Parlamentskorrespondenz Nr. 679 vom 24.06.2020

Bundesrat einhellig für 1 Mrd. € Bundeszuschuss für Gemeinden

Länderkammer gibt grünes Licht für weitere Corona-Maßnahmen

Wien (PK) – Der Bundesrat hat heute in einer eigens dafür einberufenen Sondersitzung den Weg für das Kommunalinvestitionsgesetz geebnet. Damit ist der Bundeszuschuss in Höhe von 1 Mrd. € an die Gemeinden für Investitionen fix. Zur Debatte standen auch drei weitere vom Nationalrat am 18. Juni 2020 beschlossene Gesetze, die Teil der Maßnahmenpakete zur Bewältigung der Folgen der COVID-19-Pandemie sind. So geht es bei den Änderungen im KMU-Förderungsgesetz und im Garantiegesetz im Wesentlichen um die Ausdehnung der Fristen für Garantien seitens des AWS und der ÖHT bis Jahresende. Außerdem standen das Justizpaket mit diversen Fristverlängerungen, etwa in Bezug auf Kreditstundungen und den erleichterten Zugang zum Unterhaltsvorschuss, sowie die Novelle zum Verwaltungsrechtlichen COVID-19-Begleitgesetz zur Debatte. Dabei geht es um COVID-19-Schutzmaßnahmen bei mündlichen Verhandlungen und anderen Amtshandlungen im Zuge von Verwaltungsverfahren. Mit Ausnahme der letztgenannten Novelle, die von der FPÖ abgelehnt wurde, passierten die übrigen Gesetze die Länderkammer einstimmig.

Eine Milliarde zur Stärkung von Wirtschaft und Beschäftigung in den Regionen sowie zur Förderung ökologischer Projekte

Eine Stärkung der regionalen Wirtschaft und damit auch die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen erhofft sich die Regierung vom Kommunalinvestitionsgesetz 2020, durch das die Gemeinden 1 Mrd. € an Bundeszuschüssen erhalten sollen. Dabei erwartet man sich auch Impulse für ökologische Projekte. Das Paket sieht eine Beteiligung des Bundes von bis zu 50% an den Kosten von Investitionen der Gemeinden vor, die Höhe der Zuschüsse richtet sich nach der Einwohnerzahl der Gemeinden. Gewährt wird der Zuschuss für Projekte, die zwischen 1. Juni 2020 und 31. Dezember 2021 begonnen werden, sowie für solche Projekte, die zwar Ende Mai 2019 bereits begonnen wurden, aber von der Gemeinde aufgrund der Corona-Krise verschoben werden mussten. Die zweckgebundenen Mittel sollen etwa der Sanierung von Schulen und Seniorenheimen dienen, der Förderbereich erstreckt sich aber auch auf die Attraktivierung von Ortskernen bis hin zur Sommerbetreuung von Kindern und den Bau von Radwegen und Feuerwehrhäusern. Ziel ist es, dass mindestens 20% der Mittel für ökologische Maßnahmen, insbesondere zur Einhaltung der EU-rechtlichen Vorgaben im Klima- und Energiebereich verwendet werden.

Alle LändervertreterInnen befürworteten die finanzielle Unterstützung der Gemeinden, jedoch mit Einschränkung seitens der SPÖ- und FPÖ-MandatarInnen. Sie halten die 1 Mrd. € für nicht ausreichend, um die enormen Einnahmenausfälle der Kommunen abzudecken. Sowohl Dominik Reisinger (SPÖ/O) als auch Markus Leinfellner (FPÖ/St) gehen von einem Finanzierungsbedarf für die Städte und Gemeinden in der Höhe von 2,2 Mrd. € aus. Reisinger kritisierte insbesondere, dass der Fördersatz für Projekte nur 50% beträgt. Viele Gemeinden könnten aufgrund der massiven finanziellen Einbußen die Mittel für die zweiten 50% nicht aufbringen. Damit sei die Aufrechterhaltung der öffentlichen Leistungen gefährdet, gab er zu bedenken. Die SPÖ schlägt daher vor, den Gemeinden pro Kopf 250 € an Direktförderung zu gewähren, das wären die nötigen 2,2 Mrd. €. Erst dann könnten Investitionsproramme greifen. Der von Günther Novak (SPÖ/K) und Korinna Schumann (SPÖ/W) dementsprechend eingebrachte Entschließungsantrag wurde nach einer namentlichen Abstimmung mit 29 ja-Stimmen gegen 26 nein-Stimmen mehrheitlich angenommen.

Ähnlich argumentierte FPÖ-Mandatar Leinfellner. Er kritisierte zudem, dass die Mittel nur für bestimmte eingegrenzte Investitionsprogramme gelten. Auch sei die Antragstellung viel zu kompliziert, viele Gemeinden werden die Gelder nicht abholen können, befürchtet er. Der von der FPÖ eingebrachte Entschließungsantrag, die Haftungsobergrenzen auf 120% zu erhöhen, wurde ebenfalls mehrheitlich angenommen.

ÖVP und Grüne hingegen verteidigten das Paket. Sollten Mittel übrigbleiben, würden diese auf strukturschwache Gemeinden aufgeteilt, betonte Isabella Kaltenegger (ÖVP/St). Das Paket stärke die Gemeinden, die in den letzten Monaten vor allem im Bereich Kommunikation, Serviceleistungen und soziale Hilfe Enormes geleistet hätten, sagte auch Karlheinz Kornhäusl (ÖVP/St). Karl Bader (ÖVP/N) machte darauf aufmerksam, dass der Zuschuss Investitionen in der Höhe von 2 Mrd. € auslösen werde. Das Paket sei auch mit dem Städte- und Gemeindebund ausgearbeitet worden. Andreas Lackner (G/St) nannte das Kommunalpoket "genial, regional und ökologisch". Lackner zeigte sich überzeugt davon, dass die ausgezahlten Mittel, ökonomisch gesehen, einen hohen Multiplikationsfaktor haben werden. Außerdem erwartet er sich davon wichtige Investitionen in nachhaltige Projekte. 20% der Gelder für klimarelevante Projekte seien 200 Mio. € mehr für den Klimaschutz, unterstrich er. Es gehe um eine Zwischenfinanzierung, das Geld komme auch an, so Lackner.

Ebenso widersprach Finanzminister Gernot Blümel den KritikerInnen. Man wolle an Schrauben drehen, um Arbeitsplätze zu sichern, bzw. neue zu schaffen, verteidigte Blümel die Gesetzesvorlage. Da Städte und Gemeinden Wesentliches für die Konjunktur leisten, habe man das nunmehrige Kommunalinvestitionsgesetz vorgelegt. Die Kommunen müssten damit bereits begonnene Projekte nicht zurückzustellen, auch würden geplante Investitionen umgesetzt werden können. Bei der Aufteilung habe man sich am abgestuften Bevölkerungsschlüssel im ursprünglichen Kommunalinvestitionsgesetz orientiert, und dieses sei damals gemeinsam mit der SPÖ ausgearbeitet worden, stellte er in Richtung der SozialdemokratInnen fest.

Einhellig grünes Licht gab das Bundesratsplenum auch für Änderungen im KMU-Förderungsgesetz und im Garantiegesetz, wodurch sichergestellt wird, dass die Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft (AWS) und die Österreichische Hotel- und Tourismusbank (ÖHT) anspruchsberechtigten Unternehmen weiterhin Garantien im Zusammenhang mit der Corona-Krise zur Verfügung stellen können.

Fristverlängerung für KreditnehmerInnen und bei Unterhaltsvorschüssen

Erleichterungen gibt es auch für private KreditnehmerInnen, und zwar durch eine Änderung des COVID-19-Justiz-Begleitgesetzes, das ebenfalls die Stimmen aller BundesrätInnen erhielt. Konnten bislang aufgrund der Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratene Personen die Rückzahlung von Kreditraten wie Wohnkredite, die zwischen April und Juni fällig geworden sind, um jeweils drei Monate nach hinten verschieben, so wird diese Frist nun auf insgesamt sieben Monate bis zum 31. Oktober verlängert. Betroffen sind allerdings nur echte Kreditverträge, Kreditierungen im Versandhandel sind beispielsweise nicht umfasst. Diese Fristerstreckung gilt auch bezüglich der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bei Überschuldung sowie betreffend Kredite nach dem Eigenkapitalersatz-Gesetz. Klargestellt wird überdies auch, dass die Hauptversammlung einer Europäischen Gesellschaft 2020 nicht innerhalb der ersten sechs Monate, sondern innerhalb der ersten zwölf Monate des Geschäftsjahres stattfinden muss.

Die vorliegende Gesetzesnovelle betrifft aber auch Unterhaltsvorschüsse. Diese sind nunmehr bis 31. Oktober 2020 auch dann zu gewähren, wenn das Kind keinen Exekutionsantrag bei Gericht gestellt hat, wie Justizministerin Alma Zadić erklärte.

Schließlich gab der Bundesrat mehrheitlich Zustimmung zur Änderung des Verwaltungsrechtlichen COVID-19-Begleitgesetzes. Demnach soll künftig per Verordnung und nicht mehr im Gesetz selbst festgelegt werden, inwieweit bei mündlichen Verhandlungen, Vernehmungen, Lokalaugenscheinen und ähnlichen Amtshandlungen im Zuge von Verwaltungsverfahren bzw. Verwaltungsstrafverfahren eine Maskenpflicht bzw. andere Schutzbestimmungen gelten. Zuständig für die Einhaltung der Vorgaben bleibt der Leiter bzw. die Leiterin der Amtshandlung. Lediglich die Freiheitlichen waren gegen diese Änderungen.

Die ÖVP habe sich im Laufe der COVID-19-Krise verrannt, krude Gesetzestexte verabschiedet und viele Unwahrheiten verbreitet, hielt Andreas Arthur Spanring (FPÖ/N) aus der Sicht seiner Partei fest. Die Regierung habe bewusst die Menschen in Angst versetzt. Er kritisierte die vielen Strafen, die die Verwaltungsgerichte zu großer Zahl nun aufheben. Demgegenüber mahnte Claudia Hauschildt-Buschberger (G/O) zur Vorsicht, auch unter Hinweis auf die mehr als tausend neu Erkrankten in Schlachthöfen in Deutschland. Auch Eduard Köck (ÖVP/N) sprach im Hinblick auf die Aussagen Spanrings von Leichtsinn und wies unter anderem auf die schlechte Lage in Großbritannien hin.

Ministerin Karoline Edtstadler machte ihrerseits ebenso darauf aufmerksam, dass man noch nicht über dem Berg sei. Die vorliegenden Materien seien dazu da, das Leben wieder in Gang zu bringen. Es sei die ganze Zeit darum gegangen, die Funktionsfähigkeit der Verwaltung aufrecht zu erhalten, damit niemand Nachteile erleidet, sagte die Ministerin.

Christine Schwarz-Fuchs (ÖVP/V) begrüßte die zahlreichen Erleichterungen in den beiden Gesetzen. Schwarz-Fuchs strich dabei vor allem die Fristverlängerung zur Zurückzahlung von Krediten von Privaten und Kleinstunternehmen sowie die Erleichterung bei den Unterhaltsvorschüssen hervor. Auch Elisabeth Grosssmann (SPÖ/St) hielt diese Fristverlängerungen für wichtig und sinnvoll. Sie seien aber nur ein Pflaster auf die tiefen Wunden in Wirtschaft und Gesellschaft, meinte sie. Grossmann befürchtet nach der Frist eine hohe Anzahl an Insolvenz und Arbeitslosen. Wenn man einen Crash vermeiden möchte, dann brauche man ein engagiertes Investitions- und Kaufkraftbelebungsprogramm, so die SPÖ-Mandatarin. Sie zeigte sich auch zufrieden mit der Fristverlängerung beim Unterhaltsvorschuss und meinte, das könnte ein Schritt hin zu einer Systemänderung sein, weg vom Unterhaltsvorschuss hin zu einem System der Unterhaltssicherung bzw. Kindergrundsicherung.

Der von Andreas Arthur Spanring (FPÖ/N) gemeinsam mit Elisabeth Grossmann (SPÖ/St) eingebrachte Entschließungsantrag wurde mit Mehrheit angenommen. Darin wird die volle Anrechnung der COVID-19-Kurzarbeit für RechtsanwaltsanwärterInnen für die praktische Verwendung bei RechtsanwältInnen verlangt. (Schluss Bundesrat) jan

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Live-Stream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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