Parlamentskorrespondenz Nr. 670 vom 07.06.2017

Nationalrat: Team Stronach drängt auf öffentliche Ausschusssitzungen

Fristsetzungsantrag findet keine Mehrheit

Wien (PK) – In den Fachausschüssen des Nationalrats werden Gesetzentwürfe und andere Verhandlungsgegenstände meist unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorberaten. Nur in bestimmten Fällen, etwa wenn zu bedeutenden Gesetzesvorhaben Expertenhearings abgehalten werden oder Berichte der Regierung zur Diskussion stehen, können MedienvertreterInnen und interessierte ZuhörerInnen die Debatte verfolgen. Das ist dem Team Stronach ein Dorn im Auge. Durch mehr Transparenz würde die Arbeit der Opposition besser ersichtlich und die Qualität der parlamentarischen Arbeit insgesamt steigen, ist Leopold Steinbichler überzeugt.

Eine Änderung der Geschäftsordnung des Nationalrats in Richtung öffentliche Ausschusssitzungen ist allerdings nicht in Sicht. Die Mehrheit der Abgeordneten lehnte in der heutigen Plenarsitzung einen Fristsetzungsantrag des Team Stronach ab. Steinbichler hatte damit erreichen wollen, dass über seinen im vergangenen Dezember eingebrachten Gesetzesantrag (1960/A) bis zum 24. Juni 2017 im GO-Ausschuss abgestimmt wird. Es handle sich um ein wichtiges Anliegen, das man nicht bis nach den Wahlen aufschieben sollte, argumentierte er. Derzeit würden die BürgerInnen gar nicht mitbekommen, wie intensiv in den Ausschüssen gearbeitet werde. Durch entsprechende Informationen würde man den BürgerInnen auch die Möglichkeit geben, sich selbst stärker einzubringen.

Nicht überzeugt ist SPÖ-Verfassungssprecher Peter Wittmann. Es habe schon seinen Sinn, dass Ausschüsse grundsätzlich nicht öffentlich sind, hielt er fest. Öffentliche Beratungen würden sich negativ auf die Kompromissbereitschaft auswirken und Klientelpolitik fördern. Damit würden Einigungen erschwert. Man habe außerdem die Erfahrung gemacht, dass kaum jemand in öffentliche Ausschusssitzungen komme. Zielführender wäre es nach Meinung von Wittmann, jene Teile der Ausschusssitzungen, die bereits jetzt öffentlich sind, besser zu bewerben und etwa Live-Streams bzw. Videos auf Abruf anzubieten.

Ähnlich wie Wittmann argumentierten auch Wolfgang Gerstl (V) und Axel Kassegger (F). Ausschüsse seien Beratungsgremien, es müsse die Möglichkeit geben, unterschiedliche Positionen abseits des Schielens auf die Öffentlichkeit auszutauschen, machte Gerstl geltend und warnte davor, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Viele Ausschussdebatten seien zudem schon jetzt öffentlich, so würden etwa die für EU-Angelegenheiten zuständigen Ausschüsse öffentlich tagen.

Man spreche anderes und präsentiere sich anders, wenn die Öffentlichkeit dabei ist, fürchtet auch Kassegger eine sinkende Konsensbereitschaft in öffentlichen Ausschüssen. Er hält das derzeitige System für in sich schlüssig und die bestehende Rechtslage für ausreichend. Man könne aber darüber nachdenken, die bestehenden technischen Möglichkeiten bei öffentlichen Ausschusssitzungen besser zu nutzen. Anders als die Koalitionsparteien stimmte die FPÖ dem Fristsetzungsantrag dennoch zu, um die Beratungen über den Antrag des Team Stronach zu beschleunigen.

Sympathie für die Initiative des Team Stronach bekundeten lediglich die NEOS und die Grünen. Ausschüsse würden nicht dazu genutzt, um um Kompromisse zu ringen, hielten Dieter Brosz (G) und Nikolaus Scherak (N) Abgeordnetem Wittmann entgegen. Es gebe zwar immer wieder All-Parteiengespräche über einzelne Materien, derartige Verhandlungen würden aber außerhalb der Ausschüsse stattfinden. Wären die Ausschusssitzungen öffentlich, wären die Regierungsparteien gezwungen, die verbreitete Praxis zu überdenken, Oppositionsanträge ohne schlüssige Begründung zu vertagen, hoben Brosz und Scherak hervor. Scherak plädierte auch insgesamt für mehr Transparenz im Gesetzgebungsprozess und in der öffentlichen Verwaltung.

Eine Reihe von Fristsetzungsanträgen hat auch die FPÖ eingebracht. Die Abstimmung darüber wird am Ende der heutigen Sitzung erfolgen. (Fortsetzung Nationalrat) gs