Parlamentskorrespondenz Nr. 868 vom 14.07.2016

Bundesrat: Grünes Licht für SPG-Novelle und Ausgliederung der KZ-Gedenkstätte Mauthausen

Länderkammer segnet weitere Gesetzesbeschlüsse des Nationalrats ab

Wien (PK) – Der Bundesrat hat heute auch für zwei sehr unterschiedliche Gesetzesmaterien aus dem Zuständigkeitsbereich des Innenministeriums grünes Licht erteilt. Zum einen segneten die BundesrätInnen die so genannte Präventions-Novelle 2016 ab, die der Polizei erweiterte Befugnisse zur Verhinderung von Terrorakten und anderer Straftaten bringt. Damit können auch der vorgesehene höhere Strafrahmen für eine "Störung der öffentlichen Ordnung" und die damit zusammenhängenden neuen Wegweisungsbefugnisse der Exekutive wie geplant am 1. August in Kraft treten. Zum anderen machte die Mehrheit der BundesrätInnen auch keine Einwände gegen die Ausgliederung der KZ-Gedenkstätte Mauthausen aus dem Innenministerium geltend.

Im Zentrum der Präventions-Novelle 2016 stehen Änderungen im Sicherheitspolizeigesetz (SPG). So will das Innenministerium etwa extremistisch motivierten Straftaten durch "Gefährderansprachen" und Meldepflichten vorbeugen. Auch Personen, gegen die wegen massiver sexueller Belästigung oder anderer Sexualdelikte ermittelt wird oder die wegen familiärer Gewalt aus ihrer Wohnung weggewiesen wurden, können zu Belehrungen zur Polizei vorgeladen werden. Außerdem wird die Möglichkeit zur Abnahme von Fingerabdrücken und von DNA-Proben ausgeweitet. Teil des Pakets sind überdies die strengere Ahndung von aggressivem Verhalten gegenüber der Polizei, eine organisatorische Bündelung der Einsatzzentralen der Exekutive sowie erhöhte Sicherheitsvorkehrungen in Amtsgebäuden des Innenministeriums.

Abgelehnt wurde das Gesetzespaket lediglich von den Grünen. die Wiener Bundesrätin Ewa Dziedzic stößt sich unter anderem daran, dass künftig bereits dann eine Strafe wegen Störung der öffentlichen Ordnung droht, wenn man in der Öffentlichkeit ein Verhalten setzt, "das geeignet ist, berechtigtes Ärgernis zu erregen". Anders als bisher sei eine besonders rücksichtslose Verhaltensweise nicht mehr erforderlich. Zudem habe die Polizei in Hinkunft die Möglichkeit, als störend empfundene Personen wegzuweisen bzw. ein allgemeines aggressives Verhalten gegenüber den ExekutivbeamtInnen zu ahnden. Das, was für die einen Prävention sei, könne auch zu Repressionen führen, warnte Dziedzic. In diesem Sinn hinterfragte die Bundesrätin auch die Sinnhaftigkeit von Meldepflichten und behördlichen Belehrungen über rechtskonformes Verhalten für bestimmte Tätergruppen.

Kein Verständnis für die Argumentation von Dziedzic äußerte Gerhard Schödinger (V/N). Er wies unter anderem auf gute Erfahrungen mit Meldepflichten und Gefährderansprachen bei der Bekämpfung der Hooligan-Szene hin. Bevor man ein aggressives Verhalten gegenüber der Polizei ahnde, müsse man zudem eine Ermahnung aussprechen, gab er zu bedenken. Ausdrücklich begrüßt wurde von Schödinger auch die zentralisierte Steuerung von Notrufeinsätzen.

Auch Martin Weber (S/St) befürchtet keinen Missbrauch der neuen Befugnisse durch die Polizei. Die SPG-Novelle biete die Möglichkeit, schon bei drohender Gefahr und somit vor einer Straftat einzuschreiten, machte er geltend. Er erwartet sich vom Gesetzespaket ein Mehr an Sicherheit sowohl für die Bevölkerung als auch für die ExekutivbeamtInnen selbst. Webers Kärntner Fraktionskollegin Ana Blatnik hob insbesondere den besseren Schutz von Frauen vor Gewalt hervor und begrüßte es ausdrücklich, dass ein starker Fokus auf präventive Täterarbeit gelegt wird.

Der positiven Bewertung der Präventions-Novelle durch SPÖ und ÖVP schloss sich auch der niederösterreichische FPÖ-Bundesrat Werner Herbert an. Seiner Meinung nach ist das von den Grünen an den Tag gelegte Misstrauen gegenüber die Exekutive nicht angebracht. Besonders begrüßte Herbert, dass es künftig möglich sein wird, Personen in allen Amtsgebäuden des Innenministeriums und somit auch in den Polizeidienststellen das Tragen von Waffen zu untersagen. Für ihn ist das eine wesentliche Maßnahme zum besseren Schutz der Exekutive.

Justizminister Wolfgang Brandstetter hob in Vertretung von Innenminister Wolfgang Sobotka hervor, dass der Rechtsstaat davon lebe, dass er auch durchgesetzt werden kann. Im diesem Sinne hält er auch Repression zur Durchsetzung von Präventionsmaßnahmen für erforderlich, wie er in Richtung der Grünen betonte. Schließlich gehe es um Glaubwürdigkeit. Brandstetter zufolge ist aber in jeder Hinsicht rechtsstaatliche Kontrolle sichergestellt.

Gegen das Gesetzespaket wurde mit Stimmenmehrheit kein Einspruch erhoben.

KZ-Gedenkstätte Mauthausen wird gemeinnützige Bundesanstalt

Ebenfalls mit Stimmenmehrheit passierte das so genannte Gedenkstättengesetz, das die Umwandlung der KZ-Gedenkstätte Mauthausen in eine gemeinnützige Bundesanstalt zum Inhalt hat, die Länderkammer. Ziel der Ausgliederung aus dem Innenministerium ist es, aus der derzeit vorwiegend als Mahnmal fungierenden Gedenkstätte einen professionellen Museumsbetrieb mit umfassender Geschichtsvermittlung und begleitender Forschungstätigkeit zu machen.

Auch gegen diese Gesetzesnovelle gab es nur von Seiten der Grünen Einwände. Ihre Fraktion würde die Auslagerung der Gedenkstätte Mauthausen aus dem Innenministerium zwar begrüßen, hielt Bundesrätin Ewa Dziedzic fest, sie bemängelt aber, dass die neue Bundesanstalt in direkter Abhängigkeit des Innenministeriums bleibt. Ihr zufolge besteht außerdem die Gefahr, dass die chronische Unterfinanzierung der Gedenkstätte – trotz aller Bekenntnisse der Regierung zur Finanzierung – mangels gesetzlicher Verbindlichkeit fortgeschrieben wird. Gewünscht hätte sich Dziedzic außerdem die Berücksichtigung des Nebenlagers Gusen im Namen der Gedenkstätte.

Ausdrücklich begrüßt wurde die Gesetzesvorlage hingegen von den BundesrätInnen Georg Hammerl (V/St), Michael Lindner (S/O) und Daniela Gruber-Pruner (S/W). Es sei wichtig, gegen das Vergessen anzukämpfen, bekräftigte Hammerl. Man müsse sich stets vor Augen halten, zu welchen Taten Menschen fähig seien. Mauthausen sei ein sichtbares Mahnmal. Nach Meinung von Hammerl ist auch eine weitgehende Unabhängigkeit der Gedenkstätte vom Innenministerium und eine finanzielle Absicherung gewährleistet. Lindner sprach von einer sinnvollen organisatorischen Struktur. Der oberösterreichische SPÖ-Bundesrat ging auch ausführlich auf die Geschichte der Gedenkstätte ein und bekräftigte, Österreich übernehme die politische und finanzielle Verantwortung für die notwendige Erinnerungsarbeit.

Ein Besuch der Gedenkstätte Mauthausen könne ein Leben verändert, ist Gruber-Pruner überzeugt. Sie habe Mauthausen erstmals als Schülerin besucht, schilderte sie, das Erlebnis sei ihr nachdrücklich in Erinnerung geblieben. Sorge bereitet Gruber-Pruner der aktuell zu verzeichnende Anstieg von Straftaten mit einem rechtsextremen bzw. fremdenfeindlichen Hintergrund.

Justizminister Wolfgang Brandstetter wies darauf hin, dass die Gedenkstätte erstmals auf eine gesetzliche Grundlage gestellt wird. Er bedauerte in diesem Sinn, dass es keinen Konsens über den vorliegenden Gesetzentwurf gibt. Brandstetter wertete es als eindrucksvoll, was in den letzten Jahren in Mauthausen geleistet wurde. (Fortsetzung Bundesrat) gs


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