Parlamentskorrespondenz Nr. 1340 vom 30.11.2016

RH-Kritik an komplexer Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern bei Landesschulräten

Bericht über Schulbehörden in Oberösterreich und Tirol im Rechnungshofausschuss

Wien (PK) –  Eine mehrfache Verschränkung der Schulverwaltung des Bundes mit der Landesvollziehung stellte der Rechnungshof (RH) im Jahr 2015 in seinem Bericht über Schulbehörden in Oberösterreich und Tirol fest. Die RH-Kritik an der komplexen Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern, mit der sich der Rechnungshofausschuss heute beschäftigte, betrifft unter anderem die politische Doppelspitze in der Leitung der Landesschulräte und die Konstellation der Lehrerpersonalverwaltung in den beiden Bundesländern. Die Ausgestaltung der Behördenstruktur der Landesschulräte war im Prüfzeitraum "einzigartig" im Verwaltungssystem des Bundes, so der Bericht. So stand an der Spitze des Landesschulrats, der eigentlich eine bundesunmittelbare Behörde ist, der jeweilige Landeshauptmann als Präsident, was einen massiven Einfluss der Länder bedeutete.

Überprüft wurden die Gebarung der Schulbehörden im Bildungsministerium, in den Landesschulräten für Oberösterreich und Tirol sowie in den Ländern Oberösterreich und Tirol, der Prüfzeitraum lag bis auf Einzelfälle in den Jahren 2009 bis 2013. Der Bericht wurde im Ausschuss einstimmig zur Kenntnis genommen.

Kraker: Landesschulräte brauchen klare Strukturen als Bundesbehörden

Es sei Fakt, dass in der österreichischen Schulverwaltung eine Vielzahl von Behörden befasst seien, verwies RH-Präsidentin Margit Kraker auf den vorliegenden Bericht. Dies führe zu Koordinations- und Steuerungsproblemen, die zu lösen seien, denn "die Landesschulräte agieren, wie sie konstruiert sind", so Kraker. Problematisch sei unter anderem die Struktur der Landesschulrats-Kollegien, deren Bestellung entsprechend dem Stärkeverhältnis der politischen Parteien im Landtag erfolgte. Damit sei der Landesschulrat in einer komplexen Situation zwischen der politischen Ebene des Kollegiums auf der einen, und der Behördenstruktur zwischen Bund und Ländern auf der anderen Seite. Dazu komme die politische Doppelspitze mit dem jeweiligen Landeshauptmann als Präsident und dem von ihm bestellten Amtsführenden Präsidenten. Zusätzlich hatte d er vom Bund bestellte Vizepräsident des Landesschulrats in Oberösterreich lediglich das Recht auf Akteneinsicht und Beratung. Der Landesschulrat als "Schulbehörde des Bundes gehört so organisiert, dass er auch eine Schulbehörde des Bundes ist", kritisierte Kraker eindringlich die bisherigen Strukturen. Überdies gewährten die Länder an (Bundes-)Bedienstete der Landesschulräte verschiedene regelmäßige Vergütungen und Zulagen auf Basis von Landesregierungsbeschlüssen (2013: Oberösterreich rd. 170.000 €, Tirol rd. 58.000 €).

Kraker empfahl dringend, die Landesschulräte in der Bundesschulverwaltung - entsprechend dem Aufbau der übrigen unmittelbaren Bundesverwaltung - mit klaren Strukturen als Bundesbehörden aufzusetzen. Entscheidungen müssten getroffen werden und schon Bekanntes sei umzusetzen.

Dringender Reformbedarf zur Neuaufstellung der Schulbehörden

Entsprechend dringend sahen die Abgeordneten einen diesbezüglichen Reformbedarf. Für Martina Schenk (T) sollte Proporz in der Schulverwaltung längst der Vergangenheit angehören. Sie erkundigte sich bei Bildungsministerin Sonja Hammerschmid nach dem aktuellen Stand der Pläne zu einer zentralisierten Bundesschulverwaltung. Auch für SPÖ-Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber liegt einiges im Argen, sie fragte nach dem derzeitigen Entwicklungsstand betreffend eine Neuaufstellung der Behörden. Ebenso war Manfred Hofinger (V) am aktuellen Stand der Reformbestrebungen interessiert, auch was das Bewerbungsmanagement für mittlere und höhere Schulen betrifft. Für Harald Walser (G) ist der vorliegende Bericht mehr als besorgniserregend. Er forderte klare Strukturen, um die Missstände abzustellen. Auch Claudia Gamon (N) bezeichnete die Situation als "große Tragödie", die Schulverwaltung sei nicht mehr zeitgemäß und nur eine Frage von Machtverhältnissen. Für Vorsitzende Gabriela Moser (G) stellt sich die Grundsatzfrage, wie hoch die Kosten seien, die durch diese ineffiziente Behördenkonstruktion entstehen.

Hammerschmid: Transparenz, Effizienz und Klarheit schaffen

Die Handlungsanleitungen aus dem vorliegenden RH-Bericht seien wichtig für eine Behördenstruktur "neu", dankte Bildungsministerin Sonja Hammerschmid der Arbeit des Rechnungshofs. Zeitverzögerungen ergeben sich, weil es vorher gelte, Rahmenbedingungen wie das Autonomiepaket zu schaffen. Sie betonte das gemeinsame Bestreben nach Veränderung und Verbesserung, dazu sei man in laufenden Gesprächen, auch mit den Ländern. In einem aktuellen Reformentwurf würden die angesprochenen Kollegien abgeschafft, und es solle in Zukunft Bildungsdirektionen geben. Die Vergabe von Positionen werde darin neu ausgestaltet, klare Ausschreibungskriterien und die Beiziehung von externen FachexpertInnen seien darin ebenso vorgesehen. Dies sei ein laufender Prozess, aber es scheint ihr möglich, mit diesem Entwurf zu einem gemeinsamen Weg zu kommen, so die Ministerin. Ein wichtiges Anliegen ist Hammerschmid auch persönlich, für Transparenz und Effizienz in der Schulverwaltung zu sorgen und gemeinsame Rahmenbedingungen zu schaffen, um etwa durch eine gemeinsame Kosten- und Leistungsverrechnung zu einer strukturierten und klaren Sicht zu kommen.

RH zur Lehrerpersonalverwaltung: Ausgestaltung der Zuständigkeiten steht effizientem Verwaltungshandeln entgegen

Ebenso sieht der Rechnungshof im vorliegenden Bericht umfassenden Reformbedarf bei der Lehrerpersonalverwaltung. Die Ausgestaltung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern mit den gebietskörperschaftsübergreifenden Verschränkungen steht effizientem Verwaltungshandeln entgegen, heißt es deutlich im Bericht. In den beiden geprüften Ländern gibt es unterschiedliche Behördenstrukturen für die Bundes- und Landeslehrerpersonalverwaltung und eine Vielzahl an befassten Behörden sowie Organisationseinheiten und daraus resultierenden komplexen Abläufen. Durch Unterschiede im Dienst- und Besoldungsrecht der Bundes- und LandeslehrerInnen entstand Verwaltungsmehraufwand, zudem waren komplizierte Zahlungsströme zwischen Gebietskörperschaften festzustellen.

RH-Präsidentin Kraker betonte die Empfehlung des RH, dass hinsichtlich der Lehrerpersonalverwaltung auf eine Konzentration der Aufgaben–, Ausgaben– und Finanzierungsverantwortung in einer Hand hinzuwirken sei, dies im Zusammenhang mit einer Reform der österreichischen Schulverwaltung. Auch sollten Überlegungen angestellt werden, die zentrale Abrechnung sämtlicher Landeslehrer über das Bundesrechenzentrum (BRZ) abzuwickeln.

Die Verrechnung über das BRZ sei bereits ein großes Thema, sagte dazu auch Bildungsministerin Hammerschmid. Man erzeuge dadurch die ihr wichtige Transparenz darüber, welche Lehrer wo, wann und wofür eingesetzt werden. Es gehe im Rahmen der Überlegungen für eine neue Behördenstruktur jedenfalls darum, Kostenstrukturen besser zu erfassen und im Sinne der Klarheit und Effizienz zu einer gemeinsamen Kosten- und Leistungsrechnung zu kommen.

Aus Gründen der Fristwahrung bestand im Ausschuss Konsens über die Vertagung der Rechnungshofberichte III-313 d.B. (IT-Betriebssicherheit im Arbeitsmarktservice: Follow-up-Überprüfung), III-314 d.B. (Diplomatische Akademie Wien; Follow-up-Überprüfung), III-315 d.B. (HIV-Unterstützungsfonds; System der Gesundheitsvorsorge: Follow-up-Überprüfung), III-320 d.B. (EU-Finanzbericht 2014) und III-321 d.B. (Agrarmarkt Austria Marketing GesmbH). (Schluss Rechnungshofausschuss) mbu


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