Parlamentskorrespondenz Nr. 924 vom 30.08.2018

Zweite NRP Doris Bures lud mit Amnesty International Menschenrechtsverteidigerinnen ins Parlament

Aktivistinnen berichten zum Thema Frauen-verteidigen-Menschenrechte anlässlich des informellen EU-Außenministertreffens in Wien

Wien (PK) – Den MenschenrechtsverteidigerInnen aus aller Welt, die für den Schutz der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit einstehen - obwohl ihnen geschlechtsspezifische Stigmatisierung, Verfolgung, Diffamierung und sexuelle Gewalt drohen würden - galt die heutige Matinee im Hohen Haus auf Einladung von Zweiter Nationalratspräsidentin Doris Bures gemeinsam mit Amnesty International Österreich. Ausgelotet werden sollten dabei auch Möglichkeiten der Sichtbarmachung, Anerkennung und Unterstützung von Women Human Rights Defenders (WHRD) durch das Österreichische Parlament. Als WHRD werden sowohl Frauen, die zu verschiedenen Menschenrechtsthemen, als auch Menschen jeden Geschlechts, die zu Frauenrechts- und Geschlechterthemen arbeiten, verstanden.

"Heute haben wir außergewöhnliche, beeindruckende, mutige Frauen unter uns, die sich eindeutig dazu entschlossen haben, aufzustehen und gegen Ungerechtigkeiten einzutreten", begrüßte die Zweite Nationalratspräsidentin zur Matinee. "Durch ihre Arbeit und ihre Projekte zeigen sie Betroffenen, dass sie nicht machtlos und alleine sind, wenn ihnen Ungerechtigkeiten widerfahren", so Bures. Einleitende Worte folgten von Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich. Im Anschluss daran sprachen die Menschenrechtsverteidigerinnen Wangui Kimari aus Kenia und Evdokia Romanova aus der Russischen Föderation.

Bures: MenschenrechtsverteidigerInnen weltweit verdienen unseren größten Respekt

"Jeder Mensch wird im Laufe seines Lebens immer wieder mit Ungerechtigkeiten konfrontiert. Die entscheidende Frage ist jedoch, wie wir damit umgehen. Amnesty International Österreich und MenschenrechtsverteidigerInnen weltweit verschließen nicht ihre Augen vor Menschenrechtsverletzungen, sondern zeigen sie auf und kämpfen für die Rechte von Männern, Frauen und Kindern. Dafür verdienen sie unseren größten Respekt", hob die die Zweite Nationalratspräsidentin hervor und betonte: "Wären die Menschenrechte überall gelebte Realität und fänden sie überall Anwendung, es wäre eine bessere Welt, in der wir leben." Gerade in Zeiten, in denen hart erkämpfte Freiheiten und demokratische Strukturen wieder in Frage gestellt würden und der Druck auf MenschenrechtsverteidigerInnen erschreckenderweise steige, freue sie sich über das große Interesse an dieser Matinee, so Bures. Sie unterstrich ihr großes Anliegen, das Thema in die politische Arbeit des österreichischen Parlaments mitzunehmen.

Es gehe heute auch darum, einen weltweit zu beobachtenden Trend sichtbar zu machen – nämlich dass Menschen, die sich einsetzen, wieder Gewalt, Repression und staatlicher Gewalt ausgesetzt sind, verdeutlichte Mitveranstalterin Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich. Das betreffe besonders auch Frauen. " Menschenrechtsverteidigerinnen leisten einen wertvollen und unverzichtbaren Beitrag, dass möglichst viele Menschen in Würde leben können. Sie stärken gleichzeitig auch Freiheit und Rechtsstaatlichkeit. Der Mut und das Engagement dieser Frauen, sich aktiv für andere Menschen einzusetzen, sind daher besonders schützens- und unterstützenswert", so die Amnesty International Geschäftsführerin. Das österreichische Parlament leiste durch die heutige Veranstaltung bereits einen enorm wichtigen Beitrag. Schlack appellierte darüber hinaus an jede/n ParlamentarierIn, sich für die Rechte aller einzusetzen. Dazu gehöre auch, jene Menschen zu schützen, die die Menschenrechte verteidigen.

Wangui Kimari berichtete von der Menschenrechtsarbeit in ihrem Bereich. Sie ist beim Mathare Social Justice Centre (MSJC) in Kenia Participatory Action Research Koordinatorin, wo Menschenrechtsverletzungen in Mathare, Nairobis zweitgrößtem armen städtischen Siedlungsgebiet, dokumentiert werden. Im Fokus stehen dabei außergerichtliche Hinrichtungen seitens der Sicherheitskräfte in Mathare. MSJC hat dazu 2017 erstmals einen Bericht veröffentlicht, um gegen die Normalisierung dieser Menschrechtsverletzungen einzutreten. Kimari sprach von Frauen, die nicht wussten, was mit ihren Männer passiert war. Im Zeitraum zwischen 2013 und 2016 seien über 800 außergerichtliche Hinrichtungen dokumentiert worden, was Kimari aber nur als die Spitze des Eisbergs bezeichnete. Sie appellierte daran, die Stimmen der MenschenrechtsverteidigerInnen zu hören und in einer einzigen Sprache zu sprechen, nämlich der Sprache der Gerechtigkeit, der Rechte und der Solidarität.

Evdokia Romanova, die inzwischen im Exil lebt, unterstützte in Russland Menschen dabei, die eigene sexuelle Orientierung und die eigene Geschlechtsidentität anzuerkennen. In Theaterarbeiten und partizipativer Forschung geht es ihr um ein gestärktes Selbstbewusstsein Betroffener und das Self-Empowerment von Menschen, die mit Diskriminierung konfrontiert sind. Hier im Parlament über Menschenrechte zu sprechen, sei für sie großartig, so Romanova. Redefreiheit und Ausdrucksfreiheit sollten ein Minimum sein, das in der Gesellschaft gewährleistet wird. In der EU und in Österreich habe es viele Fortschritte für die Menschrechte gegeben, es sei aber noch nicht genug passiert. Romanova sprach sich etwa dafür aus, rechtliche Informationen für MenschenrechtsverteidigerInnen, auf die sie sich berufen können, bekannter zu machen. Neben einem Aktionsplan sei auch finanzielle Unterstützung wichtig, etwa um Anwälte bezahlen zu können, aber auch zur eigenen medizinischen Versorgung. Sie appellierte daran, das Wissen der MenschenrechtsverteidigerInnen zu nutzen und diese in politische Entscheidungsfindungsprozesse einzubinden.

Die Matinee unter dem Titel "Frauen-verteidigen-Menschenrechte" fand anlässlich des informellen EU-AußenministerInnentreffens im Rahmen des österreichischen EU-Ratsvorsitzes statt. Die Moderation der Veranstaltung, die im Dachfoyer des Parlaments in der Hofburg stattfand, übernahm Sibylle Hamann. (Schluss) mbu

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