeKB und deren Internes Kontrollsystem. Vom Rechnungshof bewertet wurden auch die Entscheidungsfindung durch das Bundesministerium für Finanzen (BMF), die laufende Abwicklung und die Überprüfung der Einhaltung der vereinbarten Verpflichtungen (Auflagenkontrolle). Mit dem Prüfungsergebnis (III-229 d.B.) befasste sich heute der Rechnungshofausschuss.

Unterschiedliche Meinungen der Abgeordneten zum Erfolg des ULSG

Das Gesetz hat den Finanzminister ermächtigt, Haftungen in Form von Garantien für Kredite zu übernehmen. Zweck der Haftungsübernahme musste die Erhaltung der Geschäftstätigkeit und Überbrückung eines vorübergehenden Liquiditätsengpasses zur Sicherstellung und Stärkung der Liquidität der Unternehmen sein. Auf Grundlage des Gesetzes wurden zwischen September 2009 und Dezember 2010 Haftungen in Höhe von rund 1,31 Mrd. € an 48 begünstigte Unternehmen, verteilt auf 19 Branchen vergeben. Bei einem Haftungsrahmen von 10 Mrd. € lag der Ausnutzungsgrad bei ca. 13,1 %.

In der Bewertung des Gesetzes traten unter den Fraktionen unterschiedliche Standpunkte zutage. Claudia Gamon (N) stellte fest, dass der geringe Ausschöpfungsgrad durchaus Zweifel an der Effektivität des Instruments aufwerfe. Rund 36,9 % (482,62 Mio. €) der insgesamt vergebenen Haftungen wurden zudem an Unternehmen mit einem Rating aus dem Bereich "Non–Investment Grade" mit einer erhöhten erwarteten Ausfallswahrscheinlichkeit vergeben. Damit habe man eigentlich nicht der Intention des Gesetzes entsprochen, das ja gesunde Unternehmen fördern sollte, sagte Gamon.

Diese Punkte sprach auch Bruno Rossmann seitens der Grünen an, der das Gesetz als Teil des Bankenpakets bewertete. Es habe letztlich eine weitere Förderung der Banken bewirkt, denen Finanzierungsrisiken abgenommen wurden. Auch seien die Haftungen nur für neue Kredite vorgesehen gewesen, auch diese Auflage sei nicht eingehalten worden.

Martina Schenk (T) schloss sich diesen Fragen an und wollte auch wissen, was an Haftungen noch offen sei. Die Prüfung habe gezeigt, dass Kontrollrechte von der OeKB nicht wahrgenommen wurden. Sie wollte wissen, wie die Empfehlungen des Rechnungshofs umgesetzt werden. Wolfgang Zanger (F) meinte, wenn der Staat die Rolle von Haftungsübernahmen übernimmt, so müssten die Kriterien für die Vergabe auch entsprechend überprüfbar sein.

SPÖ-Abgeordnete Karin Greiner und ÖVP-Abgeordneter Josef Lettenbichler sahen die Sinnhaftigkeit des Gesetzes bestätigt. Lettenbichler meinte, es seien die richtigen Signale an die Finanzmärkte und an die Unternehmen gesandt worden, dass der Staat seine Aufgabe übernimmt, für stabile Rahmenbedingungen zu sorgen. Österreich sei mit dieser und anderen Maßnahmen vergleichsweise gut durch die Finanzkrise gekommen. Greiner betonte, falls es wieder zu einem ähnlichen Fall komme, seien die Vorschläge des Rechnungshofs zu berücksichtigen, was auch ihr Fraktionskollege Elmar Mayer unterstrich.

Schelling: RH-Empfehlungen werden aufgenommen

Finanzminister Hans Jörg Schelling erläuterte, dass das ULSG sich gezielt an Großunternehmen gerichtet habe. Auf die Frage nach den ausstehenden Haftungen, die alle Abgeordneten interessierte, sagte er, dass mit 2015 alle Haftungen vollständig ausgelaufen sind. Das BMF habe per 31. Dezember 2014 für ausfallsgefährdete Haftungsfälle sowie für Prozessrisiken 253,74 Mio. € an Rückstellungen gebildet, für alle Eventualitäten sei also bereits im Budget vorgesorgt.

Wenn das Volumen nicht ausgeschöpft wurde, so sei das ein Ergebnis, das erst im Nachhinein sichtbar ist und positiv zu bewerten sei. Das Gesetz sei das richtige Signal gewesen. Mit den Ratings sei vorsichtig umgegangen worden, bei den 48 Anträgen sei es nur zu zwei Schadenfällen gekommen. Die grundsätzliche Frage sei, wo der Staat eingreifen solle, und wo nicht. Schelling plädierte hier für Vorsicht, Österreich habe ein gut funktionierendes Bankensystem.

Der Finanzminister sieht derzeit keine Kreditklemme, denn derzeit steige das Kreditvergabevolumen. Auch gibt es aus seiner Sicht keine Bankenkrise, allerdings eine Krise der Profitabilität für die Banken, die zudem durch Auflagen von Basel III angehalten sind, auf ihre Liquidität zu achten. Somit werde es schwieriger, Schocks zu verkraften.

Für OeKB war hoher Aufwand der Umsetzung und angemessene Kontrolle gegeben

Auf die einzelnen Kritikpunkten der Abgeordneten und des Rechnungshofs eingehend unterstrich der vom Ausschuss eingeladene Experte der OeKB, Wolfgang Pitsch, dass das ULSG ein Programm war, das es rasch umzusetzen galt. Die vom Rechnungshof aufgezeigten Punkte seien durchaus berechtigt, die RH-Empfehlungen nehme man seitens der Bank ernst und werde sie bei künftigen Programmen auch berücksichtigen. Er könne aufgrund des Bankgeheimnisses keine Auskunft zu Entscheidungen betreffend die Kreditvergaben an einzelne Unternehmen geben. Allgemein könne er festhalten, dass analog zur Ausfuhrförderung vorgegangen wurde. Sobald festgestellt wurde, dass man hier andere Kriterien anlegen müsse, habe man das auch berücksichtigt. Auch die Kontrolle war gegeben, nach einer formellen Prüfung der Kennzahlen erfolgten auch materielle Prüfungen der Unternehmen, für die Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftstreuhänder eingesetzt wurden.

Zum Kritikpunkt, wonach auch bei Firmen, die ein niedrigeres Rating hatten ("Non-Investment-Grade") Kredithaftungen übernommen wurden, gab er zu bedenken, dass grundsätzlich nur sehr wenige mittlere Unternehmen in Österreich das höchste Rating aufweisen können. Immerhin zeige sich, dass 46 der 48 geförderten Unternehmen nach wie vor existieren, damit seien also viele Arbeitsplätze gesichert worden. Was die Bearbeitungsentgelte betrifft, so habe man diese analog zur Ausfuhrförderung gestaffelt, es sei auch zu bedenken, dass die OeKB für ein auf fünf Jahre befristetes Programm eine eigene Infrastruktur aufbauen musste und damit sehr wohl einen erhöhten Aufwand hatte.

Moser: Künftige Gesetze müssen klare Kontrollvorgaben enthalten

RH-Präsident Josef Moser bewertete es positiv, dass sowohl die OeKB als auch das Finanzministerium die Bereitschaft signalisiert haben, bei zukünftige Gesetzen über Haftungsübernahmen die Empfehlungen des Rechnungshofs berücksichtigen zu wollen.

Was das ULSG betrifft, so bestanden aus Sicht des Rechnungshofs einige Unklarheiten bei der Entscheidungsfindung über die Vergabe. Die Auflagenkontrolle und die Transparenz über die eingegangenen Haftungen für das BMF war laut Moser nicht in wünschenswertem Maße gegeben. Auch bewertete er die Dokumentation der Prüfungen seitens der OeKB als nicht ausreichend. Die OeKB habe sich durch die gesetzliche Konstruktion in einer recht bequemen Position befunden, was Risikoübernahmen und Bearbeitungsgebühren betraf. Als Anregung an den Gesetzgeber hielt Moser fest, dass die Problematik des ULSG darin zu sehen sei, dass darin keine klaren gesetzlichen Vorgaben gegeben wurden, wie die Auflagenkontrolle zu erfolgen hatte. Auch habe die Art der Vergabe Interessenskonflikte hervorgerufen, die vermieden werden sollten. (Fortsetzung Rechnungshofausschuss) sox