Parlamentskorrespondenz Nr. 1304 vom 24.11.2016

Nationalrat bewertet Trendwende im Militärbudget als positiv

Parteiübergreifende Initiative zum Waffenstopp in die Türkei eingebracht

Wien (PK) – Die Trendwende im Verteidigungsbudget wurde heute im Nationalrat grundsätzlich positiv bewertet, verhalten zeigten sich allerdings die Grünen sowie die NEOS. Für sie übernimmt das Bundesheer mittlerweile zu viele Aufgaben, die eigentlich dem Innenministerium zuzuordnen seien. Etwa bei Botschaftsbewachungen handle es sich um parteipolitische Taktik, um für die SPÖ den Innenminister spielen zu können, sagte etwa Rainer Hable von den NEOS. "Offensichtlich haben sie zu viele Soldaten", so die Kritik vom Grünen Peter Pilz. Es handle sich um unfaire Vorwürfe, dass das Verteidigungsressort und das Bundesheer in Tätigkeiten vorstoßen würden, für die das Innenministerium zuständig wäre, entgegnete Doskozil. Sein Ressort bewege sich im Rahmen der Gesetze.

Der Verteidigungsminister warf zudem einen Blick auf die finanzielle Entwicklung des Bundesheeres zurück. Demnach war ihm zufolge die Anschaffung der Eurofighter aus heutiger Sicht falsch.

Das Budget des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport beträgt laut Bundesvoranschlag 2017 rund 2,3 Mrd. €. Es steigt damit gegenüber dem Bundesvoranschlag 2016 um 246,4 Mio. € oder 11,9%.

Für das Bundesheer wurde mit "ÖBH 2018" ein Sonderinvestitionsprogramm vereinbart, das insgesamt 350 Mio. € als Sonderfinanzierung für die Jahre 2016 bis 2019 umfasst. Im Jahr 2017 sollen 96 Mio. € daraus investiert werden, für die Folgejahre ist im Wesentlichen eine gleichmäßige Verteilung der verbleibenden Mittel (254 Mio. €) geplant. Ab dem Jahr 2020 soll eine zweite Tranche an Sonderinvestitionen im Ausmaß von 266 Mio. € vorgenommen werden, womit insgesamt 616 Mio. € zusätzlich in das Bundesheer investiert werden.

Die Beteiligung des Bundesheeres an der Bewältigung der Flucht- und Migrationsbewegungen geht 2017 weiter. So sind 24 Mio. € für Unterstützungsleistungen für das Bundesministerium für Inneres und 49 Mio. € für den Assistenzeinsatz budgetiert. Der Großteil des Anstiegs im Budget des nächsten Jahres, insgesamt 223 Mio. €, umfasst damit Mittel, die für die aktuellen Herausforderungen in sicherheits- und migrationspolitischer Hinsicht bereitgestellt werden.

Das Budget des Bundesheeres ist 2017 stark auf Investitionen in die Infrastruktur ausgerichtet. 52,9 Mio. € fließen dabei in technische Anlagen, Werkzeuge und Fahrzeuge. Bis 2020 sollen laut Doskozil rund 500 Mio. € für die Infrastruktur des Heeres bereitgestellt werden.

Im Rahmen der angekündigten Strukturreform will der Minister zudem die Zentralstelle verschlanken.

Hinsichtlich des geplanten Denkmals am Heldenplatz sagte der Minister, dass er dessen Umsetzung in die Hände der Expertenkommission legen werde. Zudem erinnerte er an Soldaten, die im Auslands- und Inlandseinsatz in der 2. Republik zu Tode gekommen sind. Harald Walser von den Grünen hatte zuvor kritisiert, dass Doskozil Denkmäler für noch nicht gefallene Soldaten errichten will.

Die Abgeordneten Georg Vetter (V) und Hannes Weninger (S) konnten sich Walser nicht anschließen. Die Realität sei, dass weiterhin österreichische SoldatInnen im Militärdienst sterben. Sowohl die SoldatInnen als auch ihre Verbliebenen verdienen ein solches Denkmal, kamen sie mit Bundesminister Doskozil überein.

Zufriedenheit, dass "freier Fall nach unten" gestoppt wurde

Für SPÖ und ÖVP hat das Verteidigungsressort mit dem Budget den richtigen Weg eingeschlagen, wie die Debatte über das Budgetkapitel im Nationalrat zeigte. Selbst modernen Entwicklungen im Heeresbereich, etwa in der Wissenschaft und in der Forschung, würde das Budget Rechnung tragen, sagte beispielsweise Otto Pendl (S). "Wir haben den Turnaround geschafft", zeigte sich Bernd Schönegger (V) erfreut. Fraktionskollege Rouven Ertlschweiger wiederum meinte, dass die "Zeit des Abspeckens" beim Bundesheer vorbei sei. Mit Doskozil ist nach Jahren des harten Sparkurses aus seiner Sicht "neuer Wind" in das Bundesheer gekommen. Nicht nur die Militärmusik bleibt in voller Stärke erhalten, auch die Kaserne in Tamsweg besteht weiterhin aufrecht, fand Franz Leonhard Eßl (V) positive Worte. Budgetär wurde eine Trendwende geschaffen, meinte auch Georg Vetter (V), das Ziel sei jedoch in weiter Ferne.

Andrea Gessl-Ranftl (S) sprach sich neben Fraktionskollegen Jürgen Schabhüttl insbesondere dafür aus, das Bundesheer als Arbeitgeber in Zukunft attraktiver zu machen. Eine Forderung, der Doskozil auch nachkommen will, wie er in der Debatte ankündigte. Motivieren will er vor allem auch Frauen, zum Bundesheer zu gehen.

Eine umfassende Personalwerbung forderte außerdem Reinhard Eugen Bösch von der FPÖ. Ansonsten bleibe die neue Struktur im Bundesheer bis zu einem gewissen Prozentsatz eine Schattenarmee. Grundsätzlich ist es Doskozil aus Sicht der Freiheitlichen aber gelungen, "den freien Fall nach unten zu stoppen". Seine Partei will den Verteidigungsminsiter beim Wiederaufbau eines modernen, effizienten und starken österreichischen Bundesheeres unterstützen, wie Bösch sagte. Nicht so ganz positiv erachtete Axel Kassegger (F) das Verteidigungsbudget. Aus seiner Sicht ist es übertrieben, von einem Turnaround zu sprechen. Zweifel hegte er darin, die geplanten Vorhaben auch umsetzen zu können. Zudem fordert die FPÖ budgetäre Mittel für das Bundesheer von 1% des BIP bzw. rund 3 Mrd. €.

Auch für Rainer Hable (N) hat das Heer noch zu wenig Geldmittel zur Verfügung. "Das Bundesheer ist 2015 vor dem Zusammenbruch gestanden", meinte er, kein einziges Ressort sei in den letzten 30 Jahren solchen Kürzungen ausgesetzt gewesen. Die Trendwende sei zwar zu beobachten, aber auf dem tiefsten Niveau.

Das Thema Cyber-Security wurde außerdem von Peter Pilz (G) angesprochen. Hier ortet der Abgeordnete massiven Handlungsbedarf. Nachdem sich vier bis fünf Ministerien gleichzeitig in der Verantwortung fühlen würden, könne eher von "Cyberchaos" gesprochen werden.

Kritik an Finanzminister Hans Jörg Schelling kam von Hubert Fuchs (F). Fehlkalkulationen dürften nicht zu Lasten des Landesverteidigungsbudgets gehen, Doskozil müsse mit Nachdruck auf das Finanzressort einwirken, vom Parlament beschlossene Überschreitungsermächtigungen auch ausschöpfen zu können.

Christian Hafenecker (F) lenkte die Aufmerksamkeit auf das Militärrealgymnasium. Junge Menschen hätten den Wunsch, Karriere beim Militär zu machen, daher sei es erforderlich, diese Schule weiterhin aufrecht zu erhalten.

Konrad Antoni (S) trat für eine lückenlose Personalstruktur des Bundesheeres ein, um die nationale Sicherheit in allen Lagen gewährleisten zu können. Österreich müsse zudem einen Beitrag in der internationalen Friedenssicherheit leisten, forderte er.

Christian Lausch (F) erinnerte an die Kernaufgaben des Bundesheeres, das aus seiner Sicht laufend Aufgaben des Innenministeriums übernimmt. Es gebe eine Entwicklung in Richtung eines Sicherheitsministeriums, meinte er. Ehemaligen Zeitsoldaten würden höchstens 30 Monate Präsenzzeit für die Pension angerechnet, äußerte Lausch sein Unverständnis über die Begrenzung der Anrechnungszeit und trat mittels Entschließungsantrag für die Aufhebung der Deckelung ein.

Sechs-Parteien-Entschließung: Keine Waffenexporte mehr in die Türkei


Der heute im Parlament bereits angekündigte und von allen sechs Parlamentsfraktionen unterstützte Entschließungsantrag zum Stopp von Waffenexporten in die Türkei wurde schließlich in der Debatte über das Militär- und Sportbudget von Peter Pilz (G) eingebracht. Alle Parlamentsfraktionen kritisieren darin das Vorgehen der türkischen Regierung gegen regimekritische PolitikerInnen, Medien, JournalistInnen oder die kurdische Bevölkerung. Zudem wird angeprangert, dass sich die Türkei militärisch in Syrien und dem Nordirak engagiert.

Die Bundesregierung erhält deswegen die überparteiliche Aufforderung, bei der Behandlung von Ausfuhranträgen nach dem Kriegsmaterialgesetz sowie dem Außenwirtschaftsgesetz die Gefahr bewaffneter Konflikte sowie die Möglichkeit, dass die gelieferten Produkte zur Unterdrückung der Menschenrechte verwendet werden, entsprechend zu berücksichtigen.

"Wir alle wollen, dass das Erdogan-Regime keine einzige Waffe mehr aus Österreich bekommt. Dass es nie wieder zum Export österreichischer Scharfschützengewehre an Sondereinheiten der Polizei kommt, mit denen zahllose Menschen im Osten der Türkei ermordet worden sind", sagte Pilz. Österreich sei damit der erste Staat innerhalb der Europäischen Union, der einen derartigen politischen Beschluss fasst. Pilz hofft, dass sich andere europäischen Parlamente sowie das Europarlament anschließen. "Europa ist stark genug, um Erdogan in die Schranken zu weisen", so Pilz. (Fortsetzung Nationalrat) keg/gro

HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen auf der Website des Parlaments unter www.parlament.gv.at/fachinfos/budgetdienst. Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Website des Finanzministeriums www.bmf.gv.at.