Parlamentskorrespondenz Nr. 700 vom 19.06.2019

Kinder- und Jugendhilfe: Bundesrat billigt Bund-Länder-Vereinbarung

Vertrag soll weiter bundesweit einheitliche Qualitätsstandards sicherstellen

Wien (PK) – Die "Verländerung" der Kinder- und Jugendhilfe ist um ein weiteres Stück näher gerückt. Der Bundesrat hat heute mit breiter Mehrheit beschlossen, keinen Einspruch gegen die zwischen dem Bund und den Ländern ausverhandelte 15a-Vereinbarung zu erheben. Diese soll auch in Zukunft bundeseinheitliche Qualitätsstandards in diesem Bereich sicherstellen und ist eine Voraussetzung dafür, dass die im vergangenen Jahr beschlossene Kompetenzverschiebung in Kraft treten kann. Bedenken äußerten die Grünen: Sie sehen die künftig alleinige Gesetzgebungskompetenz der Länder für die Kinder- und Jugendfürsorge nach wie vor kritisch. Damit die Bund-Länder-Vereinbarung Rechtskraft erlangt, müssen ihr neben dem Parlament auch sämtliche Landtage zustimmen.

Vorgebracht wurde die Kritik der Grünen von David Stögmüller (OÖ). Mit der vorgenommenen Kompetenzverschiebung zu den Ländern habe man ein gut funktionierendes Bundesgesetz "zerrissen" und Expertenmeinungen ignoriert, machte er geltend. "Wir katapultieren uns wieder um Jahre zurück in der Kinder- und Jugendhilfe." Stögmüller befürchtet nicht nur unterschiedliche Qualitätsstandards in den einzelnen Bundesländern, sondern eine Forcierung des "Kirchturmdenkens" der Behörden. Zudem vermisst er eine verbindliche Evaluierung der Ländergesetze und fragt sich, wer künftig eine Weiterentwicklung der Standards organisieren soll.

Nicht nachvollziehen konnten Elisabeth Mattersberger (ÖVP/T) und Rosa Ecker (FPÖ/O) die Bedenken Stögmüllers. Die von Ex-Justizminister Josef Moser initiierte Kompetenzentflechtung sorge endlich für klare Zuständigkeiten im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe, hielt Mattersberger fest. In der Vergangenheit seien Verantwortlichkeiten zwischen Bund und Ländern hin- und hergeschoben worden. Anders als von Stögmüller behauptet, sei die vorliegende 15a-Vereinbarung zudem kein loses Instrument, sondern stelle die Aufrechterhaltung der bestehenden Qualitätsstandards und deren Weiterentwicklung sicher.

Ecker rief ihre KollegInnen im Bundesrat auf, "Vertrauen in unsere Länder" zu haben. Die Kompetenzverschiebung und die vorliegende Vereinbarung bieten ihrer Meinung nach eine gute Möglichkeit, die Standards im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe zu vereinheitlichen und die Abläufe zu vereinfachen. Schließlich seien trotz des Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetzes unterschiedliche Standards und Zuständigkeiten gang und gäbe. Als Beispiel verwies Ecker etwa auf die divergierende finanzielle Unterstützung von Pflegeeltern und den unterschiedlich hohen Anteil an fremduntergebrachten Kindern in den einzelnen Bundesländern. Unverständlich ist für sie überdies, dass manche Länder den Bedarf an Pflegeeltern nicht selbst decken können, so seien viele Wiener Kinder in Oberösterreich untergebracht.

Sowohl Ecker als auch Mattersberger verwiesen außerdem darauf, dass der Bund die Länder weiter unterstützen wird, etwa durch Statistiken und Kinderschutzforschung.

Seitens der SPÖ hob die Niederösterreicherin Doris Hahn hervor, dass ihre Partei einer "Verländerung" der Kinder- und Jugendhilfe immer kritisch gegenübergestanden sei, weil unterschiedliche Qualitätsstandards befürchtet wurden. In der Politik müssten aber Kompromisse geschlossen werden, meinte sie. Zudem seien die wichtigsten Kritikpunkte in der 15a-Vereinbarung berücksichtigt worden. Klar ist für Hahn jedenfalls, dass es hohe und bundesweit einheitliche Qualitätsstandards in der Kinder- und Jugendhilfe sowie ein gutes Zusammenspiel zwischen Eltern, Behörden und Trägereinrichtungen braucht.

Ein von der SPÖ eingebrachter Entschließungsantrag betreffend die Einrichtung eines Fachbeirats zur Weiterentwicklung und kontinuierlichen Evaluierung der Kinder und Jungendhilfe beim Familienministerium wurde zwar von den Grünen mitunterstützt, fand insgesamt bei der Abstimmung aber keine Mehrheit.

Mit der vorliegenden 15a-Vereinbarung verpflichten sich die Bundesländer, ihre Gesetze und die Vollziehung weiterhin an den zentralen Bestimmungen und Mindeststandards des künftig obsoleten Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetzes auszurichten. Zudem bekennen sie sich dazu, die geltenden Standards gemeinsam weiterzuentwickeln, insbesondere wenn neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Expertisen vorliegen. (Fortsetzung Bundesrat) gs


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