Parlamentskorrespondenz Nr. 858 vom 11.07.2018

Bundesrat besiegelt Familienbonus Plus

Neuerlich umfassende Oppositionskritik, Koalition bekräftigt Meilenstein in Familienentlastung

Wien (PK) – Die Länderkammer hat heute mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ die intensiv diskutierten Gesetzesmaßnahmen zum Familienbonus Plus besiegelt. Staatsekretär Hubert Fuchs bekräftigte die Maßnahmen als gezielte Entlastung für SteuerzahlerInnen. Die Opposition kritisierte neuerlich eine massive Benachteiligung von Einkommensschwächeren. Mehrheitlich angenommen wurde eine Entschließung von ÖVP und FPÖ, wonach Auslandsbedienstete in den Maßnahmen nicht benachteiligt werden sollen. Keine Mehrheit in der Länderkammer fand ein von David Stögmüller (Grüne/O) eingebrachter Antrag. Er fordert eine sozial gerechte Familienförderung über alle Einkommensgruppen hinweg und darüber hinaus, die Auswirkungen der Steuermaßnahmen auf die Gemeinden und Länder im Finanzausgleich abzufedern.

Zu Beginn der Sitzung wurde die neue Bundesrätin Andrea Kahofer (SPÖ/N) angelobt. Sie folgt René Pfister (SPÖ/N), der mit seiner Wahl zum Abgeordneten des Niederösterreichischen Landtags auf sein Mandat in der Länderkammer verzichtet hat.

SPÖ ortet "Familienmalus" statt Familienbonus Plus

Mit der finanzpolitischen Sammelnovelle bringt die Regierung den Familienbonus Plus als eines ihrer großen Vorhaben auf Schiene. Damit sollen vor allem steuerlich besonders belastete, berufstätige Eltern entlastet werden. Für sie wird es ab 1. Jänner 2019 einen Absetzbetrag von bis zu 1.500 € pro Kind und Jahr geben, wenn sie Einkommensteuer bezahlen. Bei Familien mit Jugendlichen über 18 Jahren beträgt die Entlastung bis zu 500 € im Jahr, solange Familienbeihilfe bezogen wird. Um auch geringverdienende AlleinerzieherInnen und AlleinverdienerInnen mit Kindern zu unterstützen, ist eine Steuererstattung (Kindermehrbetrag) von zumindest 250 € pro Kind vorgesehen. Wenn Kinder ständig in einem anderen EU-Land, im EWR-Raum oder der Schweiz leben, wird der Familienbonus – ebenso wie der Alleinverdiener- und Alleinerzieherabsetzbetrag sowie der Unterhaltsabsetzbetrag – an das Preisniveau des jeweiligen Landes angepasst (Indexierung).

Die Maßnahmen der Regierung kommen viel mehr einem "Familienmalus" gleich, kritisierte die SPÖ den Familienbonus Plus nachdrücklich. Ewald Lindinger (SPÖ/O), Daniela Gruber-Pruner (SPÖ/W) und Andrea Kahofer (SPÖ/N) orten große Ungerechtigkeit und eine einzige Benachteiligung der Schwächeren in der Gesellschaft. Bevorzugt würden jene, die besser verdienen, bemängelte etwa Ewald Lindinger. Zudem stelle sich die Frage, ob das Geld wirklich bei den betroffenen Kindern ankomme. Auch von Entbürokratisierung sei in dem komplizierten Regelwerk keine Spur. Lindinger kann nicht nachvollziehen, warum nicht einmal für beeinträchtigte Kinder Erleichterungen vorgesehen sind, die Europakonformität sei ebenso unklar. Insgesamt bringe das Jahressteuergesetz mit seinen vielen Tücken in ebenso vielen Bereichen Nachteile. Etwa 116.000 Kinder, die in Österreich in Armut aufwachsen, gehen leer aus, unterstrich Daniela Gruber-Pruner die Kritik. Das betreffe vor allem AlleinerzieherInnen, Studierende und hauptsächlich Frauen, die nicht profitieren, plädierte Gruber-Pruner für gleiche Chancen für alle Kinder und gegen ein solches gesellschaftliches Gefälle, wie es die BefürworterInnen hier in Kauf nehmen würden. Wesentlich nachhaltiger wäre aus ihrer Sicht gewesen, in die Kinderbildung statt in derartige Steuerzuckerl zu investieren, so die Bundesrätin der SPÖ. Sie verwies auch darauf, dass die Gemeinden Einbußen zu befürchten hätten. Tatsächlich würden hier manche Kinder gar nichts bekommen, fügte Andrea Kahofer dem hinzu. Wenn die Regierung nun auch noch wie angekündigt an der Kinderbetreuung einsparen wolle, sieht sie keinen Weg für jene Eltern, die die Unterstützung am dringendsten brauchen, aus einer absteigenden Spirale herauszukommen.

Der Kritik schloss sich auch David Stögmüller (Grüne/O) an. Jede Familie verdiene volle Entlastung, jedes Kind dieselbe Unterstützung. Durch den Familienbonus Plus würden aber weite Teile nicht profitieren, so Stögmüller, was dazu führe, dass plötzlich manche Kinder als mehr, andere als weniger wert dargestellt werden. Er sprach sich mit einem Entschließungsantrag, der bei den BundesrätInnen allerdings keine Mehrheit fand, für eine sozial gerechte Familienförderung über alle Einkommensgruppen hinweg sowie für die Abfederung der steuerlichen Auswirkungen auf Gemeinden und Länder im Finanzausgleich aus. Letztere würden vom Bund mit Einnahmeausfällen im Stich gelassen, kritisierte Stögmüller.

ÖVP und FPÖ: Größte steuerliche Familienentlastung seit Jahrzehnten

Von einem Meilenstein in der Familienpolitik und der größten steuerlichen Entlastung seit Jahrzehnten für den Mittelstand und Familien mit Kindern zeigten sich Marianne Hackl (ÖVP/B), Ferdinand Tiefnig (ÖVP/O) und Georg Schuster (FPÖ/W) überzeugt. In der Oppositionskritik werde völlig falsch dargestellt, dass nur die Reichen profitieren, betonte Marianne Hackl, zumal auch geringverdienende AlleinerzieherInnen künftig eine Mindestentlastung von 250 Euro pro Kind und Jahr erhalten sollen. Auch Ferdinand Tiefnig kann die Kritik nicht nachvollziehen, Österreich sei eines der Länder mit der größten Spanne zwischen jenen, die keine, und jenen, die höchste Steuern bezahlen. Der von ihm eingebrachte Entschließungsantrag wurde mehrheitlich angenommen, womit an die Regierung appelliert wird, dass für Auslandsdelegierte, EntwicklungshelferInnen und Wirtschaftsdelegierte in Bezug auf Familienbeihilfe und Familienbonus Plus kein Nachteil entstehen soll.

Georg Schuster bekräftigte, dass die Regierung für die nachhaltige Entlastung sorge, die es brauche, und zwar zum Wohle der Kinder und Familien. Acht von zehn Kindern würden profitieren, sowie auch Klein- und MittelverdienerInnen. Insgesamt stelle der Familienbonus Plus ein Leuchtturmprojekt dar und habe die fünffache Wirkung des Kinderfreibetrags, so Schuster. Monika Mühlwerth (FPÖ/W) hob hervor, dass es hier auch im Wortsinn um eine Steuerentlastung gehe. Es liege in der Logik der Sache, dass dabei genau jene profitieren, die Steuern zahlen. Selbstverständlich wurden aber auch Menschen unter der Steuergrenze bedacht, damit diese nicht unter die Räder kommen, so die Bundesrätin der FPÖ.

Sammelnovelle: Verbindliche Rechtsauskünfte, begleitende Kontrolle, Steuervermeidung

Im Rahmen der Sammelnovelle kommt es etwa auch zu einer höheren Besteuerung von Gewinnen ausländischer Tochtergesellschaften sowie zur Vereinheitlichung der Versicherungssteuer bei allen landwirtschaftlichen Elementarrisikoversicherungen. Neu ist auch das sogenannte Horizontal Monitoring, das eine begleitende Kontrolle anstelle von Steuergroßprüfungen ermöglicht. Im Rahmen des "Advanced Rulings" werden auch die verbindlichen Rechtsauskünfte der Finanzbehörden ausgeweitet.

Andrea Kahofer (SPÖ/N) zufolge steht es DienstgeberInnen künftig frei, die Monatsabrechnung elektronisch zuzustellen. Das sieht sie kritisch, die Regierung müsse zuerst in Form von flächendeckendem Internet den Rahmen dafür schaffen. Ferdinand Tiefnig (ÖVP/O) bedankte sich demgegenüber grundsätzlich bei all jenen SteuerzahlerInnen, die Sozialleistungen überhaupt erst ermöglichen.

Fuchs: Jene entlasten, die Einkommensteuer zahlen

Staatssekretär Hubert Fuchs erläuterte, die Regierung habe sich für den Weg entschlossen, Steueränderungen einmal jährlich in Form eines Sammelgesetzes umzusetzen, jetzt also mit dem Jahressteuergesetz 2018. Das schaffe Rechts- und Planungssicherheit. Der Oppositionskritik zum Familienbonus Plus entgegnete er, hier sei das Konzept der Regierung nicht verstanden worden. SteuerzahlerInnen zu entlasten, wende sich eben genau an jene, die Einkommensteuer zahlen, der Familienbonus Plus sichere genau dieses Ziel. Mit der Vorgangsweise der SPÖ wäre es hingegen unmöglich, eine Steuerentlastung vorzunehmen, so der Staatssekretär. Darüber hinaus sei die Berechnung des Familienbonus Plus einfach über die Webseite des Finanzministeriums möglich und sehr genau nachvollziehbar. Beim Thema elektronische Zustellung der Monatsabrechnungen handle es sich lediglich um Klarstellungen, unterstrich Fuchs. (Fortsetzung Bundesrat) mbu


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