Parlamentskorrespondenz Nr. 1035 vom 05.10.2016

Rupprechter kündigt rasche Umsetzung von Entlastungen für die Landwirtschaft an

Landwirtschaftsausschuss debattiert über Grünen Bericht und Wildschadensbericht

Wien (PK) – Nachdem der Grüne Bericht nun bereits zum vierten Mal in Folge einen Einkommensrückgang in der heimischen Land- und Forstwirtschaft ausweist, beherrschte die Sorge um die Zukunft der österreichischen Bäuerinnen und Bauern die Debatten in der heutigen Sitzung des Landwirtschaftsausschusses. Bundesminister Andrä Rupprechter sprach von einer dramatischen Entwicklung, meinte aber, mit der freiwilligen Lieferrücknahme bei Milch oder der Exportoffensive habe man entscheidende Maßnahmen zur Gegensteuerung gesetzt und sei auf dem richtigen Weg. Die innerhalb der Koalition bereits akkordierte Sistierung der Sozialversicherungsbeiträge im 4. Quartal für die landwirtschaftlichen Bertriebe werde zudem noch im Herbst legistisch umgesetzt.

Auf der Tagesordnung stand überdies der aktuelle Wildschadensbericht, der einmal mehr die negativen Einflüsse von Wildverbiss und Schälschäden auf den Bestand des österreichischen Walds dokumentiert. Hier setzt Rupprechter vor allem auf den mit der Mariazeller Erklärung gestarteten Forst-Jagd-Dialog und auf Bewusstseinsbildung durch Erhebungen im Rahmen der Waldinventur.

Landwirtschaftliche Einkommen zum vierten Mal in Folge rückläufig

Dass die Situation für Österreichs Bäuerinnen und Bauern unverändert angespannt bleibt, zeigt ein Blick auf die Daten des Grünen Berichts (III-307 d.B.) und des daran angeschlossenen Berichts über die Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft (III-308 d.B.). Demnach sanken 2015 die Durchschnittseinkommen der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe um 17% - der vierte Einkommensrückgang in Folge - , wobei die Einbußen mit einem Minus von 23% bei den Bergbauernbetrieben besonders hoch ausfielen. Begründet wird dies vor allem mit der schwierigen Marktlage bei Milch und Schweinen, aber auch mit geringeren Erntemengen bei Sommergetreide als Folge der Dürre. Positive Meldungen kamen lediglich von den Exportmärkten, wo die heimische Landwirtschaft vor allem mit ihrer hohen Qualität punkten konnte und mit einer  überdurchschnittlichen Steigerung der Ausfuhren gute Figur machte. 

SPÖ will Bergbauernbetriebe und Nebenerwerb stärker fördern

Für die beiden SPÖ-Abgeordneten Erwin Preiner und Marianne Gusenbauer-Jäger ergibt sich aus der Einkommenssituation in der Landwirtschaft nun vor allem die Notwendigkeit von Maßnahmen für Bergbauernbetriebe, kleine Betriebe und NebenerwerbslandwirtInnen. Der Agrarsprecher der SPÖ forderte auch einen weiteren Ausbau der Biofläche und schlug überdies vor, Mittel von der 1. Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik in die 2. Säule – die ländliche Entwicklung – umzuschichten und insgesamt den Faktor Arbeit bei den Förderungen stärker zu berücksichtigen. Seine Fraktionskollegin Gabriele Heinisch-Hosek wies auf die große Bedeutung von Frauen in der landwirtschaftlichen Betriebsführung hin und plädierte dafür, künftig mehr Augenmerk auf die sozialen Dienste im ländlichen Raum zu lenken. Hermann Lippitsch (S) will zudem bei der landwirtschaftlichen Investitionsförderung ansetzen, Walter Schopf (S) wiederum zeigte sich irritiert über die großen Unterschiede bei der Höhe der Agrarförderungen.

ÖVP setzt auf Maßnahmen auf dem Milchmarkt

Hermann Schultes von der Volkspartei führte die Einkommenseinbußen auf den Verfall der Marktpreise im Gefolge der internationalen Krise zurück und zog daraus den Schluss, Wertschöpfung könne Österreichs Landwirtschaft nur noch durch hohe Qualität erzielen, der Motor sei hier der Export. Viel Lob fand er für die Maßnahmen Rupprechters im Milchbereich. Allein die freiwillige Lieferrücknahme habe bereits zu einem leichten Anstieg der Preise geführt. Entlastungen für die LandwirtInnen erwartet sich Schultes insgesamt auch von der Streichung des Sozialversicherungsbeitrags für das letzte Jahresquartal. Ein Dorn im Auge ist dem ÖVP-Mandatar allerdings die Besteuerung des Agrardiesels, die seiner Einschätzung nach Wettbewerbsnachteile für die heimischen Betriebe nach sich zieht. Franz Eßl (V) pflichtete ihm bei und forderte Entlastungen für die Bäuerinnen und Bauern, wobei er neben Kosten auch bürokratische Hemmnisse im Visier hatte.

FPÖ fordert Umschichtung der Agrarförderungen

Harald Jannach (F) forderte Rupprechter auf, endlich Klarheit über die angekündigte Befreiung der landwirtschaftlichen Betriebe von den Sozialversicherungsbeiträgen für das vierte Quartal zu schaffen. Alarmiert reagierte der Landwirtschaftssprecher der FPÖ auch auf die immer stärker auseinander klaffende Schere zwischen Bergbauernbetrieben und den übrigen Betriebsformen. Er kritisierte in diesem Zusammenhang die Gestaltung der Agrarförderungen und stellte fest, den Großteil des Geldes würden derzeit die großen Betriebe erhalten. Bei der Erhebung der landwirtschaftlichen Einkommen vermisste Jannach ebenso wie Grünen-Rechnungshofsprecherin Gabriela Moser einheitliche statistische Parameter.

Grüne kritisieren Kürzung der ÖPUL-Zahlungen

Wolfgang Pirklhuber (G) begrüßte den freiwilligen Lieferverzicht bei Milch als großen Erfolg des auf Initiative des Parlaments abgehaltenen Milchdialogs, gab aber zu bedenken, die von ÖVP-Abgeordnetem Schultes hervorgehobenen Preissteigerungen bei Milch seien nach wie vor äußerst gering und würden in keinem Verhältnis zum vorangegangenen Einbruch stehen. Für die Einkommenseinbußen in der Landwirtschaft machte Pirklhuber aber auch die deutlichen Kürzungen der Zahlungen für das Agrarumweltprogramm ÖPUL verantwortlich und erneuerte die diesbezügliche Kritik seiner Fraktion. Er riet Rupprechter überdies, den von der EU eingeräumten Spielraum auszuschöpfen und die ersten 30 Hektar stärker zu fördern.

Team Stronach gegen Agrarimporte, NEOS für Mengenrücknahme bei Milch

Team Stronach-Mandatar Leopold Steinbichler verband seine Klage über den Preisverfall bei Schweinen und Milch auch mit schweren Bedenken gegen den Import von landwirtschaftlichen Produkten und prangerte einmal mehr die Substitution von tierischen Fetten durch Palmöl an.

Für Josef Schellhorn von den NEOS sind die Einkommensrückgänge vor allem eine Folge der schlechten Weltmarktpreise. Bei der Milch empfahl er, die Kapazitäten zurückzufahren und neue Nischen zu suchen. Steuerungsmaßnahmen sind nach Ansicht Schellhorns aber auch beim Zucker notwendig, um nicht einen Preisverfall wie bei der Milch zu riskieren.

Ruprechter: Aussetzen der Sozialversicherungsbeiträge wird 2017 nicht zu Beitragserhöhungen führen

Wir haben bereits auf die dramatische Lage in der Landwirtschaft reagiert, betonte Bundesminister Andrä Rupprechter und erinnerte an Maßnahmen wie die Exportoffensive, die Förderung der Hagelversicherung, die Ernteversicherung sowie das Marktentlastungspaket auf EU-Ebene für Schweine und Milch. Große Bedeutung misst der Ressortchef in diesem Zusammenhang der freiwilligen Lieferrücknahme bei der Milch zu, wo allein schon der Beschluss zu einer Reaktion auf den Rohstoffbörsen geführt habe. Erleichterungen für die Bäuerinnen und Bauern erwartet sich Rupprechter auch durch die Aussetzung der Sozialversicherungsbeiträge für das letzte Quartal 2016, wobei er noch für diesen Herbst die entsprechende legistische Umsetzung ankündigte. Finanziert soll diese Maßnahme durch Auflösung der Reserven in der Krankenversicherung werden. Ab Jänner 2017 ist aber wieder eine Befüllung dieser Reserven geplant. Rupprechter geht davon aus, dass dies nicht durch eine Erhöhung der Beiträge, sondern durch entsprechendes Wirtschaften in der Krankenversicherung möglich sein wird.

Rupprechter bekennt sich zu CETA

Der Minister sah sich in der Debatte auch mit heftiger Kritik der Abgeordneten an seiner positiven Haltung zu CETA konfrontiert. So vermisste etwa Wolfgang Pirklhuber (G) eine Verankerung des Vorsorgeprinzips in dem EU-Freihandelsabkommen mit Kanada, während Leopold Steinbichler (T) an die von Rupprechter genannten "roten Linien" erinnerte. Für Gerald Hauser (F) stellte sich die Frage, wozu überhaupt Österreichs Landwirtschaft überhaupt den kanadischen Markt brauche. Rupprechter bekannte sich ausdrücklich zum Freihandel und meinte, gerade für die österreichische Landwirtschaft sei es wichtig und notwendig, neue Märkte zu bearbeiten. CETA bezeichnete er als gut ausverhandeltes Abkommen, schränkte aber ein, er sei nicht mit allem hundertprozentig zufrieden. Zu den "rote Linien"  hielt er fest, Lebensmittelsicherheit, Versorgungsprinzip und das Right to Regulate seien im Vertrag verankert, dies gelte auch für die Absicherung der geografischen Herkunftsbezeichnungen.

Die beiden Berichte wurden schließlich mit den Stimmen der Regierungsparteien und der NEOS zur Kenntnis genommen.

Wildschäden: Ministerium setzt auf Dialog zwischen Forst und Jagd

Bei den Wildschäden ist es zu keiner substanziellen Verbesserung der Lage gekommen. Konkrete Zahlen werden zwar erst nach Abschluss der Waldinventur 2018 vorliegen, der Grundtenor des aktuellen Wildschadensberichts (III-301 d.B.) lässt aber bereits erkennen, dass die Beeinträchtigung des heimischen Waldes durch das Wild nach wie vor Anlass zur Sorge bereitet.

Von den Abgeordneten Harald Jannach (F) und Josef Schellhorn (N) auf den dringenden Handlungsbedarf angesprochen, gab Bundesminister Andrä Rupprechter zu bedenken, Maßnahmen zum Schutz des Waldes seien in der Kompetenz der Länder. Der Bund werde aber weiterhin im Rahmen seiner Zuständigkeiten zur Lösung der Problematik beitragen. Der Minister setzt dabei insbesondere auf den mit der Mariazeller Erklärung angestoßenen Forst-Jagd-Dialog, erwartet sich aber auch positive Auswirkungen durch die nunmehr permanent durchgeführten Erhebungen des Waldzustands.

Auch dieser Bericht wurde mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und NEOS zur Kenntnis genommen. (Fortsetzung Landwirtschaftsausschuss) hof