Parlamentskorrespondenz Nr. 40 vom 19.01.2017

Rechnungshofausschuss diskutiert Effizienz der Forschungsfinanzierung

Rechnungshof sieht komplexes und unübersichtliches Fördersystem

Wien (PK) – Die österreichische Forschungsförderungslandschaft stellt sich als komplex und unübersichtlich dar. Zu diesem Ergebnis kommt der Rechnungshof in seinem Bericht zur Forschungsfinanzierung in Österreich (III-283 d. B.). Auf diesen Befund hat der Nationalrat bereits mit der einstimmigen Forderung nach einer umfassenden Evaluierung der Forschungsförderung reagiert (siehe PK 1413/2016). Nun befasste sich auch der Rechnungshofausschuss des Nationalrats mit dem Bericht des Rechnungshofs. Einigkeit herrschte darüber, dass eine rasche Evaluierung der Förderstrukturen in Hinblick auf ihre Effizienz notwendig ist und darauf weitere Maßnahmen aufbauen müssen. Als Auskunftsperson stand den Abgeordneten der Klement Tockner, Präsident des Fonds zur Förderung der Wissenschaftlichen Forschung, zur Verfügung.

Wie Rechnungshofpräsidenten Margit Kraker ausführte, ging es dem Rechnungshof in erster Linie darum, einen Gesamtüberblick über die Forschungsfinanzierung in Österreich und insbesondere deren Zahlungsströme zu erstellen. Damit habe man eine Grundlage geschaffen, um Maßnahmen für mehr Effizienz der Forschungsförderung umzusetzen. Aus Sicht des Rechnungshofs tragen mehrere Faktoren zur Unübersichtlichkeit der Forschungsförderung bei, wie etwa die Verteilung der F&E–Mittel durch mehrere Stellen, die als Intermediäre des Bundes und der Länder auftreten, und Mehrfachstrukturen zwischen Bund und Ländern, was besonders eine Beurteilung des effektiven Einsatzes von EU-Mitteln erschwert. Zudem reichen die bestehenden Datenbanken aus Sicht des Rechnungshofs nicht aus, um die Finanzierungströme im F&E-Bereich ausreichend transparent darzustellen.

Hohe Aufwendungen für Forschungsfinanzierung, viele Akteure

Im Jahr 2014 konstatierte der Rechnungshof das Bestehen von 136 F&E–Bundes– und Landesprogrammen (Bund: 87 F&E–Programme; Länder: 49 F&E–Programme). Die Forschungsfinanzierung in Österreich ist zudem laut Rechnungshof durch eine Vielzahl an Akteuren geprägt. 2014 zählte der Rechnungshof 216 Organisationseinheiten. Davon entfielen auf den Bund 113, auf die Länder 103 Abteilungen, die in irgendeiner Weise mit F&E–Angelegenheiten befasst waren. Hinzu kamen noch 24 Intermediäre, 10 des Bundes, wie z.B. die Österreichische Förschungsförderungsgesellschaft (FFG), Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF), sowie 14 landesspezifische Rechtsträger.

In Österreich bestehe ein "Programmdschungel" und Mehrfachstrukturen von Bund und Ländern bei der Vergabe von Förderungen, merkten die Abgeordneten Ruperta Lichtenecker (G) und Martina Schenk (T) an. Hermann Gahr (V) stellte die Frage, wie eine bessere Abstimmung zwischen Bund und Ländern erreicht werden könne. Für Claudia Gamon (N) zeigte sich an dieser Stelle ein altes Problem des Föderalismus, die Bundesländer würden die Bemühungen, Forschungsgelder gezielt einzusetzen, durch eigene Maßnahmen unterlaufen. An sich sei die Möglichkeit der Schwerpunktsetzungen der Bundesländer etwas Positives, die Organisationsstrukturen der Förderabwicklung seien jedoch zu hinterfragen. Philip Kucher (S) befand eine Vielzahl auch kleinerer Programme für grundsätzlich sinnvoll, sofern die Abstimmung untereinander gewährleistet sei.  

FWF-Präsident Klement Tockner betonte, die Vielzahl der Programme sei nicht per se fragwürdig, Diversität sei vielmehr begrüßenswert. Gerade kleine Programme erwiesen sich oft als innovativ und lieferten einen überdurchschnittlich hohen Output. Zudem sei es auch sinnvoll, dass die Bundesländer eigene Forschungsmittel einsetzen können, um spezifische Schwerpunkte bilden zu können. Durch ein System der Matching Funds biete der FWF beispielsweise Kooperationen mit den Bundesländern an. Hier sei Tirol als beispielhaft anzuführen. Für die Qualitätssteigerung von Programmen seien laufende Evaluierung und eine Weiterentwicklung der Qualitätssicherung ausschlaggebend. In der Grundlagenforschung zeige sich, dass die Vergabe von Mitteln durch Wettbewerb sich positiv auf die Qualität und den Output von Programmen auswirkt.

Staatssekretär Harald Mahrer betonte, die Evaluierung aller Teile der Förderlandschaft ziele auf ein kostengünstiges und effizientes System der Forschungsfinanzierung ab. Die Bundesregierung sehe die Optimierung der Forschungsförderung als Teil des Zieles, Innovation Leader zu werden. Dabei müsse man sich Governance-Strukturen auf allen Ebenen ansehen und ergebnisoffen bewerten. Das schließe auch die Frage von Ressortzuständigkeiten ein, hier sei er für alle Vorschläge offen. Er halte die Gesamtzuständigkeit eines Ressorts für Forschungsangelegenheiten für denkbar. Die Evaluierung der Forschungsförderung habe bereits im Herbst begonnen und werde schrittweise fortgesetzt. Er rechne damit, dass bis zum Sommer Ergebnisse vorliegen, die dem Auftrag des Nationalrats entsprechen, sagte der Staatssekretär.

Rechnungshofpräsidentin Kraker merkte an, dem Rechnungshof sei neben der Vielfalt der Förderungsprogramme auch eine Heterogenität in Inhalt und Begrifflichkeit aufgefallen, die die Forschungsförderung in Österreich schwer überschaubar mache. Die Vielzahl der Akteure mache die Zahlungsströme der Forschungsfinanzierung in Österreich komplex und unübersichtlich. Bei den Intermediären von Bund und Ländern sei zu fragen, an welchen Stellen eine Bündelung von administrativen Aufgaben erfolgen könnte, um in diesem Bereich Personalaufwand zu reduzieren.

F&E-Quote: Kein klarer Pfad zur Zielerreichung

Kritische Anmerkungen gebe es im Rechnungshofbericht auch zur F&E-Quote, merkte Hermann Gahr (V) an. Jessi Lintl (F) wies darauf hin, dass die Bundesregierung von ihrem Ziel, die Forschungsquote bis zum Jahr 2020 auf 3,76 % zu steigern, mit rd. 3,01 % im Jahr 2015 noch deutlich entfernt war. Der Rechnungshof stelle zudem die Aussagekraft dieser Zahl in Frage, stellten Lintl und Gamon (N) fest. Lichtenecker (G) verwies auf unterschiedliche Erhebungsmethoden der F&E-Quote, die laut Rechnungshof vor allem bei den Länder zu nicht nachvollziehbaren Abweichungen führe. Mehr als ein Drittel der für F&E ausgewiesenen Mittel in den Ausgabenschätzungen der Länder sei nicht plausibel, also ein recht hoher Anteil.

FWF-Präsident Tockner verteidigte die Forschungsquote gegen Kritik, sie sei nicht an Zielen und Ergebnissen orientiert und wenig geeignet, Effizienz, Qualität und Effektivität der eingesetzten Mittel im F&E–Bereich wiederzugeben. Die F&E-Quote sei ein international anerkannter Richtwert, der mit der wirtschaftlichen Leistungskraft eines Landes gut korreliere. Für die Beurteilung weiterer Fragen, wie etwa der Effizienz der Fördermaßnahmen, müsse man selbstverständlich weitere Kriterien heranziehen.

Bestehende Forschungsdatenbanken können Finanzströme nicht abbilden

Mehrfach angesprochen wurde die Frage der bestehenden Datenbanken zur Forschungsförderung und die Notwendigkeit einer einheitlichen Bundesdatenbank zur besseren Transparenz der Forschungsförderung. Für dieses Thema interessierten sich die Abgeordneten Jessi Lintl (F), Ruperta Lichtenecker (G) und Philip Kucher (S). SPÖ-Abgeordneter Erwin Preiner merkte dazu an, er gehe davon aus, dass die Bundesländer Interesse an der Einrichtung einer solchen Bundesdatenbank haben.

In Österreich gibt es bereits eine Reihe von Forschungsförderungsdatenbanken, merkt der Rechnungshofbericht an. Zusätzlich zur Transparenzdatenbank des Bundes und der Bundesforschungsdatenbank des Wissenschaftsministeriums bestehen beim Bund vier weitere Datenbanken und in den Ländern 14 Datenbanken, welche primär auf die Erfassung und Abwicklung von Forschungsförderungsmaßnahmen bzw. auf Informationsbedürfnisse in diesem Bereich zugeschnitten sind. Diese Datenbanken bieten jedoch nicht die Möglichkeit zu einer übergreifenden Informationsbeschaffung. Auch die Abbildung der gebietskörperschaftsübergreifenden Zahlungsströme in der Forschungsfinanzierung ist so nicht möglich, kritisiert der Rechnungshof.

FWF-Präsident Tockner gab zu bedenken, dass eine Gesamtdatenbank, die alle Forschungsanstrengungen dokumentiert, der Komplexität der Aufgabenstellung nicht gerecht werde. Wichtig sei es daher, einerseits eine Metadatenbank einzurichten und andererseits die Interoperabilität der verschiedenen Datenbanken sicherzustellen. Die Einrichtung einer Datenbank sei auch ein Kostenfaktor und müsse daher sorgfältig geplant werden.

Rechnungshofpräsidentin Kraker unterstrich die Empfehlung des Rechnungshofs, vor allem die Datenbanken der Länder aussagekräftiger zu machen. Das erfordere beispielsweise einheitliche Erhebungsstandards.

Staatssekretär Harald Mahrer betonte, dass die Herstellung von Transparenz ein wichtiger Aspekt für die Optimierung der Fördervergabe sei. Daher werde an einer Optimierung der Datenbanken gearbeitet. Die Einrichtung einer Bundesdatenbank, die Aufgaben der Länder übernehme, müsse mit diesen auch abgestimmt werden, er hoffe daher, dass mit diesen ein Einverständnis erzielt werden kann. (Fortsetzung Rechnungshofausschuss) sox