Parlamentskorrespondenz Nr. 567 vom 22.05.2018

Neu im Verfassungsausschuss

SPÖ-Anträge zu Regierungstransparenz, Vorabprüfung von Staatsverträgen, Volksentscheiden und zur Besetzung von EU-Organen

Wien (PK) – Mit einem eigenen Gesetz will die SPÖ die Regierung zu umfassender Transparenz verpflichten. Außerdem spricht sie sich dafür aus, die Rechte des Parlaments bei der Nominierung wichtiger österreichischer EU-VerteterInnen zu stärken und dem Verfassungsgerichtshof die Möglichkeit zu geben, Staatsverträge vorab zu prüfen. Objektive und verständliche Informationsbroschüren sollen der Bevölkerung eine Entscheidung bei Volksabstimmungen und Volksbefragungen erleichtern. Wichtig ist der SPÖ darüber hinaus ein soziales Europa.

SPÖ will Regierung mit eigenem Gesetz zu Transparenz verpflichten

Das von SPÖ-Verfassungssprecher Peter Wittmann vorgeschlagene und acht Paragraphen umfassende Bundesregierungs-Transparenz-Gesetz sieht unter anderem eine Veröffentlichung der Tagesordnungen und Beschlussprotokolle von Ministerratssitzungen sowie die Anfertigung stenographischer Protokolle über die Beratungen im Ministerrat vor (239/A). Ebenso sollen die Regierungsmitglieder grundsätzlich verpflichtet werden, sämtliche in Auftrag gegebene Gutachten und Expertisen sowie alle dienstlichen Termine – mit besonderem Fokus auf Treffen mit Lobbyisten – zu veröffentlichen. Auch in Bezug auf erhaltene Gastgeschenke wird Transparenz verlangt.

Was Gesetzesvorhaben der Regierung bzw. der Ministerien betrifft, soll laut Antrag im Gesetz eine verpflichtende sechswöchige Begutachtungsfrist – mit einer Verkürzungsmöglichkeit auf drei Wochen in begründeten Ausnahmefällen – verankert werden. Gleiches will die SPÖ für Verordnungen normieren. In Kraft treten soll das Gesetz im Juli 2018.

VfGH soll Staatsverträge schon vorab prüfen können

Mit einem Antrag auf Änderung der Bundesverfassung will die SPÖ dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) die Möglichkeit einräumen, Staatsverträge bereits vor ihrem Abschluss auf mögliche Verfassungs- bzw. Gesetzeswidrigkeiten zu prüfen (240/A). Für derartige Prüfungen soll eine Frist von vier Wochen gelten, innerhalb der ein Abschluss des Vertrags nicht zulässig wäre. Vorgeschlagen wird außerdem eine Präzisierung jener Bestimmungen, die die Vorgehensweise im Falle der Aufhebung eines bereits geltenden Staatsvertrags regeln.

Informationsbroschüre für Volksabstimmungen und Volksbefragungen

Ein weiteres Anliegen ist der SPÖ die Bereitstellung einer ausgewogenen, leicht verständlichen Informationsbroschüre vor Volksabstimmungen und Volksbefragungen durch die Bundesregierung (241/A). In der Broschüre sollen den pro- und contra-Argumenten zum Abstimmungs- bzw. Befragungsgegenstand gleich viel Raum eingeräumt sowie die budgetären Belastungen für Bund, Länder und Gemeinden und sonstige besondere Auswirkungen dargestellt werden. Bildmaterial und wortgemäße Zitate aus Abstimmungskampagnen wären hingegen ausdrücklich untersagt. An die Gegenüberstellung der Argumente sollen kurze Stellungnahmen der Parlamentsparteien angefügt werden können. Die Broschüre sollte dem Antrag zufolge auf Deutsch und Englisch zur Verfügung gestellt werden, und zwar spätestens vier Wochen vor dem Abstimmungs- bzw. Befragungstag.

Durch die vorgeschlagenen Bestimmungen solle gewährleistet werden, dass BürgerInnen vor Volksabstimmungen und Volksbefragungen die Möglichkeit haben, sich umfassend über das jeweilige Thema zu informieren, heißt es in der Begründung der Initiative.

Österreichischer EU-Kommissar soll vom Nationalrat nominiert werden

Ausweiten will die SPÖ darüber hinaus die Rechte des Parlaments in Bezug auf die Nominierung österreichischer VertreterInnen für wichtige EU-Organe (256/A). Demnach soll der Nationalrat künftig das alleinige Vorschlagsrecht für die österreichischen Mitglieder in der EU-Kommission, im Europäischen Gerichtshof, im Europäischen Rechnungshof und im Verwaltungsrats der Europäischen Investitionsbank haben. Derzeit liegt die Entscheidung in der Hand der Regierung, wobei jeweils ein Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrats herzustellen ist.

Das Prozedere im Nationalrat für die einzelnen Nominierungen soll laut Antrag allenfalls durch Regelungen im Geschäftsordnungsgesetz genauer determiniert werden. Die Antragsteller Jörg Leichtfried und Peter Wittmann gehen jedenfalls von einer öffentlichen Bekanntmachung der anstehenden Postenbesetzung durch den Nationalratspräsidenten, einem öffentlichen Hearing in einem Ausschuss und die Durchführung einer Wahl im Plenum des Nationalrats – mit einfacher Mehrheit – aus. Die vorgeschlagenen Bestimmungen schließen auch nicht aus, dass für eine Funktion mehrere Personen von österreichischer Seite vorgeschlagen werden, heißt es dazu in den Erläuterungen.

Begründet wird die beantragte Verfassungsänderung von der SPÖ damit, dass die derzeitige Vorgangsweise bei den entsprechenden Postenbesetzungen immer wieder für Kritik sorge. Die geltende Regelung verpflichte die Bundesregierung weder dazu, die zu besetzenden Funktionen auszuschreiben noch allfällige Bewerbungen offenzulegen. Auch die Gründe für die Entscheidung für eine bestimmte Person blieben meist im Dunkeln.

Ergänzung der EU-Verträge um ein "Soziales Fortschrittsprotokoll"

Ein von der SPÖ vorgelegter Entschließungsantrag zielt auf die stärkere Verankerung sozialer Grundrechte im EU-Primärrecht ab (257/A(E)). Bundeskanzler Sebastian Kurz, EU-Minister Gernot Blümel und Außenministerin Karin Kneissl sollen aufgefordert werden, sich im Zuge allfälliger EU-Vertragsänderungen für eine Ergänzung der EU-Verträge um ein "Soziales Fortschrittsprotokoll" stark zu machen.

Das Brexit-Votum habe gezeigt, dass das Vertrauen der Menschen in die Europäische Union zurückgewonnen werden und die europäische Solidarität gestärkt werden müsse, hebt Jörg Leichtfried in den Erläuterungen zum Antrag hervor. Es sei Zeit, einen Kurswechsel zu einem Europa der Menschen vorzunehmen, die EU dürfe kein Europa der Konzerne sein. Ein erster Schritt in die richtige Richtung war nach Meinung Leichtfrieds die Proklamierung einer sozialen Säule der EU durch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, es brauche aber verbindliche Rechtsakte. (Schluss) gs