Parlamentskorrespondenz Nr. 898 vom 27.07.2018

Biotechnologie in Österreich - ein wachsender und innovativer Wirtschaftssektor

Fünfter Bericht des Biopatent Monitoring Komitees

Wien (PK) – Die Biotechnologie ist in Österreich in den letzten Jahren zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor geworden. Patente auf biotechnische Verfahren spielen dabei eine zentrale Rolle für die Übertragung von Forschungsergebnissen der Life Sciences in marktfähige Produkte. Die Harmonisierung der rechtlichen Rahmenbedingungen des Patentschutzes biotechnologischer Erfindungen wurde auf EU-Ebene bereits 1998 mit der Biopatent-Richtlinie begonnen. In Österreich wurde diese 2005 durch eine Novelle des Patentgesetzes umgesetzt. Mit der Überprüfung der Auswirkungen der dabei entstandenen österreichischen Rechtsvorschriften wurde das Biopatent Monitoring Komitee beauftragt, das in Dreijahresabständen einen Bericht legt.

Dem Parlament liegt nun der fünfte Bericht des Komitees vor, der den Beobachtungszeitraum der Jahre 2015 bis 2017 umfasst (III-158 d.B. ). Während dieser Zeit wurden laut Bericht keine neuen Rechtsvorschriften erlassen. Zu beobachten war jedoch eine konstant steigende Bedeutung der Biotechnologie als Wirtschaftsfaktor, der zudem einen wesentlichen Beitrag zur Forschungsquote in Österreich liefert.

Keine Beanstandungen des Komitees zu Patentpraxis und gesetzlichen Rahmenbedingungen

Im Beobachtungszeitraum 2015 bis 2017 wurden vom Österreichischen Patentamt 14 Patente mit biotechnologischem Bezug erteilt. Die wesentlichen Themenbereiche waren dabei die Medizin, wo Patente zur Impfstoffentwicklung und zu immunologischen Testsystemen registriert wurden, die Landwirtschaft mit dem Schwerpunkt der Futtermittelforschung, sowie die Synthesechemie. Die erteilten Patente wurden vom Biopatent Monitoring Komitee überprüft und als den gesetzlichen Vorgaben entsprechend befunden.

Auch die Überprüfung der österreichischen Rechtsvorschriften, die in Umsetzung der Biopatent-Richtlinie erlassen wurden, zeigte keine Widersprüche zu den Grundsätzen des Patentgesetzes. Die darin formulierten Prinzipien legen unter anderem fest, dass es keinen Patentschutz für Verfahren zum Klonen von Menschen und zur Veränderung der menschlichen Keimbahn gibt. Auch Verfahren, die mit menschlichen Embryonen arbeiten und Embryonen selbst können nicht patentiert werden.

Neben einer Darstellung der erteilten Patente bietet der Bericht einen Überblick über Aktivitäten der EU im Bereich der Biotechnologie in den letzten Jahren. So wurde 2013 von der Europäischen Kommission (EK) eine Expertenkommission zum Monitoring der Biotechnologie-Richtlinie eingesetzt, die 2016 ihren Abschlussbericht präsentierte. Eine Novelle der Richtlinie wurde dabei nicht für notwendig erachtet, im November 2016 gab jedoch die EK in einer Mitteilung an die Mitgliedsstaaten ihre Ansicht zu drei Punkten der Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen bekannt. Der Bericht bietet auch ein Rechtspanorama über relevante Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und DES Europäischen Patentamts (EPA).

Wachsender Wirtschaftsfaktor Biotechnologie in Österreich

In der öffentlichen Diskussion werde Gesundheit zwar vorwiegend als "Kostenfaktor" wahrgenommen, konstatiert das Biopatent Monitoring Komitee, da Österreich jährlich rund 11% seines BIP für das Gesundheitswesen aufwende. Allerdings stellt Gesundheit als wesentliches Bedürfnis der Menschen auch einen Wirtschaftsfaktor von zunehmender Bedeutung dar, gibt der Bericht zu bedenken. Mehr als 10% der österreichischen Wertschöpfung entstehen direkt in der Gesundheitswirtschaft. Mit den Verflechtungseffekten werden sogar mehr als 16% der österreichischen Wertschöpfung direkt, indirekt oder induziert durch Nachfrage in diesem Bereich geschaffen. Die Beschäftigungsintensität ist ebenfalls sehr hoch. In Österreich sind 14% der Beschäftigten direkt in der Gesundheitswirtschaft bzw. 20% in den von ihr angestoßenen Wirtschaftsbereichen tätig.

Der Life Sciences Sektor deckt zwar nur einen kleineren Anteil des gesamten Gesundheitssektors ab, hat aber einen beachtlichen ökonomischen Impact. So liegen etwa allein die direkten Effekte der Wertschöpfung in der Pharmabranche bei 4,7 Mrd. € und übertreffen damit sogar die für Österreich so wichtigen Branchen wie Gastronomie oder Beherbergung.

Der Life Sciences Sektor stellt ein konstant wachsendes Wirtschaftssegment dar und trägt mit 2,8% des BIP maßgeblich zur nationalen Wertschöpfung bei. Er gilt auch als einer der innovationsfreudigsten Bereiche, der zudem mit 14,4% die höchste Forschungsquote aufweist. Heimische Life Science-Unternehmen investieren jährlich fast 1 Mrd. € in Forschung und Entwicklung. Der Life Science Report 2015 verweist auf 823 Unternehmen in den Life Sciences- Subsektoren Biotechnologie, Pharma und Medizintechnik, die 52.000 Angestellte beschäftigen.

Inklusive des Umsatzes aus dem Handel/Vertrieb von Biotechnologie- und Pharmaprodukten beträgt der Gesamtumsatz der Biotechnologie- und Pharmaunternehmen 11,65 Mrd. €. Der Medizintechniksektor trägt die restlichen 39% zum Gesamtumsatz bei. Der Gesamtumsatz belief sich damit auf 19,11 Mrd. €, der zu 61% im Biotechnologie- und Pharmasektor erwirtschaftet wurde, wobei an den Umsatzzahlen gemessen Wien, Oberösterreich, Tirol und die Steiermark die Hauptstandorte snd.

Wichtige Rolle des akademischen Life Sciences Sektors

Ein wesentlicher Faktor für den Biotechnologie-Standort Österreich ist die tertiäre Ausbildung in den Bereichen Life Sciences, Medizin und Gesundheitswesen, die von 17 Universitäten (inklusive vier Privatuniversitäten) und 14 Fachhochschulen mit mehr als 59.000 inskribierten Studierenden getragen wird. Rund 8.000 Studienabschlüsse pro Jahr stellen im internationalen Vergleich eine ausgeprägt hohe Zahl an AbsolventInnen dar, welche die Basis für Forschung, Innovation, Wirtschaft und Dienstleistung in den Life Sciences und dem Gesundheitswesen bilden.

Die Forschung im Hochschulbereich wird durch 25 außeruniversitäre Forschungseinrichtungen von sehr unterschiedlicher Größenordnung ergänzt. Als bedeutendste außeruniversitäre Forschungsträger in den Life Sciences sind die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW), das Institute of Science and Technology Austria (IST Austria), das Institute of Molecular Pathology (IMP/Boehringer Ingelheim), das Austrian Institute of Technology (AIT) sowie die Ludwig Boltzmann Gesellschaft (LBG) zu nennen. Ein Hot Spot der Life Sciences hat sich mit dem Campus Vienna Biocenter im Großraum Wien entwickelt. Der Life Science Report 2015 wies für den akademischen Life Sciences Sektor rund 20.000 Angestellte aus. Sein jährliches Gesamtbudget machte laut dem Report rund 1,4 Mrd. € aus, wobei der Großteil davon über institutionelle Finanzierung und ca. 27% (386 Mio. €) durch Drittmittel aufgebracht wurde, die wiederum zu rund 40% von industriellen Partnern stammten. (Schluss) sox