Parlamentskorrespondenz Nr. 386 vom 10.04.2019

Breite Front im Umweltausschuss gegen Reaktor Mohovce 3 und grenznahe Atommüll-Endlager

Abgeordnete rufen Bundesregierung zum Handeln auf

Wien (PK) – Österreich kann bei seiner Anti-Atom-Politik auch weiterhin auf die ungebrochene Unterstützung durch das Parlament setzen. Der Umweltausschuss drängte heute in einer einstimmigen Entschließung auf ein klares und entschiedenes Auftreten gegen Atommüll-Endlager an Österreichs Grenzen sowie gegen die Inbetriebnahme des Reaktors Mohovce 3 und richtete einen entsprechenden Appell an die Bundesregierung.

Die Abgeordneten beschlossen überdies ein Bundesgesetz zur Durchführung der Verpflichtungen aus dem Nagoya-Protokoll, das vor allem auf eine ausgewogene und gerechte Aufteilung der Vorteile abzielt, die sich aus der Nutzung der genetischen Ressourcen ergeben. Anträge der Opposition, deren Themenpalette von den Pfandflaschen über den Klimaschutz bis hin zu den Zigarettenstummeln reichte, wurden hingegen vertagt. 

Einstimmige Entschließung bekräftigt Österreichs Vorbehalte

Das Votum des Ausschusses geht auf eine gemeinsame Initiative (715/A(E) ) der Abgeordneten Johann Schmuckenschlager (ÖVP) und Walter Rauch (FPÖ) zurück, der sich auch Klaus Uwe Feichtinger (SPÖ), Michael Bernhard (NEOS) und Bruno Rossmann (JETZT) anschlossen. Die Bundesregierung wird darin aufgerufen, unmissverständlich gegen die Inbetriebnahme des Reaktors Mohovce 3 aufzutreten, solange nicht alle durchführbaren Sicherheitsverbesserungen erfolgt und sämtliche Mängel behoben sind. Weiters appellieren die Antragssteller an die Regierung, bei Nicht-Einhaltung der europäischen und internationalen Regeln für Atommüll-Endlager Sanktionen sowie einen Schutzkorridor zu fordern, um zu vermeiden, dass Nachbarstaaten ihre Endlager an die Grenze zu Österreich schieben. Entscheidungen über Endlager sollten zudem intensive geologische und hydrologische Untersuchungen sowie eine umfangreiche Einbindung der Bevölkerung vorausgehen.

Ausschussobmann Johannes Schmuckenschlager (ÖVP) begrüßte den Schulterschluss der fünf Parlamentsfraktionen und sah darin ebenso wie FPÖ-Mandatar Walter Rauch ein Zeichen, dass sich Österreich quer über die Parteigrenzen hinweg gegen Atomkraft und für ein europaweites Umdenken einsetzt.

Die Entschließung sei der kleinste gemeinsame Nenner, betonten die SPÖ-Abgeordneten Erwin Preiner und Maurice Androsch. Preiner bekräftigte die Forderung seiner Fraktion nach voller Transparenz bezüglich grenznaher Atomkraftwerke und einer Haftung der AKW-Betreiber für Schäden durch den Reaktorbetrieb. Ziel bleibe der EU-weite Ausstieg aus der Atomkraft, unterstrich er mit Nachdruck.

Unterstützung für die Initiative signalisierte auch Bruno Rossmann (JETZT), der allerdings eine explizite Aufforderung zum Baustopp in Mohovce gewünscht hätte.  

Bundesministerin Elisabeth Köstinger teilte mit, Österreich werde dort, wo es möglich ist, den Klagsweg gegen den Ausbau von Reaktoren beschreiten. Was Mohovce betrifft, sei man in laufendem Kontakt mit den slowakischen Behörden und dränge gegenüber dem Nachbarland auf Klarstellungen und auf die Prüfung der Sicherheitsmängel. Aufrecht bleibe jedenfalls die Forderung nach einer Prüfung durch unabhängige Experten. Zu den Endlagern in Grenznähe merkte Köstinger an, diese würden von Österreich nicht akzeptiert. Sie habe diesen Standpunkt auch gegenüber ihrem tschechischen Amtskollegen zum Ausdruck gebracht. Klar ist für die Ministerin überdies, dass Atomkraftwerke keine sichere Zukunftstechnologie darstellen und dass der verstärkte Ausbau der Atomenergie in Europa den Ausbau von erneuerbaren Energien behindere.

Entschließungsanträge der SPÖ, die sich ebenfalls gegen grenznahe Atommüll-Endlager (451/A(E)) sowie gegen Mohovce 3 (660/A(E)) richteten, gelten mit der Verabschiedung der einstimmigen Entschließung als miterledigt.

Biologische Vielfalt: Ausschuss gibt grünes Licht zur Durchführung der Verpflichtungen aus dem Nagoya-Protokoll

Einstimmig schickten die Abgeordneten auch ein Bundesgesetz zur Durchführung der Verpflichtungen aus dem Protokoll von Nagoya (544 d.B.) ins Nationalratsplenum, das auf die Umsetzung des Übereinkommens über die biologische Vielfalt abzielt. Konkret geht es dabei um die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus der Nutzung der genetischen Ressourcen ergebenden Vorteile, dies insbesondere durch angemessenen Zugang und Weitergabe der einschlägigen Technologien sowie durch adäquate Finanzierung. Das Gesetz legt das Nachhaltigkeitsministerium als zuständige Behörde fest und es enthält überdies die Verpflichtung zur Durchführung von Kontrolltätigkeiten.

JETZT für flächendeckendes Pfandsystem für Getränkeverpackungen

Plastikflaschen und Dosen stellen ein großes Umweltproblem dar, zumal diese Getränkeverpackungen trotz Informationskampagnen weiterhin oft im Restmüll oder in der freien Natur landen, gibt Bruno Rossmann zu bedenken. Österreich brauche ein flächendeckendes und verpflichtendes Pfandsystem sowie einen neuen rechtlichen Rahmen zum Ausbau von Mehrwegsystemen, meint der JETZT-Mandatar und fordert in einem Entschließungsantrag (551/A(E)) eine entsprechende Machbarkeitsstudie.

Die Initiative wurde vertagt, zumal die Regierungsparteien noch eine Studie betreffend den rechtlichen Namen abwarten wollen. Nachhaltigkeitsministerin Elisabeth Köstinger teilte in diesem Zusammenhang mit, dass eine Mehrwegsvariante Priorität vor einem Einwegssystem habe. Österreich erreiche derzeit bereits eine Sammelquote von 73 % bei Kunststoffgetränkeflaschen. Ziel bleibe die auf EU-Ebene beschlossene Quote von 90 %.

SPÖ fordert vorsorgenden KonsumentInnenschutz bei Tätowiermitteln

In Österreich gibt es keine Liste mit garantiert sicheren Tattoo-Farben. Dies bemängelte SPÖ-Abgeordneter Erwin Preiner in einem  Entschließungsantrag (568/A(E)) , wobei er Bundesministerin Elisabeth Köstinger aufforderte, sich auf europäischer Ebene für Zulassungsverfahren samt gesundheitlicher Risikobewertung von Tätowierfarben einzusetzen. Zudem sollte eine Positivliste mit garantiert unbedenklichen Tätowiermitteln veröffentlicht werden.

Auch dieser Antrag wurde mit den Stimmen der Regierungsparteien in die Warteschleife verwiesen, wobei FPÖ-Mandatarin Sandra Wassermann an bereits laufende Untersuchungen durch die Europäische Chemie-Agentur erinnerte.

SPÖ urgiert Sofortmaßnahmen gegen den Klimawandel

Alarmiert zeigt sich SPÖ-Abgeordneter Klaus Uwe Feichtinger über den Umstand, dass die im Klimaschutzgesetz festgelegten Jahreshöchstmengen an CO2 im Jahr 2017 erstmals überschritten wurden. Er warf Elisabeth Köstinger vor, die für diesen Fall vom Gesetz vorgesehenen Maßnahmen verschleppt zu haben. In einem Entschließungsantrag (698/A(E)) appelliert Feichtinger nun an die Nachhaltigkeitsministerin, umgehend den Vorgaben des Klimaschutzgesetzes und des Finanzausgleichsgesetzes Folge zu leisten und innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist Sofortmaßnahmen zur Erreichung der Klimaschutzziele zu ergreifen.

Der Klimaschutzbeirat sei bereits einberufen worden, Maßnahmen würden nun evaluiert, berichtete ÖVP-Abgeordneter Ernst Gödl, worauf die Initiative mit Stimmenmehrheit vertagt wurde.

JETZT warnt vor Umweltschäden durch Zigarettenstummel

Eine Zigarette sei in wenigen Minuten geraucht, belaste die Umwelt aber noch jahrelang, warnt Bruno Rossmann (JETZT). Während man über negative Gesundheitsfolgen des Tabakkonsums beim Menschen weitestgehend Bescheid wisse, seien Umweltprobleme durch toxische Stummel kaum bekannt, klagt der JETZT-Mandatar. Hilfreich wäre es deshalb, Zigarettenkippen im Restmüll zu entsorgen und sie nicht auf die Straße oder in den Kanal zu werfen. Rossmann fordert deshalb in einer Initiative (717/A(E)) , die schließlich mit Stimmenmehrheit vertagt wurde, eine Informationskampagne über die Schädlichkeit von Zigarettenstummeln in der Umwelt, insbesondere in den Abwassersystemen, und erwartet sich davon einen Beitrag zur Bewusstseinsbildung der RaucherInnen.

Bundesministerin Elisabeth Köstinger setzt in dieser Frage vor allem auf die Einweg-Plastik-Richtlinie der EU, die auch Zigarettenhersteller betrifft. (Schluss) hof