Parlamentskorrespondenz Nr. 514 vom 10.05.2019

Parlament: TOP im Nationalrat am 16. Mai 2019

Fragestunde mit Innenminister Kickl, Bundesbetreuungsagentur für Flüchtlinge, Rechnungshofberichte, Bürgeranliegen

Wien (PK) – Der zweite Nationalratssitzungstag am Donnerstag startet mit einer Fragestunde mit Innenminister Herbert Kickl. Gleich darauf steht der Beschluss der Bundesbetreuungsagentur für Flüchtlinge am Programm. Nach Landwirtschaftsthemen widmen sich die Abgeordneten Rechnungshofberichten zur heimischen Verkehrspolitik. Auf der Tagesordnung stehen zudem Bürgeranliegen und ein Antrag zur Aufhebung der Immunität von Abgeordnetem Gerald Loacker. Schließlich wird die Forderung, die Ministeranklage zu einem parlamentarischen Minderheitsrecht zu machen, einer Ersten Lesung unterzogen.

Die Sitzung beginnt um 09.00 Uhr mit einer Fragestunde.

Fragestunde

In der Fragestunde stellt sich Innenminister Herbert Kickl den Fragen der Abgeordneten.

Bundesbetreuungsagentur für Flüchtlinge

Ab Mitte 2020 sollen die Erstaufnahmezentren für Flüchtlinge von einer staatlichen Agentur betrieben werden, ab Anfang 2021 soll dann auch die Rechts- und Rückkehrberatung für AsylwerberInnen ausschließlich von der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH durchgeführt werden. Das entsprechende Gesetzesvorhaben steht zu Beginn der Tagesordnung am Donnerstag zur Diskussion. Innenminister Herbert Kickl sieht darin eine Möglichkeit zur Synergienutzung und Kosteneffizienz. Die Oppositionsparteien kritisieren das Gesetz in Hinblick auf fehlende Unabhängigkeit und orten Interessenskonflikte.

Derzeit erfolgt die Erstbetreuung von Flüchtlingen, die in Österreich einen Asylantrag stellen, in von privaten Unternehmen geführten Einrichtungen des Bundes. Auch die Rechts- und Rückkehrberatung für AsylwerberInnen ist an externe Leistungserbringer, vorrangig gemeinnützige Organisationen, ausgelagert. Beides soll sich nun ändern. Zudem sind Einschränkungen beim Rechtsanspruch auf Rechtsberatung in Aussicht genommen. Inkrafttreten sollen die neuen Bestimmungen schrittweise, der Vollbetrieb der Agentur ist für 2021 in Aussicht genommen.

Ziel der Novelle sind insbesondere mehr Kosteneffizienz, eine Reduzierung der Abhängigkeit von externen Leistungserbringern sowie Qualitätssicherung. So ist die Regierung zuversichtlich, dass die Gesamtkosten für einen in Bundesbetreuung befindlichen Asylwerber von derzeit durchschnittlich 183 € pro Tag durch niedrigere Administrationskosten und weniger Personal im "Overheadbereich" reduziert werden können, ohne die hohe Betreuungsqualität zu senken. Zudem soll eine "faire, realistische und objektive" Rechtsberatung dazu beitragen, den Anteil der freiwilligen Ausreisen von Fremden an den Außerlandesbringungen von aktuell 45% zu erhöhen. Insgesamt geht der Entwurf nach vorübergehenden Mehraufwendungen in den Jahren 2019 (+4,1 Mio. €) und 2020 (+6 Mio. €) von deutlichen Minderausgaben in den Jahren 2021 (-12,5 Mio. €), 2022 (-15,2 Mio. €) und 2023 (-15,4 Mio. €) aus. Aufnehmen soll die Bundesagentur ihren Betrieb ab Sommer 2020.

Verbunden mit der Übernahme der Rechtsberatung durch die Bundesbetreuungsagentur ist eine Einschränkung des Rechtsanspruchs. Demnach sollen AsylwerberInnen, die sich im Zulassungsverfahren befinden – ausgenommen unbegleitete minderjährige Flüchtlinge –, künftig nur noch dann Anspruch auf kostenlose Rechtsberatung haben, wenn ihnen eine negative Entscheidung in Aussicht gestellt wurde und sie weniger als 72 Stunden Zeit haben, um sich auf ihre Einvernahme beim Bundesamt für Asyl- und Fremdenwesen (BFA) vorzubereiten. Auch Fremden, die zum Zweck einer Abschiebung festgenommen werden, wird nur noch nach Maßgabe vorhandener Kapazitäten unentgeltliche Rechtsauskunft erteilt. Die Betrauung anderer juristischer Personen mit der Durchführung der Rechtsberatung ist sodann laut Gesetzesvorlage ausdrücklich nicht mehr zulässig.

Weingesetz

Mit der Novelle zum Weingesetz wird für bestehende und zukünftige DAC-Gebiete die Möglichkeit geschaffen, bei Qualitätsweinen aus Trauben aus einem DAC-Gebiet die Angabe einer Großlage, eines Weinbauortes oder einer Ried durch Verordnung zu verbieten. Dadurch soll der konsequente Ausbau der Weinqualität fortgesetzt und weiterentwickelt werden. Die KonsumentInnen sollen sich so darauf verlassen, dass ein DAC-Wein typisch für die Region sei. Die Opposition sah im Landwirtschaftsausschuss keine Notwendigkeit für diese Novelle. Zudem könnten mit der Gesetzesänderung WinzerInnen benachteiligt werden, die keine DAC-Weine anbieten.

Anträge der Koalition und der SPÖ zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU

Die beiden Regierungsparteien haben auch einen Antrag zur Sicherstellung der Mittel der GAP für Österreich sowie eine Weiterentwicklung der bestehenden GAP-Instrumente in der neuen Periode vorgelegt, dessen Annahme vom Landwirtschaftsausschuss empfohlen wurde. Sie appellieren darin an die Regierung, alle diplomatischen Mittel auszuschöpfen, um gute Ergebnisse für Österreichs Bäuerinnen und Bauern zu erzielen. Die im Kommissionsvorschlag vorgesehenen Kürzungen bei der GAP werden als nicht akzeptabel für Österreich bezeichnet, zumal sie bei den Direktzahlungen ein Minus von 4% und in der Ländlichen Entwicklung ein Minus von 15% bedeuten würden. In der Initiative geht es vor allem um die Sicherstellung der GAP-Mittel, insbesondere im Bereich Ländliche Entwicklung, und um die Fortführung des österreichischen Wegs der ökosozialen Agrarpolitik sowie die Absicherung der Land- und Forstwirtschaft in den Bergen und den benachteiligten Gebieten. Wichtig ist für die Regierungsparteien auch der Erhalt der Zwei-Säulen-Struktur der GAP und die Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen für den Agrarsektor im EU-Binnenmarkt. Eine Absage wird jeglichen Tendenzen in Richtung einer vollen Renationalisierung der GAP erteilt.

Das Plenum befasst sich auch mit drei SPÖ Anträgen zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), die jedoch wenig Aussicht auf Erfolg haben. Die SozialdemokratInnen fordern bei der Vergabe von GAP-Förderungen mehr Nachhaltigkeit und Verteilungsgerechtigkeit, verbindliche Vorgaben zur Stärkung sozialer Dienste im ländlichen Raum und einen eigenen Frauenschwerpunkt in der nächsten Periode der GAP sowie eine europaweite Erhöhung der Tierschutzstandards durch tierwohlgerechten Einsatz.

Petitionen: Sorgen durch die Rückkehr des Wolfes

Dass die Rückkehr des Wolfes nicht auf ungeteilte Zustimmung stößt, sondern vielmehr auch Ängste und Besorgnis in der Bevölkerung, insbesondere in der Bauernschaft, auslöst, wird durch die drei vorliegenden Petitionen deutlich. Sie thematisieren den Schutz der Siedlungs- und Weidegebiete im Waldviertel, in Tirol und Salzburg, wobei unter anderem Entschädigungszahlungen für betroffene Bauern gefordert werden. Angeregt werden etwa gesetzliche Grundlagen, um so genannte Problemwölfe entnehmen zu können, dies auch durch entsprechende Nutzung von europarechtlichen Ausnahmeregelungen bzw. durch eine Änderung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie. Ein weiteres Anliegen ist die Zahlung von Entschädigungen an betroffene Bäuerinnen und Bauern.

Wie Bundesministerin Elisabeth Köstinger im Ausschuss erklärte, setzt sie vor allem auf das Österreich-Zentrum für Bär, Wolf und Luchs, um die notwendige Expertise gemeinsam mit den Bundesländern und unter Einbeziehung aller Beteiligten zu bündeln und Vorschläge für Herdenschutzmaßnahmen, aber auch für Entschädigungszahlungen zu erarbeiten. Bis Ende Juni werde die Geschäftsführung bestellt, im Herbst soll das Zentrum dann seine Arbeit aufnehmen, kündigte die Ministerin an.

Rechnungshof vermisst gesamtstaatliche Verkehrsplanung

Rund 15,2 Mrd. € kostete der Ausbau des hochrangigen Verkehrsnetzes zwischen 2011 und 2015. Das fand der Rechnungshof (RH) bei seiner letzten Überprüfung zu Strategien, Planung und Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur des Bundes heraus. Trotz der hohen Kosten zeitigten die gesetzten Maßnahmen aber häufig nicht die erhofften Erfolge, vor allem hinsichtlich einer besseren Vernetzung diverser Verkehrsträger wie Schiene und Straße. Grundsätzlich habe eine gesamthafte Planung gefehlt, so die Kritik des Kontrollorgans. Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker mahnt vom Verkehrsministerium einen "gesamtstaatlichen Blick" bei Ausbauvorhaben ein und urgiert, dass tatsächlich nur jene Verbindungen in das hochrangigen Netz aufgenommen werden, die die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen. Positiv wertet sie in diesem Zusammenhang die in Angriff genommene regelmäßige Aktualisierung der Österreichischen Verkehrsprognose zur gesamtstaatlichen Einschätzung der Mobilitätsanforderungen. Verkehrsminister Hofer sicherte im Rechnungshofausschuss einen massiven Ausbau der Schiene zu.

Umweltverträglichkeitsprüfungen auf Bundesstraßen

Auch die Nachkontrollen gemäß Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-G) auf den österreichischen Bundesstraßen wurden vom Rechnungshof einer Prüfung unterzogen. In der bisherigen Praxis der UVP-Nachkontrolle auf den Bundesstraßen wurde laut Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker nur ein geringer Mehrwert gegenüber der laufenden Auflagenkontrolle identifiziert.

Gemäß Bericht kamen die ASFINAG-Gesellschaften ihren Berichtspflichten nicht vollständig und teilweise nicht fristgerecht nach. Auch die Abwicklung der Verfahren und die Kontrolle der Auflagen wiesen teilweise Mängel in Bezug auf Vollständigkeit und Beweissicherung auf, heißt es im Bericht. Ebenso bestand keine Gewähr, dass die Verantwortlichen einem im Zuge der Nachkontrolle aufgezeigten Handlungsbedarf nachgekommen wären. Empfohlen wird vom Rechnungshof daher, die Überwachungsmaßnahmen möglichst präzise vorzuschreiben, etwa durch Vorgabe von Art, Zeitpunkt und Umfang der Erhebungen. Die ASFINAG-Gesellschaften sollten ebenso wie die Behörden über praktikable Systeme zur Auflagen- und Fristverwaltung verfügen sowie entsprechende Vorkehrungen zur Einhaltung der Auflagen treffen und Berichte fristgerecht übermitteln. Bei Abweichungen oder Mängeln sollte außerdem umgehend deren Behebung veranlasst werden, meint der Rechnungshof.Verkehrsminister Hofer sagte im Rechnungshofausschuss, die Nachkontrollen vereinheitlichen zu wollen.

Prüfbericht zum Ticket-Vertriebssystem der ÖBB

Nach Ansicht des Rechnungshofs wäre es sinnvoll, wenn das Verkehrsministerium auf eine Vereinfachung der Tarifstrukturen im öffentlichen Verkehr in Österreich hinwirkt. Ein wesentlicher Schritt im Sinne des Nutzens für die KundInnen wäre es, wenn der ÖBB-Ticketshop für alle Anbieter von Mobilitätsdiensten geöffnet wird. Zu diesem Schluss kommt der Rechnungshof in seinem Prüfbericht über das Ticket-Vertriebssystem der ÖBB-Personenverkehr AG, das 2017 Gegenstand einer Überprüfung war.

Die PrüferInnen sprechen im Bericht über einen Tarifdschungel im öffentlichen Verkehr. Verkehrsminister Norbert Hofer betonte im Rechnungshofausschuss dazu, dass er im Sinne einer Verbesserung des Angebots und einheitlicher Tarife bereits Gespräche mit allen Verkehrsunternehmen führe. Er hält die Umsetzung des geplanten Österreich-Tickets bis Ende der laufenden Legislaturperiode für möglich, konkret also bis 2022.

Petitionen und Bürgerinitiativen

Der Nationalrat wird sich auch mit vier Bürgeranliegen beschäftigen. Unter anderem geht es um die Bürgerinitiativen "Keine Ehe für Alle".

Immunität des Abgeordneten Gerald Loacker

Auf der Tagesordnung steht auch ein Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Magistratischen Bezirksamts für den 1./8. Bezirk, die Immunität von Abgeordnetem Gerald Loacker aufzuheben. Loacker hatte mit der neuen App "Digitales Amt" seinen Hauptwohnsitz im Wirtschaftsministerium angemeldet. Die für das Gebäude zuständige Burghauptmannschaft hat daraufhin den Abgeordneten wegen einer "bewussten Falschmeldung" gemäß Meldegesetz angezeigt.

Erste Lesung: Ministeranklage soll parlamentarisches Minderheitsrecht werden

Die Parlamentsfraktion JETZT hat eine Änderung der Bundesverfassung beantragt. Sie will der Opposition, konkret einem Drittel der Abgeordneten, die Möglichkeit einräumen, Regierungsmitglieder wegen schuldhafter Rechtsverletzungen im Zuge ihrer Amtsführung beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) anzuklagen. Nach aktueller Rechtslage braucht es dafür einen Mehrheitsbeschluss des Nationalrats.

Begründet wird die Initiative von JETZT damit, dass die sogenannte Ministeranklage derzeit de facto totes Recht ist. Auch bei ernsten Verfehlungen hätten Regierungsmitglieder nicht mit Konsequenzen zu rechnen, da die Regierung die Mehrheit im Nationalrat hinter sich habe. Zudem ist die Liste JETZT überzeugt, dass die Opposition das Instrument nur sehr vorsichtig und selten nutzen würde, zumal alleine der VfGH über die Zulässigkeit und materielle Berechtigung einer derartigen Anklage entscheidet. (Schluss TOP im Nationalrat) keg/jan