Parlamentskorrespondenz Nr. 148 vom 16.02.2017

Bundesrat debattiert Berichte zu Schienen- und Straßenverkehr

Themen: Bestellung gemeinwirtschaftlicher Leistungen, Schienenmarkt, LKW-Verkehrssicherheit und Intelligente Verkehrssysteme

Wien (PK) – Mehrere Berichten aus dem Verkehrsbereich standen heute im Bundesrat auf der Tagesordnung. Der Gemeinwirtschaftliche Leistungsbericht 2014 und der Jahresbericht der Schienen-Control 2015 gaben den BundesrätInnen Gelegenheit, über aktuelle Entwicklungen im österreichischen Schienenverkehr zu debattieren. Über Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit im Straßenverkehr gibt der Bericht der Bundesanstalt für Verkehr über technische Unterwegskontrollen im Jahr 2015 Auskunft. Der Verkehrstelematikbericht 2016 befasst sich mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf die Zukunft der Mobilität und mit der Entwicklung von Intelligenten Verkehrssystemen. Die Berichte wurden einstimmig zur Kenntnis genommen.

Bundesräte weitgehend zufrieden mit Entwicklung der Schiene

Mit ihren Leistungsbestellungen bei den österreichischen Schienenverkehrsunternehmen sorgt die öffentliche Hand für ein sicheres Grundangebot im Personen- und Güterverkehr, hält der Gemeinwirtschaftliche Leistungsbericht 2014 fest. Auf ein ereignisreiches Jahr 2015 blickt die Schienen Control GmbH in ihrem Bericht zurück. So erfolgte im Dezember die Vollinbetriebnahme des Hauptbahnhofs Wien. Auf europäischer Ebene war das Jahr 2015 von intensiven Verhandlungen über das 4. Eisenbahnpaket gekennzeichnet. Die Entwicklung des Verkehrsaufkommens war durchaus uneinheitlich. So ging der Schienengüterverkehr gegenüber 2014 aufgrund einer schwachen Konjunktur etwas zurück, bei einem Zuwachs der Marktanteile von Privatbahnen. Der Personenverkehr zeigte hingegen einen leichten Zuwachs gegenüber 2014.

Mehr als 83% aller gemeinwirtschaftlichen Verkehrsdienste in Österreich werden über Förderungen des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie bereitgestellt, erläuterte Armin Forstner (V/St). Damit wurde für ein konstantes, umweltfreundliches und leistbares Mobilitätsangebot gesorgt. Bestellungen gab es nicht nur bei der ÖBB Personenverkehr AG, sondern auch bei Privatbahnen.

Gerd Krusche (F/St) richtete den Blick auf die Zukunft des Schienenverkehrs. Mit dem Streckenausbau und den großen Tunnelprojekten, vor allem an der Brenner- und Südbahnstrecke, werde mit einer Intensität in die Eisenbahninfrastruktur investiert, wie es seit den Tagen der Monarchie nicht mehr der Fall war. Einige Projekte seien aber noch ausständig, es sei daher wichtig, dass das Verkehrsministerium die Planungen rasch in Angriff nimmt, damit nicht wichtige Industriestandorte ins Abseits geraten. Auch im Nahverkehr und im Mikroverkehr gebe es noch sehr viel zu tun, wolle man Abwanderung aus entlegenen Regionen verhindern.

Wie Krusche kritisierte Nicole Schreyer (G/T) die späte Behandlung des Gemeinwirtschaftlichen Leistungsberichts im Bundesrat. Wie der Bericht der Schienen-Control sei es ein informativer Bericht, den ihre Fraktion gern zur Kenntnis nehme. Österreich liege zwar sehr gut im Schienenverkehr, doch gebe es noch "Luft nach oben". So gelte es, für günstige Tickets in Verkehrsverbünden zu sorgen. Auch gebe es noch einige Lücken im Streckennetz zu schließen, weitere Nebenstrecken sollten nicht mehr eingestellt werden, damit Regionen, die ohnehin schon von Abwanderung betroffen sind, nicht noch unattraktiver gemacht werden. Zumindest sollten stillgelegte Trassen erhalten bleiben, um eine eventuelle spätere Reaktivierung zuzulassen, forderte Schreyer.

Österreich sei ein Bahnfahrland und stehe beim Personenverkehr an der Spitze in Europa, stellte Rene Pfister (S/N) fest. Im Güterverkehr zeigte sich aufgrund wirtschaftlicher Rahmenbedingungen ein Rückgang. Im Fernverkehr habe sich die Pünktlichkeit stark verbessert, damit steige die Attraktivität der Bahn und ihre Wettbewerbsfähigkeit.

Sie hoffe, dass Österreich nicht nur beim Personenverkehr, sondern auch im Güterverkehr an die Spitze rücken und mit der Schweiz gleichziehen könne, sagte Anneliese Junker (V/T). Die Investitionen in die Bahninfrastruktur hätten Wirkung gezeigt, besonders auf Fernstrecken sei ein deutlicher Zuwachs an Fahrgästen festzustellen. Ein Faktor sei zweifellos die hohe Pünktlichkeit. Beim Güterverkehr müsse man aber noch neue Konzepte entwickeln, um ihn attraktiv und wettbewerbsfähig zu machen. 

Leichtfried: Öffentlichen Verkehr mittels neuer Verkehrskonzepte stärken

Die Entwicklung der Schiene sei gut, könnte aber noch besser sein, stimmte Verkehrsminister Jörg Leichtfried Bundesrätin Junker zu. Die Schweiz sei ein großes Vorbild, sie habe gezeigt, was mit einem massiven Ausbau der Schieneninfrastruktur bewirkt werden könne. Die Schweiz habe Erfolg mit einem integrierten Bahnkonzept, bei dem ein Hauptträger mit kleineren Bahngesellschaften und anderen Verkehrsträgern ein gutes Angebot bereitstellen könne. Mit den Milliarden, die in den Bahnausbau fließen sollen, tätige die Bundesregierung Investitionen nicht nur auf wenige Jahre, sondern für die nächsten hundert Jahre, unterstrich Leichtfried.

Der Verkehrsminister wies auch auf die aktuellen Neuverhandlungen der Verkehrsdiensteverträge mit den Ländern hin. Hier wolle man vom bisherigen Konzept abgehen, wonach der Bund für ein Grundangebot sorgt und die Länder zusätzliche Leistungen bestellen können. In Zukunft gehe es darum, dass der Bund und das jeweilige Bundesland gemeinsam überlegen, was sie zu einem Gesamtverkehrskonzept beitragen können. Er sei als Verkehrsminister auch bereit, mehr Leistungen des Bundes bereitzustellen, wenn damit mehr Menschen zum Umstieg auf den öffentlichen Verkehr bewegt werden können, sagte Leichtfried. Er bekannte sich zum Beitrag der öffentlichen Hand, um die Sicherheit der Fahrgäste in den Zügen sicherzustellen. Österreich besitze eine der besten Bahnindustrien weltweit und stehe an fünfter Stelle bei Exporten von Bahnprodukten. Dahinter stecken hohe Innovationskraft und qualifizierte Fachkräfte, auf die Österreich stolz sein dürfe, sagte der Verkehrsminister.

Leichtfried mahnt einheitliche strenge LKW-Kontrollen in EU ein

Verkehrsminister Jörg Leichtfried nahm den Bericht über die Unterwegskontrollen (Tätigkeitsbericht 2015 der Bundesanstalt für Verkehr - BAV) zum Anlass, in diesem Zusammenhang einheitliche Standards in der EU einzufordern. Bei diesen Kontrollen werden LKW auf Österreichs Straßen auf Mängel geprüft, wobei vor allem ausländische Fahrzeuge Mängel aufweisen. Die Zahl der beanstandeten Fahrzeuge und deren Aufteilung in inländische und ausländische hat sich in den letzten Jahren kaum geändert. Leichtfried meinte dazu: "There is something rotten in the transport system of the EU". Innerhalb der Union würden die Prüfungen unterschiedlich gehandhabt und mit unterschiedlichem Maß gemessen, so die Kritik des Ministers. An die EU gewendet meinte er daher, gleiche Rechte bedeuten auch gleiche Pflichten. Wenn das in der EU nicht eingehalten wird, dann funktioniere der Binnenmarkt nicht. Er drängte darauf, dass die Exaktheit und der Einsatz Österreichs zum Vorbild für eine einheitliche Europäische Vorgangsweise werden. Der Minister wies in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass die LKW-Sicherheit Österreich nicht zuletzt aufgrund seiner geografischen Lage vor gewaltige Herausforderungen stellt.

Der Tätigkeitsbericht bestätigt, dass auch im Berichtsjahr eine hohe Prüfungsdichte der technischen Unterwegskontrollen auf Österreichs Straßen gewährleistet war. Dadurch konnten viele Fahrzeuge, die aufgrund schwerer Mängel eine potenzielle Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellten, von den Straßen entfernt werden. Laut Bericht wurden 2015 insgesamt 55.455 Fahrzeuge im Zuge einer anfänglichen technischen Unterwegskontrolle überprüft, die Zahl der Überprüfungen konnte damit im Vergleich zum Jahr davor sogar verdoppelt werden.

Die Bedeutung der Unterwegskontrollen für die Verkehrssicherheit wurde auch von den BundesrätInnen Wolfgang Beer (S/W), Gerhard Schödinger (V/N), Christoph Längle (F/V) und Nicole Schreyer (G/T) unterstrichen. Sowohl Schreyer als auch Längle wiesen kritisch auf die hohe Zahl an technische Mängelfeststellung vor allem bei ausländischen Fahrzeugen hin, wobei sich die grüne Bundesrätin auch verwundert darüber zeigte, dass österreichische Unternehmen viele Vorschriftsmängel aufweisen. Längle drängte darauf, dass auch andere EU-Länder hohe Kontrollstandards festlegen. Für Beer leisten die Kontrollen darüber hinaus einen wesentlichen Beitrag zur Wettbewerbsgleichheit, da sie ehrlichen Wirtschaftstreibenden Unterstützung bieten. Es sei daher notwendig, diese strengen Kontrollen auch weiterzuführen, meinte auch Schreyer.

Gerhard Schödinger (V/N) teilte zwar die Auffassung seiner KollegInnen, machte aber darauf aufmerksam, dass man aus den genannten Zahlen und Prozentsätzen von Mängelfahrzeugen nicht auf den gesamten LKW-Verkehr schließen dürfe, denn es handle sich dabei um vorgeprüfte und nicht um alle auf Österreichs Straßen fahrende Fahrzeuge. Das österreichische System bezeichnete er als sehr gut. Jeder LKW müsse damit rechnen, überprüft zu werden, Prüfplätze stünden rund um die Uhr zur Verfügung.  

Intelligente Verkehrssysteme für Mobilität der Zukunft

Neben dem Bericht über die Unterwegskontrollen stand auch der Verkehrstelematikbericht 2016 zur Debatte. Verkehrstelematik soll VerkehrsteilnehmerInnen eine bessere Planung ihres Mobilitätsverhaltens erlauben. So genannte "Intelligente Verkehrssysteme" (IVS bzw. englisch Intelligent Transportation Systems, ITS) sollen das Verkehrsgeschehen effizienter, ökologischer und sicherer gestalten und helfen, die vorhandene Infrastruktur optimal zu nutzen. In Österreich bildet die Verkehrsauskunft Österreich (VAO) die Basis für eine Vielzahl von Verkehrsinformationsdiensten. Mit dieser Lösung zählt Österreich europaweit zu den Vorreitern im Hinblick auf die Bereitstellung multimodaler und nutzerInnenfreundlicher Verkehrsinformation, berichtet das Verkehrsministerium.

Ein Teil der Entwicklung von IVS sind so genannte kooperative Systeme (C-ITS) in den Bereichen Güterverkehr und Logistik. Österreich arbeitet gemeinsam mit Deutschland und den Niederlanden an einer durchgängigen Implementierung kooperativer Systeme auf dem hochrangigen Straßennetz mit dem Ziel der Schaffung eines transnationalen Güterverkehrskorridors. Erstmals gab der Verkehrstelematikbericht auch österreichischen Unternehmen die Möglichkeit, sich selbst und ihre innovativen Lösungen zu aktuellen Problemstellungen im Bereich der Mobilität zu präsentieren.

Auch die Bewältigung dieses Aufgabenbereichs fand bei den BundesrätInnen parteiübergreifend volle Anerkennung. Vor dem Hintergrund der Verkehrsbelastung betonte Christoph Längle (F/V) die Notwendigkeit eines guten Verkehrsmanagements. Er begrüßte vor allem auch die Einbindung von Unternehmen in diese Fragen. Die Entwicklung der Verkehrstelematik sei "fulminant und rasant", meinte Rene Pfister (S/N), der insbesondere auf die Notwendigkeit einer engen Kooperation verschiedener Institutionen in Bezug auf die Verkehrsinformation hinwies.

Was den Bahnbereich betrifft, so ist laut Pfister das Kapazitätsmanagement keine Zukunftsmusik; das gibt es schon, sagte er und freute sich, dass Österreich hier Weltmarktführer ist. Pfister wies darauf hin, dass die EU über 80 Mrd. € für die Weiterentwicklung bereitstellt. Er hält es daher für wichtig, dass österreichische Unternehmen daran partizipieren. "Weiter so", hieß es von Nicole Schreyer (T/G), die die Fortschritte bei der Mobilfunkknetzabdeckung in der Bahn hervorhob. (Fortsetzung Bundesrat) sox/jan


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