Parlamentskorrespondenz Nr. 39 vom 18.01.2019

Neu im Gesundheitsausschuss

Laut ExpertInnen-Bericht weiterhin keine wissenschaftliche Evidenz für die Verschreibung von Cannabisblüten

Wien (PK) - Basierend auf einer bei der Nationalratssitzung vom 5. Juli 2018 einstimmig angenommen Entschließung legt die Gesundheitsministerin einen Bericht betreffend die Liberalisierung von Cannabis zu medizinischen Zwecken vor (III-233 d.B. ). Darin werden nicht nur die damit verbundenen medizinischen, rechtlichen, organisatorischen und ökonomischen Aspekte näher beleuchtet, sondern auch die Ergebnisse des vom Gesundheitsausschuss durchgeführten Begutachtungsverfahrens sowie Erfahrungen in anderen europäischen Ländern, vor allem in Deutschland, miteinbezogen. Stellungnahmen wurden vom Obersten Sanitätsrat, der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG), der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), der Gesellschaft für Anästhesie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI) sowie von Universitätsprofessor Hans Georg Kress eingeholt.

Österreichische PatientInnen haben ausreichend Zugang zu Cannabis-Arzneimitteln

Generell wird im Bericht festgestellt, dass die österreichischen PatientInnen bereits nach geltender Rechtslage Zugang zu cannabisbasierten Arzneimitteln haben, und zwar entweder in Form von magistralen Zubereitungen oder auch als Fertigarzneimittel (Sativex und Canemes). Dronabinol (THC), das in der Schmerztherapie zur Anwendung kommt und dem Suchtmittelgesetz unterliegt, könne etwa in Form von Tropfen oder Kapseln verschrieben werden. Eine Erstattung der Kosten ist bei Vorliegen einer medizinischen Begründung und Genehmigung durch den Kontrollarzt der jeweiligen Krankenkasse möglich. Cannabidiol (CBD) wiederum, das nicht zu den Suchtgiften zählt, wurde nicht in den Erstattungskodex aufgenommen, da kein ausreichender Wirkungsnachweis vorliegt, ist dem Bericht zu entnehmen.

Was nun den Einsatz von Medizinalhanf (getrocknete Blüten- oder Fruchtstände der Cannabispflanze) angeht, so gebe es nach Ansicht der ExpertInnen keine wissenschaftliche Evidenz dafür, dass dieser Vorteile gegenüber der Verwendung der bereits zur Verfügung stehenden cannabisbasierten Präparaten habe. Es seien Reinsubstanzen der Vorzug zu geben, da diese in bedarfsgerecht exakter und reproduzierbarer Dosierung verabreicht werden können. Der Präsident des Obersten Sanitätsrates betonte in diesem Zusammenhang, dass das Risiko von Fehldosierungen ein wesentlicher Hintergrund für die Zulassung von Arzneimitteln nach internationalen Standards ist.

Die Verschreibung der Blüten und Fruchtstände der Cannabispflanze ist somit in Österreich im Vergleich mit Deutschland weiterhin gesetzlich nicht vorgesehen. In Deutschland habe man sich letztlich nur deshalb dafür entschieden, weil die – mangels Kostentragung – von der sozialen Krankenversicherung in den Raum gestellte Option des Selbstanbaus von Cannabis verhindert werden sollte, heißt es im Bericht.

Generell sei das Wissen über die sinnvolle medizinische Anwendung von Cannabinoiden noch sehr lückenhaft. Eine ausreichend gute Evidenz gebe es nur bei chronischen Schmerzen bei Erwachsenen, chemotherapie-induzierter Übelkeit sowie bei Spastizität bei Multipler Sklerose. Weitere klinische Forschungen nach modernen evidenzbasierten Richtlinien wären daher zu begrüßen. (Schluss) sue