Parlamentskorrespondenz Nr. 1385 vom 07.12.2016

Umweltausschuss: Energieeffizienz wird Teil der Umweltförderung

Opposition für mehr Tempo beim Klimaschutz, Antiatompolitik und weniger Plastik

Wien (PK) – Neben einer umfassenden Debatte über den Zustand der Umwelt in Österreich und die Verabschiedung des aktuellen Umweltkontrollberichts sprach sich der Umweltausschuss mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit für eine Änderung des Umweltförderungsgesetzes aus. Anträge der Oppositionsparteien zu den Themen Klimaschutz, Wegwerfwahn und Plastiksackerln (Grüne) sowie Erhaltung des Botanischen Gartens Schönbrunn, Antiatompolitik und Erdbebengefahr beim AKW Krsko (FPÖ und Team Stronach) wurden nach lebhafter Debatte mit der Mehrheit der Regierungsparteien vertagt.

Energieeffizienz wird Teil der Umweltförderung

Einem Auftrag des Nationalrats vom Juli 2014 folgend hat die Bundesregierung eine Novelle zum Umweltförderungsgesetz vorgelegt, mit der die Förderung der Energieeffizienz in dieses Gesetz integriert wird. Das Bundesgesetz zur Bereitstellung zusätzlicher Mittel für Energieeffizienz kann somit aufgehoben werden. Darüber hinausgehende Änderungen im Umweltförderungsgesetz dienen der thermischen Sanierung von Gebäuden sowie der Förderung der Gewässerökologie und der Siedlungswasserwirtschaft (1361 d.B.). Die Novelle wurde dem Plenum unter Berücksichtigung eines SPÖ-ÖVP-Abänderungsantrages mit redaktionellen Korrekturen mehrheitlich zur Annahme empfohlen.

Josef Schellhorn (N) begründete die Ablehnung seiner Fraktion mit Kritik an einem unübersichtlichen System zur Förderung der Energieeffizienz, das den Wettbewerb zwischen den Energieunternehmen verzerre. Schellhorn forderte, die Förderung der Energieeffizienz langfristig zu planen. Klaus Uwe Feichtinger (S) begrüßte demgegenüber die Novelle und den Einsatz zusätzlicher Mittel zur Förderung der Energieeffizienz und die Investition von 80 Mio. € zur Erneuerung alter Anlagen der Siedlungswasserwirtschaft.

Die Novelle zum Umweltförderungsgesetz wird zwei Jahre zu spät, aber nach einer nur sechstägigen Begutachtung umgesetzt, kritisierte Christiane Brunner (G). Nach wie vor fehlten ausreichende Mittel für die ökologische Verbesserung der Fließgewässer im Sinne der EU-Wasserrahmenrichtlinie, Brunner fort und mahnte den Umweltminister, seine Zuständigkeiten bei der Verbesserung der Energieeffizienz zu nutzen. Die Umweltsprecherin der Grünen hielt es für bedenklich, dass der Energieverbrauch zuletzt wieder zugenommen habe.  

Licht und Schatten sah Ulrike Weigerstorfer (T) in der vorliegenden Novelle des Umweltförderungsgesetzes. Da nach wie vor unklar sei, wie gewässerökologische Sanierungsmaßnahmen finanzieren werden, lehne sie den Gesetzentwurf ab. Walter Rauch von der FPÖ wies auf Rechnungshofkritik an der Energieeffizienzpolitik hin und hielt die Novelle für überarbeitungsbedürftig.

Für Umweltminister Andrä Rupprechter war es unverständlich, dass die Grünen einem Umweltförderungsgesetz nicht zustimmen und informierte die Abgeordneten über 80 Mio. € an geplanten Investitionen in die Siedlungswasserwirtschaft und 4 Mio. €, die zur Verbesserung der Gewässerökologie vorgesehen sind.

Grüne: Mehr Tempo beim Klimaschutz

Das Weltklima-Abkommen von Paris sieht eine Begrenzung der Klimaerwärmung auf deutlich unter 2°C vor. Österreich sollte seinen Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energieressourcen so rasch wie möglich einleiten, weil dies die Umstellungskosten verringere und die Wettbewerbsvorteile für den Wirtschaftsstandort Österreich vergrößere, führte Christiane Brunner von den Grünen aus. In ihren Vorschlägen für Sofortmaßnahmen und für ein Maßnahmenpaket zur Umsetzung des Klimaabkommens steht für die Grünen eine Novelle zum Klimaschutzgesetz ganz oben auf der Prioritätenliste. Sie wollen ein langfristiges Dekarbonisierungsziel bis 2050 im Gesetz verankern und Anpassungen bei den CO2-Reduktionszielen bis 2030 vornehmen. Die Übertragung von Emissionsgutschriften in eine spätere Zielperiode soll ausgeschlossen werden (1500/A(E)) und Sanktionsmechanismen zwischen Ressorts und Bundesländer bei Nichterfüllung von Klimaschutzzielen (1499/A(E)) eingeführt werden. Die Grünen drängen nach wie vor auf eine ökologische Steuerreform samt Schadstoffsteuern für fossile Energie und auf eine CO2-Abgabe. Sie plädieren für mehr Fernwärme aus erneuerbaren Energien, für den  massiven Ausbau des öffentlichen Verkehrs, für eine Novelle zum Ökostromgesetz und für ein Ende der Steuerprivilegien in der Luftfahrt. Christiane Brunner will die Mineralölsteuer auf das Niveau der Nachbarländer anheben und fordert mit den Grundsätzen bedarfsgerechte Düngung, Bodenschutz und mehr Bio-Landbau einen Beitrag der Landwirtschaft zum Klimaschutz ein. Energieraumplanung, klimaschonende Gebäude, ökologische Abfallwirtschaft, mehr Kunststoffrecycling und neue Verpackungsverordnung lauten weitere Vorschläge der Grünen zum Klimaschutz.

Christiane Brunner (G) appellierte nachdrücklich an den Umweltausschuss, beim Klimaschutz nicht auf eine europäische Entscheidung über Dekarbonisierungsziele zu warten, sondern selbstbewusst und rasch zu tun, was getan werden müsse. An dieser Stelle hielt Josef Schellhorn (N) die europäische Abstimmung bei der Umsetzung des Weltklimavertrags für wichtig. Martina Diesner-Wais (V) begründete die Vertagung der Anträge mit der in den nächsten Monaten bevorstehenden Vorlage der integrierten Klimastrategie der Bundesregierung.

FPÖ besorgt wegen Erdbebengefahr beim AKW Krsko

Seismologen warten mit neuen Erkenntnissen über eine erhöhte Erdbebengefahr beim slowenisch-kroatischen Kernkraftwerk Krsko auf, das nur 70 km von der österreichischen Grenze entfernt Atomstrom produziert. Daher veranstalteten besorgte Wissenschaftler im April 2016 in Klagenfurt einen Workshop. Der Umweltsprecher der FPÖ, Walter Rauch, ersuchte den Umweltminister, den Endbericht des Workshops dem Parlament zuzuleiten (1920/A(E)). Andrä Rupprechter bekannte sich als engagierter Gegner der Atomstromerzeugung und sagte dem Ausschuss die Übermittlung des Berichts zu, sobald dieser fertiggestellt sei.

Team Stronach: Zentrale Behörde zur Entsorgung von Nuklearabfällen

Die Einrichtung einer zentralen österreichischen Nuklearaufsicht beantragte Team Stronach-Umweltsprecherin Ulrike Weigerstorfer. Auch Österreich sollte gemäß EURATOM-Richtlinie über einen Nationalen Aktionsplan zur sicheren Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle verfügen, sagte Weigerstorfer, und schlug vor, die zersplitterte Nuklearaufsicht Österreichs zu einer einzigen unabhängigen Regulierungsbehörde weiterzuentwickeln (1374/A(E)).

Umweltminister Andrä Rupprechter klärte die Antragstellerin darüber auf, dass die derzeitige Organisation der Reaktorsicherheit in Österreich EU-konform sei; es sei aber geplant, sie bis 2018 neu zu gestalten, teilte der Minister mit. Die Vertagung des Antrags erfolgte mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit.

FPÖ: Der Botanische Garten Schönbrunn soll erhalten bleiben

Vertragt wurde auch der Antrag der FPÖ zum Erhalt des Botanischen Gartens in Schönbrunn in der bisherigen Struktur (1864/A(E)). Dieser Garten ist 200 Jahre alt, seine Geometrie ist Teil des Schönbrunner Schlossparks und zählt laut UNESCO zum kulturellen Welterbe. FPÖ-Abgeordneter Walter Rauch will den Garten nicht in den Tiergarten eingegliedert sehen, weil er dessen Zerstörung befürchtet und überdies verhindern will, dass der Zugang zu diesem wichtigen Naherholungsgebiet nur noch mit Eintrittskarte möglich wäre. Wolfgang Pirklhuber (G) unterstützte das Ansinnen und wies auf einen ähnlichen Antrag der Grünen im Landwirtschaftsausschuss hin. E s sei natürlich im Sinn der Bundesregierung und des öffentlichen Interesses, den Fortbestand des botanischen Gartens zu erhalten, sagte Georg Strasser (V). Der geforderte freie Eintritt sei jedoch eine Frage der Zuständigkeit. Er verwies dazu auf laufende Diskussionen der Betreiber von Schönbrunn und des Tiergartens und auf eine offene Anfragebeantwortung der UNESCO. Diese Ergebnisse seien abzuwarten. Für NEOS-Mandatar Josef Schellhorn liegt die Frage des freien Eintritts nicht in der Zuständigkeit des Umweltausschusses. Es könne auch nicht immer und überall freie Eintritte geben, außerdem würden solche Fragen auch die Betreiber betreffen.

Grüne gegen Wegwerfwahn und unnötige Plastikverpackungen

Stopp dem Wegwerfwahn, sagt Christiane Brunner von den Grünen und macht sich für langlebige Produkte stark. Die Nutzungsdauer von Geräten wird immer kürzer, viele Apparate können nicht mehr repariert werden, kritisiert die Mandatarin und verlangt Nachhaltigkeit in Produktion und Konsum, um Ressourcen zu schonen und Energieverbrauch zu senken. Langlebige Produkte erhöhen die Energieeffizienz; der vorsätzliche Einbau von Schwachstellen zur Verkürzung der Lebenszeit von Produkten ("geplante Obsoleszenz") ist nicht nachhaltig, betonen die Grünen (1551/A(E)). Auf Antrag von SPÖ-Abgeordnetem Klaus Uwe Feichtinger wurde die Initiative gegen die Stimmen der Opposition vertagt. Er stimmte zwar in einem Punkt zu, nämlich dass die Reparaturfähigkeit der Geräte im Fokus sein sollte, das sei auch arbeitsmarktpolitisch von Interesse. Eine "geplante Obsoleszenz" bei Geräten sei aber nicht nachgewiesen. Insgesamt möchte er Erfahrungen aus Schweden abwarten, was gezielte steuerliche Maßnahmen für Reparaturleistungen betrifft. Auch wenn Schweden als Vorbild gelten könnte, sollte man auf EU-Ebene die Industrie in die Pflicht nehmen, damit Geräte reparaturfähig sind, sagte Walter Rauch (F). Es gehe dabei auch um regionale Arbeitsplätze.

Vertagt wurde weiters der Antrag der Grünen zur Reduktion von Kunststoffverpackungen. Der Handel soll Plastiksackerln durch Tragtaschen aus nachwachsenden und abbaubaren Rohstoffen ersetzen und die chemische Zusammensetzung von Kunststoffverpackungen kennzeichnen müssen, verlangt Christiane Brunner (G) nach dem Vorbild vieler Städte und Länder wie Paris, San Francisco oder Spanien (885/A(E)). Gegen die zunehmende Kunststoffproduktion sprechen aus Sicht der Grünen gesundheitliche Bedenken wegen der vielen toxischen Zusatzstoffe, die Mensch und Umwelt gefährden, der hohe Energieverbrauch bei der Herstellung und die ungelösten Entsorgungsprobleme. Es gebe zwar dazu bereits seit 2015 eine Initiative zur Reduktion, weitere Maßnahmen und Evaluierung seien trotzdem angebracht, so Brunner. Josef Lettenbichler (V) unterstrich die zwischenzeitliche Änderung auf EU-Ebene, deren Umsetzung der Umweltminister entsprechend gewährleiste. Österreich sei vom EU-Ziel nicht weit entfernt und Unternehmen schwenken bereits auf die Linie ein, keine Kunststofftaschen zu verwenden. Eine Kennzeichnungspflicht darüber hinaus sei EU-rechtlich nicht zulässig. Minister Rupprechter bestätigte, dass man in Österreich auf einem sehr guten Weg sei. (Fortsetzung Umweltausschuss) fru/mbu