Parlamentskorrespondenz Nr. 371 vom 30.03.2017

Neues Tierschutzgesetz schafft bessere Haltungsbedingungen für Haustiere

Vorschriften zur Katzenkastration auch in der Debatte des Nationalrats umstritten

Wien (PK) - Das Tierschutzgesetz, das vom Gesundheitsausschuss in einigen Punkten noch präzisiert wurde, fand heute mehrheitliche Zustimmung des Nationalrats. Im Plenum wurde noch von SPÖ und ÖVP ein Abänderungsantrag eingebracht und mehrheitlich angenommen, der unter anderem Details der Anbindehaltung von Rindern zugunsten kleiner Landwirtschaftsbetriebe regelt. Ein Abänderungsantrag der Grünen dazu wurde abgelehnt.

In der Neufassung des Gesetzes werden unter anderem die Standards für die Haltung von Haustieren verbessert. Die Novelle verbietet den Einsatz von Würgehalsbändern für Hunde und andere Praktiken als Tierquälerei und definiert den Zuchtbegriff neu. Unter anderem will man damit die so genannte Qualzucht in dem Griff bekommen, damit Merkmale, die für Tiere gesundheitliche Beeinträchtigungen bedeuten, in der Zucht nicht mehr weitergegeben werden. Begriffe wie Tierasyl, Gnadenhof und Tierpension werden ebenso präzisiert wie der rechtliche Status der Tierschutzombudspersonen und der Fachstelle für tiergerechte Tierhaltung und Tierschutz.

Die Abgeordneten der SPÖ, ÖVP und der NEOS stimmten mit Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner überein, dass mit der Novellierung praxistaugliche Kompromisse erzielt wurden, die dem Ziel des Tierschutzes einerseits und den Interessen von Tierzucht und der Landwirtschaft andererseits entsprechen. Für FPÖ, Grüne und Team Stronach hat auch die Neufassung des Tierschutzgesetzes offene Fragen nicht ausgeräumt.

Einstimmig sprachen sich die Abgeordneten dafür aus, Wachtelhaltung in die Tierhaltungsverordnung aufzunehmen. Die Idee basiert auf einer Entschließung des Team Stronach.

Nicht durchsetzen konnten sich die Grünen mit einem Antrag auf klare Regelungen für die Kastration von Katzen in der bäuerlichen Haltung. Eine unklare Gesetzeslage führe in der Praxis zu Problemen mit Streunerkatzen im Umfeld von Bauernhöfen, argumentieren sie. Nach Meinung der Grünen sollten in Zusammenarbeit mit den Ländern Förderprogramme für Katzenkastrationen entwickelt werden.

FPÖ: Tierschutzgesetz schafft Probleme für kleine Landwirtschaftsbetriebe

Mit dem Hinweis, dass Tierschutz viele Menschen und viele Lebensbereiche betrifft, leitete Josef Riemer (F) seinen Debattenbeitrag ein. Allerdings herrsche nicht in allen Punkten Einigkeit, das zeige auch die aktuelle Novellierung des Tierschutzgesetzes wieder. Sie habe einige Verbesserung gebracht, eine verbesserte Rechtsstellung der Tierschutzombudspersonen sowie eine klare Regelung der Rechtspersönlichkeit der Fachstelle für tiergerechte Tierhaltung und Tierschutz. Auch die genauere Regelung des Auswilderns von Fasanen war überfällig. Allerdings habe man noch immer keine befriedigende Lösung des Problems streunender Katzen gefunden, hier werde Tierelend unnötig prolongiert. Die Novelle schaffe auch Probleme für die kleinstrukturierte Landwirtschaft, für TierärztInnen und TierhalterInnen, die FPÖ lehne sie daher ab.

Nicht zur Gänze überzeugen konnte die Novelle auch den fraktionslosen Abgeordneten Rupert Doppler. Die Einschränkungen der Anbindehaltung von Rindern belaste vor allem kleine landwirtschaftliche Betriebe. Es müsse den LandwirtInnen selbst überlassen bleiben, ob sie Rinder im Anbindehaltung oder im Laufstall halten wollen.

Grüne: Novelle bringt Fortschritte, lässt aber Fragen offen

Die Novelle des Tierschutzgesetz kam unter großem Interesse aus der Bevölkerung und von NGOs zustand, hob Christiane Brunner (G) hervor. Einige Verbesserungen seien dabei noch aufgrund der Begutachtung erreicht. Sie enthalte viele positive Punkte, wie das Verbot des Tätowierens und die Verfärbung von Haut, Federkleid oder Fell von Tieren aus modischen oder kommerziellen Gründen. In einigen Punkten hätte sie aber noch Verbesserungen gewünscht, sagte Brunner und brachte einen Abänderungsantrag ihrer Fraktion ein, in dem unter anderem gefordert wird, dass Zoohandlungen keine Welpen oder Jungkatzen mehr anbieten dürfen. Auch bei Diensthunden solle es keine Ausnahmen bei der Definition von Tierquälerei geben, zudem müsse klar sein, dass schmerzhafte Eingriffe wie Ferkelkastration nur mit Betäubung stattfinden dürfen. Brunner warb auch für den Antrag der Grünen zur genaueren Definition der Katzenzucht, um das Problem der Streunerkatzen im Umfeld von Bauernhöfen zu lösen. Sie appellierte auch, bei einer weiteren Novellierung endlich die noch immer verbreitete grausame Tötung männlicher Küken zu verbieten.

Wolfgang Pirklhuber (G) betonte, dass Tierschutz und Landwirtschaft keine Widersprüche sind. Das Tierwohl habe auch in der Nutztierhaltung seinen Platz und schlage sich in Form verbesserter Leistung positiv nieder. Als eindeutigen Fortschritt sieht Pirklhuber die Zertifizierung der Tiergerechtigkeit von Stalleinrichtungen. Seine Fraktion stimme daher Teilen der Novelle zu. Zur Anbindehaltung stellte er fest, seine Fraktion wolle diese nicht verbieten, mache aber mit ihrem Abänderungsantrag praktikable Vorschläge, wie man sie beschränken könne.

ÖVP: Brauchbare Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft

Die Novelle sei sorgfältig verhandelt worden und biete gute Lösungen, befand Martina Diesner-Wais (V). Sie wies darauf hin, dass die österreichische Landwirtschaft vor einem Wettbewerbsproblem stehe, da andere Länder geringere Standards im Tierschutz hätten. Für KonsumentInnen sei das aber nicht immer ersichtlich. Eine klare Kennzeichnung von heimischen Qualitätsprodukten, die KäuferInnen eine bewusste Entscheidung erleichtert, sei daher nötig. Das wäre auch ein Beitrag zum Tierwohl. Diesner-Wais brachte einen Abänderungsantrag von SPÖ und ÖVP ein, um die Tierschutznovelle um Detailregelungen zur Anbindehaltung von Rindern und den erlaubten Ausnahmen zu ergänzen.

Das Spannungsfeld Tierschutz und Landwirtschaft stellte auch Jakob Auer (V) in den Mittelpunkt. Bedauerlicherweise werde im Namen des Tierschutzes immer wieder die Nutztierhaltung verunglimpft, sagte er. Oft vergesse die Öffentlichkeit, dass die Tierhaltung, vor allem die Rinderhaltung, großes Gefahrenpotenzial berge und dass Jahr für Jahr schwere Arbeitsunfälle von LandwirtInnen, auch mit Todesfolge, zu beklagen seien. In den letzten Jahren habe es auch dramatische Unfälle mit Mutterkühen gegeben, die neben dem verursachten menschlichen Leid auch schwierige Haftungsfragen mit sich bringen. Die Novelle sei insgesamt ein guter Kompromiss und habe viele Verbesserungen erreicht, um vernünftige Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft zu sichern.

Franz Leonhard Eßl (V) verwies darauf, dass in die Verhandlungen über die Novelle Fachleute und VertreterInnen von Interessensgruppen, NGOs und die interessierte Öffentlichkeit eingebunden waren. Die Öffentlichkeit habe leider oft falsche Vorstellungen von Vor- und Nachteilen der Anbindehaltung. Die Ausnahmebestimmungen seien für gewisse Betriebe unumgänglich, es gehe hier um die Existenzgrundlage bäuerlicher Betriebe.

Team Stronach: Tierschutz braucht umfassende Betrachtung

Ulrike Weigerstorfer (T) bezog sich auf die Verpflichtung zum Tierschutz in der österreichischen Verfassung und meinte, die Zugänge, was das im Einzelnen bedeute, seien auch in ihrer Fraktion unterschiedlich. Grundsätzlich müsse aber gelten, dass Tiere, auch wenn sie juristisch als Sache definiert werden, als Mitgeschöpfe zu achten seien. Den im Plenum eingebrachten Abänderungen der Koalition wertete die Tierschutzsprecherin des Team Stronach als Versuch, Kritik zu begegnen, vertrat aber die Ansicht, auch diese würden noch Graubereiche und Schlupflöcher belassen. Ihre Fraktion vertrete die Haltung, dass LandwirtInnen nicht mit unnötigen neuen Vorschriften belastet werden sollten. Sie halte aber die Regelung der Katzenhaltung noch immer für zu schwammig, sagte Weigerstorfer.

Leopold Steinbichler (T) erinnerte daran, dass jede tägliche Konsumentscheidung Auswirkungen auf den Tierschutz habe. Zur Frage der Anbindehaltung stellte er fest, dass der Laufstall dieser nicht immer überlegen sei. Sehr viele Vorschriften seien praxisfern. Auch überschießende Regelungen der Haltung von Katzen auf Bauernhöfen seien abzulehnen.

Regelungen mit Augenmaß haben NEOS überzeugt

Bei den Regelungen für die Tierzucht müsse Augenmaß man bewahren, betonte Gerald Loacker (N), wenn man verhindern wolle, dass sie am Ende nur mehr in anderen Ländern stattfindet. Zweifellos gebe es immer wieder Verbesserungsbedarf beim Tierschutz. Die Vorschläge der Grünen zur Kastration von streunenden Katzen im ländlichen Bereich halte er jedoch für nicht praktikabel.

SPÖ: Umfangreiche Novelle bringt zahlreiche Verbesserungen für Tierhaltung und Zucht

Die Verschärfung der Strafbestimmungen für Tierquälerei sei eine der vielen Verbesserungen des neuen Tierschutzgesetzes, meinte Philip Kucher (S). Das Anbieten von Tieren auf Internetplattformen durch Privatpersonen wird damit ebenso verboten wie die Verwendung von Halsbändern mit Zugmechanismus, die das Atmen des Hundes erschweren. Der Begriff der Katzenzucht wird genauer gefasst. Die tierärztliche Kennzeichnung von Zuchtkatzen mittels eines zifferncodierten, elektronisch ablesbaren Microchips wird ab dem Jahr 2018 verpflichtend.

Auch aus Sicht von SPÖ-Mandatar Dietmar Keck konnten mit der Novelle viele Verbesserungen erreicht werden. So finde sich darin etwa eine genaue Definition wie Tierasyl, Gnadenhof und Tierheim. Auch was eine "Tierpension" ist und die Mindestanforderungen dafür seien jetzt genau definiert. Ebenso müsse dann, wenn Haustiere kurzfristig zur Ab- und Weitergabe gehalten werden, nun auf ausreichende Haltungsbedingungen geachtet und die Tätigkeit der Behörde gemeldet werden. Keck begrüßte auch die Neuformulierung des Zuchtbegriffs und dass jede Tierhaltung zum Zwecke der Zucht als auch zum Zwecke des Verkaufs bewilligungspflichtig ist, wobei für die Land- und Forstwirtschaft eigene Regeln gelten.

Der Abänderungsantrag der Grünen geht für Keck in die falsche Richtung. Für ihn zielt er am Zweck der Regelungen zum Einsatz von Diensthunden vorbei. Hier gehe es sicherlich nicht darum, Bestimmungen über Tierquälerei aufzuweichen, sondern um die praxistaugliche Regelung des Einsatzes von Hunden, etwa im Polizeidienst. Was den umstrittenen Punkt der Katzenkastration betreffe, so sei bereits klar geregelt, in welchen Fällen freilaufende Katzen kastriert werden müssen. Auch für die bäuerliche Haltung habe man bereits adäquate Regeln geschaffen.

Rendi-Wagner: Gesetz schafft Ausgleich verschiedener Interessen

Bundesministerin Pamela Rendi-Wagner begründete die Notwendigkeit der Novelle mit geänderten gesellschaftlichen Bedingungen und Veränderungen in der Landwirtschaft. Das Thema Tierschutz sei stark emotional besetzt und auch die jetzige Novelle werde daher zweifellos nicht alle zufriedenstellen. Viele Vorschläge der Begutachtung konnten jedoch noch eingearbeitet werden, etwa das Verbot der Auswilderung nicht lebensfähiger Jagdtiere. Aus ihrer Sicht habe man nach langwierigen Verhandlungen, die zum Großteil noch von ihrer verstorbenen Vorgängerin Sabine Oberhauser geführt wurden, einen guten Kompromiss zwischen den verschieden Interessengruppen erzielen können. (Fortsetzung Nationalrat) sox