Parlamentskorrespondenz Nr. 762 vom 07.07.2020

Nationalrat beschließt Ergänzung des Systems der Qualitätssicherung von Universitäten und Hochschulen

Mobilitätsstipendien für Großbritannien können auch nach dem Brexit gewährt werden

Wien (PK) – Mehrere Neuerungen im System der Qualitätssicherung der österreichischen Universitäten und Hochschulen wurden heute im Plenum des Nationalrats beschlossen. Diese umfassen etwa die Aufnahme von Pädagogischen Hochschulen und anerkannten privaten Pädagogischen Hochschulen in die externe Qualitätssicherung nach dem Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz (HS-QSG). Teil des Gesetzespakets sind auch neue Modalitäten bei der Anerkennung von Privatuniversitäten. Diese sollen künftig in Privathochschulen und Privatuniversitäten differenziert werden. Der Beschluss erfolgte mehrheitlich. Ergänzend dazu wurde ebenfalls mit Mehrheit eine Novelle zum Hochschulgesetz beschlossen. Demnach übernimmt künftig die AQ Austria auch die externe Qualitätssicherung von Pädagogischen Hochschulen.

Um dem EU-Austritt des Vereinigten Königreichs Rechnung zu tragen, verabschiedete der Nationalrat einstimmig eine Novelle zum Studienförderungsgesetz. Von der Mehrheit der Abgeordneten abgelehnt wurde der Vorstoß der SPÖ nach einem generellen Erlass der Studienbeiträge im Sommersemester 2020 als Antwort auf die COVID-19-Situation.

Externe Qualitätssicherung wird auf Pädagogische Hochschulen ausgeweitet

Mit der Novellierung des Hochschul-Qualitätssicherungsgesetzes (HS-QSG) sind künftig alle österreichischen Hochschulen einschließlich der Pädagogischen Hochschulen vom System der externen Qualitätssicherung nach HS-QSG erfasst. Weiters beschlossen wurden mit der Novelle auch Änderungen weiterer Gesetze im Hochschulbereich. So erfolgt die Umbenennung des bisherigen Fachhochschul-Studiengesetzes (FHStG) in Fachhochschulgesetz (FHG) und die Ablöse des Privatuniversitätengesetzes (PUG) durch ein neues Bundesgesetz über Privathochschulen (PrivHG), die mit neuen Bestimmungen einhergehen. Ab dem Jahr 2021 sind neue Modalitäten bei der Anerkennung von Privatuniversitäten bzw. Privathochschulen vorgesehen.

Mit der Weiterentwicklung der gesetzlichen Grundlagen der Fachhochschulen wird die Bezeichnung "Fachhochschule" für alle Erhalter von FH-Studiengängen verankert. Außerdem sind inhaltliche Klarstellungen und Änderungen zu bereits bestehenden Regelungen im FHStG in den Bereichen des Studienrechts und des Berichtswesens der Fachhochschulen vorgesehen. Die Vorlage war im Wissenschaftsausschuss noch in dem Sinn abgeändert worden, dass es durch die neuen Regelungen zu keinem Ungleichgewicht zwischen den Erhaltern und dem akademischen Kollegium bei der Entscheidung über die strategische Weiterentwicklung von Fachhochschulen kommen soll.

Eine die Novelle ergänzende Novelle zum Hochschulgesetz 2005 soll laut Wissenschaftsminister Heinz Faßmann ein professionelles Management an den Pädagogischen Hochschulen (PH) sicherstellen. Außerdem ist es das Ziel, das Qualitätsmanagementsystem weiterzuentwickeln und eine regelmäßige Durchführung von internen und externen Evaluierungen sicherzustellen. Für jede öffentliche PH wird demnach künftig alle sieben Jahre ein Audit (externe Evaluierung) durch die Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria (AQ Austria) vorgesehen.

Sie begrüße alle Regelungen, die für mehr Qualität und Transparenz sorgen, sagte SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl. Allerdings habe man zu viele ernstzunehmende Bedenken aus dem Bereich der Hochschulen ignoriert, die SPÖ werde daher den beiden Gesetzespakten nicht zustimmen. Positiv sei zwar, dass der Fachhochschul- Entwicklungs- und Finanzierungsplan nun gesetzlich festgeschrieben sei, allerdings werde auch die Möglichkeit geschaffen, dass Studienplätze oder Studiengänge für bestimmte Zielgruppen angekauft werden. Kuntzl befürchtet, dass sich damit Unternehmen ein eng definiertes Bildungsangebot für ihre eigenen Zwecke schaffen und die Abhängigkeit der FHs von Geldgebern verstärkt wird. Abzulehnen sei auch, dass mit den Privathochschulen eine weitere Form der kostenpflichtigen Ausbildung geschaffen und die Kommerzialisierung des tertiären Bildungsbereichs vorangetrieben werde, sagte Kuntzl. Stattdessen wäre ein weiterer Ausbau der Fachhochschulstudienplätze notwendig.

Was die Pädagogischen Hochschulen betreffe, würden die Anforderungen an sie immer höher. Sie müssten daher die Möglichkeit erhalten, eigenständig handeln zu können, sagte Sonja Hammerschmid (SPÖ). In dem neuen Gesetz erkenne sie aber keinerlei Stärkung der Autonomie der Pädagogischen Hochschulen. Ziel müsste es jedoch sein, sie zu eigenständigen Höchstleistungen anzuregen, anstatt sie an die Kandare des Ministeriums zu legen.

Seitens der ÖVP hielt ihr Wissenschaftssprecher Rudolf Taschner fest, dass den Bedenken, die im Begutachtungsprozess in Bezug auf die Fachhochschulen geäußert wurden, mit einem Abänderungsantrag Rechnung getragen wurde. Die Gremien der Fachhochschulen würden nun gestärkt und den Universitäten angenähert. Er erwarte sich davon eine Verbesserung der Strukturen der Fachhochschulen. Privathochschulen, die ein Masterstudium anbieten, seien seiner Meinung nach eine positive Erweiterung des Bildungsangebots. Kritik, dass man die Pädagogischen Hochschulen ans Gängelband des Ministeriums lege, wies Taschner zurück. Aus seiner Sicht erfolge vielmehr eine deutliche Stärkung der Pädagogischen Hochschulen, die in der Durchführung der Lehre mehr Autonomie erhalten. Sie müssten aber selbstverständlich bestimmte Anforderungen für die Ausbildung von PädagogInnen erfüllen, die sie nicht eigenständig festlegen könnten.

Diese Argumentation zu den Pädagogischen Hochschulen vertrat auch Gertraud Salzmann (ÖVP). Als jüngster Teil der Hochschullandschaft sollen sie nun weiterentwickelt werden, indem sie mehr administrative Autonomie erhalten, sagte die Abgeordnete. Eine volle Programmautonomie könne es aber nicht geben, da der Bund die Anforderungen für die schulische Praxis vorgeben müsse, meinte Salzmann.

In Fragen der Transparenz, der Gleichstellung der Geschlechter und der Qualitätssicherung werde nun ein einheitlicher Rahmen für alle Hochschultypen geschaffen, sagte Josef Smolle (ÖVP). Man berücksichtige nun, dass Privatuniversitäten nicht von Anfang an Forschung betreiben können, weshalb sie anfänglich nur als Hochschulen auftreten können, bis sie ihr Angebot entsprechend ausweiten.

Seine Fraktion unterstütze jede Ausweitung der Qualitätssicherung, sagte FPÖ-Abgeordneter Axel Kassegger. In der Schaffung von Fachhochschulen sehe er die positive Möglichkeit, private Initiativen in der tertiären Bildung zuzulassen und das Angebot zu erhöhen. Allerdings habe er Sorge, dass man gleichzeitig die öffentlichen Fachhochschulen aushungere, die bereits jetzt hoffnungslos unterfinanziert seien, klagte Kassegger. Nach einer dynamischen Entwicklung am Anfang sei unterdessen Stillstand eingetreten. Im Fachhochschulgesetz sehe er auch Konfliktpotenzial zwischen der Geschäftsführung und dem Kollegium. Da die positiven Aspekte insgesamt überwiegen, werde die FPÖ den Novellen aber zustimmen.

Durch das Qualitätssicherungsgesetz stelle man die gute Entwicklung des tertiären Bildungssektors sicher, sagte Eva Blimlinger (Grüne). Sie sieht die Differenzierung von Privathochschulen und Privatuniversitäten als positive Entwicklung. Die Fachhochschulen würden durch die gesetzliche Verankerung der Finanzierungspläne mehr Planungssicherheit erhalten, zudem stärke man die akademischen Gremien. Sie sei überzeugt, dass das der richtige Weg sei. Bei den Pädagogischen Hochschulen gehe man aus ihrer Sicht einen weiteren Schritt in Richtung Autonomie.

Auch die NEOS würden alles unterstützen, was mehr Transparenz schafft und Qualität sichert, sagte Martina Künsberg Sarre (NEOS). Die NEOS würden den Änderungen zum Qualitätssicherungsgesetz zustimmen. Anders verhalte es sich beim Gesetz über die Pädagogischen Hochschulen. Sie sehe hier weder eine Verbesserung der Autonomie noch die angekündigte Entpolitisierung. Ihre Fraktion werde dieser Novelle nicht zustimmen. Das Ministerium beschreite aus Mangel an Visionen für die PH den Weg, sie wieder enger an sich zu binden.   

Bundesminister Heinz Faßmann unterstrich in Richtung der Oppositionsparteien, dass sein Ressort viele Gespräche mit Fachleuten der betroffenen Institutionen geführt und ihre Anregungen und Bedenken berücksichtigt habe. Er setze sich sehr stark für die Fachhochschulen ein, wies er die Kritik der FPÖ zurück. Hier seien die Studienplätze zuletzt stark ausgeweitet worden. Der Bund leiste seinen Beitrag, er sehe aber auch die anderen Erhalter in der Pflicht. Zu den Pädagogischen Hochschulen merkte Faßmann an, dass ihre besondere Funktion in der LehrerInnenbildung einen engeren Austausch mit dem Ministerium bedinge, als es für andere Hochschulen gelte. Sollte sich ein Detail der nun getroffenen Regelungen nicht bewähren, werde er sich einer Novellierung nicht verschließen, betonte der Bildungsminister.

Mobilitätsstipendien für Studien im UK auch nach dem "Brexit"

Mit einer Novelle zum Studienförderungsgesetz wird dem EU-Austritt des Vereinigten Königreichs Rechnung getragen. Die Änderung ziele darauf ab, dass österreichische Studierende, die Studien in Großbritannien und Nordirland betreiben, weiterhin ein Mobilitätsstipendium beziehen können, erläuterte Nico Marchetti (ÖVP) das Gesetz. Diese Stipendien seien derzeit nämlich nur für ein Studium an einer Hochschule in einem EWR-Land oder in der Schweiz vorgesehen. Manfred Hofinger (ÖVP) fügte hinzu, dass mit der Novelle auch sichergestellt werde, dass britische Studierende, die aufgrund des Austrittsabkommens einen Gleichbehandlungsanspruch haben, unter bestimmten Voraussetzungen genauso wie EWR-BürgerInnen in Österreich Studienbeihilfe beziehen können, ohne dass es dabei zu einer Schlechter- oder Besserstellung britischer StaatsbürgerInnen gegenüber EWR-BürgerInnen kommt.

Großbritannien sei nach Deutschland das zweitbeliebteste Land für Auslandsstudien, sagte Sibylle Hamann (Grüne). Das Studienförderungsgesetz stelle nun sicher, dass die Studierendenmobilität zwischen Österreich und UK weiter gesichert sei.

Mehrheitlich abgelehnt wurde ein in diesem Zusammenhang ebenfalls verhandelter Entschließungsantrag der SPÖ, die angesichts der Auswirkungen der Corona-Krise vom Wissenschaftsminister fordert, den Universitäten eine Rückerstattung von Studienbeiträgen und Lehrgangsbeiträgen für das Sommersemester 2020 im Sinne des angekündigten "neutralen Semesters" zu verordnen.

Andrea Kuntzl (SPÖ) verwies darauf, dass unterdessen ein hoher Anteil der Studierenden arbeiten müsse, um sich das Studium leisten zu können. Der Erlass der Studiengebühren wäre ein kleiner Beitrag, um die Studierenden zu entlasten, die in der COVID-19-Krise mit zusätzlichen Belastungen zu kämpfen hatten, argumentierte sie.      

Eine generelle Rückerstattung der Studienbeiträge halte er für nicht notwendig, sagte Nico Marchetti (ÖVP). Hier bestehe bereits die aus seiner Sicht faire Lösung, sich für das Sommersemester 2020 beurlauben zu lassen und damit keine Studiengebühr zu zahlen. Die HochschülerInnenschaft habe zudem zusätzliche Mittel für Unterstützung von Härtefällen erhalten. Damit verfüge man über ein treffsicheres Bündel an Maßnahmen.

Einige der Argumente der SPÖ seien zwar nachvollziehbar, meinte Sibylle Hamann (Grüne). Sie halte aber ebenfalls eine generelle Rückerstattung der Studiengebühren nicht für gerechtfertigt, da im Großen und Ganzen das Sommersemester stattgefunden habe und Prüfungen abgelegt werden konnten, wenn auch unter erschwerten Bedingungen.

Auch die NEOS lehnen eine allgemeine Rückerstattung von Studienbeiträgen ab, sagte ihr Abgeordneter Yannick Shetty. Seine Fraktion spreche sich außerdem seit langem für ein Modell der nachgelagerten Studiengebühren aus. (Fortsetzung Nationalrat) sox

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Live-Stream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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