Parlamentskorrespondenz Nr. 588 vom 08.06.2020

Neu im Gleichbehandlungsausschuss

NEOS-Initiativen für Rechte von LGBTIQ-Personen

Wien (PK) – Die NEOS setzen sich mit einer Reihe von Entschließungsanträgen für die Rechte von LGBTIQ-Personen ein.

Gegen Diskriminierung, Hassverbrechen und Beschneidung der Menschenrechte

Innerhalb der letzten Jahre seien in Europa und auch in Österreich zwar wichtige gesetzliche Schritte in Richtung Gleichberechtigung von LGBTIQ-Personen gesetzt worden, wie etwa die Ehe für alle, die theoretische Möglichkeit der Eintragung des dritten Geschlechts in das Zentrale Personenstandsregister oder das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare. Dennoch seien Phänomene wie Homophobie, Diskriminierung und Gewalt gegen LGBTIQ-Personen immer noch weit verbreitet, wirft Yannick Shetty seitens der NEOS auf. Außerdem seien in Europa und weltweit aktuell massive Rückschritte hinsichtlich LGBTIQ-Rechten zu beobachten, beispielsweise in Polen mit LGBTIQ-freien Zonen oder dass es in Ungarn für trans- und intersexuelle Personen nicht mehr möglich sei, den Geschlechtseintrag der Geschlechtsidentität anzupassen. In Kroatien sei ein homosexuelles Pärchen mit Kind als "Maskottchen des Bösen" als Pappfiguren dargestellt und angezündet worden. Weltweit würden LGBTIQ-Personen sogar immer wieder für das Corona-Virus verantwortlich gemacht und attackiert, zeigt sich Shetty in zwei Entschließungsanträgen entsetzt über Zustände, die ihm zufolge eher an das finstere Mittelalter erinnern als an das 21. Jahrhundert.

Daher fordern die NEOS die Bundesministerin für EU und Verfassung auf, auf europäischer Ebene klar Stellung gegen LGBTIQ-feindliche Tendenzen und steigende Übergriffe zu beziehen und sich für die Aufhebung der Rechtseinschränkung in Ungarn, als auch der LGBTIQ-freien Zonen in Polen einzusetzen und deutlich zu machen, dass eine LGBTIQ-feindliche Geisteshaltung und massive Beschneidung der Menschenrechte in Europa keinen Platz haben (597/A(E)). Was Österreich betrifft, müsse die Bundesregierung in den Bereichen der inneren Sicherheit und Polizei, aber auch am Arbeitsplatz und im medizinischen und schulischen Bereich durch gezielte Kampagnen gegen Diskriminierung, Vorurteile und Hassverbrechen an LGBTIQ-Personen auftreten und ein deutliches Zeichen der Unterstützung und des Stellenwertes von LGBTIQ-Rechten in Österreich setzen (593/A(E)).

Umsetzung des VfGH-Urteils für dritte Geschlechtskategorie

Einem weiteren NEOS-Antrag zufolge (596/A(E)) ist es seit einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom Juli 2018 Personen in Österreich zwar theoretisch möglich, im Zentralen Personenstandsregister (ZPR) neben den Geschlechtskategorien "männlich" und "weiblich" eine dritte Geschlechtskategorie zu wählen. Faktisch bleibe das jedoch eine Utopie, so Antragsteller Yannick Shetty, der dies auf eine Weisung des ehemaligen Innenministers Herbert Kickl an die Standesämter im Dezember 2018 zurückführt. Demnach sei als - aus seiner Sicht unnötig enge - Fassung für die dritte Geschlechtskategorie lediglich der Begriff "divers" anzuerkennen. Außerdem erfolge die Zuerkennung ausschließlich auf Basis eines einschlägigen medizinischen Gutachtens durch eigens zusammengestellte Expertengruppen, sogenannte "Boards". Ebendiese Boards seien aber immer noch nicht eingerichtet, so Shetty, womit für betroffene Personen faktisch immer noch keine Möglichkeit bestehe, die dritte Geschlechtskategorie auch tatsächlich eintragen zu lassen. Die NEOS sehen insbesondere den Innenminister in der Pflicht, alle notwendigen Schritte zu setzen, um das entsprechende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vollumfänglich und umgehend umzusetzen. Davon umfasst müsse die Aufhebung des besagten Erlasses des ehemaligen Innenministers sein, der die Umsetzung des höchstgerichtlichen Urteils verhindere und die Diskriminierung intersexueller Personen fortführe.

Anerkennung und offizielle Entschuldigung bei homosexuellen Strafrechtsopfern

Mit einem Antrag im Justizausschuss haben die NEOS bereits die Rehabilitation und Entschädigung für Opfer der Anti-Homosexuellen-Paragraphen des Strafgesetzes gefordert (siehe dazu 67/A(E)). Der Verfassungsgerichtshof habe bereits 2002 die entsprechenden Tatbestände des StGB als verfassungswidrig aufgehoben, in der Sache habe sich daraufhin aber wenig bewegt, so Antragsteller Yannick Shetty. Zwar sei im Jahr 2015 die Möglichkeit einer Tilgung aus dem Strafregister im Wege einer Einzelfallprüfung geschaffen worden, einen Anspruch auf Entschädigung für die Opfer gebe es bis dato allerdings nicht. Über den Antrag im Justizausschuss hinaus drängt nun der LGBTIQ-Sprecher in einem Entschließungsantrag (595/A(E)) auch auf eine offizielle Entschuldigung der Bundesregierung bei allen homosexuellen Strafrechtsopfern - also bei jenen Menschen, die aufgrund mittlerweile aufgehobener anti-homosexueller Strafgesetze für Taten verurteilt wurden, sofern die begangenen Taten bei heterosexueller Begehung damals nicht strafbar waren - für das ihnen lediglich aufgrund ihrer sexuellen Orientierung widerfahrene legislative Unrecht. Darüber hinaus sprechen sich die NEOS für ein Mahnmal gegen Homophobie in Form eines Denkmals aus, das an das Schicksal der Betroffenen erinnern soll.

LGBTIQ-inklusive Lehr- und Lernmaterialien und Anlaufstellen in Schulen

Bereits im Schulunterricht offen an LGBTIQ-bezogene Themen heranzugehen, für sachliche und fundierte Aufklärung zu sorgen und deutlich gegen verbale und physische Gewalt und Diskriminierung einzutreten, ist der Ansatz für einen weiteren NEOS-Entschließungsantrag (592/A(E)). Anhand der Lehr- und Lernmaterialien und des Aufklärungsunterrichts werde deutlich, dass über Homo-, Inter- oder Transsexualität noch immer nicht offen gesprochen wird und nur wenige LehrerInnen sich aktiv mit diesem Thema befassen. Yannick Shetty fordert deshalb vom Bildungsminister ein umfassendes Konzept, das die rasche Verankerung von LGBTIQ-bezogenen Themen, sachliche Aufklärung hierzu und die Verwendung von LGBTIQ-inklusiven Lehr- und Lernmaterialien im österreichischen Schulunterricht vorsieht. Außerdem sollen an Schulen Anlaufstellen eingerichtet werden, an die sich Kinder und Jugendliche bei Fragen, Problemen und Diskriminierungserfahrungen wenden können, um Unterstützung zu erhalten.

Verbot nicht notwendiger geschlechtsangleichender Operationen bei Kindern und Jugendlichen

Zudem setzen sich die NEOS mit einem Entschließungsantrag für ein Verbot von nicht notwendigen geschlechtsangleichenden Operationen und hormonellen Therapien bei Kindern und Jugendlichen ein (594/A(E)). Besonders intergeschlechtliche Menschen, die bei der Geburt aufgrund der Ausprägung ihrer Geschlechtsmerkmale weder als "männlich", noch als "weiblich" bezeichnet werden können, würden demnach Gefahr laufen, durch unnötige geschlechtsangleichende Operationen oder hormonelle Therapien einen nachhaltigen gesundheitlichen und psychischen Schaden davonzutragen.

Antragsteller Yannick Shetty zufolge werden bei intergeschlechtlichen Kindern und Jugendlichen häufig Operationen vorgenommen, ohne zu berücksichtigen, dass unter anderem der Hormonhaushalt sich erst im Jugendalter einstellt. Zahlreiche Folgeoperationen und dauerhafte Schmerzen seien nur einige der weiteren Konsequenzen solcher operativen Eingriffe. Daher spreche man hierbei von intergeschlechtlicher Genitalverstümmelung (IGM), heißt es im Antrag. Es gelte, mit geschlechtsangleichenden Eingriffen jeglicher Art, sofern sie nicht medizinisch notwendig sind, abzuwarten, bis die Betroffenen selbst entscheiden können und ähnlich wie bei weiblicher Genitalverstümmelung auch bei IGM klare Strafen einzuführen. Darüber hinaus müsse das medizinische und Pflegepersonal dahingehend geschult und sensibilisiert werden, so die NEOS. (Schluss) mbu