Parlamentskorrespondenz Nr. 1049 vom 07.10.2016

Parlament: TOP im Nationalrat am 12. Oktober 2016

Budgetrede, Hypo-Untersuchungsausschuss, CETA und TTIP, Ingenieurgesetz sowie Petitionen und Bürgerinitiativen

Wien (PK) – Die Plenarwoche beginnt mit einem Höhepunkt – der Budgetrede des Finanzministers, die Erste Lesung des Budgetentwurfs ist dann für Donnerstag vorgesehen. Konfliktpotential haben die weiteren Themen an diesem Tag: Der Bericht des Hypo-Untersuchungsausschusses und der Bericht des Rechnungshofs zur Verstaatlichung der Bank sowie die beiden Freihandelsabkommen CETA und TTIP. Mit wirtschafts-, hochschul- und forschungspolitischen Themen geht der Tag weiter und schließt mit Petitionen und Bürgerinitiativen ab.

Budgetrede des Finanzministers

Finanzminister Hans Jörg Schelling stellt mit seiner Budgetrede seinen Vorschlag für den Bundeshaushalt 2017 dem Plenum des Nationalrats vor. Eine erste Debatte darüber ist im Plenum am Donnerstag vorgesehen, bevor sich der Budgetausschuss im Detail mit der "in Zahlen gegossenen Regierungspolitik" befasst.

Hypo-Untersuchungsausschuss zieht Bilanz – Rechnungshof legt Bericht über die Verstaatlichung der Hypo vor

Der Hypo-Untersuchungsausschuss legt nun seinen Bericht vor. In 79 Sitzungen haben die Ausschussmitglieder unter Leitung von Nationalratspräsidentin Doris Bures die Causa Hypo-Alpe Adria durchleuchtet. Die Sitzungen dauerten insgesamt 670 Stunden, in denen 142 Befragungen von 124 Auskunftspersonen stattgefunden haben. Das Stenographische Protokoll zum Ausschuss ist mehr als 10.000 Seiten dick und die Mitglieder des Ausschusses konnten für ihre Untersuchungstätigkeit auf Akten und Unterlagen zum Untersuchungsgegenstand im Umfang von rund 16 Millionen A4-Seiten zurückgreifen. Der Bericht inklusive der sechs Fraktionsberichte umfasst mehr als 1000 Seiten. Es ist mit einer durchaus kontroversen Debatte zu rechnen.

Der Ausschuss wurde am 25. Februar 2015 eingesetzt, er ist der längste der vergangenen zehn Jahre und der erste Untersuchungsausschuss, der nach den neuen Regeln der im Dezember 2014 von SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grünen und NEOS beschlossenen Verfahrensordnung abgehalten wird und damit weitgehend auf Minderheitsrecht basiert.

Nach dem neuen Regelwerk führt nun die Nationalratspräsidentin den Vorsitz, es gibt einen Verfahrensrichter und bei unterschiedlichen Rechtspositionen und strittigen Fragen können der Verfassungsgerichtshof (VfGH), das Bundesverwaltungsgericht oder die Mitglieder der Volksanwaltschaft (als Schiedsstelle) befasst werden.

Bei ihrer Bilanz Ende Juni 2016 betonte Nationalratspräsidentin Doris Bures, die Premiere für die neue Verfahrensordnung sei gelungen und der Untersuchungsausschuss als wichtigstes Instrument der parlamentarischen Kontrolle sei gestärkt worden. Das Regelwerk habe sich bewährt und stelle eine stabile Basis für kommende U-Ausschüsse dar.

Auch Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker hat dem Nationalrat einen brisanten Prüfbericht vorgelegt: Neben dem Hypo-Untersuchungsausschuss hat sich nämlich auch der Rechnungshof in einer Sonderprüfung mit dem Bankenskandal Hypo Alpe Adria befasst, der im zuständigen Ausschuss ausführlich diskutiert und dem Plenum einstimmig zur Annahme empfohlen wurde.

Im Mittelpunkt dabei stand die Verstaatlichung im Dezember 2009. Der Rechnungshof beziffert die Kapitalkosten bis Mitte 2014 mit 4,35 Mrd. € und die Haftungen mit 1,2 Mrd. €. Definitiv abschätzbar wird das ganze Ausmaß des Finanzdesasters erst nach Ende der Heta-Abwicklung sein, so die Prüfer. Der Vorwurf des Rechnungshofs richtet sich vor allem an die interne Kontrolle, die Bankenaufsicht durch Nationalbank und Finanzmarktaufsicht: Sie sei unzureichend gewesen, so das Fazit. Die Nationalbank habe dem Finanzressort eine ungenügende Entscheidungsgrundlage vorgelegt und das Ministerium habe diese nicht ausreichend konkretisiert. Die Österreichische Finanzmarktaufsicht wiederum habe es verabsäumt, die ihr zur Verfügung stehenden Aufsichtsmaßnahmen angemessen und im erforderlichen Ausmaß zu nutzen.

Der Rechnungshof hat in diesem Zusammenhang auch zahlreiche Empfehlungen ausgesprochen. Ganz oben auf der Liste steht ein Verbot für Gebietskörperschaften, Haftungen zu übernehmen, die ihre wirtschaftliche Tragfähigkeit übersteigen und den Bund in eine wirtschaftliche Zwangslage führen können. Auch sei die Zusammenarbeit der für die Finanzmarktstabilität verantwortlichen Institutionen zu verbessern.

Die Freihandelsabkommen der EU und ihrer Mitgliedstaaten mit Kanada und den USA (CETA und TTIP)

CETA, das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada, geht in die Endrunde, die unterschiedlichen Einschätzungen bleiben bestehen. Das zeigte auch die Parlamentarische Enquete vom 14. September 2016 zum Thema CETA und TTIP, bei der Expertinnen und Experten sowie EU-Kommissarin Cecilia Malmström zu Wort kamen. Das Stenografische Protokoll der Enquete liegt nun auch dem Plenum vor, mit der Fortsetzung der bislang teilweise sehr hitzigen Auseinandersetzung ist angesichts des nahenden Unterzeichnungstermins zu rechnen.

Vor allem FPÖ, Grüne und Team Stronach hegen noch immer große Bedenken und lehnen CETA entschieden ab. Die ebenfalls skeptische SPÖ ortet jedoch nach den verbindlichen Zusatzerklärungen (legally binding declarations) entscheidende Bewegung. Bundeskanzler Christian Kern hat nach seinen Gesprächen mit EU-Parlamentspräsident Martin Schulz und Kommissionspräsident Jean Claude Juncker im Bundesrat betont, man werde den Text der Zusatzerklärung nüchtern analysieren. Der ausverhandelte Zusatztext sei nicht als Vorwort zu verstehen, sondern sollte die Qualität einer bindenden Erklärung haben. ÖVP und NEOS sprechen von einem gut ausverhandelten Abkommen.

Versorgungssicherungsgesetz wird bis 2026 verlängert

Mit Stimmeneinhelligkeit legte der Wirtschaftsausschuss dem Plenum das Versorgungssicherungsgesetz zur Annahme vor. Es schafft eine rechtliche Grundlage für Lenkungsmaßnahmen der öffentlichen Hand zur Versorgung der Bevölkerung mit Gütern in außerordentlichen Krisenfällen und wurde bisher immer mit einer zeitlichen Befristung beschlossen. Da es mit Jahresende außer Kraft treten würde, soll die Geltungsdauer nun für weitere 10 Jahre bis 31.12.2026 verlängert werden.

Mineralrohstoffgesetz bringt Anpassungen an das EU-Recht

Mit einer einstimmigen Beschlussfassung ist auch in Bezug auf die Änderungen im Mineralrohstoffgesetz zu rechnen. Dabei handelt es sich um Anpassungen an die EU-Richtlinie über die geologische Speicherung von Kohlendioxid und enthält vor allem technische Klarstellungen sowie eine gesetzliche Definition des Begriffs Kohlenstoffdioxidstrom.

Maschinen-Inverkehrbringungs- und Notifierungsgesetz wird ebenfalls an EU-Recht angepasst

An EU-Bestimmungen angepasst wird auch das Maschinen-Inverkehrbringungs- und Notifierungsgesetz, das das Inverkehrbringen, die Bereitstellung auf dem Markt, die Inbetriebnahme und die Marktüberwachung von technischen Produkten wie Aufzügen, Sportbooten oder Geräten zur Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen regelt. Konkret werden durch die Änderungen nun Verordnungen der Union in die österreichische Rechtsordnung umgesetzt, die persönliche Schutzausrüstungen bzw. Geräte zur Verbrennung gasförmiger Brennstoffe betreffen. Auch hier gab es im zuständigen Wirtschaftsausschuss keinerlei Einwände.

Ingenieurgesetz - Standesbezeichnung IngenieurIn wird Bachelor gleichgestellt

Die Standesbezeichnung Ingenieurin bzw. Ingenieur wird jährlich rund 5.000 mal vergeben und ist von der heimischen Wirtschaft anerkannt und geschätzt. Um allerdings auch auf europäischer Ebene in den entsprechenden Qualifikationsrahmen aufgenommen und damit international besser vergleichbar zu werden, fehlen einige Elemente, die nun das vorliegende Ingenieurgesetz 2017 nachreicht. Im Wesentlichen geht es dabei um einheitliche Standards für die Beurteilung der zur Verleihung des Titels erforderlichen Praxis und die Schaffung eines diesbezüglichen Zertifizierungsverfahrens, das den Vorgaben des Österreichischen und des Europäischen Qualifikationsrahmens entspricht.

Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz

Ziel der Novelle zum Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz ist es, eine einheitliche Vertretung aller Studierenden zu schaffen. Die Möglichkeit von vorgezogenen Wahltagen für berufsbegleitende Studien und duale Studiengänge soll zudem die Wahlbeteiligung stärken. Neu geregelt werden in diesem Zusammenhang nun auch verschiedene Bestimmungen der Durchführung von ÖH-Wahlen, wie etwa die Ausstellung einer Wahlkarte und die Stimmabgabe mit Wahlkarte. Im Falle von Wahlwiederholungen gibt es keine Briefwahl mehr. Mit der Novelle werden auch Festlegungen über die Einhebung von ÖH-Beiträgen und für erhöhte Transparenz bei deren Verwendung getroffen. Jahresvoranschlag und Jahresabschluss samt dem schriftlichen Ergebnis einer Wirtschaftsprüfung müssen in Zukunft auf der Homepage der ÖH veröffentlicht werden.

Eine Debatte über die Pflichtmitgliedschaft von Studierenden in der ÖH ist aufgrund des Antrags der Freiheitlichen zu erwarten. Mit einer Annahme im Plenum ist aber nicht zu rechnen, obwohl Freiheitliche und NEOS die Pflichtmitgliedschaft für überholt halten und auch das Team Stronach der ÖH gegenüber in der derzeitigen Form kritisch eingestellt ist.

Anträge der Koalition sowie der Grünen und der FPÖ zum Breitbandausbau

Der Breitbandausbau – vor allem auch in ländlichen Regionen – wird von den PolitikerInnen immer wieder gefordert und forciert, da damit auch wirtschaftliche und beschäftigungspolitische Chancen einhergehen. Daher kann die Regierung mit breiter Unterstützung durch alle Fraktionen rechnen, wenn es um den Breitbandausbau geht. Entsprechende Initiativen hat nun der Forschungsausschuss dem Plenum vorgelegt.

So verlangen SPÖ und ÖVP in einem Entschließungsantrag eine Evaluierung des bisherigen Vollzugs des Masterplans und einen Bericht zur Breitbandförderung, um Optimierungsmöglichkeiten zu finden.

Ergänzt wird diese Initiative durch drei Anträge der Opposition, die jedoch im Ausschuss keine Mehrheit fanden. Die Grünen drängen in zwei Anträgen auf Maßnahmen der Bundesregierung zur Absicherung des Breitbandausbaus und präzisieren dieses Anliegen mit der Aufforderung an den Finanzminister, der Verwendung von Mitteln aus der "Digitalen Dividende", die derzeit als Rücklage in der Höhe von 1 Mrd. € im Budget des BMVIT eingestellt sind, für die rasche Umsetzung der Breitbandoffensive zuzustimmen. 

Auf die lokale Ebene führt die FPÖ-Initiative, nach wie vor bestehende Lücken bei der flächendeckenden Breitbandversorgung zu schließen. Konkret wird ein Zugang zu leistungsstarkem Internet für die Gemeinde Hasendorf im Bezirk Tulln gefordert.

NEOS verlangen Netzministerium und Forschungsfinanzierungsgesetz

Die Initiative der NEOS rundet den Forschungsblock ab. Sie machen einen Vorstoß in Richtung eines eigenen "Netzministeriums" und beantragten ein Forschungsfinanzierungsgesetz. Darin unterstreichen sie, Österreich müsse sich den Herausforderungen der Digitalisierung stellen und den Wandel aktiv gestalten. Eingemahnt wird von der Bundesregierung ein Konzept "Digital Nation – Österreich 2.0".

Petitionen und Bürgerinitiativen

Vielfältig sind die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger – das zeigt einmal mehr der Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen. Auch CETA und TTIP waren aufgrund von neun Petitionen österreichischer Städte und Gemeinden Thema des Ausschusses.

Die Ausschussmitglieder können sich auch über die breite Akzeptanz der Möglichkeit freuen, auf der Homepage des Parlaments Petitionen und Bürgerinitiativen online zu unterstützen. Dieses Instrument gibt es seit dem 4. Oktober 2011 und wurde auch intensiv genutzt. Bis dato wurden auf diese Weise mehr als 750.000 Zustimmungserklärungen abgegeben. Am stärksten mobilisieren konnte dabei die Causa Hypo-Alpe-Adria, insgesamt 141.600 Personen forderten die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Ähnlich groß war das Interesse für die Bürgerinitiative "Stoppt die Vorratsdatenspeicherung"; mit 101.600 BefürworterInnen liegt sie am zweiten Platz der Reihung. (Schluss) jan