Parlamentskorrespondenz Nr. 139 vom 15.02.2017

SeniorInnen in Medien und Werbung - Bild und Wirklichkeit, Lob und Tadel

Senioren-Rose und Senioren-Nessel 2016 im Parlament überreicht

Wien (PK) – Anders als früher führen viele ältere Menschen heute ein aktives Leben. Sie arbeiten, stellen sich Herausforderungen und übernehmen soziale Verantwortungen. Daher reagieren sie negativ, wenn Medien Berichte über SeniorInnen mit Bildern von Menschen illustrieren, die im Park sitzen und Tauben füttern.

Das Bild, das Medien und Werbung in der Öffentlichkeit prägen, stand heute im Mittelpunkt der alljährlich im Parlament stattfindenden Veranstaltung des Österreichischen Seniorenrates und des Österreichischen Journalisten-Clubs (ÖJC). Seit Jahren - wegen des großen Publikumsinteresses erstmals im Sitzungssaal des Nationalrats – prämiert eine Jury aus Senioren- und JournalistenvertreterInnen gemeinsam Beiträge in Journalismus und Werbung sowie zutreffende Bilder über ältere Menschen. Die "Senioren-Rose" erhalten wirklichkeitsgetreue Darstellungen aus dem Leben von SeniorInnen, die "Senioren-Nessel" aber jene, die immer noch lebensfremde Klischees über ältere Menschen verbreiten.

Zur Verleihung der "Senioren-Rose" und der "Senioren-Nessel" für das Jahr 2016 begrüßte der Zweite Präsident des Nationalrats Karlheinz Kopf in Vertretung von Nationalratspräsidentin Doris Bures nahezu 200 TeilnehmerInnen und Gäste, unter ihnen den Präsidenten des Österreichischen Seniorenrates, Karl Blecha, die Präsidentin des Österreichischen Seniorenbundes, Volksanwältin a.D. Ingrid Korosec, und mit dem Präsidenten des Österreichischen Journalisten-Clubs, Fred Turnheim, auch den Vorsitzenden der zehnköpfigen ExpertInnen-Jury, die die PreisträgerInnen auswählt. Als Moderatorin führte Heilwig Pfanzelter durch den Abend. Die Laudationes für die PreisträgerInnen hielten die JurorInnen Irmgard Bayer und Harald Glatz.

Kopf warnt vor Klischees bei der Darstellung Älterer in den Medien

Der Zweite Nationalratspräsident Karlheinz Kopf hielt die Frage für wichtig, ob bestimmte Gruppen in der Gesellschaft richtig wahrgenommen werden. Denn so notwendig die Kategorisierung von Menschen nach gemeinsamen Merkmalen und Gruppen sei, manchmal tappe man dabei in die Falle von Klischees, etwa wenn Medien ältere Menschen als Rentner im Park darstellen. Für Karlheinz Kopf ist es eine großartige Idee, die mediale Öffentlichkeit alljährlich mit der Verleihung von Senioren-Rosen und Nesseln in Richtung realistische Darstellung älterer Menschen zu sensibilisieren.

Blecha: SeniorInnen gewinnen an Bedeutung in der Gesellschaft

Seniorenrats-Präsident Karl Blecha registrierte eine zunehmende, auch von der Wirtschaft immer stärker wahrgenommene Bedeutung älterer Menschen in der Gesellschaft und sprach von einem gewaltigen Kulturwandel in Österreich. Die Initiatoren der Senioren-Rose und der Senioren-Nessel leisten dazu einen wichtigen Beitrag, sagte Blecha und gab seiner Freude darüber Ausdruck, dass sich dieser Kulturwandel friedlich und ohne Konflikte zwischen den Generationen vollziehe.

Korosec: SeniorInnen leisten Unverzichtbares bei der Integration   

Das wachsende Selbstbewusstsein älterer Menschen, ihre Expertise und Lebenserfahrung sowie die wertvollen Beiträge, die sie etwa zur Integration von Flüchtlingen leisten, hob Ingrid Korosec hervor. "Wir wollen keine beschönigenden, aber auch keine negativen Darstellungen in den Medien", sagte Korosec und appellierte an die JournalistInnen, sich ihrer großen gesellschaftlichen Verantwortung bewusst zu sein. Daher sei es so wichtig, mediale Leistungen mit der Senioren-Rose zu würdigen und bei Fehlleistungen mit der Nessel zum Nachdenken anzuregen.

Turnheim: Ein Plädoyer für Solidarität zwischen Jung und Alt     

Der Präsident des Österreichischen Journalisten Clubs Fred Turnheim trat nachdrücklich für die Solidarität zwischen Jung und Alt ein, warb für die Idee der sozialen Inklusion und warnte vor einer Verrohung der Sprache, wie er sie bereits in Kindergärten und Schulen registriere. Außerdem forderte Turnheim die Bildredaktionen, insbesondere auch die des ORF dazu auf, ihre Datenbanken zu entrümpeln. Turnheim schlug auch vor, einen Lehrstuhls für Medienpädagogik in Österreich einzurichten.

Senioren-Rosen für generationenübergreifende Bierwerbung …

Die Senioren-Rose in der Kategorie Werbung erhielt der Spot "Bergauf" der Firma Gösser. Darin erklimmen Vater und Sohn gemeinsam einen Berg und genießen eine fröhliche Gipfelszene, die mit den Worten kommentiert wird: "Bestes Bier verbindet Generationen". Gabriela Maria Straka, PR-Verantwortliche der Brauunion Österreich, und Christof Sigel, Managing Director von McCann Erickson Austria, nahmen den Preis in Form eines Kristallpokals und einer Urkunde mit Freude entgegen.

In der Kategorie Werbung lagen der Jury 2016 erfreulicherweise keine Nominierung für eine Senioren-Nessel vor. Seniorenrat und Journalisten Club werten dies als Erfolg ihrer langjährigen gemeinsamen Bemühungen und als Zeichen einer positiven Entwicklung.

   

… und für eine ORF-Sendung über aktive Achtzigjährige

In der Kategorie Journalismus wählte die Jury aus vier Nominierungen die ORF-Journalistin Edith Bachkönig für ihren Beitrag "Mit 80 voll im Leben – Aktiv im Alter" zur Sendung "Unterwegs in Österreich" vom 26.6.2016 aus. Darin wird der Alltag eines halben Dutzends aktiver Frauen und Männer begleitet und aufgezeigt, mit wieviel Tatkraft und Lebensfreude diese Menschen ans Werk gehen, insbesondere auch als freiwillige Helfer. Positiv dargestellt wurde in diesem Beitrag auch das Leben älterer Menschen auf dem Land.

Verkäuferin gegen Pensionistin – Journalist greift in die Nesseln  

Die wenig begehrte Senioren-Nessel in der Kategorie Journalismus erhielt Michael Jungwirth für einen Artikel mit dem Titel "Liebe Pensionistin, liebe Supermarktverkäuferin" der Kleinen Zeitung, in dem von der "Dreistigkeit der Pensionistenvertreter" die Rede ist. Jungwirth nahm die Nessel persönlich entgegen und bemühte sich, seine Position zu begründen, indem er sagte, er habe mit seinem Artikel ironische Kritik an einem Pensionsgipfel üben wollen, der sich nicht mit der Nachhaltigkeit des Pensionssystems befasste. Das Publikum dankte Michael Jungwirth mit Applaus für sein faires Verhalten.

Findige SeniorInnen sichern Diebsgut – eine Rose für ein APA-Bild

Die Senioren-Rose in der Kategorie Bild erhielt Christoph Koller, stellvertretender Leiter des Seniorenwohnheims Mehrnbach im Innviertel. Christoph Koller hatte der Austria Presse Agentur ein Foto zur Verfügung gestellt, das Heim-BewohnerInnen zeigt, die nach einem gestohlenen Maibaum suchten und diesen mit Rollatoren zurückholten. Das Bild wurde von Zeitungen abgedruckt und machte die Mehrnbacher SeniorInnen weit über die Grenzen Oberösterreichs hinaus bekannt. Ein Vertreter der Austria Presse Agentur wies an dieser Stelle darauf hin, dass die APA das Foto von Christoph Koller über ein soziales Medium erhielt.

ORF-Bild zeigt Pensionist auf der Parkbank, eine Nessel - what else  

Als "preiswürdiges" Negativbeispiel dafür, was im Fotojournalismus heute gar nicht mehr geht, wählte die Jury das Hintergrundbild der "13 Uhr ZIB" des ORF vom 21.10.2016 aus. Ein Beitrag mit dem Titel "Kosten für Pensionen steigen" wurde mit dem Bild eines alten Mannes illustriert, der auf einer Parkbank sitzt. Aus den Reihen der Jury kam an dieser Stelle einmal mehr der Appell an den ORF, seinen öffentlich-rechtlichen Medienauftrag stärker zu berücksichtigen. (Schluss) fru

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung finden Sie auf der Website des Parlaments unter www.parlament.gv.at/aktuelles/mediathek/fotos.