Parlamentskorrespondenz Nr. 710 vom 12.06.2017

Neu im Finanzausschuss

Multilaterales Übereinkommen gegen Steuervermeidung

Wien (PK) – Zur Verhinderung von Steuerverkürzung und Steuerverlagerung im sich ändernden globalen Geschäftsumfeld liegt dem Nationalrat ein Übereinkommen (1670 d.B.) zur Umsetzung multilateraler, steuerbezogener Maßnahmen im Rahmen von Doppelbesteuerungsabkommen zur Genehmigung vor (Multilateral Convention to Implement Tax Treaty-Related Measures to Prevent Base Erosion and Profit Shifting, MLI). Erklärtes Ziel ist einerseits, dass zwischenstaatlich der Ort, an dem die steuerpflichtigen Gewinne ausgewiesen werden, besser mit dem Ort übereinstimmt, an dem die Wirtschaftstätigkeit stattfindet sowie die Wertschöpfung erfolgt und dass damit der Verlust von Unternehmenssteuereinnahmen verhindert wird. Außerdem soll durch Verbesserung der internationalen Streitbeilegung die Rechtssicherheit für betroffene Unternehmen erhöht werden. Zudem will Österreich ein verbindliches Schiedsverfahren in die Abkommen aufnehmen. Die Maßnahmen sollen doppelte Nichtbesteuerung, etwa durch aggressive Steuerplanung, und Abkommensmissbrauch verhindern, allerdings nicht zur ungewollten Doppelbesteuerung für gesetzestreue Steuerpflichtige führen.

Umsetzung des BEPS-Aktionsplans in Doppelbesteuerungsabkommen

Hintergrund des MLI-Übereinkommens ist der Aktionsplan der OECD und G-20-Länder zur Bekämpfung von Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (Base Erosion and Profit Shifting, BEPS). Der BEPS-Aktionsplan zielt darauf ab, sicherzustellen, dass Gewinne auch dort besteuert werden, wo die tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit und die Wertschöpfung stattfinden. In diesem Rahmen wurden insbesondere auch Maßnahmen und Anpassungen für Doppelbesteuerungsabkommen, so in Form des vorliegenden Übereinkommens MLI, erarbeitet. Österreich hat sich im Rahmen seiner Teilnahme am BEPS-Projekt zur Umsetzung aller erforderlichen Maßnahmen, somit auch des Übereinkommens MLI, verpflichtet.

Das Übereinkommen ermöglicht eine rasche, international abgestimmte und einheitliche Umsetzung der steuerabkommensbezogenen BEPS-Maßnahmen in einem multilateralen Zusammenhang, heißt es in den Erläuterungen zum Übereinkommen. Durch die Unterzeichnung des MLI sei eine zeitgleiche und effiziente Anpassung der Doppelbesteuerungsabkommen eines Staates möglich, ohne umfangreiche Ressourcen für bilaterale Neuverhandlungen der einzelnen Doppelbesteuerungsabkommen zu beanspruchen.

Das MLI beinhaltet sowohl verpflichtend aufzunehmende Mindeststandards, aber auch zusätzliche, optionale und alternative Bestimmungen, die in den Vorbehalten und Notifikationen zum Ausdruck kommen. Für Maßnahmen betreffend "Treaty Shopping", Abkommensmissbrauch und Streitbeilegung wurde vereinbart, diese einheitlich umzusetzen. Eine größere Zahl an optionalen sowie alternativen Bestimmungen können die Staaten freiwillig und zum Teil auch einseitig in das Doppelbesteuerungsabkommen aufnehmen. Die jeweiligen Positionen Österreichs in Bezug auf diese Optionen und Alternativen kommen in den österreichischen Vorbehalten und Notifikationen zum MLI zum Ausdruck.

Österreich hat die gewünschte Anwendung des Übereinkommens auf 38 Abkommen bekannt gegeben. Der Geltungsbereich des MLI in Bezug auf Abkommen ist davon abhängig, dass auch Österreichs Vertragspartner die jeweiligen Abkommen in ihre Notifikation eingeschlossen haben. Nur wenn beide Doppelbesteuerungsabkommenspartner das MLI auf ein Abkommen anwenden wollen, wird dieses zu einem grundsätzlich unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommen und fällt in den Geltungsbereich des MLI. Sowohl Österreich als auch der jeweilige Partnerstaat haben bereits angegeben, dass sie das MLI auf das entsprechende Abkommen anwenden wollen.

Durch die Unterzeichnung des MLI trage Österreich den jüngsten Arbeiten auf Ebene der OECD und G-20 zur Bekämpfung von BEPS Rechnung und stelle sicher, dass österreichische Doppelbesteuerungsabkommen dem neuesten Stand des internationalen Steuerrechts entsprechen, heißt es weiter in den Erläuterungen. Durch den neuesten Entwicklungen im internationalen Steuerrecht entsprechende Doppelbesteuerungsabkommen soll der Standort Österreich für den weiteren Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen gestärkt werden. Gleichzeitig werde durch die Vermeidung von BEPS das österreichische Steueraufkommen gesichert.

Finanzielle Auswirkung und Folgenabschätzung

Zu etwaigen finanziellen Mehrkosten heißt es im Vorblatt, dass in weiten Bereichen die Bestimmungen des Abkommens bereits den derzeit in Österreich praktisch umgesetzten Maßnahmen und Regelungen entsprechen, sodass daraus keine wesentlichen finanziellen Auswirkungen zu erwarten sind. Umgekehrt sei das konkrete Ausmaß aggressiver Steuerplanung schwer abschätzbar. Hierzu wird in der Folgenabschätzung angeführt, dass ohne Umsetzung des Übereinkommens Österreich vermehrt der aggressiven internationalen Steuerplanung auf abkommensrechtlicher Ebene ausgesetzt wäre und aufgrund der Gewinnverlagerung in Niedrigsteuerländer weiterhin Einnahmen verlieren würde. Ein genaues Ausmaß der Gewinnverlagerung könne zwar nicht ermittelt werden, allerdings sei das Potential dafür relativ hoch, da in Österreich viele Tochtergesellschaften ausländischer Konzerne ansässig sind. (Schluss) mbu