Parlamentskorrespondenz Nr. 1355 vom 26.11.2018

Neu im Sozialausschuss

Novelle zum Landarbeitsgesetz bringt neue Arbeitszeitregeln in der Land- und Forstwirtschaft

Wien (PK) – Die zwischen Bund und Ländern vereinbarte Kompetenzentflechtung sieht unter anderem auch vor, die Gesetzgebungszuständigkeit für das Arbeitsrecht im Bereich Land- und Forstwirtschaft ab Anfang 2020 zur Gänze dem Bund zu übertragen. Schon im Vorfeld dieses Vorhabens will die Regierung das Arbeitsrecht für Land- und Forstarbeiter allerdings näher an jenes für Beschäftigte in anderen Branchen heranführen. Eine entsprechende Novelle zum Landarbeitsgesetz (376 d.B. ), das als Grundsatzgesetz nach Art. 12 der Bundesverfassung gilt, wurde dem Sozialausschuss zugewiesen. Unter anderem geht es um neue Arbeitszeitregelungen, Maßnahmen zum Arbeitnehmerschutz, Transparenz bei All-In-Verträgen und der Lohnabrechnung, die Übernahme von Internatskosten für Lehrlinge, adaptierte Regelungen für Elternteilzeit und die Einführung von Wiedereingliederungsteilzeit.

Tägliche Normalarbeitszeit kann auf bis zu 12 Stunden verlängert werden

Im Konkreten sieht die Gesetzesnovelle vor, die letzte Novellierung des Arbeitszeitgesetzes – Stichwort 12-Stunden-Tag bzw. 60-Stunden-Woche – auch im Landarbeitsgesetz nachzuvollziehen, wobei auf die besonderen Bedürfnisse in der Land- und Forstwirtschaft Rücksicht genommen wird. So sind etwa 12-Stunden-Tage in Erntezeiten und zu anderen Arbeitsspitzen schon jetzt zum Teil möglich. Auch können Überstunden bei außergewöhnlichen Umständen wie drohenden Wetterschlägen, Gefahr für das Vieh, einem drohenden Verderben von Produkten oder einer Gefährdung des Waldbestands nicht abgelehnt werden.

Neu ist, dass die tägliche Normalarbeitszeit im Falle einer Gleitzeitregelung auf bis zu 12 Stunden verlängert werden kann, wenn ein blockweiser Verbrauch von Zeitguthaben gestattet ist. Zudem wird das geltende komplizierte Überstundenregime für Arbeitsspitzen vereinfacht. Maßgeblich sind hierfür in Hinkunft nur noch die tägliche bzw. wöchentliche Höchstarbeitszeit von 12 bzw. 60 Stunden, wobei die Wochenarbeitszeit – einschließlich Überstunden – in einem Zeitraum von vier Monaten weiterhin durchschnittlich 48 Stunden nicht überschreiten darf. Für normale Zeiten, also außerhalb von Arbeitsspitzen und ohne Gleitzeitvereinbarung, wird eine tägliche Höchstarbeitszeit von elf Stunden und eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 52 Stunden normiert. Bei Beendigung eines Dienstverhältnisses sind übrig gebliebene Zeitguthaben laut Gesetzentwurf mit einem Zuschlag von 50% für Vollzeitbeschäftigte und 25% für Teilzeitbeschäftigte abzugelten.

Wer mit der maßgeblichen Leitung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs betraut ist, muss künftig keine Arbeitszeitaufzeichnungen mehr führen. Auch andere DienstnehmerInnen in Leitungsfunktionen können per Kollektivvertrag davon ausgenommen werden. Die tägliche Höchstarbeitszeit von 12 bzw. 60 Stunden gilt aber auch für sie.

Ausnahmen von der Sonn- und Feiertagsruhe werden ausgeweitet

Mit der Novelle wird außerdem das System der wöchentlichen Ruhezeit (Wochenendruhe, Wochenruhe, Ersatzruhe) in das Landarbeitsgesetz übernommen. Allerdings können für die Bewirtschaftung von Almen, die weitab von Siedlungen liegen, abweichende Regelungen getroffen werden. Auch für Schichtarbeit und für bestimmte DienstnehmerInnen im Bereich der Ernteübernahme wie Silo- und KellermeisterInnen sind Ausnahmen möglich.

Von der Sonn- und Feiertagsruhe sind künftig neben DienstnehmerInnen, die Melkarbeiten verrichten bzw. Viehpflege leisten, auch Arbeiten im Rahmen einer Almausschank oder Buschenschank und Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr ausgenommen. Die verpflichtende tägliche Ruhepause wird von einer Stunde auf eine halbe Stunde verkürzt.

Jugendlichen wird weiterhin ein Anspruch auf zwei zusammenhängende freie Tage pro Woche (inklusive Sonntag) eingeräumt. Außerdem steht ihnen künftig auch bei Viehpflege und Melkarbeit eine Mindestruhezeit von elf Stunden (derzeit zehn) zu. Demgegenüber ist künftig auch bei Jugendlichen unter bestimmten Voraussetzungen eine mehrwöchige Durchrechnung der 40-stündigen Wochenarbeitszeit möglich. Zudem kann per Kollektivvertrag die Beschäftigung von über 16-Jährigen bis 22 Uhr zugelassen werden, was laut Erläuterungen etwa für die Arbeit in Buschenschanken in Frage kommt.

Mehr Transparenz bei Arbeitsverträgen und Löhnen

Im Sinne von mehr Transparenz wird Beschäftigten ein zivilrechtlicher Anspruch auf eine Lohnabrechnung eingeräumt. Zudem ist ihnen unverzüglich eine Kopie der Anmeldung zur Sozialversicherung auszuhändigen. Bei All-In-Verträgen muss der Grundlohn ziffernmäßig ausgewiesen werden.

Im Bereich des Arbeitnehmerschutzes werden Regelungen zum Schutz von NichtraucherInnen nachvollzogen. So ist Rauchen in Arbeitsstätten künftig grundsätzlich verboten, wenn der Betrieb NichtraucherInnen beschäftigt. Allerdings können spezielle Raucherräume eingerichtet werden. Darüber hinaus werden die Bestimmungen über Arbeiten mit gefährlichen Arbeitsstoffen an die für andere Bereiche bereits geltenden Regelungen angepasst. Im Rahmen der Gesundheitsprävention sind künftig auch psychische Belastungen zu berücksichtigen.

Für die Dauer des Bezugs von Reha- und Umschulungsgeld sieht der Gesetzentwurf eine Karenzierung vor. Zudem wird das Modell der Wiedereingliederungsteilzeit auch auf Land- und Forstarbeiter ausgedehnt.

Bandbreite für Elternteilzeit

Pflegeeltern erhalten auch dann Anspruch auf Karenz und Elternteilzeit, wenn sie keine Adoptionsabsicht haben. Bei der Elternteilzeit wird außerdem eine Bandbreite für die zu vereinbarende Arbeitszeit (Reduzierung der Arbeitszeit um mindestens 20%, mindestens 12 Stunden Wochenarbeit) eingeführt. Wenn nach der Geburt eines Kindes der Elternteil, der das Kind zunächst betreut, keinen Karenzanspruch hat, kann der andere Elternteil künftig später dennoch in Karenz gehen. Das ist derzeit nicht der Fall. Eine Kündigung bis zum Ablauf von vier Wochen nach einer Fehlgeburt soll in Hinkunft rechtsunwirksam sein. Teilzeitbeschäftigte DienstnehmerInnen sind zu informieren, wenn eine Vollzeitstelle im Betrieb ausgeschrieben wird.

Analog zu anderen Branchen wird schließlich auch die Übernahme der Internatskosten für BerufsschülerInnen geregelt. Demnach müssen die Kosten in Hinkunft von den Betrieben übernommen werden, wobei diese einen entsprechenden finanziellen Ausgleich aus dem Insolvenz-Entgelt-Fonds erhalten. In Kraft treten soll die Kostenerstattung rückwirkend mit Anfang 2018, wobei in der Übergangsphase bis zum In-Kraft-Treten der erforderlichen Ausführungsgesetze der Länder Sonderbestimmungen gelten.

Auch die anderen Änderungen bedürfen Ausführungsbestimmungen, wobei die Länder mit der vorliegenden Novelle verpflichtet werden, innerhalb von sechs Monaten entsprechende Ausführungsgesetze zu erlassen. (Schluss) gs