Parlamentskorrespondenz Nr. 295 vom 22.03.2019

Parlament: TOP im Nationalrat 28. März 2019

Erklärung des Innenministers, Parteienförderung, internationale Abkommen, EU-Vorhaben in der Landwirtschaft und in der Außenpolitik

Wien (PK) – Innenminister Herbert Kickl gibt an diesem Plenartag – nach der Fragestunde mit Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck - eine Erklärung zur aktuellen Situation vor dem Hintergrund des Terroranschlags in Neuseeland ab. Die Zukunft der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und die EU-Außenpolitik, insbesondere im Hinblick auf die aktuellen Krisenherde, sind weitere Themen in der Sitzung. Auch zahlreiche internationale Abkommen stehen zur Genehmigung an. Ein politisches Signal setzen die Abgeordneten parteiübergreifend gegen das angekündigte Aussetzen des Abkommens zur atomaren Abrüstung durch die USA und Russland. Ein weiterer Punkt betrifft die Erleichterung des Zugangs zum Beruf des Ziviltechnikers. Auch wenn die Erhöhung der Parteienförderung geringer ausfällt, als gesetzlich vorgesehen, ist am Abend mit einer kontroversen Debatte darüber zu rechnen. Schließlich liegt ein Antrag zur Aufhebung der Immunität des FPÖ-Abgeordneten Johann Gudenus vor.

Fragestunde

Am Beginn der Sitzung steht Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck den Abgeordneten in der Fragestunde Rede und Antwort.

Erklärung des Innenministers

Eine Erklärung über "Die aktuelle Situation vor dem Hintergrund des Terroranschlags in Neuseeland" wird Innenminister Herbert Kickl abgeben.

Zugang zum Beruf des Ziviltechnikers soll erleichtert werden

Das Ziviltechnikergesetz 2019, das vom Wirtschaftsausschuss nach einstimmigem Votum dem Plenum vorgelegt wurde, fasst zunächst die derzeitigen gesetzlichen Regelungen über ZiviltechnikerInnen in einem einzigen Gesetz zusammen, konkretisiert die Fortbildungsverpflichtung und erleichtert überdies den Berufszugang. So sollen etwa die Bestimmungen über die praktische Betätigung liberalisiert werden, wobei nunmehr Praxiszeiten von bis zu zwölf Monaten auch schon in der Master-Phase eines Studiums erworben werden können. Ein Dienstverhältnis eines Ziviltechnikers zu einem anderen Ziviltechniker sowie zu einer Ziviltechnikergesellschaft soll künftig zulässig sein. Auch dürfen Ziviltechniker jegliche Art von Personen- und Kapitalgesellschaften des Unternehmensrechts bilden, die in das Firmenbuch eingetragen werden können. Geplant ist schließlich auch die Streichung der Anforderung, dass Ziviltechnikergesellschaften ihren Sitz in Österreich am Kanzleisitz eines der geschäftsführungs- und vertretungsbefugten Gesellschafters oder Vorstandsmitglieds haben müssen.

EU-Jahresvorschau für die Landwirtschaft

Die Abgeordneten werden sich dann der EU-Jahresvorschau des Landwirtschaftsministeriums widmen , die sich insbesondere mit der Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach dem Jahr 2020 befasst. Für Nachhaltigkeitsministerin Elisabeth Köstinger bildet diese neben der Plastikreduktion und des Green Energy Package einen der drei Schwerpunkte für das aktuelle Jahr. Die beiden Säulen der GAP sollen erhalten bleiben, aber in einen nationalen Plan übergeleitet werden, wobei die Praktikabilität im Vordergrund stehen soll. Die diesbezügliche Arbeit Österreichs während des EU-Ratsvorsitzes wird nun durch Rumänien fortgesetzt. Köstinger rechnet allerdings erst im Herbst 2019 mit ersten Ergebnissen.

2019 möchte die Nachhaltigkeitsministerin das Green Energy Package "mit Leben erfüllen". Es sei ein entscheidendes Paket, um das Pariser Klimaabkommen zu erfüllen, indem unter anderem wichtige Schritte zur Energieunion gemacht werden. National soll der Ausbau erneuerbarer Energien forciert werden. Hier steht laut Köstinger heuer vor allem Wasserstoff im Zentrum, wobei sie den Abschluss einer Nationalen Wasserstoffstrategie für Herbst 2019 ankündigte.

Regionale Produktion in der Landwirtschaft

Ein Bekenntnis zur heimischen landwirtschaftlichen Produktion legen die Abgeordneten in einem gemeinsamen Entschließungsantrag von NEOS, ÖVP und FPÖ ab, der auch von der SPÖ mit Unterstützung rechnen kann. Darin wird auf die Bedeutung der Agrarmärkte für die regionale Produktion und insbesondere auch für die Wertschöpfung der österreichischen landwirtschaftlichen Betriebe aufmerksam gemacht. Die Abgeordneten appellieren an die Bundesregierung, diesem Konnex auch in ihrer Öffentlichkeitsarbeit verstärktes Augenmerk zu schenken.

EU-Außenpolitik 2019

Die Bewältigung irregulärer Migrationsströme zählt weiterhin zu den wichtigsten Herausforderungen Europas, wie aus dem EU-Arbeitsprogramm 2019 für die europäische Außenpolitik hervorgeht, der auf Antrag der SPÖ auch im Nationalrat diskutiert wird. Was den Beitrag Österreichs betrifft, will Außenministerin Karin Kneissl eine größere Initiative zur Entminung in Syrien starten, die dann auf den Jemen, Libyen oder die Ukraine ausgeweitet werden und den Menschen ermöglichen soll, wieder in ihre Heimat zurückzukehren. Zwischen 2020 und 2025 sollen dafür rund 5 Mio. € zur Verfügung gestellt werden.

Außen- und europapolitische Priorität bleibt für Österreich auch nach dem EU-Ratsvorsitz die Heranführung Südosteuropas an die EU.

Im Anschluss daran stehen Abkommen der EU mit Kolumbien, Peru, Ecuador und Zentralamerika sowie ein 5-Parteienantrag zur Situation in Venezuela zur Genehmigung an.

EU-Handelsabkommens mit Peru, Kolumbien und Ecuador, EU-Abkommen mit Zentralamerika, 5-Parteienantrag zur Situation in Venezuela

Der Abbau von Handelshemmnissen im Industrie- und Agrarsektor sowie die Liberalisierung der Dienstleistungsmärkte sind die Hauptstoßrichtungen eines Handelsabkommens zwischen der EU und Peru, Kolumbien und Ecuador, das vom Außenpolitischen Ausschuss im Anschluss an ein Expertenhearing mit den Stimmen der Regierungsparteien und der NEOS genehmigt wurde. ÖVP und FPÖ erwarten sich Impulse für den Export und sehen in dem Abkommen überdies einen Beitrag zu mehr Stabilität in den Partnerstaaten. SPÖ und JETZT hingegen meldeten massive Menschenrechtsbedenken an und kritisierten fehlende Durchsetzbarkeit des Nachhaltigkeitskapitels, durch das eine Schlechterstellung im Bereich der Arbeits- und Umweltrechte vermieden und Überwachungs- und Konsultationsmechanismen installiert werden sollen

Auf der Tagesordnung steht dann ein Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der EU und Zentralamerika, das ein Übereinkommen über politischen Dialog aus dem Jahr 2003 ersetzt und die Potenziale der wirtschaftlichen Beziehungen besser ausschöpfen soll. Auch dieser Vertrag wird nicht mit den Stimmen von SPÖ und JETZT rechnen können, zumal die Oppositionsfraktionen eine ausreichende Absicherung der Menschenrechts-, Umwelt- und Sozialstandards vermissen und die Ausnahme des Nachhaltigkeitskapitels vom Streitbeilegungsmechanismus kritisierten.

Zu einer fraktionsübergreifenden Entschließung wird es außerdem hinsichtlich der politischen Lage in Venezuela kommen. Die Parlamentsfraktionen ersuchen die Außenministerin darin, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, den internationalen politischen Druck auf die Regierung in Venezuela zu erhöhen, um eine Verbesserung der Situation für die Bevölkerung zu erreichen.

Strategische Partnerschaft mit Kanada und Japan

Darüber hinaus liegen den Abgeordneten Abkommen über eine strategische Partnerschaft zwischen der EU und Kanada sowie Japan vor. Der Vertrag mit Kanada zielt auf eine stärkere Zusammenarbeit in außen- und sicherheitspolitischen Fragen, der Justiz und im Bereich der Steuern ab. So will man etwa gemeinsam gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen sowie in der Bekämpfung von Terrorismus, organisierter Kriminalität und Cybercrime vorgehen. Die EU erwartet sich von dem Abkommen neue Impulse in den Beziehungen zu Kanada, die künftig über den wirtschaftlichen Bereich hinausgehen sollen.

Eine strategische Partnerschaft will die EU auch mit Japan eingehen. Das entsprechende Abkommen soll eine Plattform für eine engere Zusammenarbeit in den Bereichen Forschung, Innovation, Bildung, Kultur, Grundfreiheiten, Migration, aber auch bei der Bekämpfung des Klimawandels und der organisierten Kriminalität und des Terrorismus bieten.

"In einer Zeit, wo völkerrechtliche Regeln an der Kippe stehen, haben wir mit Kanada und Japan wichtige Partner, die wissen, wie bedeutsam diese multilateralen Spielregeln sind", so Außenministerin Karin Kneissl im Ausschuss über den Mehrwert der beiden Abkommen, die im Plenum mit den Stimmen aller Fraktionen rechnen können.

EU-Kooperation mit Singapur

In eine ähnliche Richtung geht auch ein Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und Singapur, das einen weiteren wichtigen Schritt zu einem stärkeren politischen und wirtschaftlichen Engagement der Union in Südostasien darstellt und mit der Zustimmung durch die Regierungspartien und den NEOS rechnen kann. SPÖ und JETZT vermissen im Abkommen Maßnahmen gegen Steuerhinterziehung und Steuervermeidung.

Fraktionsübergreifendes Signal gegen Aussetzen des INF-Vertrags

Nach dem angekündigten Aussetzen des Abkommens zur atomaren Abrüstung vonseiten der USA und Russland zeigen sich die Parlamentsfraktionen über ein neuerliches nukleares Wettrüsten besorgt. In einer gemeinsamen Entschließung fordern sie von der Regierung rasche Initiativen, um das Abkommen zu erhalten und die USA und Russland wieder zurück an den Verhandlungstisch zu bringen. Österreich soll sich zudem in der Europäischen Union dafür einsetzen, dass die gegenseitigen Anschuldigungen zwischen den beiden Supermächten, der jeweils andere würde sich nicht an den Vertrag halten, gemäß den Streitschlichtungsmechanismen transparent und kooperativ verifiziert werden, um schließlich eine nachprüfbare Erfüllung der Vertragsverpflichtungen zu erreichen.

Die im Abkommen festgelegte sechsmonatige Frist für dessen Kündigung laufe Anfang August aus. Sofern die beiden Vertragspartner keine aktiven Schritte zum Erhalt des Abkommens setzen, ist dieser in wenigen Monaten Geschichte, warnen die Fraktionen in ihrer gemeinsamen Initiative. Ausgangspunkt für das fraktionsübergreifende Signal im Außenpolitischen Ausschuss war eine Entschließung der SPÖ.

Parteienförderung: Erhöhung wird 2019 deutlich niedriger ausfallen als gesetzlich vorgesehen

Alle relevanten Beträge der Parteienförderung sollen heuer  lediglich um 2% statt um 7,78% steigen. Eigentlich hätte die Parteienförderung bereits im vergangenen Jahr – inflationsbedingt – um 5,65% steigen sollen. Das gilt auch für weitere im Parteiengesetz bzw. im Parteien-Förderungsgesetz verankerte Beträge wie etwa die Wahlkampfkostenobergrenze, meldepflichtige Parteispenden und die besondere Parteienförderung nach Europawahlen. Allerdings hat das Parlament die Valorisierung für 2018 ausgesetzt und damit auch eine entsprechende Kundmachung des Rechnungshofs rückwirkend aufgehoben. Nun wollen die Regierungsparteien die Valorisierungsklausel gänzlich neu formulieren und de facto erst 2019 – statt 2014 – mit der Inflationsanpassung beginnen.

Für die bevorstehenden Europawahlen würde damit – rückwirkend – ein Wahlkampfkostendeckel von 7,14 Mio. € (statt 7,54 Mio. € bzw. 7 Mio. € wie bis 2018) wirksam. Parteispenden sind mit Inkrafttreten der Gesetzesnovelle ab 3.570 € ausdrücklich auszuweisen und ab 51.000 € dem Rechnungshof zu melden. Für das Annahmeverbot anonymer Spenden wird 2019 eine Grenze von 1.020 € gelten.

Massive Kritik daran hat im Ausschuss die Opposition geübt, eine heftige Debatte ist daher auch im Plenum zu erwarten.

Die SPÖ ortet einen erheblichen Widerspruch zwischen der öffentlichen Ankündigung, die Parteienförderung einzufrieren, und der vorliegenden Initiative. Die SPÖ ist nicht grundsätzlich gegen eine Anpassung der Parteienförderung, sie vermisst aber wirksame Geldbußen für Parteien, die den gesetzlichen Wahlkampfkostendeckel deutlich überschreiten.

Die NEOS fordern wiederum, die Parteienförderung auf dem jetzigen Stand einzufrieren. Ex-Parteichef Matthias Strolz hatte dazu bereits gleich zu Beginn der Legislaturperiode einen Gesetzesantrag eingebracht, der ebenfalls auf der Tagesordnung steht, aber wenig Aussicht auf Erfolg hat. Österreich liege bei der Parteienförderung weltweit im Spitzenfeld, argumentieren die NEOS.

Für die Parlamentsfraktion JETZT könnte die Parteienförderung überhaupt auf 50% des gegenwärtigen Niveaus gesenkt werden. Jedenfalls sind deren Abgeordneten für die Aussetzung der Valorisierung. Bei Wahlkampfkostenüberschreitungen schlagen sie vor, den betreffenden Parteien die allgemeine Parteienförderung zu streichen.

Immunität des Abgeordneten Johann Gudenus

Am Ende der Tagesordnung steht ein Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien, die Immunität von Abgeordnetem Johann Gudenus aufzuheben. Dabei geht es um den Straftatbestand der Verhetzung. (Schluss TOP im Nationalrat) jan/keg