Parlamentskorrespondenz Nr. 622 vom 16.06.2020

Budgetausschuss gibt 1 Mrd. € für Unterstützung der Gemeinden frei

Abgeordnete beschließen Kommunalinvestitionsgesetz 2020

Wien (PK) – Um die negativen wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise abzufedern, sollen die Gemeinden bis zu 1 Mrd. € an Bundeszuschüssen für Investitionsprojekte erhalten. Ein entsprechendes Unterstützungspaket schickte der Budgetausschuss heute auf den Weg ins Nationalratsplenum. ÖVP und Grüne erwarten sich davon vor allem Impulse für die regionale Wirtschaft und sprachen von einem Konjunkturpaket. Die Opposition hingegen warnte, die 1 Mrd. € würde nicht ausreichen, die dramatischen Einnahmenausfälle der Gemeinden zu kompensieren. Während die FPÖ dem Paket trotz einiger Kritikpunkte zustimmte, rief die SPÖ dazu auf, die verbleibende Zeit bis zum Nationalratsplenum noch für Gespräche zu nutzen. Die NEOS schließlich zweifelten an der Sinnhaftigkeit einer Gemeindemilliarde und forderten vielmehr bundesweite Konzepte für Investitionen in Klimaschutz und Mobilität.

Weitere Beschlüsse des Ausschusses betrafen die Verlängerung der Fristen für die Ausnahme von der Zertifizierungsplicht von MNS-Masken sowie für die Vergütung des Verdienstentgangs im Zusammenhang mit COVID-19. Angenommen wurde schließlich ein Entschließungsantrag zur Evaluierung der Erweiterung der A3 von Eisenstadt bis Klingenbach.

Bund übernimmt bis zu 50% der Kosten

Das Kommunalinvestitionsgesetz 2020 (542/A) orientiert sich, wie Finanzminister Gernot Blümel erklärte, am Kommunalen Investitionsprogramm 2017/2018 und sieht Bundesmittel von 1 Mrd. € vor, wobei sich gegenüber 2017 der Zuschuss des Bundes von 25% auf 50% der Investition der Gemeinde erhöht. Gewährt wird der Zuschuss für Projekte, die zwischen 1. Juni 2020 und 31. Dezember 2021 begonnen werden, sowie für solche Projekte, die zwar Ende Mai 2019 bereits begonnen wurden, aber von der Gemeinde aufgrund der Corona-Krise verschoben werden mussten. Bei der Aufteilung der Mittel habe man eine Mischung aus der Bevölkerungszahl und dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel gewählt, meinte der Ressortchef, der übedies zu bedenken gab, dass man nicht 100% der durch die Corona-Krise entstandenen Schäden kompensieren könne.

Durch eine entsprechende Erweiterung der Zweckbindung soll es nunmehr Bundeszuschüsse nicht nur für Bauprojekte, sondern auch generell für Ersatzinvestitionen und Sanierungen geben. Zuschüsse sollen überdies auch in die Attraktivierung von Ortskernen, in Schulen, Kindergärten, Senioreneinrichtungen und in klimaschutzrelevante Investitionen wie etwa den öffentlichen Verkehr fließen. Ein Abänderungsantrag von ÖVP und Grünen erweitert den förderungswürdigen Bereich zudem auf die Sommerbetreuung von Kindern, für die nunmehr insgesamt 30 Mio. € vorgesehen sind. Die Mittel werden dabei je nach Größe auf die Gemeinden aufgeteilt. Weitere zusätzliche Förderbereiche sind der Bau von Radwegen und Feuerwehrhäusern sowie die Sanierung von Straßen.

Mit den Stimmen der Regierungsparteien passierte den Ausschuss auch ein Antrag nach § 27 GOG, der Anpassungen in Bezug auf Fristen nach dem KMU-Förderungsgesetz und dem Garantiegesetz mit Stichtag 31.12.2020 vorsieht.

ÖVP erwartet Stärkung der regionalen Wirtschaft

Das Paket sei von entscheidender Bedeutung für die Gemeinden und werde helfen, dass Investitionen getätigt werden und das Geld in der Wirtschaft ankommt, zeigte sich ÖVP-Mandatar Christoph Stark überzeugt. Sein Fraktionskollege Manfred Hofinger freute sich vor allem über die Unterstützung bei Straßensanierungen und betonte, wichtig sei es, dass die Gemeinden das Geld auch tatsächliche abholen können. Laurenz Pöttinger (ÖVP) hob die Sommerbetreuung der Kinder hervor, für die nun 3% der Mittel zur Verfügung stehen werden.

Grüne freuen sich über Mittel für Sommerbetreuung und Radwege

Seitens der Grünen begrüßte Elisabeth Götze ausdrücklich die Mittel für die Kinderbetreuung im Sommer und stellte darüber hinaus hinsichtlich der Straßenbauinvestitionen klar, die Zuschüsse seien hier ausschließlich für Sanierungen bestehender Straßen, nicht aber für Neubau vorgesehen. Positiv wertete Götze zudem die Förderung von Radwegen und den Umstand, dass 20% des Geldes für ökologische Maßnahmen vorgesehen ist.

SPÖ fordert COVID-19-Zuschuss an Gemeinden von 250 € pro EinwohnerIn

"Zu wenig und schlecht gemacht" lautete hingegen das Urteil von SPÖ-Abgeordnetem Christoph Matznetter. Seiner Ansicht nach bedarf es angesichts der drastischen Einnahmenausfälle der Gemeinden wesentlich mehr an Bundesmitteln als die vorgesehene Milliarde. Auch würde die Kofinanzierung ärmere Gemeinden mit geringem Eigenmittelanteil benachteiligen, gab er zu bedenken. Die Gemeinden hätten aufgrund der Krise kein Geld mehr für die Schaffung von Kinderbetreuungseinrichtungen, schlug Selma Yildirim (SPÖ) Alarm.

Matznetter stellte dem Paket der Regierungsparteien einen Initiativantrag seiner Fraktion entgegen (574/A), der die Forderung nach einem Zweckzuschuss des Bundes in der Höhe von 250 € pro EinwohnerIn enthält und damit insgesamt mehr als 2,2 Mrd. € mobilisieren würde. Dieser Vorstoß wurde ebenso vertagt wie ein Entschließungsantrag der SPÖ auf (408/A(E)) Erhöhung des Arbeitslosengelds und personelle Aufstockung des AMS. Hier hakte ÖVP-Abgeordneter Franz Hörl mit der Warnung ein, die von der SPÖ geforderten Maßnahmen würden zu dauerhaften Kosten führen. Wichtig sei es jetzt, die Menschen wieder in die Arbeit zu bringen, anstatt falsche Anreize zu setzen, meinte er und stieß dabei auf heftigen Widerspruch Matznetters.

FPÖ für Anhebung der Haftungsobergrenze der Gemeinden

Auch Erwin Angerer (FPÖ) führte ins Treffen, die im Paket der Regierungsparteien vorgesehenen Mittel seien kein voller Ersatz für die Einkommensausfälle der Gemeinden. Dazu komme noch, dass die darin enthaltenen Kriterien und Einschränkungen Investitionen in Projekte eher behindern. Im Übrigen will der Wirtschaftssprecher der Freiheitlichen bei der Haftungsobergrenze ansetzen, um den angeschlagenen Gemeinden finanziell unter die Arme zu greifen. Angerer plädierte in diesem Sinn für eine Anhebung der Haftungsobergrenze der Gemeinden von derzeit 75% auf 120% der Berechnungsgrundlage bis Ende 2022 (608/A(E)), um den Gemeinden die Aufnahme von Zwischenfinanzierungen für die Umsetzung von Projekten zu ermöglichen. Auch dieser Antrag wurde mit den Stimmen der Regierungsparteien vertagt.

NEOS wollen mehr Transparenz bei den Gemeindefinanzen

Sie hätte sich einen größeren Schritt gewünscht, meinte Karin Doppelbauer (NEOS), die zudem auch das Erfordernis der Eigenkapitalsanteile für die Investitionen kritisch bewertete. Die Gemeindemilliarde sei ein falscher Zugang, bekräftigte Michael Bernhard (NEOS) und plädierte für flächendeckende Investitionen in Klima und Mobilität im Rahmen eines bundesweiten Konzepts. Hinsichtlich der Gemeindefinanzen forderten die NEOS insgesamt mehr Transparenz, wobei sie dafür eintraten, ein diesbezügliches Kennzahlensystem als Ausgangspunkt für Unterstützungen des Bundes heranzuziehen.

Länder sollen Zweckzuschuss für COVID-19-Maßnahmen erhalten

Mit breiter Mehrheit, aber gegen die Stimmen der NEOS wurde auch ein so genanntes COVID-19-Zweckzuschussgesetz verabschiedet, das darauf abzielt, den Ländern die im Rahmen der Bekämpfung der Corona-Krise entstandenen Aufwendungen durch einen Zweckzuschuss des Bundes zu ersetzen. Konkret geht es bei dem Antrag der Regierungsparteien (605/A) um die Ausgaben für Schutzausrüstung im Zeitraum März bis Mai 2020, für die Hotline 1450 im Zeitraum März bis April 2020 sowie für Barackenspitäler im Zeitraum März bis Mai 2020. Wie Finanzminister Gernot Blümel versicherte, werden die Mittelverwendung und die Abwicklung in einer Richtlinie unter Einbindung der Länder geregelt werden.

COVID-19-Fristverlängerungen für MNS-Masken und Vergütung des Verdienstentgangs

Die COVID-19-Mund-Nasenschutzmasken sind bereits von den Zertifizierungspflichten des Medizinproduktegesetzes und des Maschinen-Inverkehrbringungs- und Notifizierungsgesetzes ausgenommen worden, diese Frist soll nun bis Ende des Jahres 2020 ausgedehnt werden (620/A), um die Versorgung sicherzustellen, wie der Grüne Abgeordnete Jakob Schwarz ausführte. Franz Hörl (ÖVP) verwies auf die wirtschaftliche Bedeutung, da mittlerweile mehrere kleinere Schneidereien derartige Masken produzieren würden. Auch die SPÖ stimmte der Fristverlängerung zu, NEOS und FPÖ nicht. Gerhard Kaniak (FPÖ) bezeichnete es als grundlegend falsch, von den Qualitäts- und Sicherheitsmerkmalen abzugehen und kritisierte, dass minderwertige Masken in den Verkehr gebracht wurden. Die Regierungsparteien hingegen erachten dies als angemessen, da es bei diesen Masken nicht um die medizinische Anwendung, sondern lediglich um eine Zusatzbarriere im Alltagsbereich geht.

Vertagt wurde in diesem Zusammenhang eine Initiative der SPÖ (570/A), um nicht nur Schutzmasken, sondern auch Gesichtsschilder und Schutzvisiere von der Umsatzsteuer zu befreien.

Ebenfalls verlängert werden soll die Frist zur Geltendmachung des Anspruchs auf Vergütung des Verdienstentgangs als Folge von behördlichen Maßnahmen zur Bekämpfung von COVID-19, konkret von sechs Wochen auf drei Monate. Der einstimmig angenommene Antrag der Regierungsparteien auf Änderung des Epidemiegesetzes (622/A) sieht zudem auch vor, dass bereits laufende oder abgelaufene Fristen mit dem Inkrafttreten dieser Bestimmung neu zu laufen beginnen. SPÖ-Mandatar Christoph Matznetter sieht darin eine Chance für eine große Anzahl an Unternehmen und betonte, dass seine Fraktion bereits anfänglich für längere Antragsfristen eingetreten sei.

Evaluierung der A3-Erweiterung

Schließlich stimmte der Budgetausschuss mit Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS für eine Evaluierung der Auswirkungen, die eine Verlängerung der Südost-Autobahn A3 von Eisenstadt nach Klingenbach haben könnte (165/A(E)). In Hinblick auf den bevorstehenden Lückenschluss mit dem ungarischen Autobahnnetz soll das für Verkehr zuständige Ministerium gemäß des ÖVP-Grünen-Antrags einen entsprechenden Evaluierungsbericht vorlegen und die sich dadurch ergebenden großräumigen Verkehrsbewegungen bewerten. Dieser ist gemäß Abänderungsantrag bis Ende September 2020 vorzulegen und soll alternative Verkehrskonzepte darstellen, damit allenfalls zu erwartende negative Entwicklungen auf die Gemeinden vermieden werden können.

Bundesbeteiligungen, Budgetentwicklung, wirkungsorientierte Folgenabschätzung: Berichte werden von Unterausschuss erörtert

Den Abgeordneten lag auch eine Reihe von Ressortberichten vor, mit denen sich ein Unterausschuss des Budgetausschusses eingehend befassen wird. Im Fokus stehen dabei die Bundesbeteiligungen (22/BA), das Beteiligungs- und Finanzcontrolling (24/BA) und die Entwicklung des Bundeshaushalts von Jänner bis April 2020, wobei die vom Finanzministerium präsentierten Daten und Fakten jeweils bereits erste Auswirkungen der Krise erkennen lassen. Ein weiterer Bericht befasst sich mit der wirkungsorientierten Folgenabschätzung und belegt, dass bei der überwiegenden Zahl der Bundesvorhaben die anvisierten Wirkungen auch tatsächlich erzielt werden konnten.  (Schluss) hof/fan