Parlamentskorrespondenz Nr. 554 vom 29.05.2020

Nationalrat: Vereinfachungen für Lohnabrechnung bei COVID-19-Kurzarbeit

Abgeordnete beschließen außerdem Reparatur der Kassenreform

Wien (PK) – Mit breiter Mehrheit befürwortete der Nationalrat heute eine Novelle zum Arbeitsmarktservicegesetz, mit der die Lohnabrechnung für Unternehmen, die das COVID-19-Kurzarbeitsmodell in Anspruch nehmen, vereinfacht werden soll.

Außerdem beschlossen die Abgeordneten eine Reparatur zur Kassenreform der damaligen ÖVP-FPÖ-Regierung. Damit wird der beim Finanzministerium eingerichtete Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge (PLAB) in "Prüfdienst für Lohnabgaben und Beiträge" (PLB) umbenannt und ab Juli grundsätzlich nur mehr im Auftrag der Finanzämter Prüfungen durchführen. Gleichzeitig erhält die Österreichische Gesundheitskasse, so wie seinerzeit die Gebietskrankenkassen, eigene Prüfkompetenzen. In diesem Zusammenhang beschlossen die Abgeordneten auch eine Novelle zum Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz samt zwei in der Sitzung eingebrachten, gemeinsamen Abänderungsanträgen von ÖVP, Grünen und SPÖ. Es geht dabei unter anderem um Regelungen über ein pauschales Honorar für den behandelnden Arzt für die Ausstellung eines COVID-19-Risiko-Attests. Außerdem wird mit den Änderungen geregelt, dass jener Personenkreis, der vor der Fusion mit der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter zur BVAEB bei der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau versichert war, in die Sozialversicherungsprüfung einbezogen wird und dass auch die BVAEB (Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau) Prüfungen durchführen kann.

Ein FPÖ-Vorstoß zur Auflösung von Arbeiterkammerrücklagen zugunsten eines COVID-19-Unterstützungsfonds und eine Initiative der NEOS gegen Missbrauch bei Kurzarbeit fanden keine Mehrheit und wurden abgelehnt. Auch eine in der Sitzung eingebrachte Entschließung der NEOS, mit der sie die Regierung auffordern, einen Runden Tisch zur Sicherung der Arbeitsplätze der Laudamotion einzuberufen, blieb in der Minderheit.

Novelle mit Vereinfachungen bei COVID-19-Kurzarbeit

Für Unternehmen, die das COVID-19-Kurzarbeitsmodell in Anspruch nehmen, soll mit der Novelle zum Arbeitsmarktservicegesetz die Lohnabrechnung vereinfacht werden. Gleichzeitig werden Nachteile für ArbeitnehmerInnen durch die derzeitigen Rundungsregelungen beseitigt und weitere Präzisierungen bei den Kurzarbeitsbestimmungen vorgenommen.

Grundlage für den Beschluss bildete ein Antrag der Koalitionsparteien, der bereits im Sozialausschuss mittels Abänderungsantrag adaptiert und ergänzt worden war. Es wird unter anderem gesetzlich normiert, dass die Bruttoentgelt-Tabelle, aus der sich die Kurzarbeits-Gehälter für die Beschäftigten errechnen, in 5-Euro-Schritten abzustufen ist. Zudem wird klargestellt, dass sich die grundsätzliche Verpflichtung der Unternehmen zur Aufrechterhaltung des Beschäftigtenstandes nur auf von Kurzarbeit betroffene MitarbeiterInnen bezieht. Die neuen Bestimmungen inklusive der bürokratischen Erleichterungen sollen rückwirkend mit 1. März gelten und auch auf bestehende Kurzarbeitsanträge anzuwenden sein.

Das Modell Kurzarbeit stelle eines der wichtigsten Instrumente dar, um Arbeitsplätze zu sichern, hob Tanja Graf (ÖVP) hervor. Es handle sich um ein steuerfinanziertes Modell, daher sei gewisse Bürokratie notwendig, zumal etwaiger Fördermissbrauch nicht zu akzeptieren sei. Langfristig sei das Ziel aber nicht permanente Kurzarbeit, sondern Vollbeschäftigung, so die ÖVP-Abgeordnete. Das Modell sei allein deshalb ein Erfolg, weil es 1,3 Millionen Menschen in Österreich Jobs gesichert habe, unterstrich Markus Koza (Grüne) und bezeichnete es als "Rettungsring für Österreichs Wirtschaft und ihre Beschäftigten". Mit der nunmehrigen Änderung werde die Abrechnung vereinfacht.

Dass es nach einer Phase der Kurzarbeit zu Jobabbau kommen könnte, befürchtet Josef Muchitsch (SPÖ). Daher sei es wichtig, das Modell zu verlängern sowie ein Konjunkturpaket und Maßnahmen für Aus- und Weiterbildung zu schaffen. Er richtete neuerlich einen Appell an die ÖVP, das Arbeitslosengeld zu erhöhen. Für Dagmar Belakowitsch (FPÖ) ist nicht schlüssig, ob es der Regierung mit der Kurzarbeit um Arbeitsplätze einerseits oder andererseits um die Betriebe geht. Sie forderte darüber hinaus einen Rechtsanspruch auf Homeoffice oder Freistellung für ArbeitnehmerInnen, die mit Risikopatienten im gleichen Haushalt leben. Die räumliche Trennung sei hier nicht machbar, so die FPÖ-Abgeordnete.

Gegen die Novelle sprach sich Gerald Loacker (NEOS) aus. Das Modell sei immer noch zu kompliziert, beinhalte ein Dickicht an Regeln und vier Varianten der Abrechnungsmöglichkeit. Außerdem komme die Hilfe bisher nicht an, es seien von den 12 Mrd. € erst 0,5 Mrd. € geflossen.

Österreichische Gesundheitskasse: Reparatur der Kassenreform

Die am Rande der Kassenreform von den damaligen Regierungsparteien ÖVP und FPÖ beschlossene Bündelung der Prüfung aller lohnabhängiger Abgaben und Beiträge beim Finanzministerium wird repariert. Damals wurde der Österreichischen Gesundheitskasse zwar ein Anforderungsrecht auf Sozialversicherungsprüfungen eingeräumt, eine fachliche Weisungsbefugnis gegenüber den Prüforganen hat sie aber nicht. Damit kann sie auf Art und Umfang der Ermittlungen so gut wie keinen Einfluss nehmen, hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits vergangenen Dezember festgestellt und die entsprechenden Gesetzespassagen mit dem Argument aufgehoben, dass sie der Selbstverwaltung widersprechen. Der Gesetzentwurf zur Reparatur der einschlägigen Bestimmungen erhielt mit einem Abänderungsantrag im Plenum breite Zustimmung.

Basis für den Beschluss bildete eine von ÖVP und Grünen eingebrachte Gesetzesnovelle, die auch zuvor im Ausschuss bereits per Abänderungsantrag noch präzisiert wurde. Der beim Finanzministerium eingerichtete Prüfdienst (PLAB) wird demnach in "Prüfdienst für Lohnabgaben und Beiträge" (PLB) umbenannt und ab Juli grundsätzlich nur mehr im Auftrag der Finanzämter Prüfungen durchführen. Gleichzeitig erhält die Österreichische Gesundheitskasse, so wie seinerzeit die Gebietskrankenkassen, eigene Prüfkompetenzen. Am schon seit Jahren bewährten System, dass alle Abgaben (Lohnsteuer, Sozialversicherungsbeiträge, Kommunalsteuer) gemeinsam geprüft werden – also vice versa von der Finanz bzw. den Kassen – wird jedoch festgehalten.

Den Gemeinden wird das Recht eingeräumt, sowohl beim zuständigen Finanzamt als auch bei der Gesundheitskasse eine Kommunalsteuerprüfung anzufordern. Wird dieser Anforderung nicht innerhalb von drei Monaten Folge geleistet, können sie künftig selbst Prüfungen durchführen. Weitere vorgesehene Änderungen betreffen die Aufgaben und Beschlüsse des beim Finanzministeriums eingerichteten Prüfbeirats.

Vorgesehen wird außerdem ab 1. Juni befristet bis Ende 2020 für den behandelnden Arzt ein pauschales Honorar von 50 € für die Ausstellung eines COVID-19-Risiko-Attests – nach Vorlage eines entsprechenden Informationsschreibens auf Grundlage der Definition der COVID-Risikogruppe und mit ergänzenden, konkretisierenden Bestimmungen. Rückwirkend ab 6. Mai bis 31. Mai 2020 sei dieses Honorar unabhängig davon zulässig, dass die betroffene Person ein Informationsschreiben erhalten hat. Die dem Krankenversicherungsträger daraus entstehenden tatsächlichen Honorarkosten sind laut Antrag aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds zu ersetzen.

Nachgezogen werde im ASVG auch hinsichtlich Beitragsfreiheit der Gastro-Gutscheine im Zusammenhang mit der Corona-Krise, ergänzte Michael Hammer (ÖVP). Insgesamt könne mit der Novelle die gemeinsame Prüfung der lohnabhängigen Abgaben als Erfolgsmodell fortgesetzt werden, so Markus Koza (Grüne).

Christian Drobits (SPÖ) hob das Prinzip der Selbstverwaltung der Kassen als tief verankert hervor. Es sei wichtig, die Gesundheitskassen künftig nun auch wieder prüfen zu lassen.

FPÖ-Vorstoß zur Auflösung von Arbeiterkammerrücklagen, NEOS gegen Missbrauch bei Kurzarbeit

Ein FPÖ-Vorstoß zur Auflösung von Arbeiterkammerrücklagen zugunsten eines COVID-19-Unterstützungsfonds konnte sich im Plenum nicht durchsetzen. Gemäß dem Entschließungsantrag sollten mindestens 444 Mio. € für ArbeitnehmerInnen mit Familien bereitgestellt werden.

Was die Kurzarbeit betreffe, sei versprochen worden, das Modell wirke schnell und unbürokratisch. Das sei aber nicht der Fall, kritisierte Peter Wurm (FPÖ). Aus seiner Sicht gebe es in Europa wesentlich bessere Modelle.

Auf Ablehnung stieß auch die Initiative der NEOS, die darauf abzielt, Missbrauch bei der Inanspruchnahme von Kurzarbeit zu unterbinden. Ein Bonus/Malus-System mit Aufschlägen auf die Körperschaftssteuer bzw. die Einkommensteuer für spätere Gewinne soll demnach gewährleisten, dass Unternehmen nicht dazu verleitet sind, Kurzarbeit "auszunutzen". Außerdem soll nach Meinung der NEOS eine ökonomische Notwendigkeit für Kurzarbeit nachgewiesen werden müssen.

Beate Meinl-Reisinger (NEOS) forderte außerdem mit einer Entschließung, die ebenso in der Minderheit blieb, die Regierung dazu auf, zur Sicherung der Arbeitsplätze der Lauda Motion GmbH einen Runden Tisch mit VertreterInnen der beteiligten Unternehmen und der Sozialpartner einzuberufen. Man müsse alles daran setzen, um für jeden Arbeitsplatz in Österreich zu kämpfen und gleichzeitig Lohndumping zu verhindern, so Meinl-Reisinger.

Rebecca Kirchbaumer (ÖVP) ortet im NEOS-Antrag zur Kurzarbeit eine Pauschalverurteilung von UnternehmerInnen. Zum Thema Laudamotion mutmaßte sie, wenn es schon so weit sei, dass MitarbeiterInnen gegen die Gewerkschaft demonstrieren, liege etwas im Argen. Seitens SPÖ betonte Dietmar Keck, zu einem Kollektivvertrag, der sich unter der Armutsgrenze bewege, könne es keine Zustimmung der Gewerkschaft geben. Auch dem FPÖ-Antrag auf Auflösung der Rücklagen der Arbeiterkammer konnte er absolut nichts abgewinnen. Gerald Loacker (NEOS) erwiderte zur Diskussion um die genannten Kollektivvertragsgehälter der Laudamotion, diese seien nur dann so niedrig, wenn man "keine Minute fliege". (Fortsetzung Nationalrat) mbu

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