Parlamentskorrespondenz Nr. 481 vom 03.05.2018

Neu im Verfassungsausschuss

Weiteres Materien-Datenschutz-Anpassungsgesetz mit 103 Gesetzesnovellen

Wien (PK) – Zwei Gesetzespakete zur Anpassung dutzender Materiengesetze an die neuen EU-Vorgaben in Sachen Datenschutz hat das Parlament auf Basis von Regierungsvorschlägen bereits beschlossen, nun hat die Regierung ein drittes Paket mit insgesamt 103 Gesetzesnovellen vorgelegt (108 d.B.). Dieses Mal stehen Gesetze im Zuständigkeitsbereich des Außenministeriums, des Finanzministeriums, des Gesundheitsministeriums, des Sportministeriums und des Verkehrsministeriums im Fokus, wobei die Palette der betroffenen Materien vom Integrationsgesetz über das Bankwesengesetz bis hin zum Musterschutzgesetz reicht.

Wie bei den ersten beiden Sammelnovellen (siehe 65 d.B. und 67 d.B. ) geht es vorrangig um terminologische und inhaltliche Anpassungen sowie die Nutzung von der EU eingeräumter Spielräume. Nicht alle vorgesehenen Adaptierungen stehen allerdings in Zusammenhang mit dem Datenschutz. So wird etwa auch neuen EU-Vorgaben im Finanzmarktbereich Rechnung getragen und mit der einen oder anderen Gesetzesbestimmung auf Vollzugserfahrungen in der Praxis und unerwünschte Entwicklungen reagiert. Alles in allem ist das Gesetzespaket 110 Seiten stark, am hohen Datenschutzniveau soll sich durch die Adaptierungen den Erläuterungen zufolge nichts ändern.

Gesundheitsberufe: Neue Informationspflichten für Staatsanwaltschaft

Konkret wird mit der Sammelnovelle etwa sichergestellt, dass Angehörige der Gesundheits- und Pflegeberufe weiterhin notwendige Dokumentationen führen können. Dazu gehören etwa die Pflegedokumentation sowie Aufzeichnungen von Hebammen, medizinisch-technischen Diensten, Ärzten und Psychotherapeuten. Eine Weiterverarbeitung gesammelter Daten für Forschungszwecke oder statistische Zwecke ist – mit Ausnahmen – grundsätzlich nur in pseudonymisierter Form gestattet. Eine neue rechtliche Grundlage braucht es überdies für Datenverarbeitungen durch die jeweiligen Berufsvertretungen und die zuständigen Aufsichtsbehörden, etwa was Ärztelisten, die Entziehung von Berufsberechtigungen oder gefälschte Berufsqualifikationen betrifft.

Darüber hinaus reagiert die Regierung – in Anlehnung an eine vom Nationalrat im Oktober gefasste Entschließung – mit dem Gesetzespaket auf den im vergangenen Jahr öffentlich gewordenen Pflegeskandal in Kirchstetten. Neue Informationspflichten der Staatsanwaltschaften über eingeleitete bzw. abgeschlossene Strafverfahren gegen Angehörige von Gesundheits- und Pflegeberufen sollen künftig verhindern, dass etwa PflegerInnen, gegen die der dringende Verdacht des Quälens von Heiminsassen besteht, vor der Klärung des Sachverhalts einen Arbeitsplatz in einer anderen Pflegeeinrichtung finden.

Im Fortpflanzungsmedizingesetz soll unter anderem ausdrücklich festgeschrieben werden, dass Aufzeichnungen über Personen, die Samen oder Eizellen zur Verfügung stellen, bzw. über Paare, für die Samen oder Eizellen zur Verfügung gestellt werden, auf Dauer aufzubewahren sind. Damit will man das Auskunftsrecht des mit dem Samen oder den Eizellen einer dritten Person gezeugten Kindes wahren. Im Zusammenhang mit Organentnahmen für Organtransplantationen ist ein vereinfachter Zugang zum von der Gesundheit Österreich geführten Widerspruchsregister vorgesehen.

Weitere Adaptierungen betreffen Apotheken, die Apothekerkammer und die Tierärztekammer. Im Zuge der Behandlung von Suchtkranken wird u.a. das Widerspruchsrecht von PatientInnen gegen Datenverarbeitungen eingeschränkt, um den Behandlungserfolg nicht zu gefährden.

Neuer Schuldtitel im Banken-Insolvenzrecht

Im Finanzmarktteil des Gesetzespakets geht es abseits des Datenschutzes unter anderem um Sanktionsbefugnisse der Finanzmarktaufsicht (FMA) in Bezug auf den neuen EU-weiten Rechtsrahmen für Geldmarktfonds sowie um diverse gesetzliche Adaptierungen, die sich aus Sicht der Praxis als zweckmäßig erwiesen haben. So ist etwa vorgesehen, die für Immobilienspezialfonds geltende Begrenzung von höchstens zehn Anlegern auf maximal zwanzig zu erhöhen und weitere Erleichterungen für derartige Fonds zu normieren. Außerdem soll die Besteuerung von Immobilienfonds an die Besteuerung von Kapitalanlagefonds angenähert werden.

In Umsetzung einer EU-Richtlinie wird im österreichischen Banken-Insolvenzrecht ein neuer "nicht bevorrechtigter" Schuldtitel als Unterkategorie der unbesicherten vorrangigen Schuldtitel verankert. Eine automationsunterstützte Übernahme von Daten aus dem Firmenbuch soll bürokratische Entlastungen in Bezug auf bestimmte Eintragungen in das Register der wirtschaftlichen Eigentümer von Unternehmen bringen.

Detaillierte Regelungen für Transparenzdatenbank

In Zusammenhang mit dem neuen Datenschutzregime stehen ergänzende Bestimmungen im Bundeshaushaltsgesetz. So sind etwa hinsichtlich der Haushaltsführung Auskunftsrechte und Löschungsverpflichtungen zu verankern. Zudem braucht es detaillierte Regelungen für die Transparenzdatenbank, wobei der Finanzminister als datenschutzrechtlicher Verantwortlicher für das Portal festgeschrieben wird. Ausnahmen von allgemeinen Datenschutzbestimmungen sollen u.a. gewährleisten, dass die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung nicht unterlaufen werden kann.

Gemeinsame Datenverarbeitung durch Integrationsfonds und AMS

Im Zuständigkeitsbereich des Außenministeriums wird u.a. die gemeinsame Verarbeitung personenbezogener Daten durch den Integrationsfonds, das AMS und die für die Grundversorgung von Flüchtlingen zuständigen Behörden geregelt. Im Sportbereich betroffen sind insbesondere das Bundes-Sportförderungsgesetz und das Anti-Doping-Bundesgesetz.

Im Führerscheingesetz ist u.a. darauf Bedacht zu nehmen, dass das Führerscheinregister nicht mehr als Informationsverbundsystem geführt werden kann, weil die EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ein solches Konstrukt nicht kennt. Für die Eintragung der Daten und damit als Ansprechpartner für Betroffene bleiben aber die zuständigen Behörden verantwortlich. Zudem ist es sowohl im Führerscheingesetz als auch im Kraftfahrgesetz notwendig, die mehrfach verwendete Bezeichnung "anonymisiert" durch "pseudonymisiert" zu ersetzen, ohne dass das Änderungen beim Schutzniveau zur Folge hat. Im Patentgesetz werden Vorkehrungen getroffen, um das uneingeschränkt einsehbare Patentregister fortführen zu können.

In Kraft treten soll der Großteil des Gesetzespakets gemeinsam mit der EU-Datenschutz-Grundverordnung und der neuen Datenschutz-Richtlinie für die Bereiche Innere Sicherheit und Justiz am 25. Mai 2018. (Schluss) gs