Parlamentskorrespondenz Nr. 696 vom 09.06.2017

Neu im Sozialausschuss

Anträge der Koalition zum Arbeitnehmerschutz, zur Arbeitszeit von ApothekerInnen, zum Insolvenz-Entgelt-Fonds und zum BUAG

Arbeitnehmerschutz: Gesetzesnovelle soll Bürokratie für Unternehmen verringern

Wien (PK) – Auf eine Verringerung der Bürokratie für Unternehmen zielt das von SPÖ und ÖVP gemeinsam vorgelegte ArbeitnehmerInnenschutz-Deregulierungsgesetz ab (2228/A). Insbesondere sollen Aufzeichnungs- und Meldepflichten gestrichen und Präventionsvorschriften entrümpelt werden. Gleichzeitig  wird die vorzeitige Freistellung schwangerer Mitarbeiterinnen aus gesundheitlichen Gründen vereinfacht. Auch in Bezug auf den Nichtraucherschutz sind neue Bestimmungen vorgesehen. Geändert werden mit der Sammelnovelle das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Arbeitsinspektionsgesetz, das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsruhegesetz, das Mutterschutzgesetz, das ASVG, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz und das Arbeitsplatz-Sicherungsgesetz.

Im Konkreten sieht der Antrag etwa den Entfall der Aufzeichnungspflicht für Beinahe-Unfälle sowie die Streichung von Meldepflichten für erlaubte Tätigkeiten während der Wochenend- und Feiertagsruhe vor. Auch Verzeichnisse jener ArbeitnehmerInnen, die für die Durchführung von Tätigkeiten bestimmte Fachkenntnisse benötigen, müssen nicht mehr geführt werden. In die verpflichtende Präventionszeit können auch Arbeitsplatzerstevaluierungen eingerechnet werden. Sind in einer Arbeitsstätte maximal zehn ArbeitnehmerInnen beschäftigt, die Büroarbeiten oder ähnliche Tätigkeiten verrichten, verlängert sich das Begehungsintervall von zwei auf drei Jahre. Das Arbeitsinspektorat wird nicht mehr die Möglichkeit haben, in besonderen Fällen verlängerte Ruhepausen vorzuschreiben.

Was das Mutterschutzgesetz betrifft, soll ab 2018 für eine vorzeitige Freistellung schwangerer MitarbeiterInnen bei bestimmten medizinischen Indikationen keine Überprüfung des Facharztattests durch Amts- bzw. ArbeitsinspektionsärztInnen mehr nötig sein. Wer ausschließlich an Wochenenden oder Feiertagen arbeitet, braucht im Falle einer Schwangerschaft außerdem in Hinkunft keine ausdrückliche Genehmigung mehr. Gleiches gilt für Auftritte schwangerer Künstlerinnen bis 24 Uhr.

Ergänzt werden die Bestimmungen über den Nichtraucherschutz. In Anlehnung an die jüngste Tabakgesetznovelle wird das Rauchen in Arbeitsstätten künftig grundsätzlich verboten sein. Es dürfen aber spezielle Raucherräume eingerichtet werden, wenn gewährleistet ist, dass der Tabakrauch nicht in andere Räumlichkeiten dringt. Aufenthalts-, Bereitschafts-, Sanitäts- und Umkleideräume sind jedoch in jedem Fall tabu.

Arbeitszeiten für ApothekerInnen werden an EU-Recht angepasst

Die Arbeitszeiten für ApothekerInnen müssen an EU-Recht angepasst werden. Analog zu Krankenanstalten sollen künftig verlängerte Dienste von bis zu 32 Stunden und durchschnittliche Wochenarbeitszeiten von bis zu 60 Stunden nicht mehr möglich sein. Einen entsprechenden Gesetzentwurf haben SPÖ und ÖVP eingebracht (2233/A).

Hintergrund für die Gesetzesnovelle ist die ständige Rechtsprechung des EuGH, wonach Bereitschaftszeiten, bei denen ArbeitnehmerInnen am Arbeitsplatz physisch anwesend sein müssen, als Arbeitszeit und nicht als Ruhezeit zu betrachten sind. In diesem Sinn werden in Apotheken ab dem Jahr 2020 nur noch verlängerte Dienste bis zu maximal 25 Stunden möglich sein. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit darf innerhalb eines Zeitraums von 17 Wochen 48 Stunden nicht überschreiten. Bis Ende 2019 gilt eine Übergangsfrist, wobei überlange Dienste in diesem Zeitraum der ausdrücklichen Zustimmung der betroffenen Beschäftigten bedürfen.

Die Ausnahmeregelungen betreffen, wie schon jetzt, ausschließlich ApothekenleiterInnen und berufsberechtigte ApothekerInnen. Für das übrige in Apotheken beschäftigte Personal gelten die allgemeinen Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes. In Kraft treten soll die Novelle am 1. Jänner 2018.

Änderungen im Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz

Beantragt haben SPÖ und ÖVP auch eine Änderung des Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetzes (2234/A). Insbesondere geht es um die Auszahlung von Ansprüchen aus beim insolventen Arbeitgeber erworbenen Zeitausgleichsguthaben durch den Insolvenz-Entgelt-Fonds. Für die entsprechenden Leistungsansprüche gilt künftig ein gesonderter Grenzbetrag, zudem soll eine Sonderregelung die rasche Berechnung jenes Betrags ermöglichen, der den ehemals Beschäftigten zusteht.

Zudem wird dem Insolvenz-Entgelt-Fonds mit der Gesetzesnovelle die Möglichkeit eingeräumt, beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger nicht nur wie bisher die Versicherungsdaten jener Beschäftigten abzufragen, die von der Insolvenz eines Unternehmens betroffen sind, sondern auch die Daten insolventer Arbeitgeber. Damit will man dem Fonds die Durchsetzung von Forderungen gegenüber Schuldnern erleichtern und bürokratischen Aufwand reduzieren.

Weiterer Schritt gegen Sozialbetrug in der Baubranche

Statistische Erhebungen durch die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) haben ergeben, dass es in der Baubranche Unternehmen mit einem beträchtlichen Anteil an Teilzeitbeschäftigten gibt. Zudem ist auffällig, dass davon vorrangig ausländische ArbeitnehmerInnen betroffen sind. Es besteht der Verdacht, dass in solchen Fällen nur ein Teil der Arbeitsleistung offiziell abgegolten wird und sich die Unternehmen dadurch Entgelte, Zuschläge und sonstige Abgaben ersparen. Um dem entgegenzuwirken, schlagen die Koalitionsparteien eine Änderung des Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes (BUAG) vor (2241/A).

Darüber hinaus sieht die Novelle vor, die Verzugszinsen für säumige Baufirmen zu verringern und den Verwaltungsaufwand der BUAK bei Auszahlungen im Todesfall zu reduzieren. Mit einem eigenen, an die Bedürfnisse der Bauwirtschaft angepassten Modell der Altersteilzeit will man ein Abwandern 50- bis 60-jähriger BauarbeiterInnen aus der Baubranche verhindern.

Zur Eindämmung von Sozialbetrug und Unterentlohnung sollen insbesondere neue Meldevorschriften beitragen. Wer BauarbeiterInnen nur Teilzeit oder fallweise beschäftigt, muss künftig nicht nur vor der Aufnahme der Arbeit das vereinbarte Beschäftigungsausmaß und die Lage der Arbeitszeit sowie den Einsatzort melden, sondern auch jegliche Änderung dieser drei Parameter. Werden die Meldevorschriften verletzt, können die Behörden im Falle einer Kontrolle von einer Vollzeitbeschäftigung ausgehen, wobei es den Unternehmen obliegt, diese Vermutung zu widerlegen. Gleichzeitig soll regelmäßige Mehrarbeit künftig zuschlagspflichtig sein. (Schluss) gs