Parlamentskorrespondenz Nr. 1164 vom 04.11.2016

Parlament: TOP im Nationalrat am 9. November 2016

Gewerbeordnung, die EU nach CETA, Sicherheitsbericht, Open Innovation Strategie, Tourismus, Rechnungshofberichte

Wien (PK) – Die jüngste Einigung über eine Reform der Gewerbeordnung und die Hinterfragung des EU-Entscheidungsprozesses rund um CETA leiten den ersten Plenartag ein. Team Stronach und NEOS haben entsprechende Themen für die Aktuelle Stunde und die Aktuelle Europastunde vorgelegt.

Diskussionsstoff über die sicherheitspolitische Lage in Österreich liefert der Sicherheitsbericht 2015. Um fit für den globalen Wettbewerb zu werden, will die Regierung neue Wege in der Innovationsstrategie gehen. Auch dazu liegt ein Bericht vor. Zudem soll mit den Bestpreisklauseln auf Buchungsplattformen Schluss gemacht werden, der Nationalrat entscheidet über eine entsprechende Gesetzesvorlage. Ein kritischer Rechnungshofbericht zum Thema Burgtheater beschäftigt ebenfalls die Abgeordneten. Der Rechnungshof hält auch die rechtliche Ausgestaltung seiner Prüfkompetenz im Zusammenhang mit der Kontrolle der Parteienfinanzierung und der Medientransparenz für unzureichend und beklagt zudem mangelnde personelle Ressourcen. Den Abschluss bilden an diesem Tag Materien aus dem Justizbereich, unter anderem eine Novelle zur Exekutionsordnung.

Aktuelle Stunde zur Gewerbeordnung

Der Nationalrat startet mit einer Aktuellen Stunde, die diesmal einem Wirtschaftsthema, konkret der Gewerbeordnung, gewidmet ist. Die Regierungsparteien haben sich kürzlich mit den Sozialpartnern auf eine Reform der Gewerbeordnung geeinigt. Das Team Stronach sieht diesen Kompromiss äußerst kritisch und stellt die Aktuelle Stunde unter den Titel: "Gewerbeordnung: Rot-Schwarze Kammerinteressen vernichten Arbeitsplätze und Wirtschaftsimpulse".

Aktuelle Europastunde zu Lehren aus CETA

Mit Wirtschaft geht es weiter. Die NEOS nehmen die schwierigen Verhandlungen im Endspurt um die Unterschrift aller Mitgliedstaaten unter den Freihandelsvertrag zwischen der Europäischen Union (EU)  und Kanada (CETA) zum Anlass, grundsätzlich über die Struktur der EU zu diskutieren. Sie haben daher als Thema für die Aktuelle Europastunde "Die Lehren aus CETA: Warum Europa eine Republik werden muss" vorgeschlagen.

Sicherheitsbericht 2015

An der Spitze der Tagesordnung steht der Sicherheitsbericht 2015. Im vergangenen Jahr ist die Zahl der angezeigten Straftaten zurückgegangen, gleichzeitig stieg die Aufklärungsquote. Unter anderem gingen Wohnungseinbrüche und Kfz-Diebstähle zurück. Es gab aber auch negative Ausreißer bei einzelnen Deliktgruppen: So nahmen etwa rechtsextremistische und fremdenfeindliche Taten sowie Straftaten im Bereich Cyberkriminalität deutlich zu. Insgesamt wurden 2015 517.870 Fälle zur Anzeige gebracht, das sind um 1,9% weniger als 2014. Gleichzeitig stieg die Aufklärungsquote auf 44%. Ein leichtes Minus gab es auch bei den Verurteilungen, wobei Vermögensdelikte weiter an der Spitze standen. Innenminister Sobotka führt dies nicht zuletzt auf die Präventionsarbeit der Polizei zurück, auch wenn "das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht ist", wie er im Innenausschuss sagte.

Ob sich 2016 der positive Trend fortsetzt, ist laut Sobotka allerdings fraglich. Aktuelle Daten von 2016 zeigen, dass die Zahl der AsylwerberInnen unter den ermittelten Tatverdächtigen steigt. Demnach wurden bisher 17.869 tatverdächtige AsylwerberInnen ausgeforscht, was einem Anteil von 8,4% an der Gesamtzahl der Tatverdächtigen bzw. einem Anteil von 21% an den ausländischen Tatverdächtigen entspricht. Eine besondere Herausforderung für das Innenministerium stellt auch die Cyberkriminalität dar. Dem Innenministerium fehlten die notwendigen technischen und rechtlichen Voraussetzungen, um mit den Tätern auf gleicher Augenhöhe operieren zu können, betonte Sobotka im Ausschuss und plädierte in diesem Zusammenhang erneut für den Einsatz eines "Bundes-Trojaners".

Das Innenministerium weist im Bericht darauf hin, dass immer mehr Polizeiressourcen durch Demonstrationen gebunden werden. Die Zahl der angezeigten Demonstrationen in Österreich ist demnach im vergangenen Jahr von rund 11.800 auf mehr als 16.000 gestiegen.

Was die vom Justizministerium zum Sicherheitsbericht beigesteuerten Zahlen betrifft, gab es Justizminister Wolfgang Brandstetter zufolge 2015 in Bezug auf das Verhältnis von Verfahrenseinstellungen, Diversionen, Verurteilungen und Freisprüchen keine Auffälligkeiten. Allerdings steigt der Anteil der AusländerInnen an den Häftlingszahlen immer weiter an. Bereits 60% der Haftinsassen sind mittlerweile Nicht-ÖsterreicherInnen. Dagegen ist der Frauenanteil mit 5,9% relativ niedrig.

Bewährt hat sich laut Brandstetter die Jugendgerichtshilfe. Die Zahl der jugendlichen U-Häftlinge konnte stark reduziert werden. Aktuell bereiten dem Minister aber Kapazitätsprobleme und der deutliche Anstieg des Aggressionspotenzials in Haftanstalten erhebliche Sorgen.

Open Innovation Strategie der Bundesregierung

Um fit für den globalen Wettbewerb zu werden, hat die Bundesregierung eine nationale Open Innovation Strategie erarbeitet. Diese ist darauf ausgerichtet, über die Grenzen der Disziplinen, Branchen und Institutionen hinweg Innovationsmodelle zu entwickeln und dabei vor allem die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, aber auch die Zivilgesellschaft einzubeziehen und – etwa durch neue Zugänge für Innovationspartnerschaften - auch abseits der gewohnten Pfade nach Lösungen Ausschau zu halten.

Dies unterstreicht auch der Bericht der Bundesregierung über die Open Innovation Strategie, der als nächstes auf der Tagesordnung steht. Die Einbindung neuer zivilgesellschaftlicher AkteurInnen bringt neue, wertvolle Lösungsideen und ist somit ein logischer Schritt, mit dem die Innovationsfähigkeit des Systems erhöht und das immanente Risiko des Scheiterns reduziert werden kann, heißt es darin. Als eines der zentralen Handlungsfelder spricht der Bericht den Kulturwandel an, deshalb sei es notwendig, Open Innovation-Prinzipien bereits in Kindergärten und Schulen zu verankern und gleichzeitig für Erwachsene Trainings und Kurse anzubieten, in denen spezifische Open Innovation-Kompetenzen und Methodenwissen vermittelt werden. Gefragt seien aber auch neue, intelligente Zugänge, um die Vernetzungs- und Kooperationsfähigkeiten zu erhöhen. Die Vorschläge reichen dabei von einer Basisinfrastruktur, die neue Innovationspartnerschaften – dies auch mit unüblichen PartnerInnen – ermöglicht, bis zur Schaffung einer entsprechenden intensiv betreuten Plattform zur Anwendung von Open Innovation-Methoden für die Lösung gesellschaftlicher Probleme. Für Klein- und Mittelbetriebe wird ein systematischer Zugang zu Open-Innovation-Methoden und –Angeboten jedenfalls als unumgänglich eingeschätzt.

Verbot von Bestpreisklauseln bei Buchungsplattformen

Die Praxis von Buchungsplattformen, gegenüber den von ihnen angebotenen Hotels Bestpreisklauseln einzufordern, sollen in Hinkunft nicht mehr erlaubt sein. Kein Vermieter soll mehr bestraft werden können, wenn er auf seiner eigenen Homepage einen günstigeren Preis als die Buchungsplattform anbietet. So sieht es die Novelle des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vor, den der Tourismusausschuss dem Plenum mit einstimmigem Votum vorlegt. Ziel ist es, zu verhindern, dass die wettbewerbliche Betätigungsfreiheit eines Beherbergungsunternehmens nachhaltig beeinträchtigt wird. Bisher konnten Buchungs- und Vergleichsplattformen im Wege von Bestpreisklauseln den Hotels untersagen, auf anderen Vertriebswegen oder auf der eigenen Homepage günstigere Preise anzubieten, wodurch die freie Preisbildung beeinträchtigt wurde.  

Miterledigt wird ein Antrag aller Oppositionsparteien, in dem faire Spielregeln und Wettbewerbsbedingungen im Tourismusvertrieb gefordert werden.

Kritischer Rechnungshofbericht über das Burgtheater

Zum Thema Burgtheater liegt dem Hohen Haus nun eine weiterer Rechnungshofbericht vor. Wie darin festgehalten wird, gab es eine lange Reihe von Regelverstößen, die das Theater in eine bedrohliche ökonomische Schieflage brachten. Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker kündigte im Ausschuss eine Follow-Up-Prüfung an.

Die Prüfung der Burgtheater GmbH bezieht sich auf die Geschäftsjahre 2008/09 bis zum Jahr 2013/14. In diesem Zeitraum hat die Tätigkeit der beiden mittlerweile entlassenen Mitglieder der Geschäftsführung des Burgtheaters dazu geführt, dass das Fremdkapital der Burgtheater GmbH von 11,83 Mio. € (2007/08) auf 30,56 Mio. € (2012/13) stieg. Hatte das Eigenkapital im Geschäftsjahr 2007/08 noch 15,66 Mio. € betragen, war hingegen für 2012/13 ein Minus von 10,29 Mio. € zu verzeichnen. Entgegen ihrer gesetzlich vorgesehenen Verpflichtung hätten die früheren Mitglieder der Geschäftsführung kein entsprechendes Internes Kontrollsystem eingerichtet, so der Bericht. Die Kontroll- und Steuerungsmechanismen des Burgtheaters wie auch der Bundestheater-Holding waren insgesamt unzureichend, sagte RH-Präsidentin Kraker im Ausschuss. Die Burgtheater GmbH zahlte dem früheren künstlerischen Geschäftsführer ab der Vorbereitungszeit 2006 bis zu seiner Entlassung 2014 ca. 2,23 Mio. € aus, ohne dass Auszahlungen immer ein nachvollziehbarer Leistungsgrund zugeordnet wurde. Akonto-Zahlungen an Beschäftigte und WerkvertragsnehmerInnen konnten nicht belegt werden, für 80% dieser Buchungen bzw. 14,62 Mio. € an Auszahlungen lagen keine Belege vor. Die Hauptkasse zahlte im Prüfzeitraum insgesamt 37 Mio. € in bar aus, meist unter Missachtung des Vier-Augen-Prinzips. Eine Insolvenz des Hauses konnte aufgrund der finanziellen Verluste nur mit Mühe abgewendet werden.

Rechnungshof ortet bei Zusammenlegung der Bezirkshauptmannschaften Einsparungspotential

Einsparungspotential ortet der Rechnungshof auch bei der Zusammenlegung von Bezirkshauptmannschaften. Anhand einer diesbezüglichen Prüfung der Länder Niederösterreich und Steiermark empfiehlt der Rechnungshof, bundesweit die Frage der optimalen und angemessenen Größe von Bezirkshauptmannschaften zu evaluieren. RH-Präsidentin Kraker räumte jedoch im Ausschuss ein, dass Regionalpolitik nicht mit Effizienzpolitik gleichgesetzt werden könne.

Rechnungshof kritisiert mangelnde Prüfkompetenz bei Parteifinanzen und beklagt Personalmangel

Einmal mehr stehen aufgrund von Rechnungshofberichten die Sonderaufgaben, die der Rechnungshof (RH) bei der Kontrolle der Parteienfinanzierung, der Medientransparenz und bei der Feststellung außergewöhnlicher Vermögenszuwächse bei Regierungsmitgliedern im Sinne des Unvereinbarkeits‒ und Transparenz‒Gesetzes wahrnimmt, zur Debatte. Zwei Probleme wurden dabei für die Abgeordneten deutlich: Sonderaufgaben binden im Rechnungshof personelle Ressourcen – jährlich 500.000 € laut RH-Präsidentin Margit Kraker - , die für die Erfüllung von Kernaufgaben wie Gebarungsüberprüfungen und Beratung fehlen. Andererseits werden die Kontroll- und Transparenzziele nicht erreicht, weil die gesetzlichen Grundlagen für die Kontrolltätigkeit des Rechnungshofs mangelhaft sind.

Die Prüfer bemängeln vor allem den Umstand, dass der RH in diesen Bereichen im Wesentlichen auf die formale Kontrolle und Veröffentlichung der in den Rechenschaftsberichten enthaltenen Informationen beschränkt ist. Mangels originärer Einschau‒ und Prüfungsrechte könne die Vollständigkeit und Richtigkeit der Inhalte nicht beurteilt werden. Eine inhaltliche Kontrolle durch den RH sei nicht möglich, das Ziel des Gesetzes - Transparenz bei der Finanzierung aller Parteien in Österreich – werde somit nicht erreicht, so das Fazit.

Nur wenige Parteien übermittelten für das Jahr 2013 einen Rechenschaftsbericht, kritisiert der RH-Bericht weiter. Außerdem fehle Transparenz bei den Vermögen der Parteien, beim tatsächlichen Aufwand für Wahlwerbungsausgaben sowie bei der Verwendung der Parteienförderung. Obwohl das Parteiengesetz detaillierte Regelungen über die im Rechenschaftsbericht auszuweisenden Inhalte enthält, war in den Rechenschaftsberichten die Zuordnung der Zahlungen der Parteien zu den gesetzlich vorgegebenen Einnahmen‒ und Ausgabenpositionen sowie die Darstellung der Spendeneinnahmen uneinheitlich und musste in vielen Fällen richtiggestellt werden. Sollte er diese Aufgaben künftig weiter wahrnehmen sollen, verlangt der Rechnungshof daher originäre Einschau‒und Prüfungsrechte und die dafür erforderlichen personellen Ressourcen.

Im Ausschuss wurde seitens der Regierungsparteien zwar eingeräumt, dass eine Nachjustierung notwendig sei, man müsse aber genau überlegen, ob ein staatliches Organ politische Parteien inhaltlich prüfen soll.

Aus diesem Grund wurde auch der Entschließungsantrag der NEOS zum Parteiengesetz abgelehnt. Diese wollen die Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen ausweiten und gegen verbotene Querfinanzierungen und das Umgehen des Spendenannahmeverbots vorgehen.

Handlungsbedarf sieht der Rechnungshof auch beim Medientransparenzgesetz 2012, durch das der RH eine neue zusätzliche Sonderaufgabe erhalten hat. Das Ziel, mehr Transparenz bei Medienkooperationen, Werbeaufträgen und Förderungen zu erreichen, werde nicht erreicht, schreibt der Rechnungshof. Es mangle an der Vollständigkeit und sachlichen Richtigkeit der Meldungen. Die Verpflichtung, entgeltliche Werbeeinschaltungen zu kennzeichnen sowie das "Hinweis‒ und Kopfverbot" werden nicht eingehalten. Wegen der Bagatellgrenze sind bis zur Hälfte der Werbeaufträge nicht in den von der KommAustria veröffentlichten Listen enthalten. Die halbjährliche Aktualisierung der Liste über sämtliche dem RH bekannten und seiner Kontrolle unterliegenden Rechtsträger und deren Organe schränkt die Wahrnehmung der Kernaufgaben des RH stark ein.

Auch das Ziel des Unvereinbarkeits‒ und Transparenz‒Gesetzes, außergewöhnliche Vermögenszuwächse bei Mitgliedern der Bundesregierung und der Landesregierungen festzustellen und die PräsidentInnen der jeweiligen Vertretungskörper darüber zu informieren, werde nur ungenügend erreicht, schreibt der Rechnungshof. Dies deshalb, weil die derzeitigen Regelungen keine umfassenden Offenlegungs‒ und Meldepflichten vorsehen.

Neuerungen in der Exekutionsordnung

Die im Justizausschuss einstimmig befürwortete Novelle zur Exekutionsordnung bringt Begleitregelungen zur EU-Verordnung betreffend die vorläufige Kontenpfändung und soll in erster Linie Erleichterungen für Gläubiger bei der Durchsetzung ihrer Forderungen bringen. Diese haben zum Ziel, die grenzüberschreitende Eintreibung von Forderungen zu erleichtern. So soll etwa verhindert werden, dass Schuldner durch Abheben oder Überweisen von Geldern auf einem Bankkonto innerhalb der EU die Vollstreckung eines Exekutionstitels gefährden. Bei der Lohnpfändung wiederum wird die Zusammenrechnung von mehreren Bezügen vereinfacht. Schließlich enthält die Vorlage auch eine Präzisierung der Bestimmungen für Internetversteigerungen auf der justizeigenen Plattform.

Wenig Erfolg dürfte dem Vorstoß der Freiheitlichen beschieden sein, wonach die Sicherung des Existenzminimums auch bei Unterhaltspfändungen gewährleistet sein soll. Die derzeitigen Gesetzesbestimmungen lassen nämlich bei Exekutionen gegen Unterhaltsschuldner eine Unterschreitung des unpfändbaren Existenzminimums um 25 % zu.

Neue Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen RichterInnen und RechtspflegerInnen

Geändert wird auch die im Rechtspflegergesetz geregelte Verteilung der Zuständigkeiten zwischen RichterInnen und RechtspflegerInnen. Die für diese Zuständigkeitsverteilung maßgeblichen Wertgrenzen entsprechen aufgrund der Geldentwertung nicht mehr der Ausgangslage und sollen nun angepasst werden. Darüber hinaus bringt die ebenfalls im Ausschuss einstimmig verabschiedete Novelle auch eine Verschiebung von Zuständigkeiten auf Basis von Erfahrungen aus der Praxis, wobei es im Wesentlichen darum geht, Mehrfachzuständigkeiten für ein und denselben Akt zu vermeiden und Sachthemen zu bündeln. (Schluss) jan