Parlamentskorrespondenz Nr. 286 vom 24.03.2020

Jahresbericht des Nationalrats: Rückblick auf ein bewegtes Jahr 2019

Neuer Nationalrat, interparlamentarische Zusammenarbeit, Initiativen gegen Antisemitismus

Wien (PK) – Nationalratspräsident Wolfang Sobotka präsentiert mit dem Jahresbericht 2019 einen Rückblick auf ein Jahr besonderer Herausforderungen im Parlament: die Abwahl einer Regierung mittels Misstrauensantrag, eine Übergangsregierung und ein neuer Nationalrat mit einem Wechsel von Fraktionen. Gefeiert wurden Jubiläen wie 100 Jahre Frauenwahlrecht oder 150 Jahre Parlamentsbibliothek. Bei den internationalen Beziehungen wurde 2019 das Engagement für die Heranführung des Westbalkans an die EU noch weiter vertieft.

Engagement für die EU-Erweiterung in Richtung Westbalkan

Im Vorwort des Jahresberichts verweist der Nationalratspräsident auf die Bedeutung der Beziehungen mit dem Westbalkan. Der Export der Demokratiewerkstatt und ein Stipendiatenprogramm für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den dortigen Parlamentsdirektionen seien Beispiele für den gelebten diplomatischen Austausch. Insgesamt fanden vergangenes Jahr 223 internationale Termine des Parlaments, auch in außereuropäischen Ländern wie etwa Kirgisistan, Kasachstan oder Armenien, statt.

Ein neuer Nationalrat

Die infolge des Ibiza-Videos aufgelöste Bundesregierung stellte das Parlament vor eine neue Herausforderung: Erstmals in der österreichischen Geschichte wurde eine Übergangsregierung eingesetzt. Die Zeit bis zur Nationalratswahl am 29. September war geprägt von wechselnden Mehrheiten im Nationalrat. Dort schafften die Grünen den Wiedereinzug in den Nationalrat, während die Liste JETZT sich nach nur zwei Jahren wieder verabschieden musste. Mit der Wahl 2019 kamen 55 neue Abgeordnete in das Hohe Haus. Der Frauenteil stieg von 34,4% auf 39,3% und erreichte damit einen neuen Höchstwert. Im Juni 2019 wurde im Zuge des Klubförderungsgesetzes ein Frauenbonus eingeführt, der den Grünen und der SPÖ als erste Fraktionen zugesprochen wurde. Im Präsidium bestätigt wurden Wolfgang Sobotka (ÖVP) als Nationalratspräsident und Doris Bures (SPÖ) als Zweite Nationalratspräsidentin. Norbert Hofer (FPÖ) wurde zum Dritten Präsidenten gewählt.

Initiativen gegen Antisemitismus

Die vom Parlament beauftragte Studie "Antisemitismus geht uns alle an" bildete den Ausgangspunkt für eine Reihe an Initiativen gegen Antisemitismus und schließt damit eine Forschungslücke im Bereich "Einstellungen zu Antisemitismus". In mehr als 2.400 Interviews werden erstmals auch sogenannte Aufstockungsgruppen, also türkisch- und arabischsprachige Personen mitaufgenommen. Die Ergebnisse zeigen zwar eine positive Veränderung in der Antisemitismusfrage, geben aber dennoch alarmierende Hinweise im Bereich des traditionellen Antisemitismus. Als Maßnahmen des Parlaments wurde das hauseigene Workshopangebot "Demokratie in Bewegung" um ein Modul "Bildung gegen Vorurteile" ergänzt. So sollen Schülerinnen und Schüler, Lehrlinge sowie Lehrende für neue Formen des Antisemitismus sensibilisiert werden.

Unter dem Zeichen des Antisemitismus standen auch der "Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus" am 5. Mai anlässlich der Befreiung des KZ Mauthausen, eine Dialogveranstaltung im Parlament sowie die Auslandsreise Sobotkas zur europäischen Konferenz der Parlamentspräsidentinnen und -präsidenten beim Europarat in Straßburg.

150 Jahre Parlamentsbibliothek

Die Parlamentsbibliothek im Palais Epstein feierte ihren 150. Geburtstag mit einer besonderen Festschrift, die als Buch über Bücher, mit dem Titel "Zu Wort gemeldet ist … das Buch" im Residenz Verlag erschien. 35 Autorinnen und Autoren aus Politik, Wissenschaft, Medien und Kunst haben je ein favorisiertes Buch aus den Beständen ausgewählt und darüber geschrieben. Die Beiträge sind keine klassischen Rezensionen, sondern zeigen die Lebendigkeit und Beschaffenheit des Bibliotheksbestandes sowie die Bedeutung politischer Debatten.

100 Jahre Frauenwahlrecht und Gastkommentare

Die ersten weiblichen Abgeordneten wie Adelheid Popp, Hildegard Burjan und Anna Boschek sowie Frauen im österreichischen Widerstand wurden zu Beginn des Jahres in einer Veranstaltungsreihe gewürdigt. Als Patronin des Jubiläums gestaltete Schauspielerin Ursula Strauss die Dialog- und Gedenkveranstaltungen mit dem Titel "…, [die]". Begleitet wurde die Würdigung der Pionierinnen der österreichischen Demokratie von der Ausstellung "Gleiche Rechte" am Wiener Heldenplatz und der Publikation "…[die] – Frauen im Parlament".

Gastkommentare von Ursula Strauss, Politologen Thomas Hofer und Hannah Lessing, Generalsekretärin des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus sowie Vorworte der drei NationalratspräsidentInnen und Statements der Klubobleute vervollständigen den 100-seitigen Jahresrückblick.

Der Jahresbericht ist auf der Website des Parlaments unter www.parlament.gv.at/services/STAT/ALLGSTAT/JahresstatNR.shtml abrufbar. (Schluss) gun